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Wilsdruffer Tageblatt : 13.08.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-08-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192208138
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19220813
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19220813
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-08
- Tag 1922-08-13
-
Monat
1922-08
-
Jahr
1922
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 13.08.1922
- Autor
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zeyen darf. — Die Freiheit erklärt die Stellung der unab hängigen zur Verfassung wie folgt: Als etwas Vergängliches verteidigen wir die Republik, aber ats etwas, was als Letztes von der großen Bewegung der Arbeiter von l918 geblieben ist und als etwas, was nicht mehr unter dem Schutte des Ver gangenen begraben werden darf, sondern als einen Garten, in dem der Samen für die Zukunft ausgestrsut ruht. Einigung mit Bayern. Zu dem nunmehr erfolgten Übereinkommen Mischer Hayern und dem Reich wird uns von parlamentarische: Seite aus Berlin geschrieben: Man darf es — vielleicht — als ein günstiges Vor zeichen für die Zukunft der neuen Reichsverfassung betrach ten, daß gerade am 11. August, der dritten Wiederkehr de« Tages, an dem sie vor drei Jahren in Weimar in Kraß gesetzt wurde, in der Reichshauptstadt ein gefahrdrohende, Konflikt zwischen dem Norden und dem Süden des Rei ches glücklich beschworen worden ist. Meinungsverschiedenheiten ähnlicher Art, wenn auck nicht in so scharfer Zuspitzung, mußten schon wiederhol. Mischen Berlin und München ausgetragen werden, unL man hat sich immer wieder nach der Schlacht brüderlich zu- sammengefunÄen. Diesmal hatte die Erregung aus bei den Seiten allerdings einen Grad erreicht, der das Schlimmste befürchten ließ. Nicht so sehr wegen der Schroffheit der Gegensätze, die sich hier wieder einmal auf- getan hatten; damit wäre man am Ende ohne das Aufge bot äußerster Drohungen fertiggeworden. Aber der ganze Streit fiel in die durch die Ermordung Rathenaus bis zur Siedehitze aufgepeitschte Massenerregung in Deutschland, und so mußte man befürchten, daß die Besonnenheit der > leitenden Männer hüben und drüben schließlich auf der einen oder anderen Seite der Ungeduld politischer Heiß sporne erliegen könnte. Es ist, Gott fei Dank, nicht dazu gekommen. Der Reichspräsident war es, der auch bei dieser Gelegenheit wieder sich mit Macht als Bremse an den ins Rollen geratenen Reichswagen hing und durch zielbewußtc Führung weiteres Unheil verhütete; und statt, wie viele Leute wollten, gleich unwirsch zuzugreifen, ver suchte er es zunächst mit Milde und Güte, indem er an den ; bayerischen Ministerpräsidenten ein- persönliches Schreiben s richtete, dazu bestimmt, diesem eine goldene Brücke zum s Rückzug zu bauen. Graf Lerchenfeld wäre der letzte Bayer gewesen, der eine so versöhnliche Haltung nicht auch sei nerseits mit Ruhe und Mäßigung erwidert hätte. Wohl bestellte er zunächst sein bayerisches Haus, indem er die durch den Austritt der Demokraten geschwächte Regierungs- koalition durch Aufnahme der sogenannten Mittelpartei nach rechts hin erweiterte und befestigte. Dann aber ließ er sich vom Landtag zu -mündlichen Verhandlungen in Ber lin bevollmächtigen, und diese haben nun, wenigstens was die Neichsinstanzen betrifft, zu einer vollen Einigung ge führt. Die Reichsgesetze zum Schutz der Republik bleiben aus rechterhalten — selbstverständlich; unter einer anderen als dieser Beidngung könnte die Reichsregierung an irgend welche Zugeständnisse nicht denken. Womit schon gesagt ist, ' daß die bayerische Sonderverordnung, trotzdem das bay:- l rische Oberste Landgericht sie inzwischen als rechtsgültig anerkannt hat, wieder aufgehoben werden' muß. Aber Bayern ist ein besonderer Senat beim Staatsgerichtshof zugestandeu worden, und auch sonst hat man sich hinsichtlich der Art der Durchführung zu Vereinbarungen verstanden, ! die berechtigte bayerische Empfindlichkeiten schonen sollen. ; Die Vollzugsvorschriften der Schutzgesetze sollen im wesent- - lichen auf die Landesbehörden übertragen werden, ebenso s die Disziplinarbefugnisse gegenüber den Beamten. Nament- s lich ist eine möglichst enge Zusammenarbeit des Reichs- s Kriminalpolizeiamtes mit denLandespolizeibehörden sicher- ! gestellt worden. Endlich sind die in der Weimarischen Bei- fassung den Ländern verbliebenen Hoheitsrechte für die Zu- : kunft noch besonders bektätiat worden, um lm Süden Be- - ouyigung darüber zu schaffen, daß die Vereinheitlichung des Reiches vor dem berechtigten Eigenleben der Länder haltmachen werde. So wenigstens wird der Inhalt der Berliner Abmachungen zunächst von bayerischer Seite um schrieben. Ob diese Angaben vollständig und in allen Ein zelheiten zutreffend sind, wird man erfahren, wenn auch dis Münchener Instanzen gesprochen haben werden. Diese haben sich das letzte Wort in der Angelegenheit Vorbe halten, so daß Gras Lerchenseld in Berlin keine endgültige Zusagen geben konnte. Seine Autorität in Bayern ist aber auch jetzt noch so groß, um dafür zu bürgen, daß seine Zu geständnisse an das Reich die Grenze nicht überschreiten, via sich für den Leiter einer nach rechts gerichteten Landes regierung von selbst versteht. Sind erst auf beiden Seiten die letzten Widerstände be seitigt, dann kann man sowohl Herrn Dr. Wirth wie dem Grafen Lerchenfeld zu diesem Friedensvertrag beglück wünschen. Er wird hoffentlich über den Tag hinaus zu einer dauernden Annäherung zwischen Nord und Süd führen-. * Die amtliche Mitteilung. Berlin, 11. August. Die Verhandlungen zwischen der Reichsregierung und den Vertretenr der bayerischen Regierung wurden heute vormittag in einer Schlußsitzung in der Reichskanzlei be endet. Das Ergebnis wurde in einem Protokoll zusammen- gefaßt, das für die Reichsregierung vom Reichskanzler Dr. Wirth, für die bayerische Staatsregierung vom Minister präsidenten Graf Lerchenfeld gezeichnet wurde. Die Ver treter der bayerischen Regierung sind heute vormittag nach München abgereist. Das Protokoll wird dem bayerischen Ministerrat alsbald vorgelegt werden, der die endgültige Entscheidung für Bayern zu treffen hat. Für die Reichs- regierung ist die Zustimmung des Kabinetts bereits erfolgt. LoMrmer Mans. Die Stimmung auf der Konferenz in London ist denk- ar pessimistisch Die Kabinette in London und Paris haben die Haltung ihrer beiderseitigen Premierminister gebilligt. Das englische Kabinett hat ferner beschlossen, ine Note an die Alliierten zu senden, in der die bri^chen Einwendungen gegen die harten Bedingungen Pomrarös für ein Moratorium verzeichnet werden und angeregt wird, einen Eingriff in die innere Verwaltung Deutschlands zu vermeiden. Auch Poincar« soll einen neuen Plan vorzulegen beabsichtigen-, auf Grund dessen Frankreich in der Reparationsfrage Opfer bringe, während England seinerseits einen Teil der französischen Kriegsschuld opfern solle. Durch diesen Plan würde dann auch die deutsche Schuld beträchtlich reduziert werden. Poinvars beabsichtigt, eine Überwachung derAusgabe deutscher Schatz- bonds einzuführen. Moratorium und Vertagung. Französische Kreise in London halten es für wahr scheinlich, daß die Mehrheit auf der Konferenz beschlie ßen wird, Deutschland trotz der Opposition Frankreichs ein Moratorium zu gewähren. Außerdem wurde die Möglichkeit erörtert, eine neue Konferenz zur Dis- kuticrung einer Annullierung der Kriegsschulden einzube- rufen, um Poincarö die Möglichkeit zu geben, sein Pro- aramm zu modifizieren und gleichzeitig doch der französi schen Kammer ein positives Ergebnis vorlegen zu können. Die Presscadteilung des Straßburger Generalkom- missariats gibt bekannt: Die Ausweisungs Mitteilungen betreffen SSV Personen. Diese verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Bezirke: Departement Haut-Rhin 1VV, Bos-Rhin 15». Monelle 350. Die Ausweisunasmatznahmen müssen bis Sonnabend Mitternacht durchgesanri sein. Die Ausgewiesenen werden die Grenze einzeln über schreiten. Im Gegensatz dazu hat Poincarv erklärt, daß die Re gierung nur an Eiuzelausweisungen denke, und daß diese nur unerwünschte Personen betreffe, deren Anwesenheit in Slsaß-Lothringen bedauerliche Zwischenfälle Hervorrufen könnte. AsizW-smmkanWss Abkommen. Dir Festsetzung der amerikanische» Schadensersatzansprüche. Zwischen dem deutschen Reichskanzler und dem Bot schafter der Vereinigten Staaten in Berlin, Herrn Clansou B. Houghton, ist für die beiderseitigen Staaten ein Abkom» men unterzeichnet worden, das nähere Bestimmungen über die Errichtung einer gemischten Kommission zur Festsetzung der amerikanischen Schädrusersatzfordorungen aus dem Berliner Vertrage zwischen Deutschland und den Vereinig ten Staaten trifft. Die Kommission soll Wer Ansprö' - befinden, die im Ber liner Vertrage vom 25. August 1921 bi. ,, .chnet sind. Hierzu ge hören Ansprüche amerikanischer Bürger, die seit dem 31. JuL 1Lt4 aus der Schädigung oder Beschlagnahme ihrer Güter und Interessen erwachsen sind, ferner andere Ansprüche aus Verlust oder Schaden infolge des Krieges und schließlich Schulden der deutschen Regierung oder deutscher Staatsangehöriger an ame- ritanische Bürger. Die deutsche Regierung und die Regierung der Vereinigten Staaten sollen je einen Kommissar für die Kommission ernennen. Die beiden Regierungen sollen auf Grund einer Vereinbarung einenUnparteiischen auswählen, um über alle Fälle zu entscheiden, in denen die Kommissare ver schiedener Meinung sein sollten oder über alle strittigen Punkte, die sich im Laufe der Verhandlungen zwischen ihnen ergeben sollten. Die Entscheidungen der Ko-mmission und die des Uw- parteiischen sollen als für die beiden Regierungen bindend an- genommen werden. Das Abkommen tritt sofort in Kraft. In dem dem Abkommen vorhergegangenen Notenwechsel hatte die deutsche Reg-rerung- eine Begrenzung der amerika nischen Ansprüche erstrebt und auch erreicht. Die amerika nische Negierung hat sich verpflichtet, keine Forderungen- zu stellen, die nicht im Berliner Vertrag vom 25. August 1921 vorgesehen sind und ebensowenig Ansprüche ans Artikel 244 des Versailler Vertrages (Erstattung der Milftärperk- stonen, sowie der Unterstützung für -Kriegsgefangene) zu erheben. Das ist insofern ein Fortschritt, als die Ver einigten Staaten sich im Berliner Vertrag- alle Rechte aus dem Versailler Vertrag Vorbehalten hatten. Deutschland wünscht einen Amerikaner als Unparteiischen. Da die deutsche Regierung auf Grund der Vorbe sprechungen von Ler Absicht -der amerikanischen Regierung überzeugt war, die mit der Unterzeichnung des Abkommens eingeleitete Regelung der zwischen-den beiden-Staaten noch zu lösenden Fragen in entgegenkommender und gerechter Weise durchzuführen, hat sie sich durch Vermittlung des amerikanischen Botschafters an den Präsidenten der Ver einigten Staaten mit der Bitte gewandt, das Amt eines Unparteiischen einer ihm für diese verantwortungsvolle Aufgabe geeignet erscheinenden amerikanischen Persönlich keit zu übertragen. Botschafter Houghton hat in einer Note die deutsche Negierung zu dem Abschluß gebracht, daß seine Regierung sicherlich dieses Angebot zu würdigen wissen wird. Man darf erwarten, daß in- Amerika die amerika nische Unparteilichkeit das rechte Verständnis finden und vie Bahn zur weiteren Besserung der gegenseitigen Beziehun gen- ebnen wird. Neueste Meldungen. Beschwerde gegen v. Kühnes Haftentlassung. Berlin. Der amtliche preußisch« Pressedienst teilt mit, Vk Staatsregierung werde gegen Lie Haftenlaffung des Herr» v. Kähne, der des Totschlags beschuldigt ist, beim Strafsenat des Kammer-geAchts Beschwerde einlogen. , Ave Maria. Roman von Felix Neumann. „Nein — nein, geben Sie nur her!" Und beinahe wäre ein fröhliches Haschefpiel entstanden, wenn nicht Maria die Rolle mit schnellem Griff erwischt hätte. Da ließ er sie -aus der Hand. „Nun müssen wir uns noch schnell verabreden, wo wir uns wieder treffen." Sie tippte sich drollig mit dem Finger an die Stirn. „Schnell, schnell, nachgedacht." Walter wagte nichts zu sagen. Er stammelte nur etwas Unzusammenhängendes. „Ach — wenn ich auf Sie warten sollte," lachte sie, „also morgen bin ich den ganzen Nachmittag frei. Wollen wir nicht mal nach Tegernsee? Wenn wir hier immer an der Isar sitzen, kommen Sie ja gar nicht aus den düsteren Gedanken heraus. Also seien wir mal leichtsinnig. Gelt, was denken Sie nun von mir?" Sie sah ihm so eigen ernst ins Gesicht. „Ich weiß, daß ich in Ihren Augen nicht -an Achtung verliere, wenn ich einen ganzen Nachmittag mit Ihnen verbringe. Dazu denken Sie zu fein, nicht wahr?" „Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll," stammelte er wie berauscht vom Glücke. „Einen ganzen Nachmittag, einen ganzen Nachmittag wollen Sie mir schenken? Ja — das geht doch gar nicht, dann, dann würbe ich wohl rein übermütig vor lauter Seligkeit — Fräulein Maria " Und dann blickte er an seiner einfachen Kleidung hinab imd würbe rot. Sie griff mit ihrem feinen Taft ein. „Nehmen Sie einen Rucksack auf den Rücken, ich mach's auch so, dann sind wir „zwoa lust'ge Touristen", und in der Dritten fahren wir und sind so vergmigt, wie es nur Künstler sein kl -neu, die nichts besitzen als ein fröhliches Herz." Dann reichte sie ihm eilig die Hand, nachdem sie den Zug genannt hatte, den sie benutzen wollten. „Noch eine Bitte, Herr Grebenstein. Begleiten Sie mich heute nicht, ich mochte nicht in Gesellschaft eines Herrn gesehen werden." Er versprach es durch stummen Händedruck. Schnell ging sie den Promenaden-w-eg entlang, und Walter biickte ihr nach. Zierlich wie ein Reh schritt sie dahin. Da flammte es plötzlich in ihm auf, aus einer tiefen Stelle des Herzens, wo alle Menschen einen dunklen Fleck haben, eine Stelle, von der böse Gedanken sich emporzuringen versuchen und das edle Denken überwuchern, wenn sie nicht sieghaft zurück- gedrängt werden. Das Mißtrauen war es, das ihn übermannte, so bah er Mr einen Augenblick bi« Haltung verlor. Er sprang durch das Gebüsch auf einen schmalen Seiten- pjad, der den Bogen des Hauptweges abkürzte, lief einige s Schritte vor und stand nun hinter einem Baume, von wo aus ! er die nach München führende Straße überblicken konnte. Da > hielt eine Equipage mit zwei herrlichen Trabern. Gerade öffnete ; ein Diener den Wagenschlag und Maria stieg ein. Dann rollte - das Gefährt staubaufwirbelnd davon. Die Röte der Scham und j des Schmerzes stieg in Walters Gesicht. Er hatte sein Ver- i sprechen nicht gehalten und er war es, der die Treue brach! Ihn reute, was er getan, aber auch tiefe Niedergeschlagenheit empfand er. Wohl wußte er, daß das junge Mädchen den guten wohlhabenden Kreisen angehörte, als er aber das statt- liche Gefährt sah, da sank sein Mut, und traurig trat er den ) Heimweg an. Jean Farmer spielte an diesem Abend wieder im Brat- l wurststübchen, so daß er von unnützem Gefrage verschont blieb. Als er die Decke über die Ohren zog, um nichts zu sehen und zu hören, wußte er wirklich nicht, ob er sich auf das Morgen freuen sollte! Tegernsee! — Strahlend brannte an diesem Juli- i nachmittag die Sonne auf den See hernieder. Die Villen und s Häuschen badeten sich in der goldenen Glut. Die Lüft zitterte ' ordentlich vor Lebenswonne, und ein leichter Wind von den - Bergen her kühlte die heißen Stirnen der Städler, die hinaus- > geeilt waren, den herrlichen Sommertag in trauter Gesellschaft s von Bergen, Wald und Master zu begehen. In dem Abteil, das Maria und Walter von München aus benutzten, war es anfangs voll gewesen, die Gesellschaft aber, die mit lärmendem Gedränge einstieg, verließ den Zug schon wieder in Holzkirchen, um nach Schliersee zu gelangen. So blieben die beiden Reisenden allein. Walter fiel ein Stein von der Brust, als er Maria auf dem Bahnhof sah. Sie war ganz, ganz einfach gekleidet. Ein grüner Lodenrock, eine weiße Waschbluse und ein s Lodenhütchen auf dem glänzenden, blonden Haar, das war die i ganze Ausrüstung der jungen Dame, die gestern in rofa Spitzen s in den Landauer mit Gummirädern stieg. l Wie sie so auf der harten Bank der dritten Klasse Walter ! gegenüber saß, mit roten Backen und schelmisch blitzenden Augen, ) die sich diebisch über diese heimliche Spritztour zu freuen schienen, i hätte der flüchtige Beobachter sie für ein bildhübsches Börger- l Mädchen halten können, die mit ihrem Schatz oder dem älteren - Bruder hinaus ins Freie fuhr. Dem Kenner aber war sie mehr! Das Waschblüschen, der rauhe Nock und die derben Stiefelchen vermochten doch den ! feinen Reiz der zarten Gesamterscheinung nicht zu beseitigen. > Im Gegenteil! Walter dünkte es, als oh sie ihm heute noch ! lieblicher erschiene und ihm durch die schlichte Tracht auch sonst z näher gerickt sei. Walter hatte sich von seiner Wirtin einen Rucksack und Wanderstvck geborgt, und nun sah er nicht mehr dürftig aus, sondern wie ein junger Student, dessen knappe Mittel ihm Sparsamkeit in der Kleidung auferlegten. Lachend und plaudernd saßen sich die Beiden gegenüber, bis das Ziel der Fahrt erreicht war. Unterwegs hatte Walter gebeichtet. Er wollte heute wirklich fröhlich sein und alle Bedrängnisse vom Herzen wälzen, darum sagte er sich: Treue um Treue! Gestehe Maria ruhig ein, daß du gestern lauschtest, sie wird dir die offene Beichte vielleicht hoch anrechnen und verzeihen. Und so kam es auch. Stammelnd und mit gesenktem Blick gab Walter sein Verbrechen kund. Sie lachte, daß ihre Mause zähnchen nur so blitzten! Aber dann wurde sie doch ernst! „Sehen Sie, Herr Grebenstein, das war die Strafe, daß Sie mein Gebot übertraten. Nun hatten Sie eine unruhige Nacht, und die hätten Sie sich ersparen können. Die Equipage, die Sie sahen, ist die meiner Freundin gewesen, zu der ich ein geladen war, und ein Prinz, der mich entführte, war auch nicht darin. Aber ich wollte der geschwätzigen Dienerschaft nicht Stoff zum Klatsch liefern, darum bat ich Sie, mich allein gehen zu lasten! — Werden Sie nun in Zukunft artig sein und Ihre Neu gier dämpfen?" Da griff er lachend nach ihrer Hand, die auf der Fenster brüstung lag, riß sie an sich, ehe sie es verhindern konnte und bedeckte sie mit Küsten. Da entzog sie sie ihm und beide wurden rot und waren einen Augenblick ganz still. Sie blickte etwas verängstigt fort und aus dem Fenster, er wandte nicht ein Auge von dem süßen Profil, das zart wie der Kopf einer Gemme war. Er- träumte in den nächsten Minuten, wo die Unterhaltung schwieg, sie säßen zusammen im Salonwagen des Expreßzuass und machten ihre Hochzeitsreise. Er wäre ein berühmter Maler, den die Welt mit Gold und Ehren überschüttete, sie sein ge liebtes Weib, dem er alle Herrlichkeiten vor die zierlichen Füßchen legte . Da hielt der Zug. Er fuhr empor, öffnete die Tür und half Maria beim Aussteigen. Die eigenartige Stimmung war bald vergessen. Am See tranken sie den Kaffee, und Walter holte aus dem Rucksack das Paket, das ihm Maria auf dem Bahnhof gegeben hatte. Als er es öffnete, enthielt es herrlichen goldgelben Kuchen. Daneben aber lag ein Brief, der auf dem Umschlag von unbekannter Hand die kurze Zeile trug: Dem jungen Meister mit Dank und Anerkennung! — Fragend blickte Walter Maria an und wendete ratlos den Bries hin und her.
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