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MdnOrMeblaü Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Fernsprecher Wilsdruff 7K. 6 Postscheckkonto OresSen 2640 Rr. 227 Donnerstag den 28. September 1922 81. Jahrgang «,ach ml! «iKaahn» »« imd »Ichmw«^ r u», flr »« ß»I,n»n, Ta«. De,u,«»ni« »«I s«»fi«dholun, m»n<Miq durch unser« «uttrL««« »»««»IV» kl »er St«»< M<n«Mch -Lf dem Lax»« Mk., durch die Post dn»»«n uierieisähriich Ml. mil Zustestun-e-edüdr. Alle pesiemfieikn und Postboten so»« !>«s«r« «usirLger und »esch»st«stelle nebweu jederzeit Bestestun^u entgo-e«. 2m Z«l!« «»derer «-Welt, Krie, »dm s»ns««er Deirt«best»run«en d«t »er ivePedrr leine- Anspruch «u? Liefmm, der Zetkin« »der «üruux des 2«,u,«preis-«. Erscheint feit Dieses Blatt enthätt die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgericht» zu Wilsdruff, des Stadtrat» zu Wilsdruff, des Forstreutamts Tharandt und de» Finanzamt» Nossen. »«l«,« »nM-r gschuu», i» WU-druff. «erautwortUcher «christleit«: Her«««« LLsft«, fite de« I»fera1<Mell: «rttz,r Asch«»»«. Beide «* »Uodru» Amtlicher Teil. Bei uns sind cingegangen vom: Sächsischen Gesetzblatt das 28. bis 32. Stück vom Jahre 1922, vom Reichsgesetzblatt, Teil l Nr. 58 und 59 vom Jahre 1922, vom Reichsgesetzblatt, Teil II Nr. 19 bis 21 vom Jahre 1922 Diese Eingänge, deren Inhalt aus dem Anschläge in der Hausflur des Verwaltungs gebäudes ersichtlich sind, liegen 14 Tage lang in der hiesigen Ralskonzlei zu jedermanns Einsicht aus. Wilsdruff, am 27. September 1922 «z?» Der Stadtrat. Freitag den 29. September 1922, abends Ve7 Uhr öffentl. Sitzung der Stadtverordneten. Wilsdruff, am 27. September 1922. Der Stadtverordneteuvorsteher. Bekanntmachung, betreffend geldwerte Deputate in der Landwirtschaft. Mit Rücksicht auf die bisherigen Preisnotierungen auf dem Kartoffelmarkl wird der in der Bekanntmachung vom 30. August 1922 festgesetzte Wert für 1 Zentner Kar» löffeln auf 250 Mark anderweit festgesetzt. Diese Festsetzung gilt v. 15. Sept. 1922 an. Dresden, am 25. September 1922. Landesfinanzamt, Abteilung für Besitz- u. Verkehrssteuern. 4877 Nr. 1606 I Dr. Hoch. Dir Neu WU ZM» iv sormiW 10 Ihr wsMüei. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Am 5. Oktober beginnen in Berlin neue Verhandlungen über die Ausgleichszahlungen. * Die Brüsseler Finanzkonferenz ist für Mitte Dezember in Aussicht genommen. * Die Orientkonferenz soll voraussichtlich am 15. Oktober zusammentreten; Lloyd George wird nicht daran teilnehmen. * Eiiee türkische Kavalleriepatrouille ist wiederum in die Tschanak-Zone eingedrungen. * Der türkische Großwesir erklärte sich bereit, zurückzutretcn, vm der Regierung Kemal Paschas freie Hand zu lassen. * Di« Franzosen lehnen den Wunsch der Türken ab, daß die Russen an der Orientkonserenz teilnehmen sollen. Stirbt unser Volk? Man weiß, daß jenseits unserer Grenzen alle Elends schilderungen von deutscher Seite fast durchweg mit Ab lehnung, zuweilen sogar mit kränkendem Hohn und Spott ausgenommen werden. Die unzähligen Ausländer, die uns mit ihrer Gegenwart erfreuen, sehen zumeist nur in den Hauptverkehrsstraßen unserer Großstädte, in den ele ganten Hotels und Wirtschaften allerhand Luxus und Übermut sich breitmachen, und kaum einer von ihnen denkt jemals daran, die Stätten der Armut und des Elends aus- zufuchen und Vergleiche zu ziehen zwischen der Lag« der breiten Masse und dem Freudendafein der aus der Ober fläche schwimmenden Schieber und Wucherer, der Leicht verdiener und Nichts-als-Genießer. Geschweige denn, daß sie unsere in unsagbarer Not versinkenden Mittelstands kreise aussuchten, wo man stillehält, sich verbirgt und wort los trägt, was kaum noch zu ertragen ist. Aber nun kommen die wissenschaftlich ermittelten Er gebnisse unserer amtlichen Statistik, die grausamen Zahlen, die deutlicher reden als noch so bewegliche Elendsschilde- rnngen, und predigen laut und vernehmlich: die Sterblich keit in Deutschland ist in starker Zunahme begriffen, die Geburten gehen zurück! Die neuesten statistischen Ergeb nisse beziehen sich aus das erste Vierteljahr 1922. In die ser Zeit sind die Geburten, auf 1000 Einwohner gerechnet, vonsast 29 imJahre 1913mnd von 27,7 imJahre 1921 auf25,6 inr ganzen Reich zurückgegangen. In Berlin ist sogar die Zahl der Geburten, gegen 1913 gerechnet, um fast 40 Pro zent zurückgegangen und die Sterbeziffer hat die Geburten fälle so sehr überschritten, daß ein Rückgang der Berliner Gesamtbevölkerung um 3800 Personen zustaudegekommen ist. Der allgemeine Rückgang der Geburten wird in der Hauptsache aus den Einfluß der Teuerung zurückgeführt, die sich naturgemäß am meisten in den Städten wirksam gezeigt hat, während die ländlichen Gebiete von ihr wesentlich weniger berührt wurden. Die ungünstigen Sterbeziffern werden mit den Grippeepidemien zu Anfang des Jahres und auch mit der langandauernden, sehr gro ßen Kälte des letzten Winters erklärt. Für 1913 war eine Durchschnittssterblichkeit von 16,8 festgestellt, jetzt beträgt sie 18,5; in Berlin vor 9 Jahren 15,2, jetzt 17,4. Auf das ganze Reich berechnet, ergibt sich im ersten Quartal d. I. noch ein geringer Geburtenüberschuß von etwa 100 000, was gegen die Zeit vor dem Krieg einen Rückgang uni die volle Hälfte bedeutet. Es ist wahr, äußerlich tritt dieser Wandel der Dinge ganz gewiß noch nicht in die Erscheinung. Berlin ist dem äußeren Eindruck nach mehr als jemals früher von Men schen überfüllt. Und auch wohin man sonst in Deutschland kommt, macht sich im allgemeinen nichts weniger als Menschenmangel bemerkbar. Aber wir wissen nur zu gut, daß die Zugewanderten aus allen Zonen — darunter zum erheblichen Teil sehr unerwünschte Gäste — allerorts schon einen starken Prozentsatz in diesen Menschenmassen aus machen und das vielfach eine recht ungesunde Verschie bung innerhalb der einzelnen Bevölkerungsgruppen zu un gewöhnlichen Zusammenballungen in "manchen Gegenden des Reiches geführt hat; und naturgemäß in solchen, die sich dem nachprüsenden Blick des Beurteilers am ehesten Larbieten, während diejenigen Teile des Reiches, in denen die deutsche Menschegflut laugfaM zxrückgeht und ver ebben will, mehr abseits vom Wege gelegen und vayer einer Beobachtung durch Dritte mehr entzogen sind. Aber werden die Zahlen und die Tatsachen, die sie predigen, auf das Ausland ernstlich Eindruck machen? Daß die Hungerblockade im Weltkriege 800 OM deutschen Nicht kämpfern, Greisen, Frauen und Kindern, das Leben kostet«, hat die nichtdeutsche Welt wie ein« glatte Selbst verständlichkeit hingenommen; und kaum ein Menschen freund in den Reihen der Siegervölker Hai sich gefunden, der gegen diese Ungeheuerlichkeit jemals seine Stimme erhob. Daß England sogar nach Abschluß des Waffen stillstandes Lie Hungerblockade noch viele Monate hindurch fortsetzte und so ihre mörderischen Wirkungen gegen ein zusammengebrochenes Volk aufrecht erhielt, blieb ebenfalls in der alten wie in der neuen Welt so gut wie unbean standet — England hatte den Krieg gewonnen, also durfte es sich gegen den Besiegten alles erlauben! Heute han delt es sich um die traurige Wirkung der Teuerung, die sicherlich mit dem Krieg als solchem, seinen zerstörenden Wirkungen auf unsere Produktionsquellen, sicherlich auch mit der Revolution und ihren Folgeerscheinungen zufam- menhängt, die aber ebenso sicher bedingt ist durch die an dauernde Fortsetzung des Krieges mit wirtschaftlichen Kampfmitteln, wie sie besonders von Frankreich gegen uns beliebt wird. Vielleicht wird mm wenigstens die zu nehmende Sterblichkeit in Deutschland als Beweisgrund für die Notwendigkeit einer baldigen Revision des Ver sailler Vertrages im Ausland anerkannt werden. Man sieht, die Teuerung hält an, vor wie nach dem Einzelab kommen mit Belgien, vor wie nach der Bewilligung dieser kleinen Atempause, die, uns früher zugestanden, möglicher weise noch einige Wirkung getan hätte. Wer helfen will, sollte bald helfen, zumal mit Sicher heit anzunehmen ist, daß das zweite und das dritte Quar tal dieses Jahres noch erheblich ungünstigere Zablcn aus weisen werden als das erste. Was uns aber erst in den kommenden Wintermonaten bevorsteht, daran kann man heute nur mit Grausen denken. Wieder ein politisches Märchen. Keine Allianz zwischen Deutschland, Ruhland, China. Berlin, 26. September. Zu Pressemeldungen über Verhandlungen betreffend eine rusfisch- chinesisch- dentsche Allianz, die angeblich zwischen einem Abgesandten der früheren südchinesischen Regierung und dem ehemaligen deutschen Gesandten m China Herrn von Hintze gepflogen worden sein sollen, wird amtlich mitgeteilt, daß der deutschen Regie rung von solchen Verhandlungen nichts bekannt ist und ebensowenig von einer angeblichen amtlichen Mission Herrn von Hintzes nach Rußland. Wie Herr von Hintze hier mitgeteilt hat, sind auch von ihm Verhandlungen über eine derartige Allianz nicht geführt worden. Sachlieferungen statt Sarzahlmgen. „Der Alp der Reparationen." Die Erkenntnis, daß die dauernden Versuche, aus Deutschland Gold herauszupressen, zu keinem Resultat führt, bricht sich auch in Frankreich immer weiter Bahn, nur ist die Gesinnung trotz dieser Wandlung immer noch die gleiche geblieben. So hielt jetzt der Senator Jon na r t eine Rede, in der er u. a. sagte: Der AlpderRe- parationen, welcher so viel Enttäuschungen hervor gerufen hat, hat lange genug gedauert. Aber es soll nie mand kommen und verlangen, daß wir ihm unsere natio nalen Bedürfnisse opfern. Das Programm der Ne gierung, sagte Jonnart weiter, ist auch das unsere: von Deutschland zahlreiche Sachlieferungen zu erhal ten und Geldzahlungen, die durch die Ausgabe einer internationalen Anleihe erleichtert werden. Wenn Deutschland bei einer Anleihe Glück haben soll, muß es zu einer strengen Kontrolle seiner Ausgaben bereit sein und seinen Gläubigern solide Pfänder geben. — Etwas weniger revanchepolttisch und dafür etwas mehr kaufmännisch äußert« sich der irangösiLche Minister für öffentliche Arbeiten Le Trocquer über die Nepara tionsfrage. Er sagte dabei über die jüngsten Abmachungen zwischen Stinnes und Lubersac: Diese Abmachungen be deuteten für Frankreich einen Wert von 20 bis 25 Milliarden an Arbeitskräften und Materiallieferungen. Es bestehe so für Frankreich eine Möglichkeit, einen Teil seiner Forde rungen an Deutschland zu befriedigen. Ferner sei es ge lungen, aus den Saargruben Hüttenkoks zu gewinnen, der dem Ruhrkoks gleichkomme. Außerdem gewinne man aus den Destillaten des Saarkoks petroleumhaltige Erzeug nisse von großem Gehalt. Dadurch könne Frankreich eine der größten, wenn nicht die führende Nation in der Hütten industrie werden. <Auf unsere Kosten!) — Der Aktions ausschuß für die zerstörten Gebiete will Ende dieses Mo nats die Grundlagen eines mit dem deutschen Verbände sozialer Baubetriebe abzuschließenden Abkommens über Sachlieferungen sestlegen; seine Unterzeich nung soll am 8. Oktober in Berlin stattfinden. KLnanzkonferenz im Dezember. Günstige Voraussagen. Die bereits vor Wochen viel erörterte nächste Konfe renz zur „endgültigen" Regelung der Reparationsfrage soll nunmehr Mitte Dezember stattfinden. Belgien will England und Frankreich noch in diesem Jahre zu einer Konferenz über den ganzen Kreis der Probleme der inter alliierten Schulden und der Reparationen einladen. Die Konferenz soll in Brüssel stattfinden, und die belgische Re gierung soll für diese Beratungen einen Vorschlag bereit halten. Vor der Konferenz soll eine Besprechung der ersten Minister über die Reparationssrage stattfinden. Man hält es in Londoner politischen Kreisen für nicht ausgeschlossen, daß das freund schaftlicheEinver- nehmen, welches zwischen Frankreich und England in der Orientfrage erzielt worden sei, sich auf die Re parationsfrage übertragen lasse und schnell zur Bei legung der Zwistigkeiten, die in dieser Frage zwischen den beiden Ländern herrschen, beitragen werde. Man hofft deshalb, in Brüssel greifbare Resultate in der Reparations frage erreichen zu können. Sie Übergabe der deutschen SchaMeine. Kein Eingreifen der Reparationskommission. Die deutsch-belgischen Verhandlungen haben nach vielen Umwegen und Schwierigkeiten bekanntlich damit ge endet, daß die deutsche Regierung an Stelle der letzten Zahlungen Schatzwechsel auszustellen versprach. Diese Zu sage ist nunmehr pünktlich erfüllt worden. Oberregierungs rat v. Oertzen von der Kriegslastenkommission hat der Re parationskommission in Paris zehn Schatzwechsel übergeben, und zwar vier Wechsel über je zehn Millionen und einen Wechsel über 7,4 Millionen Goldmark, die am 15. Februar 1923 fällig sind, ferner vier Wechsel über je zehn Millionen und einen Wechsel über 8,6 Millionen Goldmark, die am 15. März 1923 fällig sind. Die Reparationskommission wird sich darauf beschränken, von der Übergabe der deut schen Schatzscheine, die den Fälligkeiten vom 15. August und 15. September entsprechen, Kenntnis zu neh men. Die Schatzscheine werden der belgischen Abordnung bei der Reparationskommission übergeben, die sie der Brüsseler Regierung übermitteln wird. * Die Ausgleichszahlungen. Neben den Reparationszahlungen haben wir auch an die Leistungen aus dem Ausgleichsverfahren zu denken, um deren Stundung die deutsche Regierung seinerzeit ebenfalls ersucht hatte. Das Londoner Abkommen vom Juni 1921, wonach diese Zahlungen für alle Staaten gemeinsam geregelt waren, ist daraufhin gekündigt worden. Nunmehr ist zwischen der deutschen und der französischen sowie der englischen Regierung vereinbart worden, daß am 5. Oktober neue Verhandlun gen in Berlin zur Regelung der weiteren deutschen Aus gleichszahlungen «» dies« beiden Staaten beginn«» sollen.