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Änderungen -er AngesteNenversicherung MitGeltung vom 1. Juli ab. Infolge der Änderung des Versicherungsgesetzes für Angestellte erfolgt die Beitragsberechnung zur Angestellten- Versicherung vom 1. Juli 1922 ab nach folgender Auf stellung: Jährlicher Arbeitsverdienst mehr als 550 Mark Mo natsbeitrag 3,20 Mark, mehr als 850 Mark 4,80 Mark, mehr als 1150 Mark 6,80 Mark, mehr als 1500 Mark 9,60 Mark, mehr als 2000 Mark 13,20 Mark, mehr als 2500 Mark 16,60 Mark, mehr als 3000 Mark 20 Mark, mehr als 4000 Mark 26,60 Mark, mehr als 5000 Mark 33,20 Mark, mehr als 10 000 Mark 40 Mark, mehr als 15 000 Mark 48 Mark, mehr als 30 000 Mark 60 Mark, mehr als 50 000 Mark 80 Mark, mehr als 75 000 bis 100 000 Mark 110 Mark. Zum Arbeitsverdienst im Sinne des Versicherungs gesetzes für Angestellte gehören neben der Vergütung oder dem Lohn auch Versorgungsgebührnisse, Gewinnanteile, Sach- und andere Bezüge (z. B. Wohnung, Kost, Licht, Feuerung). Empfänger von Ruhegehalt und Wartegeld, die vorübergehend beschäftigt werden, find während dieser Beschäftigung nur dann versicherungspflichtig, wenn sie das Alter von 60 Jahren noch nicht vollendet haben. Sie werden aber aus ihren eigenen Antrag befreit. Solche Befreiungsanträge müssen bis zum 31. Juli 1922 beim Rentenausschuß oder bei der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte zu Berlin-Wilmersdorf, Hohenzollerndamm 193-195, eingereicht werden. Befreiungen von der eigenen Beitragsleistung, die auf Grund des bisherigen Gesetzes ausgesprochen sind oder noch ausgesprochen werden, bleiben bestehen. Neue Befreiungen von der eigenen Beitrags leistung sind nicht mehr zulässig. Angestellte, die beim Inkrafttreten des Gesetzes das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben, werden auf ihren Antrag von der Ver sicherung spflicht befreit, wenn ihnen die Abkürzung der Wartezeit nicht gestattet wird oder aus einem andern Grunde nicht möglich ist. Aah und Fern. O 4000 deutsche Zeitungen und Zeitschriften einge gangen. Nach neueren Feststellungen haben bisher infolge der schwierigen Verhältnisse 3800 deutsche Zeitungen und Zeitschriften ihr Erscheinen eingestellt. Im Juli haben weitere 200 Zeitungen und Zeitschriften zu erscheinen auf gehört. O Raubmord auf der Landstraße. Auf der Landstraße zwischen Bentheim und Lindenfeld in der Nähe von Ga dernheim wurde der 18 Jahre alte Bote Gerstner, der den Wochenlohn der Firma Kreutzer u. Boehringer von Linden feld nach dem Steinbruch der Firma bringen sollte, von un bekannten Tätern ermordet und beraubt. Man fand die Leiche in einem Kornfeld. Es fehlen 40 000 Mart. O Riesonwaldbrand in Frankreich. In St. Puh ist eitt riesiger Waldbrand ausgebrochen, der auch die durchfahren den Eisenbahuzüge gefährdet, so daß der Eisenbahnver kehr eingestellt werden mußte. O Verbrecherischer Anschlag gegen einen Eisenbahnzug. Die Untersuchung über die bei Bordeaux erfolgte Ent gleisung eines Schnellzuges hat ergeben, daß es sich um ein Verbrechen handelt. Mehrere Zeugen haben ausgesagt, daß sich Personen in verdächtiger Weise auf dem Bahn damm zu schaffen gemacht haben. . Es ist außerdem fest gestellt, daß Schienenlaschen gelöst worden sind. G Dampferzusammenstoß. Der britische Dampfer „Ne- muera" (10 000 Tonnen) ist, wie man aus London meldet, bei dichtem Nebel mit dem Ellermann-Dampfer „Marengo" (6000 Tonnen) zusammengestoßen und mit einem Leek nach Portland zurückgekehrt. Zwei Abteilungen des Schiffes waren voll Wasser gelaufen. Der Dampfer „Marengo" setzte seine Reise fort. O Gepanzerte Kriminalbeamte. Nach dem Vorbild von London und Newhork hat man jetzt auch bei der Berliner Kriminalpolizei sogenannte Panzerwesten eingeführt. Der Panzer besteht aus fchuppenartig aneinandergereihten, besonders gehärteten kleinen Stahlplättchen, die dem Träger die größte Bewegungsfreiheit lassen. Die bisher vorgenommenen Schießproben, auch mit den stärksten Ka libern der Repetierpistolen habe die Kugelsicherheit dieser Panzer bewiesen. Da der Herstellungspreis verhältnis mäßig hoch ist, konnte vorläufig nur eine geringe Unzahl angeschafft werden, die den Beamten für besonders gefähr liche Aktionen zur Verfügung stehen. Neueste Meldungen. Deutsch-spanische Zollverhandlungen. Madrid. Der spanische Ministerpräsident antwortete auf die Anfrage eines Abgeordneten in der Kammer, daß die Re gierung einen Schritt bei der deutschen Regierung unternom men hat, um die ZoLverhandlungen abzukürzen, damit so schnell als möglich ein Abkommen zustande kommen könne. Forderungen der Deutsch-Amerikaner. Newhork. Der dritte deutsch-amerikanische Nationalkongreß nahm eine Reihe von Resolutionen an. Hervorzuheben sind folgende: Die Regierung und der Kongreß der Vereinigten Staaten sollen größte Anstrengungen machen, um eine sofortige Revision der Verträge von Versailles und St. Germain yerbei- zuführen. Die Regierung der WeVinigten Staaten soll die Zu rückziehung der schwarzen Truppen aus dem besetzten Deutsch land durchsetzen. Die Regierung der Vereinigten Staaten soll sich mit ihren einstigen Alliierten aus dem Kriege ins Einver nehmen setzen, damit im erstmöglichen Augenblick die Besetzung deutschen Bodens aufhört. Das neue Reichseisenbahnfinanzgesetz. Berlin. Der neue Entwurf des Reichseisenbahnfinanzge setzes ist fertiggestellt, aber bisher nur einzelnen Persönlichkeiten zugegangen. Gegenüber den bisherigen Fassungen ist die wich tigste Neuerung des neuen Entwurfs die Bestimmung, daß der Reichsverkehrsminister im Falle eines Konflikts mit dem ihm beigeordneten Verwaltungsräte die Entscheidung Les Reichstag- anrufen kann. Störung der deutsch-ukrainischen Verhandlungen. DL Berlin. Wie unlängst gemeldet, hat die Reparattonskom« mission ziemlich unvermittelt in den Gang der deutsch-ukrai nischen Verhandlungen durch eine Note eingegriffen, in der sie verlangte, daß nicht nur die Verhandlungen über die Freigabe Les ukrainischen Guthabens in Deutschland in Höhe von 400 Millonen Mark einstweilen sistiert würden, sondern darüber hin aus auch die Reparationskommission über die Einzelheiten der gegenwärtigen und aller künftigen Verhandlungen mit der Ukraine eingehend zu informieren sei. Die Verhandlungen zwischen dem Deutschen Reiche und der Ukraine waren schon in gutem Fortschreiten begriffen und sind durch die Eingriffe eujp- sinLlich gestört worLen. Neuregelung der Beamtengehälter. Berlin. Im Reichsfinanzministerium haben die Verhand lungen über die Gehalts- und Lohnerhöhungen für die Be amten und Arbeiter Ler Reichs- und Staatsbetriebe begonnen. Seitens der Vertreter der Beamten- undArbeiterorganisationen ist beabsichtigt, im Verlauf dieser Verhandlungen auf das Bei spiel des Reichstages hinzuweisen, der erst kürzlich die Diäten für Lie Volksvertreter auf 10 000 Mark monatlich, also auf das Bierzigfache ihrer Friedensbezüge, erhöht habe, während das Einkommen der Beamten und Staatsarbeiter sich augenblick lich nur auf das Siebzehn- bis Achtzehnfache gegenüber den Friedenssützen belaufe. Prozeß Wilhelms II. gegen einen Schriftsteller. k>L Berlin. Am Dienstag findet vor dem Landgericht III Berlin ein Termin statt in einer einstweiligen Verfügungssache des ehemaligen Königs von Preußen gegen den Schriftsteller Emil Ludwig. Der Antrag geht dahin, die öffentliche Auf führung und den Buchverlag des Ludwigschen Stückes „Die Entlassung" zu untersagen. Dieses Stück behandelt die ge samten Vorgänge, die zur Entlassung des Kürsten Bismarck geführt haben. Kaiser Wilhelm II. und alle damals leitenden Persönlichkeiten treten in diesem Stück persönlich und handelnd aus, unter voller Namensnennung. Ans Stadt und Land. «««< »«n, »r »»u- »Uüt» „»««I «MM» Wilsdruff, am 24. Juli. HI Gebeugte Moral. Es nützt nichts, wenn Mr uns über den moralischen Tiefstand, über schlechte Verkehrssitten, über die wachsende Kriminalität und ähnliche bedenkliche Erschei nungen mit Worten entrüsten, sonst aber den Dingen ihren Lauf lasten. Wir müssen vielmehr, so aussichtslos dieses Tun auch erscheinen mag, durch die Tat wirken, zuerst an uns selbst und schließlich durch unser Beispiel an anderen. Wenn ein Mensch nicht Len moralischen Mut aufbringt, um Übelständen direkt zu Leibe zu gehen und sie wahrheitsgemäß zu bezeichnen, dann glaubt er Wohl von sich selbst, daß er Takt und Zartgefühl besitze, und seine Freunde sagen von Hm, besonders wenn er etwas im Leben gilt, er sei ein Diplomat und ein feiner Kopf. Wer brutal verletzt und mit grober Hand in zarte Empfindun gen hineingreift und sie stört, der rühmt sich seiner Ehrlichkeit und Biederkeit. Betrüger halten sich für geschäftstüchtig und klug, Verschwender und leichtsinnige Menschen, die ihre Pflicht verbummeln, nennen sich Lebenskünstler, und so hat dieser Zug der Zeit in weiten Kreisen Wurzel gefaßt. Zuerst merkt ein un verdorbenes Gemüt solche Falschmünzerei bald, wenn es aber steht, daß die falsche Münze vollwertig ist, dann wird es schließlich doch irre, und so verflacht die Moral immer mehr, und Ler Unterschied zwischen Gut und Böse verschwindet im Bewußtsein. Man darf nicht vergessen, daß der tätige Mensch in der Regel weder Zeit noch Lust hat, tiefsinnige Betrachtun gen über Wert oder Unwert einer Erscheinung anzustellen, er beschränkt sich auf die Beobachtung, wie sie von anderer Seite ausgenommen wird, und findet sich danach mit ihr ab. Wir erfüllen deshalb eine Pflicht, wenn wir allen bewußten und unbewußten Versuchen, die Grenzen von Recht und Unrecht, von Moral und Unmoral, von Gut und Böse zu verwischen, entschieden entgegentreten. — Beeinträchtigung sächsischer Verkehrsinteressen durch das Reichsverkehrsministerium. Beim Uebergang der sächsischen Staatseisenbahn an das Reich hatte sich Sachsen von der Reichseisenbahnverwaltung gewisse Vorrechte, besonders für die Verwaltung ausbedungen, zu denen unter anderem auch die Bei behaltung der Generaldirektivn Dresden gehörte. Der Reichs verkehrsminister Groener hat aber jetzt einfach auf dem Verord nungswege und ohne dazu die nötige Zustimmung des Reichs- j rates eingeholt zu haben, verfügt, daß die Generaldirektionen der nichtpreußischen Länder und die Eisenbahndirektionen Preußens künftig die Bezeichnung „Reichsbahndirektionen" führen. Mit dieser Verordnung wird bezweckt, daß Sachsen, Württemberg und Baden ihre Generaldirektionen und damit die, den besonderen wirtschaftlichen Verhältnissen dieser Länder entsprechenden Vorrechte verlieren. Die sächsische Regierung hat infolgedessen gegen diese Eigenmächtigkeit des Reichsverkehrs ministers bei der Reichsregierung Einspruch erhoben. — Gute Eemüseernte. Jedes Ding hat zwei Seiten. So auch das Wetter. Hier richtet es Unheil an da bringt es Nutzen. Was der starke Regen der Obsternte geschadet hat, das macht er durch eine gute Gemüseernte wieder wett. Herbst- und Wintergemüse — Möhren, Kohlgemüse, Sellerie usw. — haben viel Regen nötig. Man kann also mit einer vorzüglichen Ge müseernte rechnen. Nur die Gurken und Tomaten haben unter dem trüben Wetter gelitten; sie verlangen nunmehr reichlich Sonne und warme Nächte. — Beherzigenswerte Mahnung an die Ferienreisenden. Der Landesverein Sächsischer Heimatschutz gibt den Ferien reisenden folgende beherzigenswerte Mahnung mit auf den Weg: Durch schwere Verluste sind wir arm geworden. Ein kostbares Gut ist uns geblieben: die Heimat. Ihr Wert ruht in der Ur sprünglichkeit der Natur. Sie ist die Mutter, die uns nährt und trägt. Wer diese beraubt, vernichtet ein wertvolles Stück „deutscher Heimaterde". Darum wollen wir uns und unsere Kinder dazu erziehen, daß wir Scham empfinden bei jeder Schmälerung der Naturwerte. Dann werden alle die Zeichen - Die Todfeinde Originalroman von Hainz Alfred von Byern. Von dem Musikpavillon herüber klang ein schmetternder dreimaliger Tusch — und droben, auf der Tribüne stand eine mit geschlossenen Augen und todblassem Gesichtchen. Gott sei Dank — nun brauchte sie das Wort nicht zu sprechen, das win zige, kleine „Ja", das sich Graf Heerdringen heute von ihr holen wollte, und vor dem sie sich bangte seit jener Stunde, da sie für eine Sekunde ein anderer in den Armen gehalten hatte, einer, der auch hier Sieger geblieben war — ihr Todfeind! 6. Kapitel. Graf Heerdringen. „?iLU8 communis! (Gemeines Pech!) Aber ich konnte es wirklich nicht ändern, gnädigste Kusine, »Klingsor« war eben mit seinen Kräften zu Ende, und viel Speed besitzt er überhaupt nicht." Gras Heedringen stand auf dem schmalen Gang neben der Loge, und Signe reichte ihm die Hand. „Ich danke Ihnen, Helmut, Sie haben Ihr möglichstes ge tan und —" das junge Mädchen stockte, „würden Sie so freund lich sein, mich in Ihrem Dogcart mitzunehmen? Meine Migräne hat sich wieder eingestellt, da will ich lieber nicht erst den Schluß der Rennen abwarten. Tante Berta, du bleibst natürlich und holst mich dann im »Europäischen Hof« ab, nicht wahr?" Frau von Ivenack versuchte zu protestieren, doch da beugte sich Signe vor. „Bitte, Tante, ich habe mit Helmut allein zu sprechen, ein mal muß es klar zwischen uns werden." Die alte Dame lächelte verständnisinnig. „Also dann — könne cliance, Kind, und —" aber da war das junge Mädchen auch schon aufgestanden und schritt den breiten, mit einer Kokosmatte belegten Mittelgang entlang. Graf Heerdringen nahm dem Kutscher die Zügel aus der Hand. „Ich fahre selbst, Franz, Sie können den nächsten Zug be nutzen — komm!" Ein leichter Zungenschlag, mit einer haar scharfen Wendung bogen die beiden Jucker von dem Halteplatz der Wagen auf die breite Landstraße ein — wirbelnder Staub, klappernder Husschlag, und von den weiten Anlagen des Renn platzes herüber ein Surren und Summen wie aus einem auf gescheuchten, schwärmenden Bienenstock. Fast menschenleer war die Chaussee, die sich gleich einem vckerfarbigen Band, gleichlaufend mit den blitzenden Skahl-- schienen des um einen Meter höher liegenden Bahnkörpers, hinzog. Signe hatte den Schirm aufgespannt, grell und sengend sandte die Sonne ihre Strahlen herniedet, wie Schatten huschten die weißgekalkten Kirschbäume, die ragenden Stangen der Fern sprechleitungen vorbei. Bald war die Vorstadt Strehlen er reicht: schmucke Villen mit gutgepflegten Gärten, hochstämmige, blühende Rosen, gelbrote Tennisplätze — und nun bog das Ge fährt in die breite Mittelallee des »Großen Gartens« ein. Eine kurze Parade, die Pferde fielen in Schritt, stoßweise, keuchend atmeten die fliegenden Flanken, sprühende Schaum flocken sprühten von Nüstern und Trensen. Kein Laut ringsum, nur das Knirschen der rollenden Räder im Kies und der Helle Schlag eines Finken droben im Geäst. Graf Helmut beugte sich zu dem jungen Mädchen an seiner linken Seite hinüber: „Signe —!" Sie sah beharrlich an ihm vorbei, aber durch die schlanke Gestalt ging es wie ein Beben. „Signe!" sagte er noch einmal. „Haben Sie dieses Allein sein absichtlich herbeigeführt?" „Ja, Helmut, und ich — ich wollte Sie um Verzeihung bitten, daß ich Hoffnungen in Ihnen geweckt habe, die ich nicht erfüllen kann — es war unrecht von mir —" Sekundenlanges Schweigen, dann ein tiefer, gepreßter Atemzug: „Weil ich das Rennen nicht gewonnen habe?!" Sie schüttelte den Kopf. „Nein, für so kindisch dürfen Sie mich nicht halten, aber ich bin wohl selbst schuld ..." Graf Heerdringen zog die Oberlippe zwischen die Zähne. „Dann gibt es nur eine Erklärung — Sie lieben einen anderen?!" „Nein! Nein —!!" Es klang, als müsse sich das junge Mädchen gegen etwas wehren. „Ich bin eben ein törichtes, launenhaftes Ding. Sie nehmen mich viel zu ernst — sind Sie mir sehr böse, Helmut?" Er lächelte resigniert. „Böse? Nein! Welches Recht hätte ich auch dazu? Mein Leben ist um eine Hoffnung ärmer — das ist alles." Signe wich seinem Blick nicht mehr aus. „Nun zürnen Sie mir doch! Aber Sie werden ein anderes Glück finden, ein reicheres, als ich es Ihnen zu geben vermocht hätte —" Im Hellen Dreiklang durchschnitt der Ton einer Sirene die Stille — die Jucker wurden unruhig, prellten zur Seite — Hel mut stellte die Fäuste zusammen, die Pferde standen. — Und da fegte es auch schon heran, fast lautlos, eine Kraftdroschke, und in dem offenen Wagen ein scharfgeschnittenes, braungebranntes Gesicht mit blitzenden Blauaugen — eine Hand, die sich zum Gruße hob. Gräfin Strayn war todblaß geworden, wie ein Frösteln lief es ihr über den Körper, in den Schläfen spürte sie einen stechenden Schmerz, und dann hörte sie Graf Heerdringens Stimme: „War das nicht Herr von Hagen?" Jäh strömte alles Blut in die Wangen des jungen Mädchens: „Ich — ich glaube —" „Sie — glauben es nur?" Doch diesmal kam keine Antwort, die Jucker zogen wieder an, fielen in ihren schlanken Trab, und Helmut gab ihnen die Köpfe frei. „Signe! Weshalb sind Sie so rot geworden? Ist er es, der zwischen uns steht?" Ein scharfes, schneidendes Lachen. „Er —? Sie meinen den Crostitzer?" „Ja, und Sie —" „Ich hasse ihn! Hasse ihn!" Graf Heerdringen neigte sich zu seiner Begleiterin hinüber. „Wirklich? Sie — hassen ihn? Nun, Signe, dann lassen Sie sich warnen, — man hält oft für Haß, was — Liebe ist. Die Gegensätze berühren sich!" — — — — — In dem hohen, Hellen Hotelzimmer waren die Vorhänge zugezogen, nach einem kurzen Klopfen trat Frau von Ive nack ein. „Aber, Kind — Kind — Tränen?! Und ich glaubte dich als glückstrahlende Braut zu finden!" Signe richtete sich auf. „Bitte, Tante, quäle mich nicht!" Aber so leicht ließ sich die alte Dame nicht abfertigen. „Nein, Kleinchen, hier muß ich klar sehen — hat er denn nicht gesprochen?" „Ja —" „Und —?!" „Ich habe mich anders besonnen!" „Du —?! Ja, um Gottes willen, weshalb denn nur?!" Das junge Mädchen versuchte ein mattes Lächeln. „Weil ich ein dummes, einfältiges Mädel und gar nicht wert bin, daß ein Mann wie Helmut an mich denkt, und nun, Tante Berta, wenn du mich nur ein klein wenig lieb hast, dann bitte ich dich um eins: laß dieses Thema zwischen uns abgetan sein, für immer — ja?" „Dummchen, liebes, kleines Dummchen!" Mit einer mütter lich weichen Bewegung zog Frau von Ivenack Signe an sich. „Du verschweigst mir etwas, nicht erst seit heute, ich habe näm lich auch Augen, und neulich, bei Richters — aber wie du willst, es gibt Dinge, an die man nicht rühren soll —" Von der Straße herauf klang das dumpfe Rollen einer anfahrenden Droschke.