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MdmfferTageblatt Kernsprecher Wilsvrvff N.. 6 Tl)chmblQ^ fÜs UNö ^IMgegLNd Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachnngen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrat» zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. W«rlr-rr «»» Pruckce»: Arth«, Asch««»« i« Wilsdruff. Berautwortlicher Schriftleiter: Herma»« Lässig, für de« Inseratenteil: « rth » r Asch»«»«, deide t» wtl«»r«A Rr. 194 Sonntag de« 20. August 1922 81. Jahrgavg Amtlicher Teil. Die städtischen Kollegien haben beschlossen, die Strompreise wie folgt zu erhöhen: vom 1. Juli 1922 an Lichtftrom 13 Mk. und Kraftstrom 10 Mk. für die Kilowattstunde; vom 1. August 1922 an Kraftstrom 12 Mk. für die Kilowattstunde. Ferner wird darauf hingewiesen, daß durch die anhaltend weiter steigenden Kohlen preise sich eine neue Erhöhung der Bezugspreise für Licht- und Kraftstrom für den Monat September d. Is. erforderlich macht. Die Höhe des Septemberpreises kann jetzt noch nicht bestimmt werden. Wilsdruff, am 18. August 1922. »» Der Stadtrat. Es wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß der 6. Nachtrag MM Regulativ über die Verwaltung des Elektrizitätswerks der Stadt Wils druff genehmigt worden ist. Der Wortlaut Desselben liegt zu jedermanns Einsicht 14 Tage lang im Verwaltungsgebäude, Zimmer 14 aus. Wilsdruff, am 18. August 1922. d Der Stadtrat. Mr Anreizen haben im „Wilsdruffer Tage blatt", das einen weitver- zweigtenu. kaufkräftigen Leser kreis besitzt, große Wirkung. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Die Reparationskommission will Zwei Vertreter noch Berlin senden, um mit der deutschen Regierung vor einer Ent scheidung in Ler Reparationsfrage Rücksprache zu nehmen. * Die Alliierten teilen in einer Note mit, daß die noch nicht bezahlten 30 Millionen der letzten Ausgleichsrate bis zum 15. September gefordert werden. * Reichspräsident Ebert eröffnete die Hamburger Ubersee. Woche mit einer bedeutsamen Rede. * Zwischen Berlin und München sind neue Verhandlungen zur Beilegung des Streites um die Schutzgesctze im Gange. * In Londoner politischen Kreisen rechnet man für den Herbst mit einer Well-Finanzkonferenz unter Teilnahme Deutschlands und Amerikas. Der kommende Winter. Aus Fachkreisen wird uns geschrieben: Der kommende Winter wird — so steht zu befürchten — der härteste und dunkelste sein, der Deutschland be- schieden war. Die Gefahr der Arbeitslosigkeit, unerschwing liche Preise für Lebensmittel und Heizstoff, allgemeine Mutlosigkeit lauern am Beginn dieses Winters. Es sieht so aus, als ob die Preise der Valutaentwertung voraus eilest wollen: schon jetzt sind viele Preise, so die für Eisen, Holz und Bekleidungsgegenstände, weit stärker gestiegen, als es der Markentwertung entsprechen würde. Dazu kommt, daß eine starke Erhöhung der Wohnungsmieten, wahrscheinlich eine Verfünffachung, in den Großstädten bevorsteht. Sie wird die Verelendung beschleunigen und verschärfen. Mit einem Gemisch aus Grausen und Verzweiflung verfolgen alle Kreise unseres Volkes, insbesondere aber die Wirtschaftskreise, den anscheinend unaufhaltsamen Sturz der Mark. Die Mark ist als internationales Zahlungsmittel tot. Noch wird ihr Kurs au den internationalen Bären notiert, aber das Ausland wirft seine Marknotenpakete immer von neuem in wilder Hast auf die Märkte. Wir müssen mit der furchtbaren Möglich keit rechnen, daß das Ausland schließlich die Mark über haupt nicht als Zahlungsmittel annimmt. Das würde be deuten, daß Deutschland nicht mehr in der Lage sein würde, die notwendigen industriellen Rohstoffe und die zur. Er nährung der Bevölkerung erforderlichen Lebensmittel im Auslande zu kaufen. Schon jetzt haben zahlreiche Textil fabriken sich zu Betriebseinschränkungen gezwungen ge sehen, weil der jetzige Dollarstand einen Rohstoffeinkauf unmöglich macht. Die Unsicherheit der außen- und innen politischen Lage, die Furcht vor Gewaltstreichen Frank reichs auch gegen private deutsche Jndustrieunternehmun- gen, sowie die Kreditnot, die durch die neue Preiserhö hungswelle noch verschärft wird, — alle diese Momente rufen eine Lähmung der Unternehmungslust hervor. Jede Kalkulation wird unmöglich und die Neigung zu Betriebs einschränkungen nimmt überall zu. Naturgemäß wird da- vurch die Warenknappheit verschärft und die Preise sprin gen immer weiter, zumal das Ausland wieder einmal einen „Ausverkauf Deutschlands" vornimmt. Im Inhalt geht die Konsumkraft infolge der anhal tenden Preissteigerungen immer weiter zurück. Vorerst wird dieser Rückgang der inländischen Kaufkraft noch durch Hamsterkäufe verdeckt, aber sehr bald wird dieses Erlahmen der Kaufkraft deutlicher in Erscheinung treten, zumal neue Steuern und neue Teuerungswellen immer größere Kreise des Volkes in die Unmöglichkeit versetzen werden, über den allernotwendigsten Bedarf hinaus Käufe vorzunehmen. Diese neuen Steuern werden nicht ausbleiben, da der neue Marksturz das Budget des Staates und der Kommunen in neue Verwirrung stürzen muß. Aber auch die Ausfuhr wird unter der allgemeinen Unsicherheit leiden. Die Er schwerungen im Rohstofsbezuge und die Verteuerung der Produktionskosten werden bewirken, daß die Export chancen, die zunächst sich bei einem scharfen Rückgänge der Mark erweitern, sehr bald dahinschwindcn. Auch in den Exportindustrien könnten Betriebseinschränkungen und da mit Arbeiterentlassungen nicht ausbleiben. Das Gespenst der Arbeitslosigkeit bedroht Deutschland mit all seinen un übersehbaren Folgen innerpolitischer Natur. Der Ausblick in die nahe Zukunft ist trübe, trüb und rr,stlos Marksiurz, Lohnhöhe, Warenpreise. Unaufhaltsam eilt die Mark dem Nullpunkt zu, ebenso unaufhaltsam schrauben sich die Preise in Deutschland für alle Lcbensnot'wenvigketten in die Höhe. Teilweise sind die Preise selbst über die Weltmarktpreise hinaufgeschnellt, und ein Einhalten ist vorläufig nicht vorauszusehen. Was aber alle ernsthaften Beurteiler, ganz gleich, zu welcher po litischen Richtung sie sich bekennen, als unvermeidlich im Gefolge dieser katastrophalen Erscheinung heranziehen sehen, das sind die schwersten Kämpfe um Löhne und Gehälter, die zweifellos in den meisten Fällen weit hinter den mit Galoppgeschwindigkeit davonrasenden Preisen Zurückbleiben, ohne daß dafür, wenigstens was die einheimische Produktion anbelangt, immer eine genügende Rechtfertigung gegeben werden kann. Eine solche Entwicklung ist nicht allein ungesund, sie beschwört auch die ernstesten Gefahren für die innere Ruhe und die gesamte Wirtschaftssicherheit herauf. So stellt auch die Deutsche Allgemeine Zeitung, das der Deutschen Volkspartei und der Großindustrie nahe stehende Organ, fest, daß sich die durch das turmhohe Klettern der Preise verursachte Not bereits bis auf wenige beneidens werte Schichten der Bevölkerung aus den größten Teil aller werktätigen Kreise erstrecke. Es sei begreiflich, daß sich Ler ge samten Bevölkerung eine schwere Sorge sür die' nächste Zukunft bemächtigt habe, und die Wünsche nach menschenwürdiger Le bensführung verdichten sich von Tag zu Tag. Aber cs wäre zu bedauern, wenn diese Sorge in eine Panikstimmung aus arten würde. Roch sei nicht alle Hoffnung verloren, daß Mittel und Wege gefunden werden, um das Schwerste von unserem hartgeprüsten Volke abzuwehren. Das Blatt sagt schließlich: „Wir haben stets zu erkennen gegeben, daß wir für die Not jeglicher Klaffen ein gleiches Verständnis besitzen. Zu wünschen ist, daß es gelingen möge, mit allen Mitteln der Not der schwer bedrängten^ Bevölkerungsschichten zu steuern, dabei aber Stö rungen der Ruhe, die unser daniederliegcndes Vaterland vollends in den Abgrund stürzen würden, zu vermeiden." Das demokratische Berliner Tageblatt schreibt nach einer Schilderung der manchmal von Stunde zu Stunde stei genden Preiserhöhungswelle, immer, wenn man sich die Frage erlaube, wie es möglich sei, daß derartige Preise gestellt werden, müsse man die Antwort hören, daß Ler Dollar bereits über 1000 steht. Der allergrößte Teil dieser Lebensbedürfnisse habe mit dem Verhältnis der Reichsmark zum Dollar nicht das ge ringste zu tun, da es sich um einheimische Erzeugnisse handelt. Die notwendige Kehrseite dieser unerfreulichen Medaille sei die neue, mit elementarer Gewalt entsetzende Lohnbewegung. Die Arbeiter ebenso wie die Festangestellten sehen sich vor einer Sturmwelle bedroht, unter der sie rettungslos begraben werden müssen, wenn sie sich nicht im letzten Augenblick mit aller Kraft zue Wehr setzen. Ein Keil treibe den anderen, bis es schließlich nicht mehr -weitergehe. Bei dieser verzweifelten- Lage könne es für alle leitenden Kreise keine LringendereÄufgabe geben, als sich die Worte des Reichskanzlers Wirth: Erst Brot! zur Richt schnur zu nehmen. Was sonst an innerpolitischen Aufgaben sich Lurchzusttzen versucht, das muß zurücktreten hinter der ober sten Forderung, erst, einmal die Lebenshaltung des Volkes zu ermöglichen und sicherzustellen. Der mchrheitssazialistische Vorwärts fordert bereits die Wiedereinführung Ler Zwangswirtschaft, die PflichÄicferung von Kartoffeln, dw Beschränkung Ler Schnapsbrennerei, die Eindämmung der Zuckerverschwendung in Len Likör-, Mar meladen- und -Schokoladefabrilen, ferner eine starke Erhöhung Ler Ansfuhrabgaben. Aus weiter linksstehenden radikalen Kreisen werden noch schärfere Maßnahmen gefordert, Arbeiterkon trolle für Banken, Börsen, Lebensmittelhandel, Beschlag nahme der nötwendigsten Lebensmittel, Erfassung der Sach- wene usw. Mögen hier bei einzelnen Punkten politische Antriebe mehr mitspielen als direkte Sorge um die Volls- ernährung, so sieht man doch in der Presse aller anderen Schattierungen von rechts nach links die Unumgänglichkeit gründlicher und baldiger Maßnahmen betont, soll die Gefahr nicht mehr gutzumachenden Unheils zurückge halten werden. Neue Verhandlungen. Bradbury kommt nach Berlik _ Die Reparationsfrage, die in London total festgefah- ren war, soll jetzt auf ein neues Gleis geschoben werden-, da man nicht nur in Berlin, sondern auch in Paris nicht vor- und rückwärts weiß. Die Reparationskommission hat aus leicht ersichtlichen Gründen noch keine Entschei dung in der Reparationsfrage gefällt. Man war sich da»° über Kar. daß «M v»tsMeid«ia druck MebrkolüA- beschluß keine Lösung der Frage bedeuten würde. Eine Ablehnung des Moratoriums hätte nicht genügt, um aus Deutschland die Mittel herauszuholen, die Frankreich benötigt. Andererseits hätte die Gewährung eines Moratoriums wahrscheinlich zu einer Sprengung der Re parationskommission und zum Austritt Frankreichs aus ihr geführt. Infolgedessen entschloß man sich, im Einver ständnis mit der französischen Regierung den Weg direkter Verhandlungen Mit der deutschen Regierung durch.Mitglieder der Reparationskommission zu beschrei ten. Der zweite Vorsitzende der Reparationskommission, der vielgenannte Engländer Sir John Bradbury und ein französischer Vertreter der Kommission werden sich voraussichtlich schon in den nächsten Tagen nach Berlin begeben, um mit der deutschen Regierung die Mög lichkeiten der Lösung der Reparationsfrage durchzu- sprcchen. Wenn diese Nachricht sich bestätigt, so wird wahrscheinlich auch die deutsche Regierung ihrerseits bereit sein, die direkten Verhandlungen mit den Mitgliedern der Neparaiionskommission aufzunehmen und ihnen alle Unter lagen für die Beurteilung der deutschen Finanzlage und der deutschen Zahlungsfähigkeit zu geben und mit ihnen nach dem besten Ausweg aus der prekären Situation zu suchen.. Die wirtschaftliche Situation in bezug auf die Reparationsfrage ist ja seit der lehren Re gelung im Mai vollkommen verändert. Die Anleihe, die durch das Mai-Abkomm-en zusammen mit dem Moratorium in Aussicht genommen war, ist nicht gewährt worden und auch das Moratorium, das von der Regierung kürzlich ver langt worden war, ist nicht bewilligt 'worden. Infolge dessen ist ein neuer katastrophaler Sturz der Mark eingetre- teu. Die einsetzende Teuerung hat neue Gehaltsforderun gen der Beamten mit sich gebracht, und wenn die 100pro- zentige Erhöhung der Beamtengehälter durchgeführt wird, so bedeutet das allein einen Mehraufwand von 100 Milliarden Mark. s Allerlei Widersprüche. Vorläufig ist die Ankunft von Ententeverlrctern noch nicht offiziell in Berlin a»gekündigt, ebensowenig liegt eine Ein ladung vor, einige Mitglieder Ler deutschen Regierung nach Paris zu senden. Auch die Frage, was Frankreich tun wird, bleibt unklar. Einerseits drohen gewisse französische Blätter mit einem sofortigen Einmarsch, während von anderer Sette versichert wird, militärische Maßregeln kämen keinesfalls in Frage. Viel diskutiert wird besonders Lie Frage einer di rekten deutsch-französischen Verständigung. Die linksstehende Pariser Presse, die allerdings wenig Einfluß besitzt, tritt warm für Liesen Gedanken ein, aber auch -die ganz rechts stehende „Libre Parole" erklärt: Frankreich und Deutsch land sind durch gemeinsame Interessen -verbunden. Wir haben Kohlen, ihr habt Erze, in Las Kali teilen wir uns. Verbinden wir unsere Arbeit, und wir können Lie ganze Welt befriedigen, Lie Wiederherstellung der verwüsteten Gebiete und die Er holung Les Besiegten gewährleisten. — Wenn das in Frank reich die herrschende Meinung wäre, würde man leichter einen Schritt weiter kommen als unter dem Säbelraffeln Poincarös. Hinausschiebung der Ausgleichszahlung. 30 Goldmillionen bis 15. September verlangt. Bekanntlich hat die deutsche Regierung von den om 15. August fälligen 40 Goldmillionen für die Ausgleichs zahlungen nur Len vierten Teil bezahlt und wegen des Restes um Aufschub nachgesucht. Nunmehr haben die Alli ierten (entsprechend einem Londoner Gutachten der Sach verständigen) in einer gemeinsamen Antwort auf die deut sche Note vom 14. Juli mit dem Stundungsgesuch mitge teilt, daß die alliierten Regierungen die Zahlung von zwei Millionen Pfund, die am 15. August geschuldet wurde, bin- neu vier Wochen von diesem Tage an fordern. Von diesem Tage an beabsichtigen sie das Abkommen vom 10. Juni 1921 zu kündigen und Schritte zu tun, nm einzeln mit der deutschen Negierung Abmachungen über die Regelung, aller Salden zu treffen. Diese Abmachung soll der Neparationskommission unterbreitet werden. Aus Lie ser Note ergibt sich, daß auf Lem Gebiete Ler Ausgleichs zahlungen weitere Barzahlungen von der deutschen Ncgic- I rrmg bis Mitte September nicht gefordert werden. DaS