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Kernsprecher Wilsdruff 7».. 6 fÜl MÜS'dl'Uff UNd ^MgegLNd Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrat» zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. «erlerer m» De,»«- «ettzur Aschnnke irr Wilsdruff. Berautwortltcher Schristl-iter: Her««»» Lässig, für de« Inseratenteil: Arthur Zschuuke, Neide in «Nsdru» Nr. 192 Freitag de« 18. August 1922. 81. J«hrga»g Amtlicher Teil. Montag den 21. August 1922 vormittags Vr9 Uhr wird im Verhandlungssaale de» amtshauptmannschaftlichen DienstzebäudeS öffentliche Sitzung des Bezirksansschuffes abgehalten werden. Die Tagesordnung ist vom 16. August 1922 ab im Aushangkasten des amtsh. Dienstgebäules angeschlagen. ««« Meißen, am l4. August 1922. Nr. 45418. Die Amtshavptmannschaft. KVE > «W»MWEWMM»WSMWWWWWNM»MNBWWWSWW»W»SSSS^S^VSSNSSSWS« Da auch im Stadtbezirke Wilsdruff das Auftreten de» Nonnensalters ein wandfrei festgestellt worden ist, werden die hiesige Einwohnerschaft und insbesondere die Besitzer von Bäumen (Laub- und Nadelbäume) unter Bezugnahme auf die vielen mit Ratschlägen verbundenen Hinweise in den Tageszeitungen aufgesordert, die Vernichtung des Falters aufmerksam zu betreiben. Nichtbefolgung kann bestraft werden. Wilsdruff, am 14. August 1982. «»v Der Stadtrat. Kleive Zeitung für eilige Leser. * Der belgische Ministerpräsident Theunis hofft, demnächst aus einer Konferenz in Brüssel die Einigkeit in der Entente tvtieder herzustellcn. * Der Reichskanzler erklärte einem englischen Pressevertreter, daß Deutschland zahlungswillig ist, aber erst Geld für die Nrotversorgung brauche, ehe es zahlen kaum * Die Spitzenverbände der Gewerkschaften wollen angesichts der Teuerung gemeinsame Schritte bei der Reichsregievung unternehmen. * Auf dem Anhalter Bahnhof in Berlin stürzte ein Baugerüst herab, wobei zehn Arbeiter getötet wurden. * Marschall Foch wurde zur Teilnahme am französischen Ka binettsrat ausgefordert, der übe: unser Moratoriumsgesuch be schließen soll: Neue Krisen? Auch wer mit einem negativen Ausgang der Londoner Konferenz gerechnet hatte, steht erschüttert vor den unmittel- varen Wirkungen dieses Ereignisses auf unsere inner deutschen Verhältnisse. Der sofortige Dollar sprung auf mehr als 1000 hat die schlimmsten Befürchtun gen übertroffen, und was sich daraus für unsere politischen, wie besonders für unsere wirtschaftlichen Zustände alles ablciten wird, ist noch gar nicht abzusehen. Die Reichs regierung, die seit dem Auseinandergehen der Entente-Ge- waltigen wieder einmal täglich versammelt ist, sieht sich ebenso sehr nach außen wie nach innen vor eine geradezu verzweislungsvolle Lage gestellt. Lassen wir einmal für heute die Weiterentwicklung unserer außenpolitischen Beziehungen beiseite. Was aber soll aus unserer Gesamt- wie aus unserer Einzelwirtschaft werden, nach dem, was wir in diesen Tagen wieder erlebt haben? Ist der die Preisentwicklung für die wichtigsten Lebensmittel kennzeichnende Index vom Juni auf den Juli, wo noch sozusagen „normale" Verhältnisse herrschten, schon um 32 Prozent gestiegen, was muß uns da erst der August bringen? Und hatten wir uns schon ohnedies auf Waren und Leistungen aller Art mit Aufschlägen vertraut gemacht, die den Preisen von heute vielleicht gerade noch kümmerlich gerecht werden mochten, so wird jetzt kaum noch ein öffentlicher oder privater Arbeitgeber in der Lage sein, Schritt zu halten mit einer Entwicklung, die alles Men schenmögliche weit hinter sich zurückläßt. Was das zu be deuten hat, bedarf kaum weiterer Ausmalung. Reich und Staat, die ebenso wie die meisten großen Gemeinden schon jetzt mit riesigen Defizits belastet sind, und die wenigstens ihre werbenden Betriebe mühselig zu balancieren versuch ten, sehen sich abermals einem Chaos gegenübergestellt, denn alle rechnerischen Grundlagen ihrer Einnahme- und Ausgabe-Wirtschaft sind zusammengebrocheu. Schon rüsten sich die Spitzengcwerksch asten zu neuen Aktionen, um die Arbeitermassen durch Ausstellung neuer Forderun gen vor unvermeidlichen Rückschlägen zu bewahren. Allent halben bereiten sich neue Lohn- und Ausstandsbewegungen vor, und die K a u fk r a ft des Publikums wird unweiger lich einen weiteren Rückgang erfahren. Ist in unserer In dustrie und Geschäftswelt schon in den letzten Wochen eine ausgesprochene Geldknappheit fühlbar geworden, so muß sich auch dieser Prozeß nunmehr in beschleunigtem Tempo fortsetzen und die Krisenhaftigkeit unserer wirtschaftlichen Lage damit immer deutlicher hervor treten. Herr Poincaro aber kann dann, wenn die Geschäfte erlahmen, wenn Ar beitslosigkeit wieder überhand nimmt und in deren Ge folge wieder neue innere Unruhen entstehen sollten, aus solchen Anzeichen mit gleichem Recht auf einen bösen Wil len des deutschen Volkes schließen, wie er aus der schein baren Hochkonjunktur der letzten beiden Jahre Schlüsse, die ihm für seine Politik nützlich schienen, gezogen hat. . Die sem Herrn werden wir es, wie wir es auch anstelle» mögen, niemals reiht machen. Ob das .Kabinett Wirth auch politisch wieder in eine kritische Lage geraten wird? Der Vorwärts sucht vorzu- baucn, indem er schon heute die Notwendigkeit weiteren Fest haltens au der Erfüllungspolitik betont, obwohl er nicht bestreiten kann, daß wir fernerhin nicht mehr erfüllen können und daß wir mit allen bisherigen Beweisen unse res Erfüllungswillens die abermalige katastrophale Zu spitzung unserer gesamten Lage nicht haben verhindern können. Ihm bangt offenbar vor der unvermeidlichen Rückwirkung dessen, waä sich jetzt in Paris wieder gegen «ns vorbereitet, auf die Volksstimmung in Deutschland, und so warnt er die Regierung vor jeder aktiven oder passiven Resistenz gegenüber den Möglichkeiten, die noch kommen können. Wir würden, meint e-r, durch ein solches Verhalten den Verdacht auf uns lenken, irgendeinen Kon flikt herbeiführen zu wollen, und damit würden wir ledig lich die augenblickliche Uneinigkeit innerhalb der Entente wieder beseitigen. Es genüge nicht, durch politische Schutz gesetze den Bestand der Republik zu stützen, sie bedürfe auch des Schutzes vor den entsetzlichen wirtschaftlichen Folgen der außenpolitischen Spannung. Von Worten zu Taten ist aber nirgends der Weg so weit wie hier. Man spricht davon, die Einsuhr von Luxusartikeln, wie französischen Parfüms, Seifen, Schweizer Schokolade, Südfrüchten mit ranher Hand zu verhindern und ebenso die Ausfuhr stärker als bisher zu überwachen, namentlich soweit Gegenstände des täglichen Bedarfs in Frage kommen. Aber wir haben in den schweren Krregsjahren genügsam Erfahrungen über die staatliche Ohnmacht auf diesen schwierigen Gebieten ge sammelt. Zwangsmaßnahmen solcher Art brachten im Grunde nur den Schwindel und Schmuggel zur Blüte und fügten höchstens zu den vorhandenen Übelständen noch neue hinM. Auf der anderen Seite rüsten die Kommunisten bereits zu neuen Aktionen, um sich den willkommenen Agi- tatiousstoff, der ihnen mit der phantastischen Valutaent wertung immer wieder in den Schoß fällt, nicht entgehen zu lassen. So ziehen von allen Seiten neue Gefahren her auf, denen die Kräfte der gegenwärtigen Negierung schwer lich gewachsen sein werden. Allenfalls darf mit einiger Ge nugtuung darauf hingcwiesen werden, daß sich unter den westfälischen Bergarbeitern die Besinnung zu regen be ginnt, und daß sie bereit scheinen, die bisher verweigerten Überstunden in neuen Abmachungen zu übernehmen. Das wäre immerhin etwas, was Nachahmung verdiente. Für die Reichsregierung wird es in der Lage, in der sie sich be findet, diesmal gewiß keine Sommerferien geben. Poincars sabotiert Wirths Erfüllungsprogramm. über Vie innerpolitischen Folgen des Londoner Fiaskos schreibt die demokratische Berliner Börsenzeitung: Wir muffen uns rechtzeitig davon Rechenschaft oblegen, daß die brutale Veste, in der Herr Poincarö sich zu der Antwort auf zwei Jahre deutscher Erfüllungspvlitik anschickt, das Reich folgerichtig auch neuen schwersten Erschütterungen auf innerpoli tischem Gebiet überantwortet. Es ist nicht abzusehen, dass das Kabinett Wirth den bevorstehenden Krisen gewachsen sein sollte, wenn ihm durch ein selbständiges Vorgehen Frank reichs das Programm, mit Lem es vor den Reichstag ge treten ist, ausder Hand gerissen und als Fetzen Papier vor die Füße geworfen wird. In parlamentarischen Kreisen siebt man daher der parlamentarischen Entwicklung für diesen Fall mit großem Ernst entgegen. Der Kanzler zur Londoner KatastroOe. Ein Appell an England. — Deutschland ist zahlungswillig. — Erst Brot, dann Wiederherstellung! — Gegen die Ausweisungen im Elsaß. — Der Sinn des Moratoriums. — Soll Deutschland noch leben dürfen ? Das Londoner Blatt „Daily Chronicle" veröffentlicht eine Unterredung seines Berliner Berichterstatters mit dem Reichskanzler Wirth über die durch den Abbruch der Londoner Konferenz verursachte Verschlimmerung der europäischen Lage. Der Reichskanzler.sprach, wie der Berichterstatter meldet, während der ganzen Zeit mit nicht geringer Bewegung. Es war ihm eins starke Enttäuschung anzusehen, daß nichts in' London ge schehen sei, um die bereits gefährliche Lags Europas zu cr- leichtern. Wirth sagte: Wenn die Londoner Konferenz mit einem Siege des französischen Standpunktes geendet hätte, so hätte sie das Ende der deutschen Währung bedeutet. Das Ergebnis der Konferenz ist eine Katastrophe. Deutschland habe keinesfalls die Absicht, sich seinen Ver pflichtungen zu entziehen, und zum Nachweise dafür habe Deutschland, obgleich unter den äußersten Schwierigkeiten, eine Summe von 500 000 Pfund Sterling von dem Be trage der fälligen 2 Millionen Pfund Sterling gezahlt. Wir sind bereitzuzahl em im Verhältnis zu unserer Zahlungsfähigkeit. Diese Zahlungsfähigkeit nimmt jedoch von Tag zu Tag ab, und der augenblickliche Zusammenbruch der Mark bedeutet ihre weitere Verminde rung. Diese Tat politischer Gewalt erschüttert die wirt schaftliche Lage ganz Europas. Die Ausweisungen aus E l s a ß - L o t h r,i nge n haben die deutsche öffent liche Meinung tief erregt. Die Berichte, die wir über die Vertreibungen erbalten, sind furchtbar. Während *er aller nächsten Monate können und werden wir unsere Verpflich tungen soweit durchführen, als die Sicherung der Brotversorgung für die Existenz des Volkes es zu läßt. Erst Brot für das Volk, dann Wiederherstellung, f Was wirtschaftlich unmöglich ist, muß von selbst zusammen- brecken. Wir besitzen sowohl guten Willen, als auch Geduld in hohem Maße, unsere Kraft jedoch ist an ihren, Ende ange langt. Aus Gründen reiner Menschlichkeit müssen wir unserem Volke das Brot sich er stellen, nm zu verhindern, daß es in Elend und Verzweiflung versinkt Der Weg des deutschen Volkes ist schwer geworden. Unsere Schwierigkeiten bei der Brotbeschasfung werden vermehrt durch ^Handlungen, wie sic in Elsaß Lothringen begangen werden. Zu der Frage des Moratoriums erklärte der Kanzler, es hätte, wenn es vou einigem praktischen Wert sein sollte, sich auf viele Monate erstrecken müssen. Vor sechs Monaten wäre ein Moratorium von noch so kurzer Frist noch ganz wirksam gewesen, mit dem Fall der Mark aber würde das Moratorium immer weniger wertvoll. Die Kapitalflucht sei eine internationale Frage. Der beste Weg, die Flucht des Kapitals aus irgend einem Lande zu verhindern, sei, es der Mühe wert zu machen, das Kapital im Lande zu halten. Dies könne am besten er reicht werden, so weit Deutschland in Betracht käme, durch Stabilisierung der Mark. Diese Stabilisierung der Mark könne jedoch nur durch dir Lösung der Wieder- herstellungsfrage zustandxgebrachk werden. „Was wir brauchen, ist Vertrauen!" Diese augenblickliche Katastrophe der Mark, die ein neues kolossales Steigen der Preise und damit eine Bewegung zu erhöhten Löhnen und Gehältern bedeutet, beruht haupt sächlich auf der Furcht, daß Frankreich Deutsch land nachdem Leben trachtet. Soll Deutschland nicht leben dürfen? Das ist die große Frage, das Schwert über unserem Haupte. Gehen wir den Weg Rußlands? Rußland ist zum größten Teil ein ackerbautreibendes Land. Deutschland ist hauptsächlich ein Industrieland. Der Zusammen bruch Deutschlands würde ohne Bei spiel dastehen, und nichts würde damit verglichen werden können. Aber wenn nur guter Wille da ist, kann Europa und Deutschland noch gerettet werden.* Ein englisches Nrteil. Dasselbe englische Blatt, das diese Kanzlerworre veröffent licht, schreibt dazu: Die persönliche Slu Nichtigkeit der Erklärung Wirths, daß er für die loyale Durchführung der vertraglichen Verpflichtungen innerhalb Ler Leistungsfähigkeit Deutschlands ein trete, könne um so weniger angezweifelt werden, als seit der Zeit, wo Wirth und Rathenau die Wegweiser dieser Po litik wurden, einer von ilmen mitscincm Leben dafür bezahlt habe. Wirth sei entschlossen, auch weiterhin so zu handeln, soweit es mit der Brotversorgung Deutschlands, von dor 38 Prozent im Auslände besorgt werden müßten, vereinbar sei. Die Schwierigkeit sei jedoch vermehrt worden durch die Verzögerung in der Gewährung eines endgültigen Mo ratoriums. Je länger die Verzögerung Lauere, um so schneller solle Lie Mark. Die Enieme nach London. Französisches Säbelrasseln. Obwohl der Riß, den das Scheitern der Londoner Konferenz der Entente zugefügt hat, offen vor allen Augen liegt, erklärt man es in Paris doch geflissentlich für wahr scheinlich, daß Poincarö und Lloyd George sich in vier Wochen auf einer neuen Konferenz gegenübersitzen werden. Die Mehrheit der Mitglieder des französischen Kabinetts, einschließlich Millerand, sei j e d e r Erschütterung der Entente abgeneigt. Die ein zige Hoffnung ruht auf dem Bemühen des belgischen Pre mierminister Theunis, der den Gedanken vertritt, daß Frankreich Geld nötig hat pnd kein Moratorium wünscht, daß England aber ein Moratorium wünscht und kein Geld nötig hat. Und da Belgien seinerseits ein Prioritätsrecht auf die Reparationszahlungen hat, so nimmt es das Recht für sich in Anspru fürein Moratorium auf etwa sechs Monate zu stimmen. Der französische Kabinettsrat ist sich über die Einberufung der Kammern noch nicht einig geworden, Wohl aber verlautet, daß Marschall F o ch und General Degoutte ersucht wurden, sich nach Rambouillet zu begeben, um sich zur Verfügung des Ministerrates zu halten. Direkte Verständigung? In diplomatischen Kreisen wird seit einigen Tagen etn angeblicher Plan Poincarös diskutiert, der auf eine direkte deutsch - französische Auseinandersetzung hinsteuert. Es wird behauptet, daß seit längerer Zeit zwischen dem Stinnes-Konzern und einer großen franzö sischen Finanzgruppe Verhandlungen stailfäaden. Was an diesen Gerüchten wahr ist, muß abaewartet werden. Unter