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Äußern Graf Brockvorss-Rantzau. Sem« Ernennung dürste in den nächsten Tagen erfolgen. Berlin. An di« Stelle des verstorbenen Neichslagsabge- ordnelen Heinrich Rieke (Soz.) tritt Frau Elise Garrel». Hildesheim, in den Reichstaa ein. London. Wie die Blätter melden» wurden in Syrien nach Bekanntgabe der Bestätigung des französischen Mandats durch den Völkerbundsrat 34 französische Soldaten, darunter zwei Offiziere, getötet. Warschau. Ab 1. August tritt der erhöhte Warentaris auf den polnischen Eisenbahnen in Kraft. Blättermeldnngen zufolge beabsichtigt das Eisenbahnministerium, auch die Per- sonentarlfe ab 1. August zu erhöhen. Rom. Der Versuch BonimiS, «in neues Kabinett zu bilden, ist gescheitert. New York. Die Eisenbah n'e n wurden unter behördliche Kontrolle gestellt. Nach einer anderen Meldung hat Harding eine Kommission ernannt, die die Verteilung der verfügbaren Kohlenoorräte überwachen soll, Belgrad. Die jugoslawisch-ungarische Grenzrezulie- rungskom Mission hat ihre Arbeiten unterbrochen, weil die Ungarn verlangten, daß einige Dörfer, die Jugoslawien zufallen sollten, sofort an Ungarn abgetreten werden. Deutschlands Verhandlungen mit palen. Das vorläufige Abkommen. Die deutsch-polnischen Vorbesprechungen in Warschau haben zur Unterzeichnung eines Protokolls geführt. Aus dem Inhalt ist hervorzuheben: Deutschland und Polen haben sich über ein Programm für die bevorstehenden deutsch-polnischen Verhandlungen geeinigt. In Betracht kommen zunächst die Liquidation des deutschen Eigentums in Polen, die Behandlung der Ansiedler, die gegenseitigen Forderungen und Entschädi gungen usw., Regelung der Militär- und Zivilpensionen und zahlreiche andere Fragen. Bei der Ausfuhr wird Deutschland künftig Polen ebenso behandeln wie andere Länder und auch die Preise für die nach Polen auszuführenden Waren nach denselben Regeln fixieren, die andern Ländern mit niedrigem Wechselkurs gegenüber angewandt werden. Deutschland wird davon absehen, von den Pferden, die es gemäß dem Wiesbadener Abkommen vom 3. Juni 1921 an Polen liefert, diejenigen Pferde zurückzubedalten, die Polen den aus Polen abwandcrnden Optanten abge nommen hat. Dafür wird die Frage, ob Polen ein Recht hatte, die Optanten-Pferde zurückzubehalten, bei den deutsch-polnischen Verhandlungen von der juristischen Kom mission entschieden werden, und zwar mit rückwirkender Kraft. Polen erklärt sich bereit, die Durchfuhr deutscher Waren nach Rußland und der Ukraine durch sein Gebiet zu gestatten. Polen wird unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um das Bromberger Abkommen, auf Grund dessen Polen eine Anzahl Schiffe an Deutschland zurückzugcben und be stimmte Zah'ungen zu leisten hatte, völlig durchzuführen. Entdeckung einer Geheimorgamsaü'on Altona, 26. Juli. Wie der Polizeipräsident von Altona mitteilt, gelang der Altonaer Polizei vor etwa 14 Tagen die Aufdeckung einer Geheimorganisation. Bis jetzt sind zwei Personen verhaftet worden. Die Akten sind durch den Oberstaats anwalt in Altona dem Staaisgerichtshof zum Schutze der Republik übergeben worden. Den Beamten der Altonaer Fremdenpolizei war aus gefallen, daß außerordentlich viele frühere ruffisckje Offi ziere nach Altona kamen, um im Hafen Arbeit zu nehmen. Sie gaben an, auf Veranlassuug eines Rittmeisters Raben nach Mona gekommen zu sein. Die Russen sind inzwischen ausgewiesen worden. Rittmeister Raben war im Baltikum Adjutant des Fürsten Awalow-Bermondt, mit dem er freundschaftliche Beziehungen unterhielt. Er entsprach mit der Unterbringung der Russen in hiesigen Arbeitsstellen einem Wunsche des Fürsten. Die Todfeinde Originalroman von Hainz Alfred von Byern. Etwas Weiches rieb sich an Signes Schulter, eine warme, schnuppernde Pferdenase. „O Gott, Herr von Hagen, wie Ihr Pferd aussieht, das arme Tier! Ja, du lieber, guter Kerl!" Das junge Mädchen schlang ihre Arme um den Hals des braven, alten Steeplers, und dann ein Aufschluchzen — der natürliche Rückschlag der Todesangst, der wahnsinnigen Erregung. Hagen wartete ruhig ab, bis sich Signe wieder gefaßt hatte. „Wenn Sie Mir vielleicht gestatten würden, Gräfin, »Ra- diola« zu führen? Wir dürfen die erhitzten Pferde jetzt nicht stehen lasten. Ist es unbescheiden, wenn ich bitte, Sie bis zur Schwarzenauer Grenze begleiten zu dürfen?" „Aber — Herr von Hagen! Wollen Sie mich denn ganz beschämen?! Ich bin so tief in Ihrer Schuld —" Er lachte. „Gegen diese Auffassung muß ich entschieden protestieren, wenn überhaupt von Dankbarkeit die Rede sein kann, dann ge bührt sie einzig und allein meinem »Emigrant« —" „Und der Vorsehung!" fügte das junge Mädchen ernst hinzu. „Ja, zugegeben — nur, sehen Sie, Gräfin, wenn Gott es gewollt hat, daß ich Ihnen zu Hilfe komme, dann habe ich doch überhaupt kein Verdienst!" Nun lächelte sie auch. „Das ist eine etwas sophistische Beweisführung, Herr von Hagen!" „Gegen die sich aber nichts einwenden läßt. Und nun bitte ich Sie, Gräfin, lasten wir dieses Thema, ja?" „Ich muß wohl auf Ihre Bedingungen eingehen, und — und —" Signe machte sich angelegentlich mit dem Zaumzeug der Stute zu schaffen, „wollen Sie, nicht für ein paar Minuten mit nach Schwarzenau kommen?" Ueber Achims Stirn huschte eine fliegende Röte. „Sie sind sehr gütig, Gräfin, nur — in diesem Aufzug?" Er warf einen bezeichnenden Blick auf seine über und über mit Staub bedeckte Kleidung. „So kann ich mich unmöglich sehen lasten, meinen Hut, der mir sechs Jahre treu und redlich ge dient hat, muß ich noch erst wieder suchen, und dann — aber wenn Sie gestatten, mache ich in den nächsten Tagen meinen offiziellen Besuch und erkundige mich, ob das kleine Abenteuer keine nachteiligen «Folgen gehabt hat." Raven unterhält und leitet eine Geheimorganisation ..amens „Rächende Hand", die aus früheren Angehörigen, seines Freikorps besteht. Der Polizeibericht veröffentlicht die Statuten dieses Vereins, in denen u. a. gesagt ist, es sei die Hauptaufgabe des Vereins, die deutsche Republik zu stürzen und eine Monarchie zu errichten. Naben war am Kapp-Putsch aktiv beteiligt und gehörte dann der Bri gade Ehrhardt an. Er entfloh nach Ungarn, kehrte nach der Amnestierung zurück und war dann zunächst in der Orgesch, hierauf im oberschlesischen Grenzschutz tätig. Der Mord an Djemal Mascha. Armenier die Täter? Wieder ist ein türkischer Pascha, der während des Krieges ein Freund Deutschlands war, ermordet worden: Djemal Pascha, der ehemalige Oberkommandant der türki schen Armee in Syrien. Er wurde in Tiflis, wo er sich vorübergehend aufhielt, mitsamt seinen zwei Adjutanten auf der Straße erschossen. Man darf wohl sicher an nehmen, daß, wie im Falle Teilirian-Talaal, armenische Terroristen („Rächer") die Tat begangen haben. Djemal Pascha, einer der Hauptträger der „deutschen Orientierung" der Türkei im Weltkriege, war türkischer Marineministsr, später Oberkommandierender der vierten türkischen Armee, die in Syrien und Palästina operierte. Er galt als einer der Hauptschuldigen an den Armenier verfolgungen und Armeniermassakers der Kriegszeit, hat sich aber gegen diese Anklage sehr energisch zur Wehr gesetzt und ihre Richtigkeit in einer Denkschrift entschieden be stritten. Nach der Niederlage der Zentralmächte wurde Djemal zuerst in Malta von den Engländern verhaftet, dann freigelaffen und begab sich ebenso wie Enver und Talaat nach Berlin. In dem bekannten, auf Betreiben und unter Aufsicht der Entente inszenierten Prozeß in Konstantinopel wurden die drei in ihrer Abwesenheit zum Tode verurteilt, über Sowjetrußland gelangte Djemal dann nach Afghanistan und stand in der letzten Zeit an der Spitze der afghanischen Armee. Seine Idee war eine Vereinigung der Mächte des Islams. Djemal Pascha stammte aus Bagdad und war noch nicht ganz fünfzig Jahre alt. Neueste Meldungen. Herabsetzung der Getreidrumlage für die Rhcmprovinz. Berlin. Die große Trockenheit, di« in den Monaten Mai, Juni und in der ersten Hälfte des MonatS Juli herrschte, hat dazu gerührt, daß weite Gebiete des Westens eine vollkommene Fehlernte zu verzeichnen haben. In großen Teilen der Rhein provinz hat die Dürre einen schweren Notstand herbeigcführt, sodaß sich Lie Reichs- und preußische Staatsregierung veran laßt sehen, zur Linderung dieses Notstandes sehr erhebliche Mittel bereitzustellen. Diese Verhältnisse mußten auch bei der Verteilung der Getreideumlage berücksichtigt wreden. Am 24. Juli d. Js haben im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft Besprechungen stattgefunden, infolge derer eine wesentliche Ermäßigung des für die preußische Reinprovinz, Lie bayerische Pfalz und Rheinhessen ursprünglich festgesetzten Um lagesolls stattgcfunden hat. Rußlands Beteiligung an der Königsberger Messe. Königsberg. Nachdem das russische Volkskommissariat sür Außenhandel sein Einverständnis zur Beteiligung russischer Organisationen an der kommenden fünften Deutschen Ostmefse Königsberg, die vom 13.—18. August stattfindet, erklärt hat, wird sich eine große Menge staatlicher und privater Organisa tionen an Ler Königsberger Ausstellung beteiligen. Um die russischen Petroleumfelder. Paris. Der Präsident der Standard Oil Company, Alfred Bedford, sowie mehrere Direktoren der Unternehmen trafen in Paris ein, um hier mit den Direktoren anderer Petroleum- nnternehmungen zu konferieren. Es verlautet, daß ein Ein vernehmen unter den Petroleuminteressenten getroffen werden soll, wonach sie das Besitzrecht an den russischen Petroleum- seldern, soweit es diese Gesellschaften vor dem Kriege in Ruß land erworben hatten, sich gegenseitig garantieren wollen. „Gul —" sie ging, auf seinen Ton ein, „wir werden Sie fürstlich bewirten mit echtem Bohnenkaffee und felbstgebackenen Schaumwafseln!" „Schaumwaffeln! Dafür habe ich schon als Kadett ge schwärmt. Diese Aussicht reizt mich besonders!" Nun plauderten die beiden so unbefangen miteinander, als sei all' das, was unausgesprochen zwischen ihnen schwebte, nie gewesen. Der Hochwald begann, ein ragender Buchendom, durch dessen grüngoldenes Blätterdach die Sonnenstrahlen flirrten und an den silberschimmernden Stämmen auf und nieder tanzten. Die Landstraße gabelte sich, und ein verwitterter Wegweiser reckte seinen Arm mit der halb verwaschenen Aufschrift: „Schwarzenau 1,6 Km." Achim blieb stehen. „Ja, nun mutz ich mich wohl verabschieden, sonst versäume ich das Mittagessen, und bie Mamsell kündigt mir zum nächsten ersten wegen wiederholter Unpünktlichkeit. Also — Gräfin —" Signe gab ihm die Hand, die er wie ein kostbares, zerbrech liches Ding in seine breite, braungebrannte Rechte nahm. Sekundenlang ruhte Auge in Auge. Sie senkte die Blicke, ein Zittern lief über die schlanke Gestalt. „Auf Wiedersehen, Herr von Hagen —!" „Auf Wiedersehen!" Droben, im Gipfel der alten, überständigen Steineiche, hielt der Grünspecht mit Hämmern inne, äugte herab und lachte dann gellend auf — Gott mochte wissen, worüber sich der bunte Kerl so freute! Achim satz währenddessen in seinem Arbeitszimmer, aber die Zigarre lag erloschen im Aschbecher, der Kaffee war längst kaltgewvrden, und ein ganzer Stotz von Briefen und Abrech nungen harrte noch der Erledigung. Hagen blätterte ungeduldig in dem dicken, blau eingebun denen Band, der in goldenen Lettern die Aufschrift „Gräfliches Taschenbuch" und eine neunzackige Krone trug. — Richtig, hier war es ja: „Strayn-Schwarzenau, gräfl. Linie". Die ein gehende Beschreibung des Wappens, „Magdeburgischer Urodel, erscheint erstmalig mit Dietrich von Strayn, Herr auf Schwar zenau 1214, Grafenstand 1546 —" und nun: „Magdalene, Charlotte, Signe, Gräfin von Strayn-Schwarzenau, geb. Schwarzenau am 28. 8. 1899, unverm. Herrin auf der Standes- herrschaft Schwarzenau, Omsewitz und Adlig - Dargowen." Achim klappte das Buch zu — den 28. August, das — das war doch morgen -- und im nächsten Augenblick drückte er so an Ans Stadt und Land. WtrrtH «Ke »»<4* »«KE Ek »nn>K*Mk EtMUE- Wilsdruff, am 27. Juli. — Vorsichtsmaßnahmen gegen den Skorbut. Das Reichs gesundheitsamt hat wegen des häufigen Auftretens des Skorbuts eine Reihe von Sachverständigen zusammenberufen, um mit ihnen über die gegen diese bedrohliche Erscheinung zu treffenden Maßnahmen zu beraten. Von den Sachverständigen sind Vor schläge für eine reichliche Versorgung der Bevölkerung mit bil ligen pflanzlichen Nahrungsmitteln gemacht und den zuständigen Zentralbehörden vorgelegt worden. — Eisenbahngüterverkchr. Sendungen, die nach Polnisch- Oberschlesien bestimmt sind, müssen unbedingt die erforderlichen Zollpapiere beigegeben sein. Ohne vollzählige Zollpapiere wird keine Sendung angenommen. — Theaterabend. Wie schon bekannt, hat sich der hiesige Dramatische Verein auf vielfachen Wunsch zu einer Wieder holung des Blumenthal-Kadelburgschen Lustspieles „Im weißen Röß'l" bereitgefunden. Die Aufführung findet kommenden Sonnabend, den 29. Juli, abends 8 Uhr, im Lindenfchlößchen statt. Die erste Aufführung war ein voller Erfolg und wer da mals vom Besuch abgehalten war, dem ist jetzt nochmals Ge legenheit gegeben, bei der Rößlwirtin einzukehren und einige vergnügte und genußreiche Stunden zu verleben. Daß der Reingewinn den Wohliätigkeitsbestrebungen in unserer Stadt zufließen soll, möchte ein weiterer Grund zu allseitigem Besuche sein. Wir verweisen im übrigen auf das Inserat in dieser Nummer. — Demokratische Veranstaltung. Der Kreisverband Rcefa- Meißen-Großenhain der Deutschen demokratischen Partei ver anstaltet Sonntag, den 6. August, in Meißen eine Verfaffungs- feier. Als Hauptfestredner ist der Reichsminister a. D. Koch ge wonnen worden. Neben der Hauptveranstaltung sind Besichti gungen der Albrechtsburg und sonstiger Sehenswürdigkeiten geplant. — Warum der Zucker so teuer ist! Soeben erstattet die Zuckerfabrik Münsterberg in Schlesien den Jahresbericht für 1921/22. Bei einem Aktienkapital von 300 000 betrug der Fabrikationserlös 44,63 Mill. Mk. Für Abschreibungen wur den 0,36, für Reparaturen 1,48 Mill. Mk. aufgewendet. Der Reingewinn beträgt 1,64 Mill. Mk. Lieber feine Verwendung macht die Verwaltung im Geschäftsbericht keine Vorschläge, sondern schreibt, sie stelle ihn der Hauptversammlung zur Ver fügung. Vorstand und Aufsichtsrat scheuen sich also, eine Ge winnverteilung offen vorzufchlagen. Wer die Preise für Zucker betrachtet, kann sich denken, aus welchem Grunde die Verwal tung von dem allgemeinen Brauch abweicht, eine bestimmte Dividende vorzuschlagen, denn sie müßte vielleicht 200—300 Prozent Vorschlägen. — Viertausend deutsche Zeitungen und Zeitschriften ein gegangen. Wie der Hauptschriftleiter der „Kölnischen Volks zeitung", Dr. Höber, feststellt, haben bisher infolge der schwie rigen Verhältnisse 3800 deutsche Zeitungen und Zeitschriften ihr Erscheinen eingestellt. Mit dem 1. Juli haben weitere 200 Zeitungen und Zeitschriften zu erscheinen aufgehört, so daß bereits 4000 deutsche Blätter dem Niedergang unserer Wirt schaft zum Opfer fielen. — Technische Hochschüler als Eisenbahnarbeiter. Auf Grund einer Anordnung des Reichsverkehrsministers hat die Eisenbahn - Generaldirektion Dresden bekanntgegeben, daß während der Zeit des gesteigerten Verkehrs (Frühjahrs- oder Herbstverkehr) oder vermehrten Personalbedarfs (Urlaub) Stu dierende von Hoch- und technifchen Mittelschulen auf begrenzte Zeit im Betriebe der Reichsbahn zu Arbeitsleistungen zuge laffen werden können und daß solchen Eingestellten die Lohn sätze ungelernter Arbeiter der Lohngruppe zu gewähren sind, die ihrer Beschäftigung entspricht. — Truppenverlegungen in Sachsen. Das Reichswehr ministerium hat, wie gemeldet wird, das 3. Bataillon des Reichswehr-Infanterie-Regiments 10 von Freiberg nach Dres den und dafür das 1. Bataillon des Infanterie-Regiments 11 von Frankenberg nach Freiberg verlegt. Die Garnison Franken berg ist aufgehoben worden. haltend auf den Klingelknopf, daß Max, in der einen Hand eine Gabel, in der andern den weichen Lederlappen, ohne erst anzuklopfen, ins Zimmer stürzte. „Hören Sie mal, holen Sie gleich eine Kiste her für das Gehörn, und ein paar kleine Fichtenzweige zum Ausfüllen,, bringen Sie nur 'nen Arm voll — ja, un dann — der Reit knecht soll sofort mit dem Einspänner nach Drehna — ich brauche einen Fünfpfundsack voll Pralinen, die wird er wohl in dem Geschäft von Sanders kriegen, ich schreibe es gleich auf —" Mit offenem Munde starrte der Diener seinen Herrn an. Sollte der vielleicht einen Sonnenstich bekommen haben? Bei der Hitze war es schon möglich! Aber Hagen ließ ihm keine Zeit, tiefsinnige Betrachtungen anzustellen. „Nachher nehmen Sie erst mal den Gehrock aus dem Schrank, bürsten ihn ordentlich aus, damit man den Kampfer nicht mehr riecht, und morgen nachmittag legen Sie alles zurecht: Gehrock, Lackstiebeln, Oberhemd, Glaceehandschuhe — ver standen?" „Jawohl! Und Inspektor Grohmann ließ fragen —" „Später, jetzt habe ich keine Zeit, hier, der Zettel für den Reitknecht, und dann die Kiste, die Fichtenzweige — aber dalli!" Achim nahm die auf dem Zigarrenfchränkchen liegende Rehkrone herunter, schneeweiß hob sich das mit Spiritus und Wiener Schlemmkreide polierte Schädelstück von der dunklen, reichgeschnitzten Eichenplatte ab. Und mit einer Sorgfalt, als handle es sich um den Entwurf eines hochwichtigen Staats vertrages, schrieb Hagen Buchstaben um Buchstaben auf dem tadellos gekappten Schädel nieder: „Signe, Gräfin Strayn- Schtvarzenau, erlegt am 13.8.1921 in Schwarzenau, Jagen 14." So! Befriedigt betrachtete Achim sein Werk, die schwarze Tusche hob sich gut von dem porzellanhellen Untergrund ab — Zweiundvierzig Pfund zu zehn Mark, dazu die Decke für acht- und was hatte der Wildhändler doch gleich für den Bock gezahlt? unddreißig Mark — hm, mehr als zweihundertfünfzig Emmchen würden die Pralinen wohl nicht kosten, da mußte noch irgendein Ausgleich geschaffen werden, vielleicht ein Blumenarrangement, in dem man das Konfekt und die Kiste mit der Rehkrone ver stecken konnte — Herr von Hagen lief, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die breite Freitreppe hinab: „Friedrich! He, Friedrich! Hier, warten Sie mal, fahren Sie doch bei dem Blumengeschäft von Kelling vor und bringen Sie einen Korb Rosen mit, wissen Sie, in Töpfe gepflanzt, mit Moos bedeckt, außen lauter weiße, in der Mitte dunkelrote! Fünfhundert Mark gebe ich Ihnen gleich mit, wenn's nicht langt, schicke ich den Rest mit dem Milchwagen ..."