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Politische KonMchL«. Ein bayerischer General ermahnt zur Einigkeit. Einen Aufruf „An alle Patrioten" veröffentlicht der bayerische General der Infanterie v. Hurt. Der General bezeichnet als den gefährlichsten und grausamsten Feind unseres Vaterlandes Porncars, der sich anschickt, den Plan, Deutschland zu erwürgen, endlich zu vollenden. Mangels jeder Wehrhaftigkeit Deutschlands erblickt er als einziges Mittel zur Durchkreuzung feindlicher Pläne das des passi ven Widerstandes, als dessen Vorbedingung aber alle Deut schen als ein einiges geschlossenes Volk auftreten müßten. Reichstagswahlen aus außenpolitischen Gründen unter der Parole „Los von Versailles" und dem Ruf zur Eini gung würde das Ausland verstehen, aber Wahlen und Mi- nisterstürzerei jetzt aus innerpolitischen Gründen würde das Ausland nicht begreifen. Wer jetzt nicht dafür ein stehe, daß aller innerer Zw.ist vertagt werde, bis die außen politische Not zu Ende ist, der arbeite Herrn Poincarä in die Hände. Einigkeit sei das Gebot der Stunde wie nie zu vor in unserer Geschichte. Gefangene Deutsche in Marokko. In Las Palmas find neun Deutsche, die von Kap Jubh kamen, gelandet. Sie erklärten, sie seien ehemalige Sol daten, die in der Türkei von den Franzosen gefangen ge nommen wurden. Sie seien in Algerien interniert ge wesen, nachdem Innern Marokkos gebracht und von Eingeborenen gefangengenommen worden, die sie an den spanischen Kommandanten des Postens von Juby verkauft hätten. Sie erklärten, es befinden sich noch weitere Deutsche in der Gefangenschaft dieser Stämme. Georgien. X Djemal Paschas Mörder. Vor dem Schwurgericht in Tiflis begann der Prozeß gegen 180 Personen, die wegen Beteiligung an der Ermordung Djemal Paschas angeklagt sind. Bei einem Armenier Taschnak ist eine Anzahl Briese beschlagnahmt worden, die ergaben, daß die Ermordung Djemal Paschas bereits vor dessen Ankunft in Paris be schlossen war. Das Verbrechen sollte erst in Paris, dann in Berlin begangen werden. Die Angeklagten leugnen jede Schuld. Die Erhöhung der Beamiengehätter. r Zulagen von 38 Prozent ab 1. August. Die Verhandlungen im Reichsfinanzmtnisterium mit den Organisationen der Beamten, Arbeiter und Angestell- 'ten über die Erhöhungen der Dienstbezüge der Beamten und Angestellten wurden zu Ende geführt mit dem Ergeb nis, daß eine Erhöhung der bisher zuständigen Gesamt- bezüge von rund 3ß Prozent mit Wirkung vom 1. August d. I. eintritt. Das Reichskabinett hat dem Verhandlungsergebnis feine Zustimmung bereits erteilt. Die Auszahlung wird fosort vorbereitet und erfolgt alsbald, nachdem der Reichs rat und der Reichslagsausschuß ihre Zustimmung hierzu gegeben haben. Die Erhöhung der A r d e it e r l ö h n e ist in entsprechender Weise geschehen. Die Reichsregic- rung hatte in den letzten Wochen in etwa dreißig deut schen Städten Erhebungen über die Teuerung anstellen lasten. Die Feststellungen ergaben, daß die Teuerung in der Zeit zwischen dem 7. und 13. August, auf die s h die Erhebungen erstreckten, gegenüber dem Monat Juli um 25 Prozent gestiegen ist. * Neue Steigerungen der Tarife. Da die Gesamtbezüge der Beamten und Arbeiter mn 88 bis 39 Prozent heraufgefetzt werden — die Arbeiter er halten eine Stundenlohnerhöhung von 11 bis 12 Mar! die Stunde —. so wird es nötia. um die aewaltiaen Ausgaben Ave Maria. Roman von Felix Neumann. sind er bekränzte das Bild, streute Blumen überall hin und goß so den Glanz der Lieblichkeit auch über die Dürftig keit des ärmlichen Ateliers. Er freute sich, daß er das Bild schuf, und wenn er immer wieder prüfend vor die Staffelei trat, mußte er sich sagen, daß dieses Werk vollendet schön war. Hatte er doch nicht nur fein ganzes Können hineingelegt, das der Krieg mit seinen grausigen Folgeerscheinungen ein- schläserte und zu ersticken drohte, nein er goß auch die heiße Liebe seines Künstlerherzens über die Arbeit aus. Sein Verhältnis zu Maria war eigenartig. Wie eine Er scheinung aus einer anderen Welt war sie einst in sein Leben getreten und als sich an jenem Tage in Tegernsee ihre Lippen zum ersten Male fanden und er sich ihrer Liebe bewußt wurde, während er vorher noch meinte, Mitleid beeinfluße seine Ret terin, glaubte er den Gipfel der Seligkeit erreicht zu haben. Dann aber kam die Zeit, wo sie ihm Modell stand und ihm durch den häufigen Umgang menschlich näher rückte. Aus der schwärmerischen Anbetung, mit der er zuerst Maria huldigte, ward allmählich die stürmische irdische Liebe, rein zwar und keusch, aber er hätte nicht ein junger Mensch mit sehenden Augen sein müssen, wenn nicht auch seine Sinne ent stammt wären beim Anblick von Marias lieblicher Erscheinung. Alles an ihr war liebenswert. Ihre Bewegung, ihr Gang, ihre Sprache zeigten eine solche Vollkommenheit der Schönheits form, wie sie Walter, der doch als Porträtist die Augen osten hielt und die Menschen, die ihm begegneten, zu beobachten ver stand, bisher noch nicht begegnet war. Sv kam es, daß er dieses liebliche Mädchen, dem er die glückliche Fortsetzung seines schein bar verpfuschten Seins verdankte, nicht nur als Heilige an betete, sondern auch rein menschlich in stürmischer Hingabe liebte. In Stunden, wo Zuversicht und Vertrauen zu seiner Kunst jein Herz beherrschten, erwog er die Möglichkeit, ob er nicht doch einst Maria als sein Weib heimführen könnte. Der sim- stand aber, daß sie über ihre Herkunft strengstes Schweigen be wahrte, machte ihn oft mutlos, da er sich sagte, daß sie selbst einen solchen Plan für aussichtslos hielt. Auch war das, was er aus Andeutungen von Maria über ihre häuslichen Verhältnisse erfuhr, kaum dazu angetan, die Angelegenheit in ein günstiges Licht zu rücken. Marias Mutter schien eine fanatisch fromme, kaltherzige Dame zu sein, die ihren kirchlichen Bestrebungen größere Rechte einräumte als ihrem einzigen Kinde, die vor den Augen der Welt die Komödie der edlen Menschenfreundin spielte, ihre Tochter aber verarmen von schätzungsweise 110 bis 125 Milliarden Mark einiger maßen hereinzubringen, daß namentlich Post und Eisen bahn ihre Tarife weiter heraufsetzen. Es muß angenom men werden, daß zunächst die für den 1. September bereits beschlossene Erhöhung der Gütertarife um 50 Prozent eine weitere Steigerung erfährt. Auch die übrigen Tarife bei der Eisenbahn wie bei der Post müssen der neuen Markent- wertung angepaßt werden. Ein genauer Termin für das Inkrafttreten der neuen Sätze stehe noch nicht fest. - Eine Stunde motorloser Flug! Die bisher größte fliegerische Leistung. Ein Student der technischen Hochschule zu Hannover, Martens, hat auf der Rhön, wo bekanntlich schon lange Flugversuche mit Flugzeugen ohne Motor stattfinden, eine Leistung vollbracht, welche die ganze Welt in Staunen setzen muß. Er stieg auf der Wasserkuppe in der Rhön mit seinem motorlosen Segelflugzeug auf, erhob sich etwa 100 Meter, kreuzte 43 Minuten lang und flog dann, stets genau in gleicher Höhe haltend, ins Land hinein. Er landete schließ lich nach einem Fluge von einer Stunde und 6 Minuten bei dem Dorfe Weyhers, 10 Kilometer westlich der Kuppe. Die Leistung ist um so bewundernswerter, als man im Auslande schon lange die Flugarbeiten in der Rhön mit Interesse und mit Neid verfolgt. Im Hochland der Au vergne in Frankreich hat man dieser Tage einen „Kongreß der motorlosen Flugzeuge" abgehalten, zu dem natürlich die deutschen Barbaren nicht eingeladen waren. Man war froh, als einige Piloten es auf Flüge von höchstens drei Minuten brachten. Die Nachricht von der Ruhmestat Martens kann uns mit den stolzesten Hoffnungen erfüllen. Sie zeigt, daß es möglich ist, die unendliche Arbeitsmcnge, die in bewegter Luft enthalten ist, auch für die Zwecke des menschlichen Fluges dienstbar zu machen für eine Zeit dauer, die nur durch das Vorhandensein von Wind über haupt und durch die Nervenkräfte des Führers beschränkt wird. * Der französische Segelflng-WettSewcrb. Bei dem Segelflug-Wettbewerb von Clermont-Ferrand haben sich mehrere schwere Unfälle zugetragen. Bei einem Gleitfluge — wirkliche Segelflüge sind bisher nur selten aus geführt worden — stürzte ein von Sobatier, dem Präsidenten der Aro-Clubs der Auvergne, gesteuerter Dreidecker ab und der Führer wurde schwer verletzt ins Spital geschasst. Ein von Mur geführter Bellanger-Henhaus-Doppeldecker ging vollstän dig zu Bruch und der Flieger -wurde mit lebensgefährliche Ver letzungen aufgehoben. Der bisher längste Gleitflug wurde von Bossotrout ausgeführt und dauerte 2 Minuten 51 Sekunden. Welt, unö Volkswirtschaft. Was kosten fremde Werte? Berlin, 1g. August. Stand der Polenmart: 14,85 M. Börsenplätze IS. 8. gesucht § angeb. 18. 8. gesucht s augeb. Stan» 1.^14 Holland 100GuIL. 48739,03 48861,00 44644,10 44755,90 170 M k. Dänemark 100 Kron. 27006,10 27133,90 24818,90 24881,10 112 , Schweden 100 Kron. 83108,58 83101,45 30362,00 80488,00 112 . Ä^rwegen lOOKron. 21672,85 21727,15 19975,00 M02SM 112 . Schweiz 100Franl 23885,10 23344,30 22172.25 22227,75 72 , Amerika 1 Dollar 1250.93 1254,07 1153,55 1161,45 4,40. England 1 Pfd. 5602,95 5617,05 5143,55 5156,45 20,20, rankreich 100 Frank 9987,50 10512,50 9263,40 9286,60 80 . Belgien 100 Frank 960810 9531,80 8739,05 8760L5 80 , Italien 100 Lire 5652,90 5637,10 524340 5256,60 80 . A.-Osterr. lOOKron. 1,53V- 1,59V- 1.35Vr 1,39 V- 85 . Ungarn lOOKron. 75.90 76,10 71,91 72,09 85 . Tschechien lOOKron. 3755,30 3784,70 3205,9A 3214,05 4- Berliner Produktenbörse vom 19. August. Die amtlich no tierten Preise waren an der Berliner Börse pro 50 Kilogramm ab Station: Weizen, schlesischer 2600—2675. Fest. Roggen. I ließ an mütterlicher Fürsorge, die somit auch nie Verständnis dafür haben würde, wenn Marias Herz sich entschloß, Wege zu gehen, die dieser Frömmlerin fremd und ungewohnt waren, sind da ihn diese quälerischen Gedanken und Grübeleien krank zu machen drohten, ihn in seiner Arbeitslust beeinträchtigten, so warf er sie immer wieder über Bord und gewöhnte sich daran, nur dem Tag, der golden-süßen Stunde zu leben, die ihm die Nähe der Geliebten schenkte. Heute aber packte ihn das Grübeln erneut.- Marias Ver halten in den letzten beiden Wochen lieh darauf schließen, daß in ihrem Leben irgend etwas Entscheidendes vorgehe, wovon er nichts wußte. Er spürte, daß sie ihm etwas verheimliche. Warum tat sie das? Sie pflegte ihn doch sonst über alles zu unterrichten, was ihr begegnete, wenn sie auch keinen Namen und Orte nannte. Er wußte doch immer so ziemlich, wo sie gewesen war, was sie getrieben hatte, welches Theater sie besuchte und welches Buch sie las. Jetzt aber schwieg sie, und oft, wenn er sie von der Seite betrachtete, entging es seinem scharfen Blick nicht, daß die feinen schmalen Lippen herb auseinander gepreßt waren, und ein Flor über den sonst so leuchtenden Augen lag. Der heutige Tag bedeutete einen entscheidenden Abschnitt in ihrem Leben. Darüber war sich Walther in der schlaflosen Nacht, die hinter ihm lag, klar geworden. Von morgen an war für dieses feinfühlende, zartempfinbende junge Mädchen keine Veranlassung mehr, von dem Wege der Pflicht in so grober Weise abzuweichen, daß es verschleiert im Schwabinger Viertel die Stufen zum ärmlichen Quartier ihres Liebsten emporstieg. Warum sie das Opfer gebracht hatte, wußten er und sie und Farmer, sonst niemand. Die hämische Welt sah doch immer nur das Dirnchen, das heimliche Wege ging, wenn sie auch in Schwabing nicht ahnten, wer das „Dirn chen" war. Sollte sich Maria ein Schild umhängen: Verurteilt mich nicht, ich habe diesem jungen Maler das körperliche Leben gerettet, als ich ihn vom Sprung in die Isar zurückriß, und gehe nun dreimal wöchentlich in sein Quartier, um ihn auch seelisch gesunden zu lassen, indem ich ihm Modell stehe und sein Schaffen befruchte, das btach lag? Und wenn sie es getan hätte, die gemeine schmutzige Welt hätte es nicht geglaubt, weil sie es nicht gewohnt ist, soviel Liebe, Treue und Entsagung vereint zu sehen! — Von morgen an war Maria frei! — Würde sie ihre hohe Mission als beendet ansehen und Walter den Rücken kehren, oder war er begnadigt, daß sie auch weiter seelisch die Seine blieb? So saß Walter und grübelte, da ritz ihn die Geige Fur niers aus feinem dumpfen Brüten. Er spielte das Ave Maria von Gounod, und die zarten märkischer 2100—2150—2200. Fest. Sommergerste 2000—2400, Wintergerste 2000—2200. Fest. Hafer, märkischer 2400-2450. Fest. Mais ohne Provenienzangabe 2300 ab Hamburg. Fest. Weizenmehl pro 100 Kilogramm 6700—6800. feinste Marken über Notiz bezahlt. Ruhig. Roggenmehl pro 100 Kilogramm 5200—5400. Fest. WeizenKeie 1500. Fest. RoggenLlcie 1500 bis 1550. Fett. Raps 3400—W00. Behauptet. Leinsaat 3400 bis 3500. Behauptet. Futtererbsen 2200-2400, Peluschken 2200 bis 2400, AckerboZnen 2200—2400, Lupinen, blaue 1050—1100, gelbe 1300-1400, Rapskuchen 1700—1750, Leinkuchen 2400, Trockenschnitzel 1400—1500, vollwertige Zuckerschnitzel 1600 bis 1700, Torfmelasse 30-70 1040 M. Ra uh futter. (Nicht amtlich.) Großhandelspreise per 5V Kilogramm ab Station: drahtgepr. Roggen- und Weizenstroh 340—380, desgl. Hafer stroh 340—380, bindfadengepr. Roggen- und Weizenstroh 320 Rs 350, gebündeltes Lagerstroh 340—380, loses und gebündeltes Krummstroh 270—300, Häcksol 420—450, handelsübliches Heu 560—620, gutes Heu 630—720 M. Vermischtes. Napoleons gefälschte Tausend-Frank-Note. Die fran zösischen Banknoten waren früher sehr leicht zu fälschen, weil sie nur einfarbig gedruckt wurden. Erst Napoleon III. ordnete den mehrfarbigen Druck an, und zwar aus folgen dem Anlaß: Als einmal die Kaiserin Eugenie die Bank von Frankreich besuchte, gab ihr der erklärende Beamte eine gefälschte Tausend-Frauk-Note als Andenken, die sie gedankenlos in die Kassette des Kaisers legte. Als bei die sem darauf ein alter Bekannter vorfprach und seine Not klagte, schenkte ihm Napoleon ahnungslos die falsche Note, worauf der Mann verhaftet wurde und für ven Kaiser Un annehmlichkeiten entstanden. Die Schätze der Armada. Seit einiger Zeit sind Ar beiten im Gange, einen Teil der mit der großen Armada gesunkenen Schätze zu heben, die feit mehr als drei Jahr hunderten in der Bucht von Tobermorh an der schottischen Küste liegen. Es sind bisher schon verschiedentlich Teile eines der Schiffe ans Land gespült worden, von dem man glaubt, daß es der „Almirante de Florencia" ist, der den Schatz der Expedition im Wert von 30 Millionen Reales, nach heutigem Geld etwa 14 Millionen Goldfrank, an Bord hatte. Die Bergungsversuche werden von Tauchern vorge nommen. Der Schwimmerin Margret Maylan gelang es, eine Silberfchüstel von 90 Zentimeter Umfang zn bergen, deren Wert auf etwa 100 000 Frank geschätzt wird. X Goethe-Feier in Amerika. Die literarische Beigabe der „Newyork Evening Post" enthält einen kurzen Artikel über Goethe und die in der ganzen Kuliurwelt geplanten Feiern anläßlich des 100. Jahrestages feines Todes. Da nach sind in Amerika Pläne im Gange, den 100. Jahrestag seines Todes im Jahre 1932 mit derjenigen Würde zu feiern, die der Bedeutung feiner Botschaft an die Mensch heit entspricht. Das wichtigste Werk, das unternommen wird, ist eine Reihe von Studien, die unter der Aufsicht der „Gesellschaft für neue Sprachen", mit Prof. Karl Schreiber von Vale als Herausgeber, veröffentlicht werden. Pro fessor Schreiber hat mit seiner Aufgabe bereits begonnen. Da er zehn Jahre Zeit hat, wird es ein Meisterwerk werden. 4 Negerblätter in Amerika. In den Vereinigten Staa- een gibt es nicht weniger als 113 Zeitungen und Zeit schriften, die von Negern herausgegeben und redigiert wer den. Darunter befinden sich 23 religiöse Druckschriften, der Rest ist weltlichen Charakters. 63 dieser Verlagsunterneh mungen Haben jede ihre eigene Druckerei. 4 Die einst „Verbotene Stadt". Die Hauptstadt von Tibet. Lhassa, einst die „Verbotene Stadt", in deren Bereich kein Europäer eindringen durste, ist feit dem Zuge des englischen Obersten Younghusband dem Verkehr erschlossen worden, und Europäer gehen jetzt in der „Heiligen Stadt" und in- den Palästen des Dalai Lama aus und ein. Der deutlichste Beweis für die Erschließung Tibets ist die Tat sache, die jetzt aus Bombay gemeldet wird, daß eine tele graphische Verbindung zwischen Lhassa und Indien ge schaffen worden ist. Klänge des rührenden Liedes drangen durch das geöffnete Fenster wie Engelsgesang herein. Der Geiger liebte es, im Bette zu spielen, denn ausstehen durfte er noch nicht. Walter ging zu dem Meister hinüber. Ihm graute vor den eigenen Gedanken, die sich ihm schmerzhaft ins Gehirn bohrten. Er wollte Ablenkung haben. Farmer saß halbaufgerichtet im Bett. Als Stütze hatte ihm die Wirtin ein Sofakissen geliehen. Während er spielte, konnte man die mageren Arme sehen, die zum Erbarmen aussahen. Jean Farnier ging es besser, daran war nicht zu zweifeln, aber die roten Flecken auf den Wangen, die stopplig und ein gefallen waren, zeugten doch davon, daß der Körper des armen Künstlers durch Entbehrungen und Leid fast alle Widerstands kraft verloren hatte. Der Meister setzte die Geige ab. „Kommt sie heute?" Walter nickte und starrte vor sich hin. „Und das Bild ist fertig, ganz fertig?" „Ja — endlich!" Schweigen herrschte. Mit eigenartigem Blick sorschte der Kranke in des jungen Malers Zügen. Er las nichts von triumphierendem Glück, von gesättigtem stürmischem Verlangen in ihnen. Er seufzte er leichtert und beruhigt: Ganz leise sagte er, während er die Saiten stimmte und an den Knebeln drehte: „Glaubst du, daß sie wiederkommt?" Da stand Walter auf und ging, die Hände auf dem Rücken, mit unruhigem Schritt durchs Zimmer. „Ich bin zu dir herübergekommen, um den gräßlichen Ge- danken zu entfliehen, und nun fragst du mich dasselbe, womit ich mich eine ganze Nacht und diesen Vormittag beschäftigt habe. Wird sie wiederkommen? — Nein," stieß er hart hervor, „ich glaube es nicht!" Er stand vor Farmers Bett und blickte den Freund an, der die Geige weglegte und den Kopf in die Hand stützte. „Ich finde, soviel ich auch nachdenke, keinen Grund, daß sie wieder kommen soll. Was hat sie in unserer elenden Dachkapause noch zu suchen, wenn das Bild vollendet ist? Bis in alle Ewigkeit hätte ich die Arbeit hinausgeschoben, wie es Penelope mit ihrem Teppiche machte, sber Monsignore kommt in diesen Tagen, um das Bild zu begutachten, und Maria drängte selbst mit fieber hafter Dringlichkeit zum Ende." Er lachte bitter und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Was kann sie daran sinden, die schlechte Lust der Hinter häuser von Schwabing einzuatmen, wenn sie zu Hause ihren Park oder was ähnliches hat."