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MWferÄlgMi Fernsprecher Wilsdruff 7-.-. 6 Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts -u Wilsdruff, des Stadtrat» -« Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. »,1h«, Asch»»« tu «era»1»»rtticher EchristlrUe,: H-r«a«« LLsst», fitr de« Inserat enteil: «rth«r Asch««»«. »eide v, MtladruH. Rr. 164 Sonntag de» 16. Juli 1SL2. 81. Jahrgaug Amtlicher Teil. Handels- und Ankaufserlaubnis für Kartoffeln. Dom 1. August 1922 ab werden alle bisher erteilten Handels» und Ankaufrer» laubnisschcine, soweit sie sich auf Kartoffeln erstrecken, ungültig. Wer »om 1. August l922 ab den Handel mit Kartoffeln oder den Ankauf von Kartoffeln zum Wiederverkauf, zur gewerbsmäßigen Verarbeitung oder als Beauftragter einer Mehrheit »on Personen betreiben will, bedarf einer besonderen Erlaubnis, die von der Kreirhauptmannschaft erteilt wird. Dieser Erlaubnis bedürfen auch Angestellte und Beauftragte von Händlern usw. Der Erlaubnisschein muß mit dem Lichtbilve versehen sein und ist beim Ankauf vorzuzeigrn. Zur Bekämpfung des wilden Aufkaufs werden die Kartoffelerzeuger aufgefordert, sich in jedem Verkaufsfall, die erforderliche Handels- oder AnkaufSerlaubniS vorzeigen zu lasten. Nach der ReichSverordnung vom 2», Mai 1922 wird mit Gefängnis bi» zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu 100000 Mark bestraft, wer diesen Bestimmungen zu» widrrhandelt. Dir gleiche Strafe trifft auch Kartaffelerzeuger, die Kartoffeln an Händler usw., dje nicht im Besitze der erforderlichen Erlaubnis sind, verkaufen. Meißen, am 13. Juli 1922. Nr. 634 VII Die Amtshauptmarmschaft. und Vorauszahlung hat auch für die Monate April bis Irmi 1922 bei der hiesigen Stabtstruer- Kass« zu erfolgen. Anmelde-Vordruckr werben zugestelt. Wilsdruff, am 13. Juli 1922. i.»r Der Stadtrat. Kleine Ieliona für -Mae kess?. * Der Reichskanzler Plant zur Lösung der parlamentari schen Krisis eine Vervollständigung des Kabinetts durch einen Rechts--und einen Lintspolitiler ohne Erweiterung der Koa lition. * Der Reichstag hat das neue Amnestiegesetz gegen di« Stimmen der Rechten in Meiler Lesung angenommen. * Die Reparationskommission bestand auf der Zahlung der Juli-Rate in Höhe von 32 Millionen Goldmark. * Die BaEerkonserenz zur Prüfung der Anleihefrage soll binnen kurzem wieder zusammenberusen werden. * In Braunschweig ist die Deutsche Volkspariei aus der Re- gierungskoalition ausgetreten. * Lloyd Georg« spvach sich im Unterhaus« dafür au», daß der deutschen Negierung ein ausreichende« Moratorium gewährt Ein Ausweg? Ein auf mittlerer Linie stehender Politiker schreibt UNS aus Berlin: Allzu scharf macht schartig, sagt ein altes, gutes deut sches Sprichwort, und es sieht fast so aus, als wenn die sozialistischen Parteien mit ihrem durch die Spitzengewerk- schasten unterstützten scharfen Vorgehen im Reichstage di« Geduld der bürgerlichen Koalilionsparteien auf eine gar zu harte Probe gestellt hätten. Aus dem demokratischer, und dem Zentrumslager häufen sich die Stimmen der Ab lehnung gegen Wünsche, wie die, daß eine bestimmte Par tei jetzt unbedingt in die Regierung ausgenommen werden müsse, und daß eine ganze Reihe von Forderungen, die außerhalb des Reichstages aufgestellt und formuliert wur den, von allen Regierungsparteien anerkannt werden müsse. Insbesondere macht das Berliner Hauptorgan der Zentrumspartei in entschiedener Weise Front gegen Aktionen, wie sie jetzt wieder zu einer neuen Verschärfung der inneren Lage geführt haben. Es wird in der Ger mania darauf hingewicsen, daß das deutsche Volk nicht nur von den sozialistischen Parteien reprarentiert werde, daß auch die bürgerlichen Parteien Millionen oon Wäh lern hinter sich hätten, und daß es jede Möglichkeit einer Koalitionspolitik zerstören heißt, wenn die eine Partei der anderen Ansinnen stelle, die gegen deren Überzeugungen, ja gegen ihre Würde verstoßen. Man habe bisher immer den Weg der goldenen Mitte unter den in Deutschland ge gebenen Verhältnissen für den einzig möglichen gehalten, und man müsse auf ihm verharren, wenn nicht der Ritz durch das deutsche Volk unheilbar werden solle. Für jedes Entgegenkommen einer Partei an die andere gäbe es Grenzen, die nicht überschritten werden könnten, und nur wenn die Parteien untereinander sich als gleichberechtigt anerkennen, würde man weiter miteinander auskommen. Das Schreckgespenst einer Reichstags auflösung sei nicht imstande, an dieser Sachlage irgend etwas zu ändern, ganz abgesehen davon, welche Partei in Wirklich keit neue Wahlen zu fürchten hätte. Die Sozialdemokratie, die dabei von den Kommunisten auf das äußerste bedrängt würde, dürfe sich nicht einbilden, als wenn sie für diesen Fall außer Gefahr wäre. Die Erfahrungen der letzten Zeit sprächen jedenfalls dagegen. Aus solchen Äußerungen lasten sich zweifellos wich tige Schlüsse auf die vorherrschende Stimmung in Zen- trnmskreisen ziehen. Verfrüht wäre es dagegen, sie als unfehlbare Richtschnur für die kommenden Entschließungen aufzufasten. Einmal hat der Re i ch s k a n z l e r als ver antwortliches Oberhaupt der Regierung immer das Recht und die Macht, von sich aus Entscheidungen herbeizuftthren, ohne die maßgebenden Parteien dabei durch Inanspruch nahme ihrer Mehrverantwortlichkeit zu belasten. Dann aber ist es doch schon häufig vorgekommen, daß mehr oder weniger parteiosfiziöfe Pretzäußerungen im Grunde nur dazu bestimmt waren, keine ganze, aber doch wenigstens eine halbe Richtungsänderung vorzubereiten. Von Dr. Wirth jedenfalls versichert man in parlamentarischen Kreisen mit großer Bestimmtheit, daß er einer Erweite rung der Regierungskoalition nach links hin keinen grund sätzlichen Widerspruch entgegenzustellen habe. Das klingt auch ganz glaubhaft, da er ja auch schon bisher das .Wohl wollen" der unabhängigen für feinen Regierungslurs an genommen hat, und von hier aus bis zu ihrer formellen Aufnahme in das Kabinett nur noch ein kleiner Schritt zu tun wäre. Der Reichskanzler würde jetzt um so eher in der Lage sein, sich zu ihm zu entschließen, da er zurzeit zwei Ministerposten zu vergeben hat, das Auswärtige und den Wiederaufbau. Für den Wiederaufbau, der seit Rathenaus Rücktritt im Sommer 1921 offen geblieben war, ist schon wiederholt eine bestimmte Persönlichkeit aus dem Lager der Unabhängigen genannt worden, der man wirtschaftliches Sachverständnis nachrühmt. Dr. Wirth brauchte da nur das Äußere einer mehr rechts gerichtete»- Persönlichkeit zu übertragen, um vom Kabinett behaupten zu können, daß in ihm das bisherige politische Gleichge wicht unverändert geblieben sei. Und zur Not ließen sich die beiden neuen Männer vielleicht sogar noch als „Fach minister* auSgeben, um den zu erwartenden Widerspruch von vornherein nach Möglichkeit zu entkräften. Dann bliebe freilich immer noch die nicht minder wichtige Frage übrig, ob die Parteigruppierung als solche sich diesen der- änderten Personalverhältnisten in der Reichsregierung an zupassen hätte oder nicht. Es ist klar, daß die rund 70 un abhängigen Sftmmen, wenn sie offiziell der Regierungs mehrheit beitreten, das Gewicht der bürgerlichen Regie rungsstimmen erheblich herabmindern, so lange wenigstens, wie nicht auch die Fraktion der Deutschen Volkspartet voller, Anschluß an den Mehrheitsblock gefunden hat. Dr. Wirth würde anscheinend insoweit wenigstens sich gern über diesen beiden Flügelparteien halten, als er ihnen nicht ganz ab- und nicht ganz zusagen möchte, um auch sie eines schroffen Nein oder eines vollen Ja zu entheben. Aber das Jonglieren mit so schwierigen parlamen tarischen Kombinationen ist denn doch heutzutage ein recht undankbares Geschäft geworden. Mit dieser Kunst wär« sicher im besten Falle höchstens ein geringer Zeitaufschub gewonnen. Aufruf! Redaktion und Verlag des „Wilsdruffer Tageblatts" be- griißen aus das wärmste die jüngst erfolgte Gründung des — „Oberschlesischen Hilfsbundes", besten Aufgabe die Aufrechterhaltung und Förderung deutscher Kultur in Oberschlesien, insonderheit aber der Schutz des deutsch verbliebenen Teiles von Oberschlesien gegen die gewaltig heran drängende polnische Propaganda ist. Wir fordern, mit Rücksicht auf die allen Deutschen gemein samen, hohen vaterländischen Ziele, die der Oberschlesische Hilfs bund verfolgt, alle unsere Leser ohne Unterschied der Partei auf, den Oberschlesischen Hilfsbund in geeigneter Weste dauernd zu fördern und nachdrücklich zu unterstützen. Der Oberschlesische Hilfsbund ist, wie der kürzlich veröffentlichte Aufruf des Ober präsidenten von Oberschlesien bekanntgab, „nach Entscheidung des Wohlfahrtsministeriums vom 24. Februar 1922, die einzige Stelle, die jetzt die alleinige Sammelerlaubnis für diese Auf gaben im deutschen Oberschlesien erhalten hat, womit jeder Zer splitterung der in Oberschlesien tätigen Kräfte sowie der für diese Zwecke zu sammelnden Gelder ein für allemal vorgebeugt ist". Es ist die Ehrenpflicht eines jeden Deutschen, zu seinem Teile dazu beizutragen, baß die durch das Genfer Diktat zwar . entschiedene, aber nicht gelöste oberschlesische Frage in der deut schen Oeffentlichkeit und in dem Herzen eines jeden Volks genossen dauernd denjenigen Widerhall findet, aus den sie im Hinblick auf ihre kulturelle, wirtschaftliche und weltpolitische Be deutung Anspruch hat! Wir weisen ausdrücklich darauf hin, daß alle für den Ober schlesischen Hilfsbund bestimmten Zahlungen ausschließlich an die Hauptgeschäftsstelle in Breslau oder an die Konten der Ge schäftsstelle Berlin: Postscheckkonto Berlin Nr. 10899, Beiträge von 2V V00 an aufwärts an das Bankhaus Mendelssohn Sc Co., Berlin W, Iägerstraße 49/50, oder an die Bank für Landwirtschaft, Berlin SW, Dessauer Straße 26, Konto: „Oberschlesischer Hilfsbund" zu leisten sind. Nas AmneMgesetz. Unveränderte Annahme im Reichstag. In den Abendstunden des Donnerstag beriet der Reichstag das Gesetz über Straffreiheit für politische Straftaten. Nach dem vom Ausschuß angenommenen Entwurf soll sich die Amnestie erstrecken auf Personen, die nach dem 4. August 1920 und im Jahre 1921 an einem hochverräterischen Unternehmen gegen das Reich teilge nommen haben, oder die von den im Jahre 1921 errichte ten außerordentlichen Gerichten verurteilt worden sind, sofern die Handlungen nicht lediglich auf Roheit, Eigen nutz oder sonstigen nicht politischen Beweggründen be ruhen. Rach kurzer Debatte wurden sämtliche Änderungs anträge abgelehnt. Die Paragraphen der Vorlage wurden in der AuSschutzfaffung gegen die Parteien der Rechten angenommen. Die Ausschußentschließung, die Milde für die am Streik beteiligten Eisenbahnbeamtcn verlangt, wurde einstimmig angenommen. Die Amnestie gilt nicht für Handlungen, die sich in das Jahr 1922 fortgesetzt haben. Die Straffreiheit bleibt fer ner versagt bei Verbrechen gegen das Leden, Raub, Brand stiftung, Gefährdung von Eisenbahntransporten und ver- Vrecherischem Gebrauch von Sprengstoffen. Anleihe oder Zahlungsaufschub? Die Juli-Rate soll gezahlt werden. Nur eine vorläufige Antwort, noch keine endgültige, hat die Reparationskommifsion aus die deutsche Note er- leitt, in der die Notwendigkeit eines neuen Zahlungsauf schubs klargelegt worden war. Die Erwartung, die man aus Grund von Pariser Blättermeldungen hegte, daß die Julirate gestundet würde, hat sich leider nicht bestätigt. Diese 50-Millionen-Rate, die sich durch Ausrechnung gro ßer Zinsensmnmen diesmal auf etwa 32 Millionen in Gold ermäßigt, muß nach dem Bescheid, den wir aus Paris be kommen haben, erstattet werden, was eine Rückwirkung auf die Börse und den Dollarkurs sofort geltend gemacht hat. Der Bericht des Garantiekomitees, der die Grundlage für die endgültige in etwa vier Wochen zu erwartende Antwort der Reparationskommission bilden soll, wird vor Mitte der nächsten Woche schwerlich fertig- gestellt werden. Vorläufig beschränkte man sich in Paris darauf, erneut der Meinung Ausdruck zu geben, daß die Reparationszahlungen nur eine und nicht die wichügste Ursache für die gegenwärtige Entwertung der Mark ist, und daß man eine feste Basis nur durch Verwirklichung von Finanzreformen herbeiführen könnte. Darüber hat es übrigens eine scharfe Auseinandersetzung zwischen dem englischen und dem französischen Vertreter in der Kommis sion gegeben, denn nach den Erklärungen Lloyd Georges im Unterhaufe hält es die britische Regierung für absolut notwendig, daß man Deutschland die Zahlungsstundung gewähre, die notwendig ist, damit Deutschland seine öffentlichen Finanzen wieder in Ordnung bringen kann und auf diese Art in die Lage komme, möglichst bald vernünftige Ab zahlungen auf seine Verpflichtungen zu leisten. Natürlich ist der Gedanke einer internationalen Anleihe keineswegs aufgegeben worden. Die andern Mittel sind, wie ein deutscher Finanzsachverständiger neuerdings be tonte, nur Stückwerk. Die tatsächliche Lösung muß dadurch erreicht werden, daß man der Frage auf den Grund geht, und wir können darauf Hinweisen, daß wir auf dem Wege zum Ausgleich unserer Budgets waren, als die Mark zu sinken begann. Neben der Frage des Moratoriums wird also in der nächsten Zeit die Anleihefrage im Vordergrund stehen. Es ist wahrscheinlich, daß die beiden Fragen in den näch sten Tagen gemeinsam angeschnitten werden. Man bemüht sich inzwischen auf britischer Seite, eine neue Zusammen kunft der Bankiers herbeizuführen, damit unter besseren Bedingungen als im Mai dieses Jahres die eventuelle Regelung einer Anleihe für Deutschland geprüft werde.