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KiKdmfferTageblM Fernsprecher Wilsdruff 7K. 6 fÜs UNd ^MgegMd Postscheckkonto Dresden 2640 Insnftlonsprel« Ml. für die » gespaltene Korpuäzeile »pee deren Raum, ReNamen, die 2 spaMge Korpuszell« Ml. Lei Wiederholung und Iahresauslrag entsprechender Preisnachlaß. Lelanntmachungen im amtlichen Teil snur »en LehSrden) die 2 gespaltene Korpuszelle Ml. Nachweisungs-Gebühr SV pfg. Anzeigenannahme dis »ormlttags 10 Uhr. Für die Richtigleit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir leine Garantie. Feder Rabalt anspruch erlisch^ wenn der Letrag durch Klage eingez-ven werden muß oder der Auftraggeber tu Konkurs ^rslt. dem Iahre 1S41 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtratr zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. »«leg« <«d Dnu»«: «rthvr 8sch««ke i» Wilsdr»ff. »«imtwortllcher Echristleit«: Herma»« Lässig, für de« Inseratenteil: Arthnr Zschnnte, »eide in Wtladrnff. Erscheint Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtag, nachmittags 1 Uhr für den folgenden Tag. Lezugspreis b«l Selbstabholung monatlich Mk^ durch unsere Austräger zugetragen In der Stadt monatlich Ml., auf dem Land« Ml., durch die Post bezogen vierteljährlich Ml. mit Zustellungsgebühr. Aste Postanstalten und Postboten sow!« unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Lestestungen entgegen. Fm Fast« häherer Gewalt, Krieg »der sonstiger Letriebsstärungen hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung »der Kürzung des Bezugspreises. Rr. 151 Sonnabend den 1. Juli 1922. 81. Jahrgang Kleine Zeitung für eilige Leser. * In Berlin sanden Besprechungen der Parteisübrer mit dem Reichskanzler und eine Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder statt, um über die Getreideumlage und das Gesetz zum Schutz der Republik eine Einigung zu finden. * Bei Frankfurt a. O. wurde Ler eine der drei Attentäter, die ioon Mord an Rathenau verübten, der 21jährige Ernst Techow verhaftet. * In Berlin wurden mehrere Personen sestgenommen, die einem an der Vorbereitung des Rathenau-Mordes beteiligten Geheimbunde angehören. * In Dublin sind schwere Kämpfe zwischen den Truppen der provisorischen Regierung Irlands und den Aufständischen im Gange. Düstere Wolken. Einen Augenblick schien es so, als sollte der Reichstag unter dem furchtbaren Antrieb der neuesten Mordtat die Aufgaben, die er noch zu lösen hatte, in beschleunigtem Tenipo aularbeiten. Ein solches Verfahren wäre um so mehr zu begrüßen gewesen, als ja der Regierung und allen Behörden des Landes aus der neuen Lage, in die wir geraten sind, eine Fülle wichtigster und unaufschieb barer Pflichten erwachsen sind, deren Bewältigung freie Köpfe und freie Arme erfordert. Statt dessen ergeben sich bei jedem Schritt auf dem vulkanisch unterwühlten parlamentarischen Boden ganz plötzlich unvorhergesehene Schwierigkeiten besonderer Art. Das Gesetz über die Getreideumlage war schon so gut wie gesichert. Auch die Sozialdemokraten boten ihre Hand zur Beilegung der letzten Meinungsverschiedenhei ten, und am Mittwoch sollte das Plenum sein Siegel aus die Kompromißvorschläge des volkswirtschaftlichen Aus schusses drücken. Aber im letzten Augenblick ein neuer Stein des Anstoßes: DiePreissrage. Es bliebe eine Differenz von 1500 bis 2000 Mark für den Doppelzentner Weizen bzw. Roggen zwischen dem, was unter Führung des Zentrums die bürgerlichen Parteien für richtig hielten, und dem, was die Sozialisten aller Schattierungen gerade noch als tragbar zugaben. Im Brotpreis hätte sich dieser Unterschied etwa in einer weiteren Erhöhung von 20 Mark ausgewirkt, sodaß wir binnen kurzem statt 15 aus 20 bis auf 40 Mark für das Brot gelangen müßten. Man kann es den Linksparteien nachfühlen, daß sie hier eine be stimmte Grenze nicht überschreiten wollen, ebenso aber auch den bürgerlichen Parteien, wenn sie das der Landwirt schaft zugemutete Opfer auf ein möglichst geringes Maß zu beschränken suchen. In ruhigeren Zeiten würde sich un schwer ein Mittelweg zwischen diesen beiden Standpunkten ausfindig machen lassen; aber die Sozialdemokraten sind im Augenblick weniger als je geneigt, mit sich handeln zu lassen, zumal sic mit Unabhängigen und Kommunisten eine gemeinschaftliche Aktion verabredet haben, die ihre Be wegungsfreiheit auch in anderen wichtigen Fragen schon sichtlich beeinflußt. Einen Wahlkampf unter der Parole: „Gegen den Brotwucher!" haben sie ihrer Überzeugung nach nichts weniger als zu scheuen. Dazu kommt das eben erwähnte Aktionsprogramm zum „Schutze der Republik". Es geht ungleich weiter als die neueste Ausnahmeverordnung des Reichspräsidenten, es baut den Kamps gegen Rechts mit aller Entschiedenheit aus auf Kosten wesentlicher Grundrechte der Weimarer Verfassung, die ihnen also in diesem Punkte durchaus veränderungsbedürftig erscheint. Es ist fast sicher, daß keine der bürgerlichen Parteien auf diesem Wege bis zum letzten Zielpunkt folgen wird. Es müssen hier Gegensätze auseinanderprallen, die sich wie Feuer und Wasser von einander scheiden. Deshalb ist es mehr als zweifelhaft, ob ein solches Programm, wenn man es auch mit der Not wendigkeit des Kampfes gegen gewalttätige Feinde der Republik begründen mag, die in der Verfassung vorge sehene Zweidrittelmehrheit im Reichstage finden wird. Aber die Sozialdemokraten, auch hier wieder verstärkt durch Unabhängige und Kommunisten, versteifen sich darauf, daß die von ihnen auf die Tagesordnung gestellten Forderun gen ungesäumt zur Entscheidung gebracht werden; auf die Gefahr hin, daß die bisherige Regierungskoalition dar über in die Brüche geht. Ein Wahlkampf im Bunde mit den beiden andern Arbeiterparteien um solche Parole, hat für sie nur etwas ungemein Verlockendes, und sie scheinen gar kein Interesse daran zu haben, trotz der schwierigen außenpolitischen Lage, in der wir uns befinden, ihn zu vermeiden. Wer indessen die Dinge weniger vom Standpunkt be stimmter Parteiinteressett ansieht, wer davor zurückschreckt, unser Volk unmittelbar im Anfchluß an die furchtbaren Erregungen dieser Tage in den Strudel eines leidenschaft lich bewegten Wahlkampfes hineinzupeitschen, der mag die Hoffnung noch nicht aufgeben, daß die führenden Männer des Reichstages es doch noch verstehen werden, die Ge fahren zu beschwören. Insbesondere dem Herrn Reichs- Präsidenten, dessen Besonnenheit schon wiederholt in kritischen Augenblicken sich wohltuend geltend gemacht hat, wird auch jetzt wieder die Aufgabe zufallen, den Staats wagen rechtzeitig zu bremsen, auf daß er nicht in den Ab grund rollt. Verhaftung eines Rachenanmörders. Der Führer des Autos fest genommen. Berlin, 29. Juni. Schon in der Nacht auf heute ließ die Polizei bekannt- geben, daß die Mordtat an dem Reichsminister in vollem Umfange aufgeklärt und die Persönlichkeiten der Beteilig ten festgestellt seien. Heute um die Mittagsstunde folgte die Meldung von der Verhaftung eines der Mörder. Der Attentäter Techow ist der zweite Sohn des vor dem Kriege verstorbenen Ber liner Magistratsrates Techow und heißt mit Vornamen Ernst Werner. Techow ist am Sonntag abend aus Berlin geflohen. Er ist abends mit dem D-Zug, der Berlin 8,35 Uhr ver läßt, nach Halle gefahren und hat dort bei eingeweihten Freunden Unterkunft gefunden. Am Abend des Montag fuhr er dann von Halle nach Frankfurt a. Oder. Dort haben ihn Beamte der politischen Polizei des Berliner Po lizeipräsidiums aufgcspürt, die erfuhren, daß er sich bei sei nem Onkel aus einem Rittergut in der Nähe von Frank furt aushielt. Das Gut wurde abends von Beamten umstellt, um eine Flucht zu verhindern. Als man znr Verhaftung schritt, versuchte Techow Gegenwehr zu leisten. Er ergab sich aber bald, als er sich der polizeilichen Übermacht gegen- überfah. Seine Vernehmung wurde sofort begönnert. Er ist derjenige, der das Auto gesteuert hat. Der Verhaftete ist ein großer, schlanker junger Mann, der Technik studieren sollte. Er war beim Kapp-Putsch be teiligt und führte damals ein Maschinengewehr im Neichs- marineamt. Er ist 21 Jahre alt. Die Familie Techow stammt angeblich aus dem mani schen Landadel, hat aber das Adelsprädikat abgelegt. Der verstorbene Vater war eine ruhige Persönlichkeit, die in Poli tischer Beziehung nie hervorgetreten ist. Er führte, da er durch seine Heirat sehr wohlhabend geworden war, ein gast- sreies und großes Haus in der Berliner Von der Heydtstraße. Dort wohnt die Familie auch jetzt'noch, die Mutter mit drei Söhnen. Die Witwe Techow wird als nervöse Frau ge schildert, die sich stark kritisch den neueren Verhältnissen in Deutschland gegenüberstellt. Der älteste Sohn, früher Ossi zier, teilt die radikalen Anschauungen der übrigen Familie nicht, die außer dem Verhafteten noch einen dritten 16jährigen Sohn, einen Schüler, zu sich zählt. Eine Verschwörung. Eine Anzahl werterer Personen, die der Mittäterschaft überführt sein sollen, wurden von der Berliner politischen Polizei sestgenommen. Auch der bekannte Kapitänleutnant Manfred von Killinger ist im Ostseebad Prerow wieder festgenommen und nach Berlin gebracht worden. Eine Gruppe von Leuten soll das Attentat gegen Rathenau auf das Genaueste vorbereitet haben. Techow, Fischer und Knauer gehörten zu dieser Gruppe. Die Persönlichkeiten der Verhafteten. Die der Teilnahme an der Ermordung des Ministers Rathenau überführten Personen, die von der Abteil lung I a des Berliner Polizeipräsidiums ermittelt und fest genommen wurden, sind: 1. Kaufmann Richard Schütt in Berlin, 2. Kaufmann Franz Diestel in Berlin, die Besitzer der Autogarage, in welcher der znr Mordtat be nutzte Kraftwagen untergebracht war. 3. der Gymnasiast Gerd Techow in Berlin. 4. Student Willy Gün ther in Berlin. 5. Gymnasiast HeinzStuben rauch in Berlin. Der Gymnasiast Techow ist der Bruder des Mittäters Ernst Werner Techow. Gerd Techow, Günther und Stu benrauch waren die Mitwisser bzw. Urheber des Mord plans. Schütt und Diestel waren Mitwisser bzw. Begün- stiger des Mordes. Die Rolle des Willy Günther. Besonders belastet erscheint der Student Willy Günther. Ihm soll die Mitwisserschaft sowie die Bei hilfe zum Morde bereits nachgewiesen sein. Günther war sowohl bei den Vorbesprechungen, die sich um den Plan des Mordes drehten und die in einem Berliner Vorort statt fanden, anwesend, als auch den Täter in jeder Weise be hilflich. Er hat für den Mörder Techow die Garage aus findig gemacht, in der das von auswärts kommende Auto mobil, das bei der Mordtat benutzt wurde, untergestellt werden könne. In alle Einzelheiten der geplanten Tat war er genau eiugeweiht. Nach dem amtlichen preußischen Presse- d i e nstwar Günther während des Kapp-Putsches im Vor zimmer des Generals v. Lüttwitz bei Oberst v. Bauer als Ordonnanzoffizier tätig- Günther ist Mitglied des Bun des der BusrechLen, dSs Deutschbundes, des Deutschen Offizierbundes, des DeuLschnationalen Jugendbundes. Er soll bei der Abfahrt des Mordautos zugegen gewesen sein. Im Besitze des Günther, der sich aus seine nähere Bekannt schaft mit führenden Persönlichkeiten bezog, ist eine Reihe von Briefen gefunden worden, aus denen hervorgeht, daß Günther in gesellschaftlichen und politischen Beziehungen zn Hervorraaenden Leutes aestanden bat. So wurden Briefe von Helfferich, Ludendorff, Jagow, Westarp gefunden. Die Verhaftung Günthers und dis Durchsuchung bei ihm ist auf Veranlassung des Staats kommissars für öffentliche Ordnung erfolgt. Unruhen und Zusammenstöße. In verschiedenen Orten des Reiches kam es im Verlaus dieser Tage Noch zu Unruhen und Gewalttätigkeiten. In Elmshorn drangen junge Leute im Streit mit Schülern in die Bismarckschule und in das Lyzeum ein, rissen die Bilder von Heerführern und andere Gemälde von den Wän den, vernichteten sie und warfen sie aus dem Fenster. Zwei schwarz-weiß-rote Fahnen wurden zerrissen. In Worms wurde die Wormser Zeitung gestürmt und der Redakteur gezwungen, eine Erklärung abzugeben, daß die Zeitung einen am Montag erschienenen Artikel mißbillige und zurücknehme. — Bei den Kundgebungen in Löbau (Sachsen) drang die Menge in das Grundstück des Sächsischen Postillon und suchte den Verleger und verantwortlichen Schriftleiter Witte, den sie schließlich ausfindig machte. Als Witte einen Schreckschuß abgab, siel die Menge über ihn her, wobei Witte eine Kopfverletzung davontrug. Witte wurde daun auf einem Wagen durch die Straßen gefahren, bis er im Amtsgericht Ausnahme fand. In Nordheim zog eine Anzahl Demonstranten zum Gesundbrunnen, um Vie vom Junadeutschen Orden veran staltete Aufführung der „Hermannschlacht" zu unterbinden. Hierbei kam es zu Zusammenstößen zwischen den Demon stranten und den Ordensbrüdern, wobei auch das Hotel „Zur Sonne" schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. politische Rundschau. Deutsches Reich. Zur Reform der Außenhandelsstellen. In der letzten Sitzung des Außenhandelsausschusses der Außenhandelsstelle für den Exporthandel wurden K.ommissionen gebildet, welche die Herabsetzung des Devisenablieferungssolls der Firmen des Exporthandels, die Vereinheitlichung der Vorschriften über die Valuta- sakturierung, die Stellung der Einkaufskommissiouäre unter dem System der Ausfuhrkontrolle, die Behandlung der Firmen mit eigenen Niederlassungen im Ausland so wie Vie Frage der Verlängerung einmal erteilter Ausfuhr bewilligungen unter dem Gesichtspunkte der Wahrung der Vertragstreue prüfen sollen. Der Mangel an Ein heitlichkeit in den Bestimmungen über die Ausfuhr- kontrolle wurde lebhaft besprochen und beklagt. Große Sachleistungen für Frankreich? In der französischen Kammer soll ein Gesetzentwurf eingebracht werden, durch den die Regierung aufgefordert wird, mit Deutschland über ein Abkommen zu verhandeln, um gemäß dem Versailler Friedensvertrag die Lieferung indirekter Reparationen in natura abzuschließen. Durch dieses Abkommen soll die Möglichkeit geschaffen werden, große öffentliche Arbeiten auszuführen und die wirtschaftlichen Hilfsmittel Frankreichs und seiner Kolonie zu verbessern. Gerüchte über süddeutsche Sonderpolitik. Das Pariser Blatt „Victoire" berichtet, es verlaute, oaß der frühere Kronprinz Rupprecht von Bayern vor einiger Zeit nach Paris gekommen sei, um das Terrain für die Durchführbarkeit einer Separationspolitik zu son dieren. Das Blatt sagt, einige französische Politiker halten an dem Traum einer Zertrümmerung der deutschen Ein heit fest und würden aus einer solchen Hoffnung heraus die Wiederherstellung des Königtums in Bayern nicht un gern sehen. Nach ihren Plänen müßte dann Österreich mit dem neuen Königreich Bayern vereinigt werden, damit ein süddeutsches katholisches Reich dem protestantischen Norddeutschland gegenüberstände. Das Blatt selbst erklärt diesen Traum für ein Hirngespinst. Die deutsche Einheit sei endgültig gesichert und könne nicht mehr zerbrochen wer den. Die Gerüchte selbst scheinen überhaupt sehr zweifel hafter Art zu sein. Deutsch-Österreich. X Gegen den Gewaltfrieden — für den Anschluß. An läßlich des dritten Jahrestages der Unterzeichnung des Friedens von Versailles veranstaltete die deutschvölkische Studentenschaft in Wien in der Universität in Anwesen heit vieler Mitglieder des akademischen Senats und der Rektoren der Hochschulen eine Kundgebung gegen den Gewaltfrieden. Professor Schwind wies auf die Lebcns- unfähigkeit Österreichs als selbständigen Staatengebildes hin und erklärte, daß der Anschluß an Deutschland un bedingt kommen müsse, weil er eine Notwendigkeit sei- Es wurde eine Entschließung angenommen, in der es heißt: „Wir wollen nicht eher ruhen, bis der Versailler Frieden einem Frieden der Gerechtigkeit Platz gemacht hat, der vor allem den Zusammenschluß aller deutsche« Stämme zu einem großen deutschen Vaterlande gewährleistet." Frankreich, X Das Streben nach dem Rhein. Ein Artikel des „Echo de Paris" beweist erneut, wie unermüdlich trotz aller sonstigen Verhandlungen die Franzosen ihre Augen nach dem deutschen Rheinsirom gerichtet halten. In diesem Artikel wird von dem leitens Frankreich wiederholt bean-