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MdmfferÄMa Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Postscheckkonto Dresden 264V 82. Jahrgang. Nr. 13. Donnerstag / Freitag 1. / 2. Februar 192 Amtlicher Teil Dir bitten MW, KM« bis mmltG 1v Ahr MMR oen werten der Marita eine neutrale Zone Mischen Türkei und Bulgarien geschaffen. Die Meerengenfrage ist gleichfalls in dem «Entwurf im wesentlichen im Sinne der Entente „gelöst". Bei Streitigkeiten wird eine interalliierte Kommission „entscheiden". Letzte Instanz aber stellt -der Völkerbund dar, der, wie wir selber nur allzu genau wissen, bisher jedesmal im ausschließlichen Interesse der Entente entscheidet. Wie es mit der Gerechtigkeit gegenüber den Türken be stellt fein wird, geht daraus hervor, daß zur Schlichtung etwaiger Streitigkeiten besondere Gerichtshöfe eingesetzt wer den, in denen in der Berufungsinstanz, also der endgültig entscheidenden, die fremden Richter die Mehr heit vor den türkischen Mitgliedern haben müssen. Besonders, was die territorialen Bedingungen des Vertrages angeht, lohnt ein Blick auf die Karte. Man sieht dann ohne weiteres, welchen Vorteil sich die Alliier ten zu sichern wußten. Sehr bezeichnend ist die Tatsache, daß die sogenannte Mossulfrage bis auf weiteres ungelöst bleibt. Man weiß, daß sich gerade in ihr der scharse französisch englische Gegensatz immer von neuem entzündet hat, upd daß die Türken diesen Gegenstand immer dadurch auszunutzen wußten, indem sie kühn mit dem Abbruch der Konferenz drohten. England hat es nun zwar verstan den, inzwischen die Schlappe einigermaßen wieder auszu wetzen, die die Franzosen ihnen seinerzeit beibrachten, als sie die Angoratürken militärisch unterstützten und in den Stand setzten, über die von England gehaltenen Griechen den Sieg davonzutragen. Die Engländer haben nämlich, ähnlich wie mit den Russen, so auch mit den Türken plötz lich einen besonderen Handelsvertrag abge schlossen, -der ihnen in türkischem Hoheitsgebiete nicht ge ringe Vorteile sichern würde. Aber die Tatsache, daß man auch im Ententelager jetzt noch nicht mit einer sofortigen Lösung des türkischen Pro blems rechnet, stellt den Beweis dar, daß die englisch-fran zösischen Auseinandersetzungen noch nicht zum Abschluß ge- langt sind. Das ist aber genau der Punkt, an dem wieder unser unmittelbares Interesse an dem schließlichen Ausgang einsetzt. Zwar gibt es in Deutschland heute bezüglich England kaum noch irgend einen Optimisten; aber es muß doch noch einmal mit aller Bestimmtheit festgestellt werden, daß England an Deutschland und seiner Zukunft nur das JnteresseeinesKaufmannsan einem Kun den hat, der früher ein guter Abnehmer war, bei dem es indessen schließlich wenig ausmacht, ob er sehr bald oder erst in einiger Zeit wieder zahlungsfähig wird. Die Entscheidung in Lausanne wird in nicht geringem Maße richtunggebend sein für die endgültige Haltung Englands in der Nuhrfrage. Die Türken aber rasseln vernehmlich mit dem Säbel und sprechen stolz und selbstbewußt von der Eroberung Konstantinopels. Nur das eine steht fest, daß eine Hinausschiebung der Entscheidung in jedem Falle für Deutschlands Sache abträglich sein wird. Näher als das Ruhrgebiet liegt England seine Stellung dem Mohammedanismus gegenüber und vor allem in Indien am Herzen, und deshalb werden wir alle Ur sache Laben, d« Lmtsamrrr Endentscherdu« «4 tEte« Lausanne und Essen. In den letzten Tagen sind in der deutschen Öffentlich keit die außerordentlich bedeutsamen Verhandlungen Frank reichs und Englands mit den Türken in Lausanne un gebührlich in den Hintergrund getreten vor der unmittel baren Sorge, die wir un, das Ruhrgebiet im Herzen tragen. Dennoch dürfte dieser Grund nicht als stichhaltig hingcstellt werden, denn wir dürfen nicht vergessen, daß durch die Neuregelung der Frage des Nahen Ostens, die in Lausanne den Verhandlungsgegenstand bildete, das '""ifcheJnteresse ganz unmittelbar be« » " r. Die Zukunft der Türkei hängt mit der Zu ¬ kunft des Ruhrgebiets, Deutschlands und damit ganz Euro pas durch mehr als eine Stelle unmittelbar zusammen. Wir verweisen in dieser Hinsicht zunächst darauf, daß der vorläufige F riedensv e rtr a g sentwurf, der so eben den Konferenzteilnehmern von den Alliierten unter breitet wird, eine ganze lange Reihe von Bestimmungen enthält, drcsichdirektaufDeutschlandbeziehen. Da soll die Türkei gehalten sein, alle zwischen der Entente und uns geschlossenen Verträge widerspruchslos anzu erkennen und demgemäß zu handeln. Alle deutschen Forderungen andieTürkei gehen stillschweigend an die Entente über, desgleichen die türkischen Forde rungen an uns. Ferner wird Deutschland selbstverständlich von allen Abmachungen ausgeschlossen, die aus eine Beteiligung an der wirtschaftlichen Erschließung und -"v-veutung der türkischen Bodenschätze hinauslaufen. Aber eine derartige Bevormundung der Türkei hat die Entente selbstverständlich in keiner Weise gehindert, der türkltchen Angoraregiernng trotz der nun schon wochen langen Verhandlungen, in denen die Türken mit größter Zähigkeit das Terrain verteidigten, sehr drückende F r i e d e n sb ed i n gun ge n aufzuerlegen. Der vor läufige Vertragsentwurf, der einen starken Band mit zahl losen Artikeln in 12 Absclmitten umfaßt, beginnt mit der Beschreibung der neuen Grenz« Mischen der Türkei und Ostihrazien, dann -wird di« neue türkische Grenze in Klcin- «sien gezogen. Griechenland erhält die Ägäischen Inseln, Italien den Dodekanes (die Zwökfinselgruppe vo« der Westküste Lirinas»»eü. «md kktickück Wirtz »och, Die hiernach zur Abgabe der Steuererklärung Verpflichteten werden aufgeforder die Steuererklärung unter Benutzung des vorgeschriebeneft Vordrucks im Laufe -es Monats Februar 1923 bei dem Finanzamt einzureichen. Vordrucke für die Steuererklärung können von de, Finanzamt bezogen werden. Auch nehmen die Gemeindebehörden (außer in Nossen) Al träge auf Zusendung von Vordrucken entgegen. Die Steuererklärung ist schriftlich - zweckmäßig eingeschrieben — einzureichen oder mündlich vor dem Finanzamt abzugebe (vormittags 8—12 Uhr). Die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung ist von dem Empfa« eines Vordrucks der Steuererklärung nicht abhängig. Das Finanzamt wir zwar Anfang Februar Vordrucke von sich aus versenden. Wer jedoch bis Mitte Februc nicht in den Besitz eines Vordrucks gelangt ist, ist verpflichtet, sich einen Vordruck voi Finanzamt zu beschaffen. Die Abgabe einer Steuererklärung bei dem unterzeichneten Finanzamt ist nicht e forderlich, soweit die Steuererklärung bereits bei einem anderen Finanzamt abgegebe worden ist. Wer die Frist zur Abgabe der ihm obliegenden Steuererklärung versäumt, kan zur Abgabe der Steuererklärung mit Geldstrafen bis 500 Mark angehalten werden; au, kann ihm ein Zuschlag bis zu 10 v. H. der festgesetzten Steuer auferlegt werden. Die Hinterziehung oder der Versuch einer Hinterziehung der Vermögenssteuer odi der Einnahmen aus Zwangsanleihe wird mit einer Geldstrafe bis zum zwanzigfache Betrage der hinterzogenen Vermögenssteuer und bis zum fünffachen Betrage der Hinte, zogenen Zwangsanleihe bestraft G 33 des Vermögenssteuergesetzes, ß 23 des Gesetzes üb, die Zwangsanleihe, Z 359 ff. der Reichsabgabenordnung). Auch ein fahrlässiges Vergehe, gegen die Steuergesetze (Steuergefährdung) wird bestraft. (Nr. 215 Z. I Nossen, am 31. Januar 1923. „zg Das Finanzamt. Vermittlungsversuche? Ein hochpolitisches Früh st ück. Man wird sich in Deutschland gewiß vor allen ver frühten Hoffnungen auf eine baldige Erledigung ves Nechtsbruches im rheinisch-westfälischen Industriegebiet hüten, auch dann, wenn jetzt in recht eigentümlichen Um schreibungen bekannt wird, daß die Pariser Politiker unsicher werden und eine Vermittlung zwischen Berlin und Paris nicht un gern sehen würden. Der Pariser Berichterstatter der „Daily Chromel«" berichtet, Lord Balfour habe mit Poincarö gefrühstückt, Md es sei anzunehmen, daß beide Staatsmänner in sehr freundschaftlicher und offener Weise die verschiedenen- bedeutsamen Probleme, die Ruhrfragc, die Orientfrage und die Memelfrage, erörtert hätten. Während Frankreich eine freundschaftliche Intervention begrüßen würde, sei es unwahr scheinlich, daß es sich bereiterklären würde, einen Schieds spruch des Völkerbundes anzunehmen. Die franzö sische Regierung begänne einzusehen, daß sic im Ruhrgebiet ei uenFehler begangen habe, und würde gern mit Berlin Verhandlungen einleiten, falls Deutschland den ersten Schritt täte und seine unzweideutige Absicht bekun dete, die im Versailler Vertrag niedergelegten Verpflichtun gen zu achten und zu erfüllen. Frankreich wäre jetzt bereit, Deutschland anzuhören und zu erfahren, ob die R-'ichs- regierung „Sabotage- und andere Methoden passiven Widerstandes" aufgehen und einer Wiederhcrstellungs- konferenz zustimmen würde. In Kreisen des Völkerbundes würde man sich nur auf Wunsch der beteiligten Mächte mit der Ruhrfrage befassen, aber dieser Wunsch besteht in Paris keineswegs, wenigstens zurzeit noch nicht. Brantings Mission. Größere Bedeutung mißt man dem Besuch des schwe dischen Ministerpräsidenten Branking hei Poincarä zu. PoincarS hat den schwedischen Staatsmann eingehend über die Motive -Frankreichs bezüglich der Aktion im Ruhr gebiet unterrichtet Md wohl auch darüber, unter welchen Bedingungen die Zurückziehung der französi- scheu und belgischen Truppen aus dem Ruhrge biet erfolgen könnte, und wie Frankreich sich überhaupt die weitere Entwicklung der Lage vorstellt. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß Branting von Poincarö mit irgendwelcher Vermittlung betraut wurde. Man hält es nicht für unmöglich, daß die Pariser Eindrücke Brantings Oeffentliche Aufforderung zu, Abgabe einer Steuererklärung für die erste Veranlagung der Ver mögenssteuer und für die Veranlagung der Zwangsanleihe. Zur Abgabe einer Steuererklärung sind verpflichtet 1. alle im Bezirke des Finanzamts Nossen wohnenden oder sich dauernd oder nur vorübergehend aufhaltenden selbständig steuerpflichtigen Personen (Deutsche oder Nichtdeutsche; 2. juristische Personen des öffentlichen und des bürgerlichen Rechtes sowie alle Berggewerkschaften, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, Anstalten, Stif tungen und andere Zweckoermögen, sofern sie den Sitz oder Ort der Leitung im Inland haben, also insbesondere Erwerbsgesellschaften (wie Aktiengesell- schäften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Kolonialgesellschaften), Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, eingetragene Vereine, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, die Erwerbs zwecke verfolgen (außer Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Unter nehmer des Betriebs anzusehen sind, z. B. offene Handels- oder Kommandit gesellschaften), Stiftungen, Anstalten und Zweckvermögen, wenn sie am Stichtag ein Vermögen von mehr als 200Ü0V Mark besitzen. Stichtag ist der 31. Dezember 1922; für Betriebe, bei denen regelmäßige jährliche Abschlüsse statt- finden, tritt aus Antrag des Steuerpflichtigen, an den dieser auch für künftige Veran lagungszeiträume gebunden bleibt, der Schluß des letzten Wirtschafts-(GeschäftS-)jahreS. Zur Abgabe einer Steuererklärung sind ferner verpflichtet, ohne Rücksicht auf die Höhe des Vermögens und ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz, Aufenthalt, Sitz oder Ort der Leilung alle natürlichen und juristischen Personen sowie Personenver einigungen und Vermögensmassen, die nach § 3 des Vermögenssteuergesetzes mit ihrem inländischen Grund- und Betriebsvermögen steuerpflichtig sind (beschränkt Steuer pflichtige). Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrat! zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für de« Inseratenteil: Arthur ZschuuLe, beide i» Wilsdrnf Meine Zeitung für eilige Leser. * Poincaro erklärte, er wolle das Ruhrgebiet nicht annek- vnen, aber solange besetzt halten, bis Deutschland seine Repa- rwonsschulden bezahlt habe. . ^..Die Franzosen beabsichtigen bei einer Fortdauer des p-wwen Widerstandes im Ruhrgebiet di« Eisenbahnen zu be- tchiagnahmcn und selbst in Betrieb zu setzen. * Aus dem In- und Auslände gehen dauernd große Spenden wr das Ruhrgebiet ein, u. a. durch das Rote Kreuz namhaft« «evensmitielsendungen aus Amerika. * Den Beamten im besetzten Gebiet ist jede Mitwirkung an gegnerischen Maßnahmen, jeder Gehorsam gegen feindliche Be- leyle und das Grüßen der Besatzungsoffiziere verboten worden. Konferenz von Lausanne wurde der neue Orient- formuliert, aber von den Türken ablehnend Aufmerksamkeit zu folgen. Nur allzu viel Erfahrung lehr uns, daß bisher die Auseinandersetzung zwischen Frank reich und England stets auf unserem Rücken erfolgt ist, nni darum muß der Schluß, den wir aus allen diesen Vor gängen ziehen, dahin gehen, daß zwischen Konstanti nopel und Essen zwar in der Tat ein bedeutsame! Zusammenhang besteht, daß aber vor allem und ge rade darum die Zukunft des Ruhrgebiets in Wirklichkei inunsererHand liegt, und daß wir sie mit doppelte! Kraft und mit doppeltem Willen sichern müssen. St.