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ourch'eine Hebung der Produktion bekämpfen kaffe. Die Sozialisierung und die Erfassung der Sachwerte bezeichnete er als Schlagwortpolitik. Zulc«t forderte er ein größeres Entgegenkommen gegen dieWünsche derLand- wirte, die nicht unberechtigt feien. - Gegen diese Ausführungen Sollmanns wandte sich heute Reichswirtschaftsminister Schmidt. Es sei nicht angebracht, sagte er, von der Sozialisierung und der Erfassung der Sachwerte als einem Schlagworte zu sprechen, wenn es auch der Sozialdemokratie nicht möglich sei, das Ziel, das Sozialisierung und Sachwerlerfassung darstellten, jetzt schon zu erreichen. Der Minister ging dann auf das Per- hältnis der Sozialdemokratie zur Landwirtschaft ein. Grund und Boden, sagte er, seien nicht entwertet, und die Pro duktionskosten der Landwirtschaft hätten nicht Schritt gehalten mit der Entwertung der Mark. Der Landwirt könne in seinem Haushalt billiger leben als der Arbeiter und der Angestellte in der Stadt; daher sei es nicht unbillig, von der Landwirtschaft zu fordern, daß auch sie imJnteresse der Allgemein- heil Opferbringe. Auch der sächsische Wirtschaftsminister Fellisch wandte sich gegen Sollmann, indem er behauptete, daß die Bauern weit besser dastünden als andere Schichten der Bevöl kerung. Im Fortgang der Aussprache über den Bericht des Parteivorstandcs nahm der preußisch Innenminister Severing das Wort. Er fragte sich, ob die vielfach angeregte Erweite rung der Selbstverwaltung der Gemeinden im Interesse des Ausbaus der Republik liegen würde, und glaubte, diese Frage verneinen zu müssen, da man die Zentralgewalt nicht schmälern dürfe. Es werde ferner beansprucht, daß das Selbstbestimmungsrecht der Gemeinden auf die Besetzung von wichtigen Posten der Schutzpolizei erweitert werden solle. Es sei aber nicht möglich, den Wünschen gerecht zu werden, die darauf hinausgehen, die Beamten der Schutzpolizei in ein festes Beamtenverhättnis zu bringen. Alks Stadt und Laad. Wilsdruff, am 20. September. — Die Herbstferien an den fächsijchen Schulen. Die Herbst ferien an den sächsischen Schulen fallen in diesem Jahr in die erste Oktoberwoche. Der letzte Schultag ist Sonnabend, der 30. September, der erste nach den Ferien Mittwoch, der 9. Ok tober. Für die ländlichen Schulen ist die Festlegung der Ferien nach den örtlichen Verhältnissen (Stand der Erntearbeiten) zu- gelassen. — Die Kosten für die Landtagswahlstimmzettel. Da ein noch kürzlich im Landtag eingebrachter Antrag, für die bevor stehenden Landtagswahlen amtliche Stimmzettel herauszugeben, nicht mehr behandelt und angenommen werden konnte, bleibt es für diese Wahl bei der bisherigen llebung, daß die Parteien ihre Stimmzettel selbst Herstellen lassen und die Kosten dafür tragen. Der alte Landtag hatte bekanntlich beschlossen, den Par teien entsprechend der Höhe der auf ihre Kandidaten aufge brachten Stimmzahl einen Beitrag zu den Herstellungskosten der Stimmzettel aus Mitteln der Staatskasse zu gewähren. Bisher waren pro abgegebene Stimme 15 festgesetzt. Den gestiegenen Druckkosten entsprechend wird voraussichtlich dieser Satz für die diesmalige Wahl entsprechend erhöht werden. Das kann jedoch, wie uns von zuständiger Seite mitgeteilt wird, die Regierung erst nach erfolgter Wahl mit dem neuen Landtag festsetzen. - Die erhöhten Postgebühren. An unserem gestrigen Ar tikel must es richtig heißen: Ab 1. Oktober kosten: Briefe im Ortsverkehr bis 20 Gramm 2 —100 Gramm 4 100—250 Gramm 6 -F. Briefe im Fernverkehr bis 20 Gramm 6 -F, über 20—100 Gr. 8 <F, über 100—250 Gr. 10 — Nähgarn „billiger". Das Nähgarnsyndikat hat den Preisaufschlag von 95 Prozent auf die Preisliste vom 21. Aug. mit Wirkung vom 4. Sept, an aus 60 Prozent herabgesetzt. Die lOOO-Meter-Nolle vierfach Obergarn kostet demnach jetzt 242 d. k. ungefähr das Tausendfache des Vorkriegspreises. Die Herabsetzung des Preises ist offenbar eine Folge von dem Vor gehen des Wirtschaftsministers Schmidt, der die Preispolitik des Nähgarnsyndikats untersuchen läßt. Unbeschadet der Preis herabsetzung wird bei 242 für eine Rolle Nähgarn immer noch Wucher getrieben, wie er schamloser nicht denkbar ist. Dieser Preis erscheint erst im rechten Licht, wenn man bedenkt, daß in der Vorkriegszeit für 242 -L drei erstklassige Näh maschinen zu erstehen waren. — Die Missionskonferenz in Sachsen hält ihre nächste Tagung am 8. und 9. Oktober in Meißen ab. Vorträge haben zugesagt Professor Dr. Kötzschke, Leipzig, und Missionsinspektor Steck, Neudettelsau. Außer der eigentlichen Konferenz wird ein Familienabend stattfinden. Die Festpredigt wird der frühere Superintendent Pfarrer Fiebig, Leipzig, halten. — Herzogswalde. Am vergangenen Sonntag sand hiec- selbst die A u f n a h m e p r ü f u n g der im Februar d. I. ge gründeten Freiwilligen Feuerwehr Herzogswalde in den Landesverband Sächsischer Feuerwehren und den Bezirks- seuerwehrvcrband Meißen statt. Die Prüfung erfolgte durch die Herren Branddirektor Moritz-Meißen als Kreisvertreter im Landesausschuß, Branddirektor Löbel-Lommatzsch und Haupt mann Michel-Nossen als Bezirksverbands-Bertreter. Die Prü fung begann vormittags 11 Uhr im Rittergutshofe mit Fuß- Der Dollar am 20. September: 1463,16 Mk. dienst, sodann Geräteübung an zweiholmigen Hakenleitern und Hebungen an der Wagenspritze. Hieran schloß sich ein Sturm angriff. Die Ausbildung der 40 Mann starken Wehr hat zum größten Teil in den Händen des Hauptmanns Scherf-Rheins berg gelegen. Sie zeigte bei der Prüfung, daß sie in allen Teilen gut ausgebildet ist und ihr vom Prüfungsausschuß die Zensur „Gut" erteilt werden konnte. Der Prüfung wohnten auch zahlreiche Vertreter der Verbandswehren bei. — Cunewald?. Am Sonntag fanden hier die Wahlen zum Gemeinderate statt, da der alte Gemeinderat wegen andauernder Zwistigkeiten zwischen Links und Rechts vom Ministerium aufgelöst worden war. Bei einer Wahlbeteiligung von 75 Prozent erhielten die Linksparteien 7, die Rechts parteien 5 Sitze. Bisher war das Verhältnis 6 zu 6. — Chemnitz. Am Sonnabend verbrühte sich das 7 Mo nate alte Söhnchen Alfred des Postaushelfers Ranft schwer. Das Kind hatte während einer kurzen Abwesenheit der Mutter einen Topf mit heißem Wasser vom Ofen an sich ge rissen, was die älteren anwesenden Geschwister des Kindes nicht beachtet hatten. Der Knabe erlitt derartige Brandwunden, daß er im Krankenhause verschied. — Geithain. Der hiesige Stadtrat veröffentlicht die Namen von 5 7 Landwirten, die bereit sind, an Minderbemittelte Kartoffeln zum verbilligten Presse zu liefern. Zum Schluß nennt er aber auch zwei Landwirte, die die Lieferung folcher Notstandskartoffeln verweigern. — Reichenbach. Die hiesigen Landwirte beschlossen, für die Armen des Ortes die Kartoffeln unentgeltlich abzugeben. Ferner sollen alle Verbrauch»! im Orte ihre Kar toffeln zu Marktpreisen bekommen. Dabei wurde die Bitte aus gesprochen, daß die Verbraucher gegen Entschädigung bei der Kartoffelernte behilflich sind. — Plauen. Ein schweres Sittlichkeitsver- brechen wurde am Wege von Oberlosa nach Plauen verübt. Ein Mitte der 30er Jahre stehender Hausierer aus Plauen hat eine 20jährige Fabrikarbeiterin aus Obermarxgrün in einer Oberlosaer Gastwirtschaft betrunken gemacht, sie dann ein Stück begleitet und unterwegs vergewaltigt, hierauf sein Opfer hilflos liegen lassen und seinen Weg fortgesetzt. Es gelang, den Wüst ling einzuholen und festzunehmen. — Klingenthal. Nunmehr ist die Grenze gegen Böhmen im vollsten Sinne des Wortes undurchdringlich abge sperrt. Gendarmerie und Landespvlizei hat die Grenze be setzt. Die Posten stehen etwa 100 Meter voneinander entfernt, so daß es ganz unmöglich ist, auf den verschiedenen Schleich wegen die Grenze zu passieren. — Markneukirchen. Die Wohnungsnot, welche hier besonders krasse Formen angenommen Hal, soll dadurch zu be- kämpsen versucht werden, daß einzelne Personen, die zu ihren hier oder auswärts wohnenden Angehörigen ziehen, die Um zugskosten ganz oder teilweise vergütet erhalten: überdies setzt der Stadtrat für Freimachung von -Wohnungen Prämien aus, die betragen sollen: für 1 Zimmer mit Küche 7000 für 2 Zimmer mit Küche 10 000 für 3 Zimmer mit Küche bis zu 15 000 -F und für 4 Zimmer mit Küche bis zu 20 000 — Schöneck i. V. Z w e r g - S ch u l e n , d. h. Schul gemeinden mit geringer Kinderzahl, gibt es im oberen Vogt lande noch mehrfach. So besitzen beispielsweise Saaiig (184 Einwohner) und Eschenbach (188 Einwohner) je ein Schulbaus, aber nur 25 bis 28 schulpflichtige Kinder. In Eschenbach 'st seit 1918 kein Kind ^geboren worden. Die Besetzung solcher Lehrerstellen verursacht in der Regel besondere Schwierigkeiten, so daß die Saaliger Kinder beinahe ein Jahr lang genötigt waren, die mehrere Kilometer von ihrem Wohnort entfernten Schulen in Wohlbach bezw. Hermsgrün zu besuchen. Seit 28. August besitzt Saalig nun wieder einen ständigen Lehrer. Wett- und Volkswirtschaft. Was kosten fremde Werte? Börsenplätze 1S. S. 18. 9. gesucht) anneb. gesucht) angeb. Stand 1.8.1» Lolland 100Guld. Dänemark lOOtlron. Schweden lOOKron. Norwegen IlvKron. Schweiz IVVFrank Amerika 1 Dollar England 1 Bfd, Frankreich lOOFrank Belgien 100 Frank Italien 100 Lire D.-Osterr. lOOKron. Ungarn lOOKron. Tschechien lOOKron. 56923.76 30362,00 38851,33 28108,50 1473Ü6 6506.83 11235,90 10836,80 1 80 V, 65,03 4664,15 57071,25 30438,09 3i948,65 25231,50 1476,85 6523,15 11234,10 10563,20 1,84 V- 56,07 4635,85 57428,10 31061,10 89051,10 Sk218,40 27865,10 1490,63 6591,75 11260,90 10361,66 6217,20 1,95 V- 58,92 4893,85 67871,90 31138,90 39! 48,90 25281,60 .79 !4,90 1494,87 6608,25 11289,10 10688,85 62'2,80 1.99 V- 59,08 4906,15 l70 Mk 112 , 112 . 112 , 72 , 4,40, 20.20, 80 , 80 , 80 , 85 , 85 . Berlin, 19. September. Stand der.Polenmark: 18,75 Pf. -4- Berliner Produktenbörse vom 19. September. Die amtlich notierten Preise waren an der Berliner Börse pro 50 Kilogramm ab Station: Weizen, märkischer 2900—2950, pommerschcr 2900, mecklenburgischer 2950. Ruhig. Roggen, märkischer 2400—2425, pommericyer 2400—2428, westpreußtscher 2350—2475. Etwas matter. Sommergerste 2800—2900, Wintergerste 2500—2600. Etwas fester. Hafer, märkischer 2750—2900. Fester. Mais ohne Provcnienzangabe loko Berlin 2700—2750, waggonsrei Ham burg 2800, Oktober. Fester. Weizenmehl per 10O Kilogramm frei Berlin 8100—8700, feinste Marken über Notiz bezahlt. Be hauptet. Roggenmehl per 100 Kilogramm frei Berlin 6100 bis 6700. Behauptet. Weizenkleie frei Berlin 1600—1650. Stetig. Roggcnkleie frei Berlin 1650—1700. Stetig. Raps 3700—3900. Stetig. Erbsen, Viktoria 4900—5200, kl. Speifcerbsen 3800 bis 4000, Futtererbsen 2600—2800, Peluschken und Ackerbohnen 2500—2600, Wicken 3000—3500, Lupinen, blaue 4600—1800, do. gelbe 1900—2100, Rapskuchen 1750-1850, Trockenschnitzcl 1800 bis 1850 M. — Rauh futter. Großhandelspreise pro 50 Kilogramm ab Station: drahtgepr. Roggen- und Weizenstroh 730—760 desgl. Haferstroh 730—760, bindfadengepr. Roggen- und Weizenstroh 660—700, gebündeltes Roggenlangstroh 730 bis 760, loses und gebündeltes Krummstroh 610—650, Häcksel 800-840, handelsübliches Heu 510—580, gutes Heu 580—630 M. 4- Berliner Kartoffelnotierungeu (amtlich) per 50 Kilo gramm: Erzeugerpreise ab märkischen Stationen: Speisekartof feln, Weitze 250—260, rote 240—250, gelbfleischige 290—300 M. Wettermitteilungen und mehrtägige Wettervorhersage. Das westliche Hochdruckgebiet hat einen gewaltigen Vor stoß nach Mitteleuropa unternommen und daselbst Aufklaren mit starker nächtlicher Abkühlung, im Gebirge Nachtfrost, herbei- gesührt, eine Wetterlage, wie sie auffälligerweise säst regel mäßig gegen den astronomischen Herbstanfang sich einzustellen pflegt. Leider wird dieselbe von nur ganz vorübergehender Dauer sein, da, wie schon gestern befürchtet, von NW her eine neue Depression schnell herannaht und auf den britischen Inseln und im deutschen Küstengebiet bereits Regenfälle hervorruft. Wir werden demnach nach einer kalten Nacht mit erneuter Trübung, Regen und wieder steigender Temperatur zu rechnen haben. geb. Rohde «7»S sowie prima sprungfähige Herdbuchbullen zu äußerst billigen Preisen im Gasthof Starbach zum Verkauf. JarlWm, Wess Starke. MM" Schlachtvieh wird in Zahlung genommen. danke« wir hierdurch von ganzem Herzen. Familie Johannes Heinickel. Für die zahlreichen BeweiseliebevollsrTeilnahme beim Heimgänge unserer Mutter u. Großmutter NN Mrsmethe HeiMtl Von Donnerstag d. 21. d. M ab stellen wir einen großen Trans port ca 20 Stück bester, junger, schwerer Osifriesländer We-Kallm Alle Sorten rohe Felle und Metalle kauft nur Donnerstag von 9—6 Uhr Neumarkt 161 p zu hohe« Preise« JellkinSsusszkittile Fritz Mutier. Drehstrom motor 3 bis 6 k»8, zu kaufe« «ros ges«cht. N. Rothenberger, Freital-Potschappel, Schulstraße 4. vruLssKeilaffHil liefert sauber und preiswert die Buchdruckerei d. Bl. Gebr. Kinderbett gut erhalten, zukaufen gesucht. 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Ach, Herzele, goldenes, ich hab' dich gar so lieb," sagte er innig, tief in ihre dunklen Augen sehend, aus denen ihm so unverhüllt ihre Liebe strahlte. Er drückte ihre Hand, „Weiht doch: „Deine Augen grüßen so heimlich. Deine Lippen küssen so sacht — Noch einen Kuß bei der Türe Herzliebste, gute Nacht!" Und ob sie es wußte! Hatte er ihr doch jenes kleine Gedichtchcn in eine reizende, gefällige Musik ge fetzt, was sie als ihr größtes Heiligtum verwahrte. Sie wurde rot. ' Noch klang ihm ihr leises, glückliches Lachen, mit dem sie ihn verlassen, in denOhren, als er weiterging. Sie war doch zu süß! — Es wurde ihm so warm, wenn er in ihre Augen sah und ihre Stimme hörte, die von wunderbarem Klang war — tief und voll und weich, schmeichelte sie sich seinem musikalischen Ohr un widerstehlich ein. Wenn nur der Mangel an dem nötigen Kleingeld nicht wäre, der vorläufig ihre Verbindung zur Unmög lichkeit machte! Sonst hätte er Edith Bürkner am lieb sten morgen schon als sein Weib heimgeführt. Aber er, ein Künstler, konnte und durfte sich nicht der Mi sere des Lebens aussetzen, wenn er künstlerisch auf der Höhe bleiben sollte; denn nur im Vollen, im Ueber- fluß konnte er arbeiten, fern von den gemeinen Sor gen des Daseins, sonst ging ihm alle Schaffensfreude verloren — und gerade jetzi — Zu dumm!! 2. Es war schon sieben Uhr vorüber, als Edith mit vor Kälte geröteten Wangen nach Hause kam. Sie hatte sich sehr beeilt, sand aber doch den Abendbrottisch schon gedeckt, als sie in das Wohnzimmer trat. „Guten Abend, Mütterchen," rief sie fröhlich. „Ihr habt wohl schon gewartet? Ich konnte nicht früher kommen; Frau Herbst hat mich so lange aufgehalten. Dafür bringe ich auch schon Stundengeld! Ah, du hast ein bißchen' geseuert? Das ist recht. Es ist doch ziem lich frisch draußen —" und fröstelnd rieb sie sich die Hände — „wo ist Vater?" „Vater hat schon gegessen; er ist heute abend bei Kranzes, oenen er vet den Buchern Helsen soll. Sie werden allein nicht so recht fertig damit. Wenn du dich nur nicht erkältet hast, Edith! Dein Kleid ist zu leicht. Ich sagte dir doch, daß du dein Jackett anziehen solltest," meinte Frau Bürkner besorgt. „I wo, Mütterchen, ich bin doch jung! Das bissel frische Lust schadet mir nichts, und wenn du eine Tasse Tee hast, bin ich schnell durchwärmt!" Mittlerweile hatte Edith ihren Hut weggclegt, war flink in ihr Hauskleid geschlüpst und band sich eine Schürze vor. „Thankmar, komm — essen!" ries sie dann und setzte sich an den Tisch. Der Gerufene erschien. Es war ein schlanker, hüb scher Mensch von ungefähr achtzehn Jahren mit einem sehr klugen Gesicht, das dem der Schwester sehr ähn- lich war. „Na, Dita, bist du da?" Zärtlich klopfte er Edith aus die Schulter, als er sich neben sie setzte. „Nun gib mir was zu essen; ich habe einen Bärenhunger!" „Was willst du haben, Käse oder Wurst?" Mit flinker Hand schnitt sie Brot und belegte die scheibe, die sie für den Bruder bestimmt hatte, dick mit Wurst, während sie sich mit einer einfachen Butter- schnitte begnügte. „Ist dein Aufsatz fertig?" „Habe vorhin die letzte Seite geschrieben — bin sroh, wenn ich eine Drei kriege! So ein blödsinniges Thema aber auch — wir haben alle geschimpft! Nicht in die ferne Zeit verliere dich — den Augenblick be greife! der ist dein!" (Fortsetzung folgt.)