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K-rnsprecher MiSdrvff v Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meitzen, des Amtsgerichts -8 Wilsdruff, des Stadtrat» zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Varl«,« «,» «r»«»rr Arth«« Zfch««»e in WU«»rnff. «erantw-rtUcher Schristleiter: Herma»« Lässig, für de« Inseratenteil: «rtH»r Zschnxke, »eide in w«a»r»A Rr. 223 Sonnabend den 23. September 1922 81. Jahrgang Amtlicher Teil. HolMfteiWW Ms Tharandter Md Spechtshansener Gasthaus zum Amtshof, Tharandt, Mittwoch, ^)oesirtMki. den 27. September 1S22, vormittags S Ahr. Tharandter Revier: 197 w. Stämme bis 37 u. m. cm, 15 fi. Schleifklötze 8/l2 cm, 36 w. und 2 ht. Klötze 13/30 u. m. cm, 80 fi. Derbstangen 8/11 cm, 6550 fi. Reis- stangen 2/7 cm. Abt. 4, 11, 12, 24, 26, 27, 29, 3l, 33, 37, 50, 57 und 59. Spechtshausener Revier: 315 w. und 3 hl. Stämme bis 29 cm, 4 w. und 22 ht. Klötze 7/52 cm. Abt. 31, 34, 36, 38, 43 und 48 «,rr (I.D. 22912) Forstrevierverwaltung Tharandt und Spechtshausen. Forstrentamt Tharandt. Dir Mm WM, DzeiM bi; vormittag; 10 Ihr iiifMbni. >MMMM»W»WWWWWWWWWWWMWWMWWMWMWMW»»»»«W»W»»»>WW»««WW»WW»MWMWWWWWWW»WW>EM« Kleine Zeitung für eilige Leser. * Reichskanzler Dr. Wirth erklärte in einer Unterredung, bei der schlechten Ernährungslage Deutschlands drohe eine soziale Revolution, falls keine Entlastung eintete. * Sowohl Reichskanzler Dr. Wirth wie Reichsfinanzminister Dr. Hermes begeben sich auf etwa 14 Tage in Urlaub. * Die Reichsbank hat ihren Wechseldiskont von 7 aus 8 Pro zent, den Lombardzinsfuß von 8 auf 9 Prozent erhöht. * Die Einigung der beiden sozialdemokratischen Parteien wurde aus dem Parteitag der Mehrheitssozialdemokraten in Augsburg einstimmig angenommen. * In Paris beschlossen die Regierungsvertreter Englands, Frankreichs und Italiens die Einberufung einer Orientkonfe renz angesichts des Vormarsches des Türkenheeres. * Die Truppen Kemal Paschas dringen gegen die Darda nellen vor und drohen mit dem Übertritt. In England herrscht ungeheure Erregung. Die Drohung des Orients. Der englische Außenminister Lord Curzon, der italienische Graf Sforza und der französische Ministerpräsi dent trafen in Paris zusammen und wurden sich dahin einig, daß angesichts der Vorgänge in Kleinasien eine Konferenz einzuberufen sei, auf der England, Italien, Frankreich, Japan, Griechenland, Rumänien, Jugoslawien und die Türkei vertreten sein sollen. Die Kette der Friedensverträge, die den besiegten Mittelmächten auferlegt wurden, hatte zum Ziel eine gründliche Umstülpung des alten Gleichgewichts der Mächte in Europa und eine Schmälerung oder Vermehrung ihrer Weltgeltung. Die künstliche Schaffung von Staaten wie Polen, Südslawien, Tschechien, die Vermehrung des fran zösischen und im Nahen Osten des griechischen Einflusses ist aber der Herd dauernder Unruhen und wirtschaftlichen Zerfalls gewesen. Zwar schied Deutschland zunächst als Mitbestimmer aus, aber politische Haßtriebe konnten die größte Werkstätte Europas nicht vernichten, und da das nicht gelang, wird Deutschland allmählich auch wieder ein politischer Faktor werden, nachdem seine wirtschaftliche Lage und jede seiner Krisen heute schon ganz Europa und die Weltwirtschaft lähmt. Der Versailler Vertrag ist durch löchert worden durch die wirtschaftspolitischen Notwendig keiten. Der Vertrag, der nach Englands Wünschen die türkische Gefahr oder vielmehr das Wiedererwachen des Islams verhindern sollte, also der Vertrag von Sövres, hat aufgehört zu bestehen. Ein Pariser Blatt hat ganz naiv aber folgerichtig ge schrieben, da die Türken heute militärisch kräftig seien, müsse man mit ihnen verhandeln und den Friedensvertrag den Wirklichkeiten anpassen. Für Frankreich, den großen Gegenspieler gegen England, ist die orientalische Frage deshalb wichtig, weil ihre Lösung im englischen Sinne England größere Kraft in europäischen Angelegenheiten verschaffen würde. Andererseits sieht England sein gan zes Kolonialsystem bedroht, wenn der Weg nach seinem Kronjuwel Indien beherrscht wird von Türken und be- droht wird von den Russen, die, wie das Beispringen Ka- cachans, des Lenkers der auswärtigen Politik der Sow jets, beweist, mit den Türken von Angora unter einer Decke stecken. Als am 16. September Lloyd George kriegerische Töne gegen die siegreichen Türkon ausstieß und sich der militärische Apparat Britanniens langsam auf einen be waffneten Zusammenstoß einstellte, stieß er auf einen sehr anerwarteten aber unüberwindbaren Widerstand. In Paris erklärte man, Konstantinopel sei nicht tabu. Man hätte an einem Gibraltar genug. Freiheit der Meerengen unter Englands Herrschaft wäre unerträglich. Die Los- -ösung der französischen Truppen aus der sogenannten neutralen Zone, die lediglich auf Grund des überlebten vevresvertrages besteht, kennzeichnete den Ernst der Lage. Italien sprang Frankreich bei und will jetzt sogar seine Truppen aus Konstantinopel zurückziehen. England war ,lso tatsächlich isoliert und galt als Feind des Islam, siwar hat es den „heiligen Krieg" nicht zu fürchten, da die Moslems Ägyptens und Indiens nur stark in Worten sind, ,ber immerhin war England in seiner ganzen Orient- »olitik gelähmt und unfruchtbar geblieben. Das Verbeißen ,uf die neutrale Zone, die kriegerischen Drohungen, sind in richts zerfallen. Lord Curzon, der Außenpolitiker des Lloyd George-KabinettS, der ehemalige Vizekönig von Zndien, weiß, um was «S geht. Er hat erleben müssen, vie seit dem glänzenden Durbar von Delhi, wo im Jahre 1903 der britifche Vizekönig als Statthalter Eduards ganz Sndien zu Füßen sah, der MuhamedanismuS und die van- isiatische. Bewegung Indien zu einem neuen Irland ge- nacht haben und die Orientalen im türkischen Kalifat zu Konstantinopel ihr Rom sehen. Er hat erleben müssen, »aß das Konkurrenzunternehmen, das arabische Kali- ät auf Geheiß Englands, unwirksam blieb. Und er weiß, velche Gefahr für die langsam errichtete Brücke von Gi- »raltar über Ägypten und das englisch-zionistische Pala tina und Persien nach Indien besteht, falls es zu einer Katastrophe auf dem Balkan und zu einem Zusammen- »rall der Waffen kommt. Ganz plötzlich also riegelte England seine Politik ab rnd Lord Curzon erschien plötzlich in Paris, Lloyd Neorge ließ sich selbst widerlegen und England schien fried- ich. Eine Orientkonferenz steht bevor. Auf ihr ist Eng- and vereinsamt und auf ihr muß und wird England sich üblich unterwerfen müssen. Kemal aber, der Überwinder >er britischen Politik, ist ein zu gerissener Politiker, als »aß er die Hand der Versöhnung ausschlagen würde. Er roird ein gutes Kompromiß einheimfen, weil sich durch den Lieg der türkischen Waffen die Machtverhältnisse in Vorder- ssien gründlich geändert haben. Heute spricht man bereits offiziell von der Rückgabe Konstantinopels und Ndrianopels in die Türken, da der Franzosengeneral Foch und der englische Kriegsmann Beatty ein militärisches Eingreifen für schwierig halten. Die Entwicklung kehrt also in einem Brennpunkte der Weltpolitik dahin zurück, daß das alte Gleichgewicht wieder hergestellt wird, und zwar nach einem blutigen, zerrüttenden und nutzlosen Umwege über die Friedensverträge des Unfriedens. L. Das Türkenheer an den Dardanellen. Befürchtungen vor dem Übergang. Der in Konstantinopel befindliche englische General Townstend hat erklärt, eine Verlängerung der Besetzung Konstantinopels würde den Heiligen Krieg bedeuten. Es wäre unmöglich, aus der Stadt ein neues Suez und Gi braltar zu machen. Großbritannien könne den Frieden in Indien, Mesopotamien und Palästina nur aufrechterhalten, falls Konstantinopel geräumt und Thrazien bis zur Ma- ritzagrenze den Türken zurückgegeben würde. Generalmajor Frederic Maurice drahtet nach London aus Konstantinopel, die türkische Kavallerie an der Grenze der neutralen Zone auf der asiatischen Seite der Darda nellen nehme an Stärke zu. Die türkischen Streitkräfte sammelten sich nach und nach und würden zu einer Be drohung der Besatzung der asiatischen Küste. Mr Berichterstatter der „Daily Mail" in Konstan tinopel meldet, der Vertreter der Angora-Regierung habe ihm erklärt, daß er den General Harrington benachrichtigt habe, die Türken hätten die Absicht, über die Dardanellen zu gehen, um den Massakres, die die Griechen in Thrazien anrichteten, ein Ende zu machen. Die türkischen Truppen würden nicht auf die Alliierten schießen, vorausgesetzt, daß sie von den letzteren nicht angegriffen werden. Kemals Entschlossenheit. Auf die Warnung des englischen Oberkommandieren den von Konstantinopel vor einem Angriff auf die neutrale Zone, hat Kemal Pascha erwidert: Wenn die Alliierten den Griechen gestatteten, durch die Dardanellen zu fahren und von ihren Schiffen aus türkische Orte zu bombardieren, so müsse er unbedingt darauf bestehen, das; man auch den Türken erlaube, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, nm diesen Angriffen zu begegnen. Wenn man ihm weiter hin verweigere, die Dardanellen zu benutzen, so werde er das als einen feindseligen Akt Englands betrachten. — Die Stadt Panderma im Operationsgebiet steht, mit Aus nahme von vielleicht 100 Häusern, vollkommen in Flammen. Der Westbahnhof ist zerstört, ebenso die Ottomanische Bank. Man meldet viele Verletzte aus der Zivilbevölkerung. Die Erregung in England nimmt stündlich zu. Die Proteste der Arbeiterschaft gegen einen Krieg mehren sich. Ramsay Macdonald und Smillie haben anläßlich einer Arbeiterkundgebung Lloyd George als eine öffentliche Gefahr für den Frieden der Welt be zeichnet und sofortige Neuwahlen zur Beseitigung der gegenwärtigen Regierung gefordert. EachliesenmgsvettrSge mit Mankreich. Zulassung deutscher Arbeiter. Das bekannte süddeutsche SachltefenmgSabkonnne» »ach dem Muster der Stinnes-Abrnachun« hat aus deutsche» Seit« die Lonuaer» und Vrivatbmck » Stuttgart a» Rückendeckung und auf französischer Seite die Bank von Paris. Die Lieferungen, die einen Mindestbetrag von zweihundert Millionen Franken erreichen sollen, werden im Rahmen des Wiesbadener Vertrages ausgeführt; sie sollen in Frankreich nur den Mindestzoll tragen. Von einem weiteren Sachleistungsabkommen macht die Firma Lehrer-vonSiemens, Vereinigte Bau stoff-Industrien, Berlin und Düsseldorf, Mitteilung. Der Vertrag ist in Paris mit der „Chambre Syndicale des Constructeurs en Ciment Arms" abgeschlossen worden, der 88 große und größere französische Baufirmen angehören sollen. Nach diesem Abkommen wirkt die Lehrer-Von Sie mens-Kommanditgesellschaft als Sammlerin und Vermitt lerin der französischen Aufträge, deren Vergebung in einer besonderen französischen Beschaffungsgefellschaft zentrali siert wird. Die französiche und die deutsche Gruppe bilden eine gemeinschaftliche Arbeitskommission, die am 2. Oktober in Paris zusammentreten soll. Die bekannte Kohlenklausel des Stinnes-Lubersac-Abkommens soll auch auf diesen Vertrag Anwendung finden. Von der an diesem Vertrage beteiligten französischen Gruppe wird auch die sehr bedeutsame Mitteilung gemacht, daß das französische Wiederaufüauministerium sich grund sätzlich mit der Verwendung von 5V Prozent ausländischer Arbeiter, darunter auch deutscher, einverstanden erklärt habe. Nach dem gegenwärtigen Stande der arbeitenden Pläne soll die Beschäftigung etwa 40 vvü deutscher Arbeiter 'M Wiederaufbaugebiet in Frage kommen. Im Relchsmimsterium für Wiederaufbau hat eine Besprechung mit dem Vorstande des Verbandes sozialer Baubetriebe stattgefunden. Der Verband ist von dem fran zösischen Komitee für den Wiederaufbau der zerstörten Ge biete zur Beteiligung am Wiederaufbau der zerstörten Ge biete Nordfrankreichs aufgefordert worden. Die erste Zu sammenkunft zwischen den beiden Verbänden wird in den nächsten Tagen stattfinden. Es handelt sich hierbei um selbständige Verhandlungen, die neben dem Stinnes-Lu- bersacMbkommen hergehen und in keinerlei Beziehungen zu diesem stehen. Frankreichs Vorschläge in Genf. Die Regelung der Kriegsschulden. Ob Frankreich nun wirklich von seiner bisherigen, den Wiederaufbau Europas aufs schlimmste gefährdenden Po litik sich abkehren wird, wie es nach den Erklärungen des französischen Vertreters zu den Anträgen Lord Robert Cecils zu erwarten schien, muß sich in den nächsten Tagen zeigen. In dem Refolutions-entwurf, den der französische Delegierte Senator deJouvenelim Völkerbund einge bracht hat, heißt es: „In Anbetracht der Tatsache, daß die materielle Ab rüstung vorher die moralische Abrüstung erfordert, und daß diese nur in einer Atmosphäre der Sicherheit und des gegenseitigen Vertrauens verwirklicht werden kann, stellt die Vötterbundsversammrung fest, daß dieses Vertrauen un- möglich ist, solange die Valutakrisis Las wirt schaftliche Chaosunddie Arbeitslosigkeit, an denen die Wett leidet,.andauern werden, und daß dies« Schäden nur geheilt werden können durch die Beendigung der Unsicherheit, die über die Mittel besteht, -mit'denen die verwüsteten Gebiete wicderhergestellt weiden können, sowie über die Regelung der interalliierten Schulden. Der Völkerbund wird ausgefordert, im Sinne dieses Programms Maßnahmen zu ergreifen. Wie aus London berichtet wird, hat die Verknüpfung der Frage der inter alliierten Schulden mit der Frage der Reparationen, die in den Anträgen Lord Robert Cecils und de Jouoenels enthalten ist, nur dann Aussicht auf Zustimmung der eng lischen Regierung, wenn Frankreich sich zu einer Räu mung des linken Rheinusers entschließt- * Deutschland und der Völkerbund. Lord Robert Cecil hat aus Genf eine Depesche an den Völkerbnndsverein in London gerichtet, in der er mit Be dauern darauf hinwcist, daß Deutschland keinen Antrag auf Aufnahme in den Völkerbund gestellt habe, der bei der augenblicklichen Stimmung der Völkerbundsversammlung nach Ansicht Cecils zweifellos angenommen worden wäre. Lord Robert Cecil wendet sich dann gegen einen Artikel Dr. Dernburgs, in dem dieser die bisherige ablehnende Haltung MutschlandS gegen den Völkerbund begründet. Cecil schließt, die deutsche Regierung könne der Welt be weisen, daß sie auf feiten der Demokratie und des Frieden- steht, indem sie den Anttag um Aufnahme in den Völker bund so bald wie möglich stelle.