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spruchten Recht gesprochen, auf Grund des Friedensver trages bei einer durch die Reparationskommission sestge- stelltcn Verfehlung selbständig handeln zu können. Zum Schluß heißt es: Es gibt nur zwei Mittel, um Deutschland zu strafen, die Besetzung des Nuhrgebietes und die dau ernde Besetzung des linken Rheinufers. Großbritannien. X Wilsons Mörder keine Sinnfeincr. Es ist nunmehr festgestellt worden, daß die beiden Mörder des Marschalls Wilson nicht der Sinnfeiner-Bewegung angehören. Der Mann, der bisher unter dem Namen Conclly bekannt war, ist in Wirklichkeit ein Lehrer namens Reginald Dunn, der zweite, O'Brian, heißt in Wirklichkeit Sullivan. Die beiden haben niemals der irländischen republikanischen Armee an- gchört. Sie sind beide in London geboren. Aus In« und Ausland. Berlin. Der Oberreichsanwalt, der als Anklagebehörde Lem Staatsgerichtshof beigegeben wird, wird seinen Sitz nicht, Wie ursprünglich «beabsichtigt, in Leipzig nehmen Der Sitz des Staatsgerichtshofcs wird vielmehr Berlin. Oppeln. Die interalliierte Regierungskommission in Oppeln wird am 7. Juli mit Sonderzug Oppeln ver lassen und am 9. Juli in Paris eintreffen. Wien. Der Nationalrat hat die Regierungsvorlage, be treffend Regelung des Bvsoldungsverhältnisses der Bimdesangestellten, angenommen. Bern. Der schweizerische Nationalrat hat nach tagelangen Debatten mit 85 gegen 47 Stimmen einem Gesetz zugestimmt, das in Krisenzeiten eine Ausdehnung der Arbeits zeit auf 54 Stunden wöchentlich vorsteht. Die Annahme dieses Gesetzes bedeutet Praktisch Las Ende des Achtstunden tages in der Schweiz. Genf. Das Hilfskomitee für Rußland erklärt, daß die Ernte in der Ukraine kaum die Hälfte einer normalen Ernte erreichen wird, so daß die Hungersnot weiter strt- dauern dürste. Der Dsttar Eine Folge der politischen Hochspannung. Nachdem schon die Ermordung des Ministers Rathe nau ein sprunghaftes Steigen des Dollars Herbeigeführt hatte, ist jetzt durch die innerpolitische Krisis die Mark noch weiter hinabgedrückt worden. Die Meinungsverschieden heiten zwischen den Parteien über die Getreideumlage und über das Gesetz zum Schutze der Republik haben an gesichts der Haltung der Linksparteien, die keinen Schritt zurückweichen wollen, eine Situation geschaffen, aus der man kaum noch einen andern Ausweg als Auflösung des Reichstages und Neuwahlen erblickt. Solche krisenhafte Verwicklungen bringen stets sinkendes Vertrauen des Aus landes in die Kreditfähigkeit des Reiches und damit Ver schlechterung der Valuta mit sich. Die Folge ist diesmal eine Notierung des Dollars an der Berliner Donnerstags börse mit 374. Die weitere Kursentwicklung wird natür lich, soweit die Wirkung der niemals ruhenden Börsen spekulanten außer Betracht bleibt, von der Gestaltung der politischen Lage abhängen. Bürgerkrieg in Irland. Heftige Kämpfe in Dublin. In Irland haben nach monatelangen vergeblichen Verhandlungen die nationalen und politischen Gegensätze wieder zu blutigen Kämpfen geführt- Die Stadt Dublin ist der Schauplatz heftiger Zusammenstöße zwischen den Aufständischen und den Truppen der provisorischen irischen Negierung, geworden. Die Freistaat-Truppen machten auf das Hauptquartier der Aufständischen, die „Four Courts", mit Mörsern und Schnellfeucrgeschützen einen Angriff. Die Auf ständischen erwiderten das Feuer. Es soll viele Tote und Verwundete aeaeben haben. Von den Däckern der vcr- Gräfin Latzbergs Enkelin. 36) Roman von Fr. Lehne. (Nachdruck verboten.) Konstanze sprang stürmisch aus. „Gut, wenn du so bist! Ich werde das Auto von meinem Gelds be zahlen. Aber dann bitte ich dich, mir sobald als mög lich mein Kapital, das ganze, hörst du, auszuzahlen! Ich bin mündig und kann darüber nach meinem Be lieben verfügen!" Lothar war sehr bleich geworden; verächtlich sah er die Schwester an. „Gut, du sollst es haben. Ich werde Steinhagen verkaufen, weil es nicht anders geht. Nur eins be- daure ich: dich als Schwester zu haben!" Konstanze sah doch wohl ein, daß sie zu weit ge gangen war. Vor seinem beredten Blick senkte sie ihre Aug-n. „Du hast es herausgefordcrt, Lothar." Er hatte den Türgriff schon in der Hand. „Wenn ihr glaubt, noch Ansprüche zn haben, wendet euch an Justizrat Wendler, und falls ihr mir noch etwas zu sagen habt —" Da klopfte es stark an die Tür; Milli trat ein, einen Brief in der Hand. „Verzeihung, ich hatte schon einige Male geklopft. Hier ist ein eingeschriebener Ex- preßbrief für eine Komtesse Monns Laßberg. Ich hatte dem Briefträger schon gesagt, hier sei niemand dieses Namens, aber ich dachte, vielleicht, weil Mademoiselle Legens Monne heißt —" „Mein Gott, sparen Sie sich doch diese sänge Rede, Milli; hier kennen wir keine Komtesse Laßberg," sagte Frau Agathe gelangweilt. ..geben Sie den "rief zurück." „Oder vielmehr — rufen Sie Mademoiselle Legens, beauftragte Lothar. Er war im Begriff gewesen, das Zimmer zu verlassen; jetzt wartete er «och. Sollte nun die Aufklärung kommen? Er erinnerte sich deut lich ihrer Worte an jenem Abend ' „Wo ist Mademoiselle?" „Auf ihrem Zimmer." „Dann rufen Sie Mademoiselle!" Nach kaum einer Minute trat die Gewünschte ein. „Gnädige Fra» befehlen?" Sie sah an den erregten Gesichtern der Anwesen den, daß eine stürmische Auseinandersetzung stattgefun den hatte. Lothar stand in 5er Nähe der Tür. Er sah sehr, blaß aus, und mit einer nervösen Gebärde glitt seine Hand ununterbrochen über den Bart. Konstanze lehnte trotzig am Fenster. Frau Agathe lag mehr als sie saß auf ihrem Ses sel, und zwei rote Flecken brannten auf ihren Wangen. Sie streckte dem jungen Mädchen den Brief entgegen. „Mademoiselle, hier ist ein Brief. Wollen Sie ein mal die Adresse sehen?" fchiedcnen Stadtteile Dublins wird geschaffen. Hunderte von Zuschauern stehen an den Kais und in den Straffen, die an das umstrittene Gebiet angrenzen. Das Geschäfts- lcbcn ruht. Keine Züge werden nach Dublin hineingelassen. Der telephonische Verkehr ist unterbrochen. In den Kreisen der Regierung in London werden diese Kämpfe selbstverständlich mit der größten Aufmerk samkeit verfolgt. Lloyd George und Churchill werden dau ernd auf dem Laufenden gehalten. Britische See - streitkräfte patrouillierten die irischen Gewässer ab. Der Erfolg der Truppen der vorläufigen Regierung ist, wie man glaubt, gesichert. Es wird große Befriedigung darüber ausgedrückt, daß die vorläufige Regierung gegen die Aufständischen so entschlossen gehandelt hat. übrigens trägt diese provisorische Regierung allein die Verantwor tung für die Operationen. Sie hat den Beistand der bri tischen Truppen abgelehnt mit Ausnahme der Ergänzung der Ausrüstung. Man erwartet noch weitere schwere Kämpfe in Dublin. Oer neue „Kriegsverbrecher"-Prozeß. Sachverständige und Zeugen. ß Leipzig, 29. Juni. Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung erklärte der An geklagte Dr. Michelsohn, daß cs trotz größtmöglicher An- strengmm nicht zu verhindern gewesen ;ei, daß in dem von ihm geleiteten Lazarett die Kranken dahinstarben, da sie, Wenn sie ins Lazarett kamen, meist schon ganz herunter ge wesen seien. Es sei unwahr, daß er sich Mißhandlungen habe zuschulden kommen lassen. Er habe nur einmal gesagt, daß Leute, die seine Anordnungen sabotierten oder das Lazarett gefährdeten, Prügel verdienten. Dahingehende Anordnungen aber habe er niemals getroffen. Hierauf trat man in die Beweisaufnahme ein, und es wurde als erster Sachverständiger der Oberregie- rungs- und Medizinalrat Generalarzt a. D. Dr. S ch n e i d e r- Potsdam vernommen. Er erklärte, daß der Angektugre seinen Posten in Dizyle-Gros gut und sachgemäß verwaltet und dann auch in Efsry den Lazarettbetrieb gut organisiert habe. Daß Dr. Michelsohn auf unrechtmäßige Weise Lebensmittel an sich gebracht habe,'halte er für ausgeschlossen. Generalmajor a. D. Hopf-Arnstadt äußerte sich über die sehr schwierige militärische Stellung des Angeklagten. Er habe zwar das Recht gehabt, Befehle zu erteilen, aber keine Machtmittel, sie auch wirklich durchzuführen, da ihm keine disziplinarische Strasgewalt zustand. Der zweite medizinische Sachverständige Dr. Coste- Magdeburg bestätigte, daß die Schwierigkeiten in Efsry sehr groß gewesen seien. Er habe den Angeklagten öfter kontrol liert, ohne einen Anlaß zum Tadel zu finden. Damit war die Vernehmung der Sachverständigen be endet, und es folgten Lie Zeugenaussagen. Regierungsmedizinalrat Dr. Kentsch-Bonn bekundete, daß er sich einmal mit einer Kommission in Efsry alifgehalten und dort über Dr. Mi^elsohn nichts Nachteiliges gehört habe. Geheimrat Prof. Dr. Paul Braunschweig-Halle war als Kriegslazarettdirektor Dr. Michelsohns Vorgesetzter. Be schwerden über diesen Arzt, so erklärte er, seien ihm nie vor getragen worden, er habe vielmehr den Eindruck gehabt, daß Dr. Michelsohn bei den Gefangenen beliebt gewesen sei. Regierungsmedizinalrat Dr. Larz-Berlin war als Mit glied einer Untersuchungsrommission mehreremal in Efsry. Er rühmt die dort geleistete Arbeit, der es zu danken gewesen sei, daß Effry geradezu zu einem Musterlazarett wurde. Nah und Fern. O Selbstmordversuch des Frauenmörders Groffmann. Aus Berlin wird berichtet: Im Moabiter Untersuchungs gefängnis hat der Frauenmörder Großmann, der „Ber liner Landru", in seiner Zelle einen Selbstmordversuch unternommen. Er befindet sich in der sogenannten Mör derzelle, d. h. in einer besonders eingerichteten Zelle, die von außen ständig beobachtet werden kann, und in der es keinerlei Gegenstände gibt, mit denen sich der Zelleninsasse Verletzungen beibrinaen kann. Großmann aelana es. die Fenster mit Zeitungspapier zu verkleben und einen Selbst mordversuch Lurch Erhängen zu unternehmen. Der Plan wurde jedoch rechtzeitig entdeckt und vereitelt. O Erhöhung der Bcttkartenpreise. Mit Gültigkeit vom 10. Juli L. I. ab werden die Bettkartenpreise (bei Be nutzung von Schlafwagen) festgesetzt: Erster Klasse 300 Mark, zweiter Klasse 150 Mark, dritter Klasse 80 Mark. Die Vormerkgebühren betragen: Erster Klasse 30 Mark, zwei ter Klasse 15 Mark, dritter Klasse 8 Mark. O Untergang eines Hamburger Seglers. Der Hambur ger Zweimastschoner „Edith" ist auf der Fahrt von Stettin nach Finnland auf ein Wrack gestoßen und gesunken. Die aus vier Persouen bestehende Besatzung wurde nach sieben stündigem Umhertreiben in bewegter See von dem Ham burger Dampfer „Johanna" gerettet. O Geheimnisvolle Erkrankungen in einem Fürsorge- Hans. Im Katholischen Fürsorgehaus in Mülheim sind seit einigen Tagen unter den Fürsorgezöglingen und dem Pflegepersonal geheimnisvolle Erkrankungen, die schnell zmn Tode führen, ausgetreten- Bis jetzt sind neun Er krankte gestorben. Es wird angenommen, daß es sich ent weder um eine Art Fleischvergiftung oder um eine grippe artige Erkrankung handelt. O Die Zahl der Opfer der Berliner Eisenbahnkata strophe hat sich aus 4V erhöht. Die Eisenbahndirektion Berlin richtet aus Anlaß des Unglücks eine dringende Mahnung an alle Reisenden und warnt davor, Trittbret ter usw. zu benutzen, vorzeitig Türen zu öffnen, aus die Wagen zu klettern und beim Ein- und Aussteigen zu drän gen. d n Anordnungen des Bahnpersonals muß Folge geleistet verden. O Im Aufstieg zum Everest. Ein weiterer Versuch, die Spitze des Everest zu erklimmen, wurde dieser Tage unter nommen. Die Witterungsverhältnisse sollen sehr streng ge wesen sein. Aus Kalkutta, wird berichtet, daß Bruce eine Stelle, die nur wenige Fuß unterhalb des Gipfels sich be findet, erreicht hat. Der Berichterstatter der „Times" m Tibet sagt, daß die Aussichten zur Erklimmung des Gipfels günstig seien, aber vieles würde vom Wetter abhängen. O Österreichs Flächenmaß und Einwohnerzahl. Nach einer Veröffentlichung Les österreichischen Bundesamtes für Statistik beträgt nach erfolgter Einverleibung des Bur genlandes das Flächenmaß Österreichs 83 991 Quadrat kilometer, wobei auf das Burgenland 4107 Quadratkilo meter entfallen. Für Österreich ergibt sich eine Einwohner ziffer von 5^428 000, wovon auf das Burgenland 297 000 entfallen. Vermischtes. Bolschewistische Konkurrenz im Diamantenhandel. Seltsame Enthüllungen über die Krists des Edelsteinhan dels im Zusammenhang mit dem Bolschewismus macht ein französischer Journalist. Die üble Lage dieses Marktes, der ohnehin schon durch die Schließung der südafrikanischen Minen beeinträchtigt worden war, hat noch eine weiters Verschärfung erfahren, und zwar durch einen Faktor, auf den man am allerwenigsten gefaßt sein konnte; die liber- schwemmung mit Edelsteinen, Lie sich aus dem ruinierten Rußland über die Märkte von London und Paris ergoß. Die Sache begann damit, daß die Opfer der russischen Re volution, Lenen es gelungen war, sich rechtzeitig in Sicher heit zu bringen, sich im Ausland der mitgenommene» Ju welen mit einer Leichtfertigkeit entäußerten, als wenn cs sich um wertlosen Tand gehandelt hätte. Aber viele der russischen Flüchtlinge hatten nur einen Teil ihrer Juwelen mitnehmen können, und den Rest in sicheren Verstecken in Kellern und Wäldern in der Heimat zurücklassen müssen. Der verhängnisvollste Schlag wurde dem Edelsteinhandel indessen durch die Ausfuhrtätigkeit der Sowjets versetzt, die die großen Bestände von Juwelen, die sie bei den zu rückgebliebenen Bürgern beschlagnahmt hatten, durch tn London und Paris befindliche Agenten in den Verkehr brachten. Erklärten sich Loch selbst viele Industrielle bereit, Gespannt blickten drei Augenpaare auf Monne, die zögernd nach dem Schreiben griff. „Ein Bries?" Sie bekam doch sonst nie Briefe. Es war etwas so Seltenes für sie, daß sie erschreckt meinte, etwas Fol genschweres müsse ihr dieser Brief bringen. Ihr Blick fiel auf die Adresse: „Komtesse Lahberg." Es war Hertas Handschrift; sie erbleichte. War Wohl etwas mit Großmama — oder Lutz? „Nun, Mademoiselle, Sie sehen doch, der Brief ist eingeschrieben, der Briefträger wartet. Es ist Wohl ein Irrtum!" begann Frau Agathe ungeduldig. „Nein, gnädige Frau, es ist kein Irrtum, der Brief ist an mich," entgegnete sie mit niedergeschlagenen Augen. Ihre Hand zitterte, daß sie kaum unterschreiben konnte, und ein scheuer Blick flog zu Lothar. Gott, was mußte er von ihr denken, daß sie unter falschem Na men in diesem Hause weilte! Er schwieg und sah sie erwartungsvoll an. Frau Von Steinhagen war in peinlicher Verlegenheit. Tie „Kom^-" - 'Meris ihr ungeheuer, und doch war ein gewlpes Lriumphgefühl in ihr — Monne war doch immerhin abhängig von ihr! Und das gab ihr einen gewissen Halt. „Wollen Sie mir nicht erklären, Mademoiselle oder Komtesse —?" „Bitte, gnädige Frau, nennen Sie mich Made moiselle." Konstanze trat dicht zu ihr und sah sie neugierig an. „Sie können sich denken, daß wir gern wissen wol len, warum Sie nicht unter Ihrem richtigen Namen bei uns eingetreten sind." „Ich weiß, daß ich Ihnen ei.ne Erklärung schuldig bin." Yvonne richtete ihre Worte hauptsächlich an Lo thar. „In der Tat, ich bin eine Komtesse Latzberg. Die Notwendigkeit, mir mein Brot selbst zu verdienen, legte mir nahe, statt meines Namens den meiner Mut ter anzunehmen." „Sie hatten doch sicher nicht nötig, als Gräfin — in Stellung zu gehen!" „Gräfinnen sind nicht immer reich, gnädige Fra», und sie wollen oder müssen auch leben," lächelte sie rührend. „So meinte ich das ja auch nicht." entgegnsie Frau Agathe, mit einer leichten Verlegenheit kämpfend. „Denn Sie haben doch Angehörige, trotzdem Sie 'iets beton ten, oaß Sie niemand hätten!" Yvonne wurde ein wenig rot. „So ist cs auch! Ich war lediglich auf mich selbst angewiesen. Meins Eltern sind längst tot, und meine Erziehung b^be ich größtenteils auf dem Seminar in L. empfangen. In folge von Differenzen mit meiner Großmama hörte jede Verbindung mit meiner Familie auf. Meine Grotz? mama ist die Gräfin Latzberg aus Schloß Burgau Toch wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn ich den Brief le sen dürfte; es muß dringend sein, sonst hätte man mir nicht geschrieben." „Gewiß, gewiß, lesen Sie — bitte, es stört nicht." Yvonne wäre gern hinausgegangen, draußen die gewiß wichtigen Zeilen zu lesen; aber man ließ sie nicht, sondern beobachtete sie neugierig, wie üe den Brief öffnete und dessen Inhalt überflog. Lothar, sah, wie sie erbleichte, wie sie wankte; un willkürlich sprang er hinzu, sie zu stützen, einen Herz schlag lang hielt er die zitternde zarte Gestalt in sei nem Arm; dann war der Schwächeanfall vorüber. „Gnädige Frau, darf ich um die Erlaubnis bitten, so bald als möglich — mit dem nächsten Zuge schon — nach Burgau zu fahren? Meine Anwesenheit ist drin gend nötig. Morgen abend werde ich zurück sein!" „Wenn Sie noch länger bleiben wollen," beeilte Frau Agathe sich, ihr entgegenzukommen. „Es ist doch keine schlechte Nachricht, die Sie bekommen haben, doch nicht ein Krankheitsfall?" „Rein, gnädige Frau, Großmama ist gesund; doch ist meine Anwesenheit in einer anderen Angelegenheit erforderlich, und die erbetene Frist genügt mir. Darf ich mich jetzt entfernen und mich reisefertig machen?" „Ja, und Milli kann Ihnen helfen. Du. lieber Lothar, siehst wohl im Kursbuch nach, mit welchem Zuge Komtesse Yvonne am günstigsten fährt. Wohin wollen Sie?" „Nach Burgau. Bahnstation ist L. bei H.. Aber ich möchte Herrn von Steinhagen nicht bemühen." O bittet" Er verneigte sich ein wenig, und sie verließ das Zimmer. „Nun kannst du ja die Komtesse heiraten, hast ihr ja immer schon verliebte Augen gemacht!" zischelte ihm Konstanze zu. Er antwortete nicht, und schallend fiel die Tür hinter ihm ins Schloß. Mutter und Tochter sahen sich an. „Was sagst du denn zu dieser Entdeckung, Mama?" „Ja, was tut man da?" „Was man da tut? Gar nichts weiter! Sie ist bezahlt von uns und damit gut! Glaubst u, mir im poniert dis Komtesse? Nicht so viel!" Sie schnippte mit den Fingern. „Wenn sie gehen will, mag sie es tun; bleibt sie, auch reckt." „Mir ist es doch ein immerhin etwas peinliches Ge fühl -" „Ich bitte dich, Mama, warum? Sei nicht klein lich! Warte bis sie zurückkommt, dann wird sich alles finden! Was mag sie nur für Nachricht bekommen ha ben? Ihre Antwort war recht impertinent!" (Fortsetzung folgt.)