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Beilage zum Wilsdruffer Tageblatt. k 8. 82. Jahrgang. SonnadenÄ / Sonntag den 2V. / 21. Januar 1923. >WlW ßi dm Z.öoMgM dKEWmg Von Pfarrer Horn, Burkhardswalde. Joh. 1, 47: „Siehe, ein echter Israelit, in welchem kein Falsch ist." Ein lobendes Wort des Heilandes über den ihm nahenden Ähanael Noch heute wird es aus manchen Christen ange- ^ndet Wer verdient nun solches Lob? Nur der, der dem chanael in seiner Gesinnung gleicht. Dieser war herzentzauf- '^ig und ehrlich, auch in seinen Bedenken. Als Galiläer Me er wie verachtet seine Heimat in Israel war, und als r von Philippus über seinen ihn beseligenden Fund, Iesum, ksephs Sohn von Nazareth, hörte, offenbarte er freimütig ch redlich seine Herzensgedanken: Das kann aus Nazareth bütes kommen? Daß das winzige, unberühmte Nazareth groben verheWnen Retter genährt haben sollte, das er- Een ihm ganz befremdlich; dieses Vorurteil erschwerte ihm vollen Glauben an Philippis Wort, so sehr er sonst ihm grauen konnte und wollte. Wie dieser solches Befremden er- Mt, gibt er ihm den rechten Rat, es zu zerstreuen: Komm und sehe es, d. i. überzeuge dich selbst. Nathanael folgt ihm: Siehe Z rechter Israelit, d. i. einer, der redlich mit Gott ringt wie Ät der Erzväter Iakob, der nach solchem Kampfe den Namen ^el-Gvtteslämpser empfangen hat. » Lieber Christ, bist du ein solcher Nathanael? Ohne jegliches Asch in deinem Herzen? Hast du Teil an der falschen Welt? Me dich! Ringe darum, in allem wahr, aufrichtig zu fein, ^e Aufrichtigen klebt der Herr, die Heuchler sind ihm zuwider. Und hast du Bedenken, Zweifel, Vorurteile — sie bleiben den Nathanaelseelen nicht erspart — bist du ein redlicher Eisler? Heutzutage gefallen sich viele in der Rolle eines Weiflers; sie meinen durch Äußerungen von Zweifeln und senken in den Ruhm der Klugheit zu kommen. Um die Wahrheit ists vielen Zweiflern gar Uicht zu tun und Opfer an «it und Mühe zu bringen, die der Weg der Ueberzeugung fkdeit, vermögen sie nicht. Wer aber beharrt im Zweifeln is ans Ende, bei dem ist stark zu zweifeln, ob er eine Natha- »elseele ist. I Denn Nathanael folgte Philippi Rät, er kam, sah und kaubte. Nathanaelseelen lernen glauben, folgen der Stimme »fr Wahrheit, von wv und wie sie auch ertönt und erfahren Wahrheit des Herrn Wortes an sich: Selig sind, die reinen »rzens sind, denn sie werden Gott schauen. Deutscher Reichstag. <289. Sitzung.) 68. Berlin, 17. Januar. , Die heutige Sitzung begann damit, daß der Präsident Löbe vom Salzburger Landtag eingegangenes Tete- ^amm verlas, in welchem der Salzburger Landtag angesichts Besetzung des Rubraebiets seine brüderlicke Teilnabme Und bange Sorge um die Zukunft ausspricht. Lebhafter Beifall begleitete diese Verlesung. Präsident Löbe knüpfte daran, nach dem sich die Abgeordneten erhoben hatten, eine Ansprache, in der er auf das erste Opfer an Menschenleben zu sprechen kam, welches der französische Einmarsch in das Ruhrgebiet gefordert habe. Dieses Mut kommt auf das Haupt der Männer von Baris, die den militärischen Einmarsch gegen das unbewaffnete Volk des Nuhrbeckens befohlen haben. Ich wiederhole blut- tenden Herzens meine Mahnung zur Besonnenheit im Ruhr gebiet, aber auch meine Warnung an die Gewalthaber. Sie säen Haß und Erbitterung. Hierauf erbat und erhielt der Präsident die Ermächtigung, einen Initiativantrag der Parteien aus die Tages ordnung zu setzen, der folgendes Ermächtigungsgesetz verlangt: Die Reichsregierung wird ermächtigt, mit Zustimmung des NeichSratcs diejenigen gesetzlichen Maßnahmen anzuordncn, die sich zur Abwendung der aus der wirtschaftlichen und sozialen Not für die Allgemeinheit drohenden Gefahr als notwendig erweisen. Die Verordnungen sind dem Reichsrat unverzüglich zur Kenntnis zu bringen und auf sein Verlangen außer Kraft zu setzen. Nach Erledigung einiger kleinerer Angelegenheiten wurde oom Abg. Jäckel (Soz.) der sozialdemokratische Antrag be gründet. Die Erzeugunas- und Handelsunkostcn seien nicht entfernt so gestiegen, daß die jetzige Höhe der Preise gerecht- fertigt wäre. Mehrere Redner der bürgerlichen Parteien weisen die Vorwürfe gegen die Gewerbetreibenden Wegen ungerecht fertigter Bereicherung zurück. Von sozialdemokratischer Seite ist inzwischen der Antrag geändert und in folgende Fassung gebrackft worden: »Die Re gierung wird ersucht, der unbegründeten Erhöhung der Waren preise der Produzenten, Groß- und Kleinhändler mit allen Aiitteln entgegenzuwircken.' Der Antrag wird einstimmig an genommen. Bei der Beratung des Ermächtigungsgesetzes, das die Unterschriften der bürgerlichen Parteien und ver Sozialdemo kraten trägt, erklärt Abg. Dittmann (Soz.), die Unterschrift seiner Partei beruhe auf einem Irrtum des Reichstagsbureaus. Seine Fraktion habe ihre Zustimmung nicht gegeben. Nunmehr wird Überweisung des Antrages an die Rechts kommission beantragt, es stellt sich aber heraus, -aß das Haus beschlußunfähig ist. Die nächste Sitzung wird auf Donnerstag, den 25. Januar festgesetzt. Polizeistunde abends Lthr. Verbot der Tanzlust-arkeiten. Das preußische Ministerium des Inner» setzt im Hin blick auf den Ernst der Zeiten und die Notwendigkeit zur Einschränkung der Schlemmerei und des unnötigen Ver brauches die Polizeistunde für Gastwirtschaften usw. auf 11 Uhr abends herab. In kleineren Gemeinden soll es den Lokalbehörden überlassen sein, die Polizeistunde auf einen noch früheren Termin zu verlegen. Hand in Hand mit der »errurzung der Polizeistunde wird das Verbot der össent- lichen Tanzlustbarkeiten sowie das Verbot der privaten Tauzlustbarkciten in öffentlichen Räumen gehen. Man erwartet, daß sich die übrigen Länder dem Vor gehen Preußens anschließen. Die ersten Besprechungen über die Maßnahmen haben mit der Reichsregierung statt gesunden. Das Reichskabinett vertrat dabei den Stand punkt, daß die schwere Lage des Reiches auch äußerlich zum Ausdruck komme, und daß die vielen Lustbarkeiten und die Schlemmerei gewisser Kreise einen großen Un willen auch bei den eigenen Volksgenossen Hervorrufen müsse. Die Litauer verlassen Memel. Bildung einer vorläufigen Regierung. Die Pariser Botschafterkonferenz hat die unverzügliche Entsendung einer außerordentlichen Kommission nach Memel beschlossen, die beauftragt ist, eine vorläufige Negierung unter der Autorität der Alliierten zu bilden. Es werden in Kowno Schritte unternommen werden, in denen die litauische Negierung auf die schwere Verant- Wortung aufmerksam gemacht wird, die sie auf sich geladen hat. Die litauische Regierung wird arrsgefordert werden, dahin zu wirken, daß dis Litauer die Autorität der Kam- Mission anerkennen. In Memel traf auf einem englrschen Torpedobootzerstörer ein englischer Admiral ein, der mit der litauischen Besatzung in Verhandlungen eintrat. Als ein Ergebnis dieser Unterhandlungen betrachtet man A daß sich die litauischen Freischärlertruppen in der Haupt» fache aus Memel zurückziehcn. In der StadtMemel haben su nur noch einige Posten zurückgelassen. Es hat sogar der Anschein, als ob sie das ganze Memelland wieder verlasse, wollen, jedenfalls steht nach Königsberger Meldungen fest daß einzelne litauische Truppen die Grenzen des Memel landes bereits wieder verlassen haben. Politische RunSscharr. Deutsches Reich. Abwehr französischer Anschuldigungen. Lie von Poincarö in seiner Kammerrede vom 11. ^anuar gegen Deutschland vorgebrachten Vorwürfe werden jetzt in einer umfangreichen amtlichen Kundgebung noch einmal an Hand einwandfreien Tatsachenmaterials widerlegt. Die Beschuldigung, das Kohlensyndikat habe auf Anstifter, oder mit Hilfe der deutschen Regierung auch sein Mtenmaterial nach Hamburg mitgenommen, erledigt sich durch den Hinweis auf die einfache Tatsache, daß das Mittlere Temperatur im Januar Juli Schwankung Meißen — 0,5 18,4 18,9 Dresden — 0,4 18,4 18,8 Tharandt — 1,9 16,6 18,5 Freiberg — 1,4 16,6 18 Grillenburg — 2 16,8 18,8 Da der Unterschied zwischen der Mitteltemperatur des kältesten und des wärmsten Monats ungefähr 18,5° beträgt, so ist das Klima unserer Heimat dem sogenannten Uebergangsklima zuzurechnen. Bom Meere, vom Atlantischen Ozean herein wehen unsere herrschenden Winde. Mittlere Windrichtung in Prozenten: N. NO. O. SO. S. SW. W. NW. Still Dresden-A. 4 3 14 13 5 8 32 13 8 Freiberg 11 5 7 10 12 15 19 19 2 Erillenburg 6 - 6 3 9 13 18 19 12 14 Meißen 8 5 9 15 6 17 29 11 — Der aus den weiten russischen Steppen zu uns vordringende Ostwind bringt uns trockene, kalte und schwere Lust, die einen hohen Barometerstand bewirkt und, da sie die etwa vorhandene Luftfeuchtigkeit aufsaugt, ist sie der Vorbote sonnen- deller Tage. Der über die weite Wasserfläche des atlantischen Ozeans streichende Westwind dringt einen feuchten, leichten Luststrom herzu, der einen niedrigen Barometerstand verursacht und zur Quelle häufiger Niederschläge wird. Nach Dr. I. Hann wirkt der Westwind im Winter erwärmend auf unsere Gegend ein, weil zu dieser Jahreszeit der atlantische Ozean noch wärmer ist als unser Festland; im Sommer dagegen ist der Westwind kälter, weil der Ozean sein Wärmemaximum erst im September erreicht. Ueber die Niederschläge belehrt uns folgende Zusammenstellung: Ni-d-rschlag Mittlere Anzahl SchnkksaU Schnell»- der Tage mit Nachtfrost Nrbkl Tau Reif Dresden-A. 201 37 39 10 56 88 30 — Freiberg 196 55 74 17 43 — 26 .— Trillenburg 177 51 80 11 37 90 36 — Niederbobritzsch 193 56 72 20 42 93 23 105 Tanneberg 178 47 48 19 24 71 16 94 Tharandt 198 53 71 15 51 91 — — Trumbach 164 39 55 14 36 — — — Meißen 177 28 — — — -— — — Die Zahl der Regentage im Jahre ist nicht sehr unterschiedlich. Untersuchen wir noch die jedem Orte zukommende mittlere Regenmenge im Jahr: Dresden-A. 680,8, Freiberg 810,8, Grillenburg 749,3, Niederbobritzsch 738,4, Tanneberg 651, Tharandt 768,4, Grumbach 713,3, Meißen 641,1. In den Zahlen der Stationen Grillenburg, Tharandt, Niederbobritzsch und selbst noch Grumbach scheint sich der Einfluß des Tharandter Waldes bemerkbar Zu machen. Zeitschrift für Heimatforschung und Heimatpflege Beilage zum »Wilsdruffer Tageblatt' Nummer 1 Januar 1923 12. Jahrgang Ueber die Lage unserer Heimat. «.Kühne, Wilsdruff, ä. Die mathematisch-geographische Lage. 1. Unsere Lage zur Sonne. Wir sehen den Polarstern 51" über dem Nordpunkte unseres Horizonts, folg lich liegen wir unter 51° n. Br. (genau 51" 30- Damit ist- der Sonnenwinkel gegeben. Die Sonnenstrahlen treffen unsere Fluren am 21. März und 23. September unter 39°. Vom 21. März bis 21. Juni rücken die Mittagspunkte um 230»° nach N., der Sonnenwinkel wächst also bis zu einem Höchstmaß von 62'/-". Vom 23. September bis 21. Dezember rücken dagegen die Mittagspunkte um 23'/,° nach S., der Sonnenwinkel nimmt ab, bis er am 21. Dezember nur 15'/-° beträgt. Mit der Sonnenhöhe verändern sich Auf- und Niedergangspunkte der Sonne. Vom 21. Dezember bis 21. Juni rücken sie von S. nach N., vom 21. Juni bis 21. Dezember von N. nach S. vor durch,die entgegengesetzte Bewegung der Erde. — Damit verändert sich der Sonnentagebogen (am 21. Juni — 16'/- Stunde, am 21. Dezember nur 7 Stunden 52 Min.) und damit wiederum das Matz an Licht und Wärme. 2. Unsere Lage zum Meere. Lange Zeit glaubte man sogar, die Summe der Wärme, welche eine Gegend im Lause der vier Jahreszeiten empfängt, werde nur durch die geographische Breite bedingt. Als Maßstab für das Klima diente darum immer die mittlere Iahreswärme. Die Wissenschaft lehrt uns aber, daß die Wärme nicht allein eine Funktion der astronomischen Lage, sondern daß sie auch das Produkt der physika lischen Verhältnisse einer Gegend ist. Darum ist das Klima abhängig von der Höhenlage über dem Meeresspiegel, von der Entfernung vom Meere, von der vorherrschenden Windrichtung, von benachbarten Gebirgen usw.