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Das erste Echo aus Parisi. Di« Berliner Korrespondenten der Blätter erklären iu vurchstchtiaer TcnLenz-umche, daß die Verhandlungen mir der deutschen Negierung gescheitert seien. Auch die letzten Vor schläge des Reichskanzlers hätten Bradbury und Mauclüre nicht befriedigt. Die Reparationskommission wird sofort den Bericht ihrer Delegierten über die Berliner Verhandlungen entgegen- nehmen. Trotz dieser Stmummgsbeein-flu ssung sck-eint die Lage doch nicht ganz hoffnungslos zu sein. »Petit Paristen" bewnt, daß die französische Regierung ihre volle Handlungs freiheit bewährt hat. „Echo de Paris" meldet, PsincarS werde den Herren DudoiS und Mauclöre erklären, daß die Re- parationskommission sich beeilen müsse, sonst würde die fran zösische Negierung nicht abwarten, bis fix ihre Beschlüste kenne. Amerika und Europa. Für die Teilnahme am Wiederaufbau. Nachdem Amerika mit seinen Milliarden, seinen Gra naten und seinen Regimentern Leu Krieg entschieden und mit seinen trügerischen 14 Punkten den Frieden vorbereitet hat, der dann leider ganz anders aussiel, hat man der Großmacht jenseits des Ozeans mit Recht einen großen Teil der Verantwortung an diesem Scheinfrieden zuge schrieben und man hat es den Amerikanern in Europa sehr verübelt, daß sie durch ihre übertriebene Zurückhaltung und Gleichgültigkeit gegenüber den europäischen Fragen die katastrophale Nachk-riegspolitik der Franzosen geduldet I und indirekt begünstigt haben. Jetzt regt sich auch in Ame rika Widerstand gegen diese Passivität, durch die Europa so sehr in Verfall gerät, daß auch Amerika die Wirkungen davon zu spüren bekommt. In diesem Zusammenhang wird einer Unterredung zwischen Cox und Lloyd George, die dieser Tage in London stattfand, große Bedeutung bei gemessen. Als Kandidat für die Präsidentschaft im Jahre 1920 war Cox Harding unterlege». Er war der Kandidat der Finanzwelt Newyorks, während Harding von der rest lichen Finanzwelt unterstützt wurde. Cox hat jetzt Lloyd George die Ansichten und Wünsche der Newyorker und der Chikagoer Finanzleute mitgeteilt, die Lloyd Georges ge genwärtige Bestrebungen zu unterstützen bereit sind, also die Zurückhaltung Amerikas von den europäischen Fragen aufgeben wollen. Bei der im November bevorstehenden Wahl des neuen Kongresses in Amerika wird einer der Hauptpunkte im Wahlkampf der Ruf sein: „Für oder gegen die Teilnahme an Europas Wieder aufbau!" Eine Konferenz der amerikanischen Bankiers, die jetzt in Williamstown stattfindet, befaßt sich mit der gleichen Frage. Es werden auch dort Pläne zur Wieder herstellung Europas erörtert. In diesen Plänen werde die Streichung der Schulden der kontinentalen Alli ierten an Amerika in Aussicht genommen; die Schulden Englands müßten jedoch bezahlt werden. Die Refor - men auf dem Kontinent, auf denen bestanden werden müßte, umfaßten: Reform der Staatsfinanzen einschließ lich Steuererhöhung und Verminderung der Hee resausgaben; Wiederherstellung der Goldbasis airf einer neuen, viel niedrigeren Goldparität; eine wirt schaftliche Regelung der deutschen Repara tionsfrage, die eine große Herabsetzung der Forde rungen an Deutschland umfasse, sowie ein Mora tu. r i u m von drei oder sünf Jahren, falls keine ausländische Anleihe zustaudekommt, schließlich Beseitigung der zahl reichen künstlichen Handelsschranken Deutschland- emSollMtt des Arledens! Eine Rede des Prof. Keynes in Hamburg. In der letzten Sitzung der Hamburger Über seewoche hielt der bekannte englische Politiker Prof. Kevnes einen bemerkenswerten Vortraa über die Re - p a r a L i o n s p o l i 1 i k. Seine Leitgedanken waren folgende: Keynes hält ein Moratorium für unbedingt notwendig und verlangt von einer endgültigen Regelung erstens die Streichung von Sachleistungen, zweitens die Auslösung der Reva - r a r i o n s k om m is s i o n und drittens vor allem die Beendi gung der Besetzung der Rheinlande. Dann würde für Deutschland ein Finatvzvrdblem gegeben sein, dessen Lösung die Fähigkeiten seiner Sachverständigen nicht übersteigt und dessen Befürwortung seine Politiker nicht zu sehr belastet. Keynes meint, wenn die Gesamtschuld Deutschlands, abgesehen von den schon bewirkten großen Zahlungen, aus 40 Milliarden Goldmark festgelegt würde und dieser Betrag etwa 1930 fällig wäre, so würde jeder vorher gezahlte Betrag von der zu diesem Zeitpunkt geschuldeten Summe zuzüglich 6 Pro zent Zinseszinsen vom Zeitpunkt einer jeden Zahlung bis zum FälligkeitSdatum abgezogen werden. Von 1924 ab würden die Jahresraten sich auf mindestens eine Gold Milliarde zu belaufen halben. Die 1930 noch geschuldete Summe wäre alsdann durch eine Reihe mehr und mehr abnehmender Zahlungen auf fünf zehn Jahre zu verteilen. In diesem Falle würde es im Interesse Deutschlands liegen, so rasch wie möglich zu bezahlen. Keynes ist durchaus nicht optimistisch in hezug auf Deutschlands nächste Zukunft. Ein folgenschwerer Rückschlag nach der trügerischen Hochkonjunktur scheine vielmehr unver meidlich. Er schloß unter begeistertem Beifall mit folgendem Satze: „Tie wertvollsten Güter des Lebens haben nur wenig mit internationalen Fragen zu tun. Aber eines ist die Grundbedin gung für alles Gute: Frieden! Ich könnte mir vorstellen, daß in Deutschland die herrschende Strömung sich dahin wenden wird, ein wiederaufgebautcs Deutschland zu einem Bollwerk des Friedens Europas zu machen." Zum Schluß sprach Geheimrat Cuno noch Worte des Dankes an alle, die den Weltwirlschaftskongreß sowie die Nbcrscewoche überhaupt durch ihre Mitarbeit ermöglicht haben. Böswillige Gerüchie. Keine deutschen U-Bootmotore für Rußland. Von amtlicher Stelle wird erklärt, daß böswillig un wahre und törichte Nachrichten verbreitet werden, offen bar in der Absicht, die Beziehungen zu unseren ehemaligen Feinden noch mehr zu erschweren, als dies bereits der Fall ist. Hierzu gehört das Gerücht, Deutschland beab sichtige, die russische Flotte mit U-Boot-Dieselmaschinen zu versorgen. Eine bekannte Firma habe für diesen Zweck einige Maschinen hergestellt, die in Frachtschiffe und Eis brecher eingebaut und dann mit den Schiffen zusammen an Rußland verkauft verden sollen. Diese Nachricht ist in vollem Umfange erfunden. Es find keine U-Boot- Dieselmotoren oder ähnliche Maschinen für die russische Flotte in Deutschland hergestellt, geschweige nach Rußland ausgeführt worden. Dazu kommt, daß die maßgebenden Stellen auf Grund des gegenwärtigen Standes der Ge setzgebung in der Lage sind, die Veräußerung von Kauf- fahrteischiffen ins Ausland und ihre Ausfuhr zu verbieten. Von dieser Möglichkeit würde gegebenenfalls selbstver ständlich Gebrauch gemacht werden. Gruvenbrand in Westfalen. 7 Tote, 3 Schwerverletzte. Bei der Abfahrt der Mittagsschicht geriet auf der Schachtanlage „Vereinigte Melheim" im westfälischen Kohlengcbiet die Bremskammer eines Blindschachtes in Brand. Beim Vordringen zum Brandherd sind zwei Grubenbeamte an den Brandgasen erstickt. Weitere vier Grvbenbeamte, die zur Hilfeleistung herangezogen waren, sowie ein Hauer sind auf der mit der „Vereinigten Mel heim" verbundenen Schachtanlage „Matthias Sünnes l und II" an den von „Vereinigte Melheim" abziehenden Brandgasen, als sie mehrere gefährdete Bergleute retten wollten, tödlich verunglückt. Der Betriebsführer, der sicb ebenfalls an den Nettungsarbeiten beteiligt hatte, schwebt in Lebensgefahr, außerdem haben sich bei dem Versuch, den Brand zu löschen, noch zwei Beamte schwere Gasver giftungen zugezogen^ somit sind also 7 Personen tödlich und drei weitere lebensgefährlich verunglückt. Weitere Leute wurden nicht gefährdet. Die Leichen der Verunglückten sind mit Hilfe der Rettungsmannschaften der umliegenden Schachtanlagen geborgen worden. Der Brand wird abgedämmt. Wett- unv Volkswirtschaft. Was kosten fremde Werte? Börsenplätze 2«. 8. gesucht j auneb. 28. 8. Stand gesucht augeb. 1.8. l t Holland lOOGuld. Dänemark 100 Kron. Schweden lOOKron. Ncrwegen 100 Kron. Schweiz lOOFrank Amerika 1 Dollar England 1 Vfd. Frankreich 100 Frank Belgien 100 Frank Italien 100 Lire D.-Osterr. 100 Kron. Ungarn lOOKron. Tschechien 100 Kron. W012,50 38551,75 47741,26 30561,76 34107,30 1797,75 7090.00 13483,10 12833,90 7340,40 2,43 10 H37 6441,90 70037,50 38648,25 47859,75 30688^5 .34192,70 1802,25 8010M 13513,90 12868,10 7659,69 2,47 100,68 6458,10 71910.00 41048,60 49937,60 32659,25 34856,35 1817,68 8239,65 13982,50 13283.35 8Ü39 9b 1ch3 107,86 6791,50 72090,00 41151.40 50620,6! 32640,76 34913,65 1852,32 8260.85 14017,50 13316,86 8e60,10 1,57 188,14 6808,50 170 Mk. 112 , 112 , 112 , 72 . 4,40. AID, .88 . 80 , 80 . 85 . 85 . Berlin, 26. August. Stand der Volenmark: 21 W. * Rußland verlangt Schreibmaschinen. Die staatliche Han- delsabtcilung hat Verhandlungen eingeleitet mit deutschen und englischen Firmen, die die Herstellung von Schrcib- mäschinen betreiben. Die staatliche Handelsahtetlung will selbst die Vertretung für die deutsche und englische Schreibmaschinen- Industrie in Rußland übernehmen und durch ihre Institution den Vertrieb regeln. 4- Besseres Welrernte-Ergebnis als im Vorjahre. Rach den Schätzungen Les Internationalen landwirtschaftlichen Instituts wirs der Gesamtertrag der Welternte im Jahre 1922 für die Länder Belgien, Bulgarien, Griechenland, Spanien, Ungarn, Jtalen, Polen, Schweden, Finnland, Niederlande, Vereinigte Staaten, Kanada, Brittsch-Judien, Japan, Algerien, Marokko, die ungefähr 60 Prozent des Durchschnittsertrages auf der nördlichen Halbkugel liefern, 542 688 MO Zentner gegen 530 053 OM Zentner im Borjahre betragen, sodaß also eine Ver besserung der Weizenernte um 2,4 Prozent zu verzeichnen ist. Auch die Roggenernte für «dieses Gebiet übersteigt mit 112 339 OM Zentnern im Jähre 1922 die Les Jahres 1921, die nur 99 363 000 Zentner 'betrug. Das Ergebnis für Hafer zeigt ebenfalls eine Steigerung von rund 284000OM Zentnern im Jahre 1921 auf 326 OM OM Zentner im Jahre 1922. Vermischtes. L Niesen-Feuerwehrleiter. Die Wiener städtische Feuer wehr wird demnächst ihren technischen Apparat um ein be sonderes Stück bereichern können. Es ist eine 30 Meter hohe automobile Maschinenschiebleiter, die mit einem Kostenaufwand von 134 Millionen Kronen angeschafft wer den soll. Die Leiter mußte bei einer deutschen Firma in Ulm bestellt werden, die auf die spezielle Konstruktion sol cher Rieseninstrumente eingestellt ist. Hierbei handelt es sich vor allem um die Auswahl des Holzes, das sehr trocken sein muß. Die deutschen Firmen verfügen über eigene Waldbestände, in denen das für Feuerwehrleitern be stimmte Holz durch Jahrzehnte vorbereitet wird. Die neue Leiter wurde deshalb so hoch gewählt, weil die Feuerwehr auf die neue Wiener Bauordnung Rücksicht nehmen muß, die auch die Mansardenwohnung zuläßt, wofür die bis herigen Leitern nicht mehr ausreichen. Die Leiter ist auf einem Benzinautomobil angebracht und um einen Dreh turm drehbar. Das Erstaunlichste aber ist Wohl, daß der Riesenapparat vom Augenblick des Anfahrens an in 35 Sekunden zu seiner vollen Höhe aufgerichtet gebrauchsfertig dm lebt. 2, Ave Maria. Roman von Felix Neumann. „Ich verstehe dein Bedauern nicht. Wir schleppen sie doch nicht auf die Schlachtbank und liefern sie einem Unwürdigen aus —" - „Nein — das wahrlich nicht — und doch — und doch — ich kann mich unter diesen Umständen nicht recht freuen." „Ich will das Beste sür mein Kind. Der aufrührerische Geist der neuen Zeit scheint auch sie ergriffen zu haben —" „Maria — undenkbar!" „Doch — doch! Sie sprach mir von dem Selbstbestim mungsrecht des Menschen, daß sie sich nicht zwingen lasse, daß sie „srei" sein wolle, wie die ganze Welt nach Freiheit strebe! —" Und als ich ihr zornig entgegenhielt, daß sie die neue Frei heit ja in München zur Genüge kennen gelernt habe, sagte sie: Ich meine eine andere Freiheit, Mutter, nicht die, die mordet und zerstört, nein die, die uns von Gott geschenkt wurde, die uns besiehst, das zu tun, was uns das Herz eingidt! — Woher hat sie das?" Die Gräfin Seckendorf sah ihre Schwester an. „So hat sie gesprochen? Das hätte ich ihr gar nicht zugetraut, dazu hielt ich sie noch für viel zu jung." „Es ist doch unglaublich, nicht wahr?" „Das — das kann ich nicht sinden! — Es ist sogar sehr schön, was sie gesagt hat, du hast sie nur mißverstanden, liebe Klara —" „Sie hat zu gehorchen. Und ich habe es durchgesetzt!" „Als du von der Unterstützung sprachest?" „Ja -!" „Und was sagte sie da?" „Sie blickte mich groß an. „Dann will ich es um deinet willen tun, Mutter, damit du nicht mehr diese Sorge hast!" Die Gräfin stand aus. „Haben dich diese Worte aus Ma rias Munde nicht tief erschüttert? — Was tatest du daraufhin?" „Ich sagte ihr, daß ich ihren Gehorsam lobe, und ging in die Kirche, um Gott zu danken, daß er alles so gut gelenkt." „Weißt du, was i ch getan hätte, Klara?" Frau von Kronachs selbstgefälliges Lächeln verschwand. „Nun kommt wohl wieder eine Belehrung?" „Ich ich — hätte ihr liebes Köpschen an meine Brust genommen und hätte gesagt: Ein Opser sollst du mir nicht bringen. Die Verantwortung, daß du meinetwegen — nur meinetwegen — dein Herz verleugnest, kann ich nicht tragen. Darum wollen wir die Entscheidung noch einmal hinausschieben. Du weißt, daß ich dein Bestes will, ^eh' in dein Stübchen und denke über Titus und seine Werbung ernstlich nach." Die Gräfin wandte sich dem Fenster zu. „Sy hätte ich z» ihr gesprochen." Frau von Kronach warf den Kopf in den Nacken. „Dann wären wir in alle Ewigkeit nicht zum Entschlusse gekommen —" „Ich glaube das nicht," fiel die Schwester ein, „Maria ist viel zu verständig, um schließlich nicht doch einzusehen, daß ihr ein großes Glück winkt!" Leiser setzte sie hinzu: „Nicht das himmelstürmende Glück, das sich die jungen Mädchen- ersehnen, wohl aber ein stilles, stetiges." „Wie mans macht, macht man es salsch," Kang es grollend . zurück. Brachte ich eine ausweichende Antwort, wäre es dir auch nicht recht, gewesen." ! „Gewiß wäre ich enttäuscht gewesen, aber auch so vermag ich keine Freude zu empfinden." Die Gräfin war wieder zu dem Sofa gegangen und ließ sich in eine Ecke fallen. Vor ihren Augen stieg Marias Bild auf, ihrer Nichte, die sie wie eine Tochter liebte. Was die ' Mutter an dem Kinde versäumte, hatte sie durch zärtliche Sorgfalt wieder gut machen wollen, nun hatten die Dinge einen ganz anderen Verlauf genommen. Sie klingelte, der Diener kam und räumte die Teetassen fort. Beim Eintreten sagte er, daß der Wagen des Grafen bereit stehe. Als die Damen wieder allein waren, hatte Frau von Kronach ihren Entschluß gefaßt. „Was ich tat, kann ich verantworten. Der Zweck heiligt das Mittel. Ich mag etwas schroff vorgegangen sein, das gebe ich zu, aber was ich erreichen wollte, war gut." Die Glastür ösfnete sich, die beiden Herren traten in leb haftem Gespräch ein. Graf Titus hatte Monsignore unter- gehatt. Nun erblickte er seine Tante und begrüßte sie in ritter licher Weise durch Handkuß. „Wir haben uns fast ein Jahr nicht gejehen, Monsignore," sprach Frau von Kronach zu dem geistlichen Herrn, der sich vor ihr verneigte. „Sie sind München seit Kriegsbeginn untreu geworden, und wenn Sie kamen, waren Sie auch schon wieder sort. Nun aber muß ich Sie für meine guten Werke in Anspruch nehmen." „Wo ich helfen kann, stehe- ich jederzeit gern zur Ver fügung." Wieder neigte Herr Umpsenberg sein lockiges Haupt. „Vortrefflich, Monsignore, wir werden gleich darüber reden, nur erlauben Sie, daß ich sür einen Augenblick meinen Herrn Neffen mit Beschlag belege." Sie faßte den Grafen am Aermel und ging mit ihm zu einer Zimmernische, während Monsignore der Gräfin den Ein druck schilderte, den er von der Gemäldesammlung des Grasen empfangen hatte. Frau von Kronach sprach leise: „Titus, ich kann dir Glück wünschen! Wir erwarten Euch morgen bei mir, damit dir Maria selbst ihr Jawort uusspricht!" Während Monsignore begeistert erzählte, hörte die Gräfin nicht zu. Ihre Augen flogen zu der Nische hinüber, wo ihre Schwester mit Titus saß. Sie sühlte, daß ihr die Leitung der ganzen Angelegenheit plötzlich aus der Hand gewunden, sie ein fach überrumpelt war. Und als sie — an Monsignores Kopf vorbeiblickend — ihre Schwester Titus küssen sah, da wußte sie, daß nichts mehr zu ändern war. Frau von Kronach kam mit dem Neffen Arm in Arm näher. „Nun, Monsignore, nachdem ich von meinem Rechte als Tante Gebrauch machte, soll jetzt die Vorstandsdamc der Roten-' Kreuz-Vereinigung zu Worte kommen, und dazu gebrauche ich Sie als Zuhörer." Graf Titus sah lächelnd nach der Uhr. „Zehn Minuten gebe ich dir, liebe Tante, noch Zeit, dann aber kann mein Wagen nicht länger warten." „Willst du mir Monsignore.entführen?" „Ja — wir wollen in besonderer Mission nach Schwa bing fahren, um ein neues Madonnenbild zu besichtigen. Auch interessiere ich mich für den jungen Künstler. Willst du mit kommen? Vielleicht,macht es dir Spaß, auch einmal in die Ge heimnisse der BohSmegegend einzudringen." Die Rote-Kreuz-Angelegenheit beschästigte Frau von Kro nach und den Geistlichen so sehr, daß die Gräfin Gelegenheit fand, mit Titus unter vier Augen zu sprechen. Ihre Stimme klang gepreßt, als sie fragte: „Was hat dir Klara gesagt?" Der Graf war ein wenig erstaunt. „Weißt du es noch nicht, daß Maria einverstanden ist und morgen unsere Verlobung in unserem engen Kreise stattfinden soll?" „Gewiß, gewiß weiß ich das, lieber Titus, und ich wünsche dir Glück, ich meinte nur — ob Klara — dir — noch näheres erzählt hat?" „Nein — sie sagte nur, — und das war mir ja nichts Neues, daß Maria erst nach einigem Zögern — eingewilligt habe, wie das ja bei ihrer Jugend nicht anders erklärlich ist!" Ein etwas schmerzliches Lächeln ging über des Grafen Züge. „Ich bin ja kein Jüngling mehr, und es gibt Schönere. Aber —" ein verklärender Schimmer brach aus den klugen Ge lehrtenaugen — „gut soll es das liebe Mädel bei mir haben, da für stehe ich ein!" Ueber Frau Mathildens Wangen liefen ein paar Tränen, sie beugte sich vor und küßte den fast gleichaltrigen Stiefsohn. „Tue das, Titus, tue das, sie verdient es wahrlich, das liebe, süße Kind." Titus erhob sich. „Du erwartest heute abend Besuch, sonst würde ich dich bitten, uns zu begleiten. Es ist herrliches Wetter, wie geeignet zu einer Spazierfahrt. Aber — du hast wohl Vor bereitungen zu treffen. Auch ich werde mich beeilen, damit ich pünktlich zurück bin."