Volltext Seite (XML)
NilsdrufferNMatt Fernsprecher Wilsdruff WochtNbla^ sÜp WWdmff Uttd ^MgegLNd Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrat« zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger «uL Dru^er: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für de« Inseratenteil: Arthur Zschuuke, beide in Wilsdruff. Nr. 137 Donnerstag den 15. Juni 1922. 81. Jahrgang Amtlicher Teil Oeffentliche Aufforderung zur Abgabe einer Gewerbesteuererklärung für das Rechnungsjahr 1922. Auf Grund dieser öffentlichen Aufforderung sind zur Abgabe einer Gewerbesteuer« erklärung verpflichtet: alle Unternehmer, die, ohne daß der Betrieb des Gewerbes (Hauptgeschäfts, fach« stschen Hauptbetriebsstätte oder Betriebsstätte mit den meisten gewerblichen Hilfs- personell) in einer sächsischen Stadt, einer sächsischen Landgemeinde mit mehr als 5000 Einwohnern oder einer anderen als Veranlagungsbehörde zugelassenen sächsischen Landgemeinde statlfindet und ohne daß sie ln einer der bezeichneten Gemeinden wohnen, 1. im Finanzamtsbezirke Nossen wohnen oder die Geschäftsleitung unterhalten, 2. außerhalb Sachsens wohnen und im Finanzamtsbezirke Nossen das Hauptge schäft unterhalten, 3. im Finanzamtsbezirke Nossen die sächsische Hauptbetriebsstätte oder in Ermange lung einer solchen die sächsische Betriebsstätte mit den meisten gewerblichen Hilfs« Personen unterhalten, soweit im Kalenderjahre 1021 «der im letzten Geschäfts- (Wirtschafts-) Jahr ein abgabe pflichtiger Ertrag von mehr als 24000 Mark erzielt morden ist oder das abgabe pflichtige gewerbliche Anlage» und Betriebskapital am Schluffe des odenbezeichneten Kalender« oder Geschäft-« (Wirtschafts-) JahreS mehr als 25000 Mark betragen hat. Die hiernach zur Abgabe der Steuererklärung Verpflichteten werden aufgefordert, die Steuererklärung unter Benutzung deS vorgeschriebenen Vordrucks in der Zeit vom 1. Juni 1922 dis 30. Juni 1922 bei dem unterzeichneten Finanzamt oder bei der zuständigen Gemeindebehörde einzureichen. Vordrucke für dre Steuererklärung können von dem unterzeichneten Finanzamts sowie von d«r Gemeindebehörde bezogen werden. Lie Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung besteht auch dann, wenn ein Vordruck nicht zugesandt worden ist. Sind mehrere Unternehmer an demselben Ge werbe beteiligt, so genügt es, w-nn einer die Gewerbrsteuererklärung adgibt. Für mehrere selbständige Gewerbe desselben Unternehmers sind getrennte Steuererklärungen abzugeben. Für Personen, die unter Pflegschaft oder Vormundschaft oder elterlicher Gewalt stehen, sind die Gewerbesteuererklärunqen von dem Pfleger, Vormund oder Träger der elterlichen Gewalt, für juristische Personen und selbständig steuerpflichtige Personen vereinigungen oder Vermögensmassen von deren gesetzlichen Vertretern, Vorständen oder Geschäftsführern abzugeben. Wer durch Abwesenheit oder sonst verhindert ist, die Gewerbesteuererklärung ab zugeben, kann dis Erklärung durch Bevollmächtigte abgeben lassen. Die schriftliche Voll macht ist der Steuererklärung bsizufügen, sofern sie nicht bereits zu den Akten des Finanzamts gegeben ist. Die Einsendung der Erklärungen durch die Post ist zulässig, geschieht aber auf Ge fahr des zur Abgabe der Steuererklärung Verpflichteten und deshalb zweckmäßig mittels Einschreibebriefs. Wer die Frist zur Abgabe der ihm obliegenden Steuererklärung versäumt, kann durch Geldstrafen bis LOO Mark zur Abgabe der Steuererklärung angehalten werden; auch kann ihm ein Zuschlag bis zu 10 v. H. der endgültig festgesetzten Steuer aufer legt werden. Wer zum eigenen Vorteil oder zum Vorteil eines anderen vorsätzlich bewirkt, daß die nach dem Gewerbesteuergesetze zu entrichtende Gewerbesteuer verkürzt wird, wird wegen Steuerhinterziehung mit einer Geldstrafe im fünf« vis zwanzigiachen Betrage der Hinterz,genen Steuer bestraft. Neben der Geldstrafe kann auf Gefängnis erkannt werden (8 36 des Gewerbesteuergesetzes). Wer fahrlässig als Steuerpflichtiger oder als Vertreter oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen bewirkt, daß die Gcwerbesteuer verkürzt wird, wird wegen Steuergefährdung mit eine: Geld strafe bestraft, die im Höchstbetrage halb so hoch ist, wie die für die Steuerhinterziehung angedrohte Geldstrafe (Z 37 Abs. 1 des Gewerbesteuergesctzes in Verb, mit § 367 der Reichsabgabenordnung). Nossen, am 12. Juni 1922. SN» Finanzamt. ^11*5l4l L>111101*^ 1111 k ab Donnerstag den 15. Juni täglich von ^3 bis 5 Uhr im Verwaltungsgebäude, Ammer 2, Pfundpreis 6 Mark. Wilsdruff, am 12. Juni 1922 Der Stadtrat. Meine Zeitung für eilige Lese? * Das Garantiekomite« soll sich nach Pariser Meldungen Ende dieser Woche nach Berlin zur Einrichtung des vorge sehenen Kontrolldienstes begeben. * Die am 15. Juni fällige Zahlung von 50 Millionen Gold mark an die Entente durch die Reichsregierung ist sichergestellr. * Reichspräsident Ebert hat seinen Münchener Aufenthalt beendet und ist nach Freudenstadt abgercist Ausreden. Mn alte Sünden erinnert zu werden, ist immer ein nn- angenehmes Ding für Politiker, die sonst durch ein dickes Nhinozerosfell ausgezeichnet sind. Ob Herr Vander velde, der ehemalige Justizminister des Königs von Belgien und anerkannte Führer der belgischen Sozialisten partei, sich im Besitz eines solchen Schutzmittels gegen äußerliche Unannehmlichkeiten befindet, werden nur seine näheren Freunde zu entscheiden wissen. Nun er sich aber zur Verteidigung der von den Bolschewisten angcklagten Sozialrevolutionäre nach Moskau begeben hat, steht er sich dort plötzlich in eine Lage versetzt, wie Daniel in der Löwengrube. Er ist hingeeilt, um von seiner Eigenschaft als Advokat und Verteidiger zugunsten der unter schwerer Anklage stehenden Gesinnungsgenossen Gebrauch zu machen. Die Moskauer Kommunisten aber fallen über ihn als einen Führer des internationalen Proletariats her, der er nach wie vor zu sein behauptet, während die In haber des allein seligmachenden Glaubens Leninscher und Trotzkischer Färbung ihn nur noch als einen der vielen „Verräter" der Weltrevolution gelten lassen. So hagelte es denn förmlich auf ihn, kaum, daß er in Moskau eingetroffen war, in Versammlungen, in Ar tikeln, in öffentlichen und privaten Besprechungen Angriffe schwersten Kalibers herab, mit der Tendenz, ihm auch vor dem Forum des sogenannten Nevolutionsgerichtes, das gegenwärtig in Moskau wieder einmal seines Amtes wal ten soll, jede Autorität zu nehmen. Die stärkste Anklage, die dabei gegen Vandervelde immer wieder erhoben wird, wird aus der Tatsache hergeleitet, daß er im Namen und als Vertreter des Königs von Belgien den Versailler Vertrag unterzeichnet hat. Dieser sogenannte Friedensvertrag wird von den russischen Bolschewisten nicht weniger scharf verurteilt, als wir Deutsche es, bisher leider immer noch erfolglos, getan haben. Für uns um schließt er den ganzen nationalen, kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Jammer, in dem wir zu ersticken drohen. Den Russen gilt es vor allen Dingen als Tod sünde gegen den heiligen Geist der internationalen Verbrü derung, wie s i e ihn aufsasscn. Ein Sozialisienführer, der di- Versklavung großer Teile eines mit Recht selbstbewuß ten Volkes, seine Ausbeutung durch den hungrigen Welt kapitalismus mit seinem Namen gntheißt, hat nach der Überzeugung der Nüssen das Recht verwirkt, sich noch iraendwo vor Arbeitermassen als Wortführer der ersten oder zwecken oder zweieinyalbten Jnternanoncue oncren zu lassen. Herr Vandervelde muß schließlich doch einigen- Verdruß darüber empfunden haben, wie ihm hier, in der eigentlichen Heimat der dritten Internationale, unaufhör lich zugesetzt wurde, und so hat er schließlich an die ..Jsvcstija", das Regierungsblatt der Moskauer, einen Brief gerichtet, in dem er seine Haltung in Versailles so gut wie möglich zu rechtfertigen sucht. Er habe den Frie- vensvertrag unterzeichnet gemäß dem Mandat, das er von ser belgischen Arbeiterpartei erhalten habe, weil er für Belgien die Befreiung seines Gebietes und den Schadens ersatz für die Zerstörungen sanktionierte, die durch den deutschen Einfall verursacht waren. Vor seiner Unterschrift aber habe er sich dem öffentlichen Protest der belgischen Arbeiterpartei gegen die imperialistischen Punkte des Ver trages angeschlossen und schließlich sei ja im Vertrage selbst cine Nachprüfung seiner Bestimmungen vorgesehen, wie sie setzt von den belgischen Sozialisten im Einvernehmen mit den Genossen in Deutschland, England, Italien und Frankreich angestrebt würde. Eine glückliche Verteidigung? In Moskau wird ihm wfort erwidert, daß es gar nichts ausmache, ob er nach der Unterzeichnung des Vertrages gegen dessen räuberische Teile als Privatmann protestiert habe oder nicht. Man bescheinigt ihm, daß er sich auf Ausreden zurückziehe; er beweise im Grunde nur, daß er nicht dort war, wo das Pferd gestohlen wurde, wenn er auch zugeben müsse, dieses Pferd verkauft zu haben. Vandervelde scheine bei den russischen Arbeitern ungefähr den politischen Verstand von Säuglingen vorauszusetzen, werde aber damit kein Glück haben. Vier Jahre seien seit Unterzeichnung des Versailler Vertrages verstrichen. Das deutsche arbeitende Volk sei durch ihn zum Kuli des Weltkapitalismus geworden, cher weder Frankreich noch der König, dessen Minister Vandervelde war, zeigten die geringste Neigung, sich vom Vertrage loszusagen. Resolutionen, auch wenn Vander- elde ihnen jetzt zustimmt, nützten dem deutschen Arbeiter benso viel wie Lem Toten der Weihrauch. König Albert haste sich an die Unterschrift seines treuen Dieners von da- mls, ungeachtet der Grimassen, die er schneide, seitdem er vsn königlichen Dienst verlassen habe und wieder zur Op- "osition übergegangen sei. Nach einer anderen Meldung " Vandervelde darüber hinaus noch gegen die deutschen . hrhestssozialisten und Unabhängigen den Vorwurf er hoben haben, imß sie die Bedingungen des Versailler Mrckvacs angenommen hätten. Seine Aufgabe als belgi- 'cher Minister konnte nur darin bestehen, die belgischen Tntercssen wahrzunehmen; sollte er deutscher oder volks- mnstMstlicher empfinden als die damaligen Führer des wutschen Volkes? Man steht also, mit den Herren Kommunisten ist höl lisch schlecht Kirschen essen, und wenn Herrn Vandervelde feine eigene Verteidigung schon so vorbeigeglückt ist, — wir wird es erst den armen Angeklagten gehen, deren er sich in Moskau angenommen hat? Der Tsö Wolfgang Leipzig. Der Hingang des früheren Generak- landschaftsdirettors Dr. Kapp erfolgte im hiesigen St. Georgen-Krankenhause infolge einer schweren Krebserkrankung. Damit fällt der Hochveruatsprozeß, der gegen den Führer, besser gesagt Wohl den vorgeschobenen Führer des „Kapp-Putsches" vom 13. bis 18. Januar 1920 schwebte, zusammeu. Kapp war nach dem Scheitern seines Umsturz versuches nach Schweden geflüchtet und hatte es zunächst abgelehnt, sich den Negierung, die er als unrechtmäßig au- sah, zu stellen. Nach der Verurteilung des früheren Ber liner Polizeipräsidenten Traugott v. Jagow indessen änderte er seine Ansicht; er wollte sich nicht nachsagen lassen, daß er im Auslands in Sicherheit lebe, während seine An hänger die Folge ihrer Tat trugen. Zunächst verlangte er freies Geleit, aber als dieses gbgelehnt wurde, stellte e, sich bedingungslos. Diejenigen, die nun einen großen poli tischen Prozeß vor dem Reichsgericht erwarteten, wurden indes enttäuscht. Kapp kam als ein kranker Mann nacb Leipzig, mußte bald in eine Klinik übergeführt werden und sich operieren lassen. Ein Auge war verloren, und so gar ein Teil des Schädels mußte herausgemeißelt werden. Jetzt hat ihn der Tod von seinen Schmerzen und der Ver antwortung vor seinen Richtern erlöst. über den sogenannten Kapp-Putsch stehen wohl die Urteile bei Freund und Feind ziemlich fest. Wer die eigentliche treibende Kraft war, läßt sich freilich nicht sagen. Es scheint, als habe Verschiedenes zusammengewirkt, und Kapp ist Wohl erst im letzten Augenblick als der bekannte Bethmann-Feind und Mitbegründer der Vateilandspartei in die erste Reihe gestellt worden. Trotz anfänglichen Er folges konnte sich die kleine Schar nicht halten. Fünf Tage lang führte Kapp den Titel „Reichskanzler", die Regie rung und der Reichstag waren nach Dresden und dann nach Stuttgart geflüchtet, aber die Reichsbank versagte der neuen Regierung den Kredit, Arbeiter und Beamte traten in den Generalstreik. So brach die neue „Regierung" bald zusammen, Kapp und Lüttwitz verschwanden aus Deu-sch- land. Der ungenügend vorbereitete, offenbar übers Knie gebrochene Aufstand zog viele Schäden nach sich. Das Ausland, das bereits einiges Vertrauen zu Deutschland zu fassen schien, bekam den Eindruck, daß das Land von einer Gesundung der Verhältnisse noch weit entfernt sei. Das machte sich in einem starken Sinken unserer Valuta und in der Behandlung unserer Vertreter bei internatio nalen Fragen leider sehr peinlich fühlbar. Die Folgen sind heute noch nicht ganz überwunden. * Wolfgang Kapp war Ler Sohn eines alten Achtundvier zigers, Ler nach Amerika geflüchtet War und in Newyort als Advokat lebte. Dort ist der Sohn auch im Jahre 1858 ge boren. Im Jahre 1870 kehrte der Vater nach Deutschland zurück und war später nationalliberaler Abgeordneter. Wols- <iana Kavv besuchte in Berlin, das Gymnasium und studierte