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geb LU, die meinten, bei dieser Gelegenheit ihren ablehnen den Standpunkt der Republik und dem Reichspräsidenten gegenüber zum Ausdruck bringen zu müssen. Reichspräsi dent Ebert ist bei seinem Besuch in ^München nicht als Par teimann, sondern als Vertreter des Reiches aufgetreten. Staatsautorität ist eine Notwendigkeit für jeden Staat ohne Rücksicht aus dessen Verfassungsart, ob Republik oder Monarchie. Jeder, der die Staatsautorität schädigt, schä digt den Staat und sich selbst. In diesem Sinne ist der Reichspräsident Ebert als Repräsentant des Reiches auch in Bayern von der bayerischen Staatsregierung, von der Stadt München und von den Vertretern der verschiedensten politischen Parteien und Ständen begrüßt und geehrt worden. * Rußland. X Die Beurlaubung Lenins. Das Geheimnis über den Zustand Lenins ist jetzt durch eine amtliche Erklärung der Räteregicrung gelüftet. Tie Erklärung sagt: Der frühere Vorsitzende des Rates der Volkskommissare Wladimir Jljitsck Lenin (Uljanow) leidet an schwerer Ermüdung, deren Folgen noch durch eine Vergiftung verschärft worden sind. Um wieder leistungsfähig zu werden, muß Genosse Lenin sich längere Zeit, mindestens bis zum Herbst, von. den Staatsgeschäften zurückziehen und auf jede Tätigkeit verzichten. Seine Rückkehr zur politischen Arbeit nach einer längeren Ruhepause ist wahrscheinlich, da nach Ansicht me dizinischer Autoritäten eine Wiederherstellung und Wieder- gewinmrng seiner Kräfte möglich ist. Aus Zn- und Ausland. Beuthen. Nach dem deutsch-polnischen Mkommen über Oberschlesien sind die Präsidenten der gemischten Kom mission und des Schiedsgerichts von den Bevollmächtigten der deutschen und der polnischen Regierung in ihr Amt ein zuführen. Zum deutschen Bevollmächtigten ist Staatssekretär z. D. Dr. Lewald bestellt. Goslar. Nach einer offiziellen Mitteilung des Magistrats hat der Reichspräsident sein Erscheinen zur Tausend jahrfeier der Stadt Goslar zugesagt. Die Hauptfesttage sind der 1. und L Juli. Haag. Die zweite Vollsitzung der Haager Konfe renz, die unter dem Vorsitz des Jonkheers van Karnebeck im Friedenspalast stattfand, beschäftigte sich mit der Organi sation der Kommission für die russischen Angelegenheiten. Paris. Die Reparationskommission hat das Abkom men Bemelmans über die Sachleistungen, das am 27. Februar 1922 in Berlin unterzeichnet wurde, endgültig rati fiziert. Dem Deutschen Reichstag ist das Abkommen zur Ratifikation ebenfalls zugegangen. Paris. Die französische Kammer nahm mit 478 gegen 89 Stimmen eine Tagesordnung an, durch welche sie die Erklä rungen der Regierung über die landwirtschaftliche Erzeugung billigt und ihr das Vertrauen ausspncht. London. Poincarö ist mit seiner Gattin in Lon don eingetroffen. Ein offizieller Empfang fand nicht statt. Rom. In Anbetracht der Tatsache, daß der als neues deutsches Botschaftsgebäude ausersehene Palazzo Vidoni dauernd nicht beziehbar sein wird, hat die deutsche Regierung vorbehaltlich des Rückkaufrechts des italienischen Staates die in kurzem beziehbare Villa Wolkonsky bei der Porta San Giovanni erworben. Moskau. Im Prozeß gegen die Sozialrevolutio- näre haben die ausländischen Sozialisten die Verteidigung wegen Behinderung ihrer Verteidigungsmöglichkeit durch die russischen Gerichte niedergelegt. Deutscher Reichstag. (228. Sitzung.) 6L. Berlin, 17. Juni. Die heutig« Sitzung begann mit der Ersatzwahl für den verstorbenen Schriftführer, den Abg. Nacken (Zentrum). Durch Zuruf wurde der Abg. Schwarz-Hessen (Zentrum) «um Schriftführer gewählt. Darauf wurde der Gesetzentwurf, durch den die Schöffen, Geschworenen und Vertrau- enspersonen eine angemessene Entschädigung erhalten sollen, in zweiter und dritter Beratung angenommen. So dann wurde das Wiesbadener Abkommen und das Gräfin Latzbergs Enkelin. 25) Roman von Fr. Lehne. (Nachdruck verboten.) „Was tun Tie denn da?" srug Herr von Stein hagen das junge Mädchen. Spielend nahm er einen der Strümpfe in die Hand. „Ich will die Strümpfe ausbessern," entgegnete sie leise und verlegen. Aergerlich warf er das dünne, seidene Gewebe von sich und runzelte die Brauen. „Ah, sehr interessante Beschäftigung — für Ihre Abendstunden!" wollte er noch hinzusetzen; doch brach er kurz ab und sprang wieder auf. Mit heftigen Schrit- ten durchmaß er das Zimmer, blieb an einem Tischchen stehen, auf dem Bücher lagen. Er blätterte darin, las die Titel und klappte sie sehr geräuschvoll wieder zu Yvonne beobachtete ihn ängstlich. Er sah so streng, fast finster aus. Jetzt wandte er sich wieder zu ihr. „Ich habe Ihnen noch garnicht für Ihr Liedchen von vorhin gedankt." Bescheiden wehrte sie ab; es sei nicht der Rede wert. „Wo sind die Damen heut'?" „Zur Geburtstagsfeier bei Frau Konsul Beth mann!" „Ah — gut! Wollen Sie bitte ausrichten, daß ich bedaure, die Damen nicht getroffen zu haben und sie dafür kommenden Sonntag draußen in Steinhagen erwarte!" „Sehr gern will ich das bestellen, doch fürchte ich" „Nun — was?" „Tie Damen sprachen davon, am Sonntag zur Nach feier des Geburtstages mit Herrn und Frau Konsul sowie noch anderen Herrschaften einen Ausflug mit dem Auto nach der Eschenburg zu machen." „So? Trotzdem aber erwarte ich die Damen bei mir. Wollen Sie das bestellen? Und Sie kommen ebenfalls mit." „Sehr gern, falls es die gnädige Frau gestattet." „Wenn ich Sie einlade? Na, ich werde morgen noch telephonieren. Was wollen Sie denn sonst den lieben, langen Sonntag machen? Wohl weiter stopsen?" fragte er mit grimmigem Humor. „Also leben Sie wohl und übermorgen auf Wiedersehen!" Er hielt ihr seine Rechte hin, unbefangen legte sie ihre Hand hinein, auf die er, gutmütig lächelnd, blickte. Wie ein verlorenes Blumenblatt lag sie in seiner gro ßen, kräftigen Hand. Etwas länger wohl als nötig hielt er die feinen Fingerchcn Yvonnes fest, und zö gernd ließ er sie endlich fallen. Mit einem langen Blick umfaßte er noch einmal das liebliche Mädchen, ehe er das Zirnmer verließ. Bemelmans-Abkommen ohne Aussprache an den Auswärtigen Ausschuß und den Ausschuß zur Ausführung des Friedensvertrages verwiesen. Die Zwanqsanleihe, oas Gesetz zur Änderung der Einkommensteuer und die Anträge der Deutschnationalen und der Deutschen Volkspartei auf Änderung der Erbschaftssteuer sollen gemeinsam zur ersten Beratung kommen. Abg. Hoellein (Komm.) wandte sich bei dieser Gelegen heit gegen die Steuerpolitik der Regierung und machte der Sozialdemokratie den Vorwurf, daß sie ihren Parteigenossen, Reichswirtschaftsminister Schmidt, bei seiner Forderung der Erfassung der Sachwerte schmählich in Stich gelassen hat. Jetzt will der Arbeitsminister den Ärmsten der Armen auch noch die Kosten der Arbeitslosenversicherung aufbürden. In Königsberg meutert die Reichswehr, in Hamburg hat bereits das zweite Bombenattentat aus kommunistische Zeitungen stattgefunden. (Lachen rechts und Rufe: „Kommen Sie uns doch nicht mit solchen Scherzen! Die Attentate haben Sie ja selbst gemacht!") „Mit Ihnen, Herr Graef," fuhr darauf der Redner fort, „Sie Oberverbrecher, gebe ich mich überhaupt nicht ab!" Präsident Loeüe wies diesen Ausdruck als unparlamen tarisch zurück. Die erste Beratung der Zwangsrnleihe und der damit verbundenen Anträge war damit beendet und sämt liche Vorlagen wurden dem Steuerausschuß überwiesen. Nunmehr folgte die Fortsetzung der Beratung über die Schlichttmgsordmmg. Abg. Malzahn (Komm.) bezeichnete die Einbringung der Vorlage kurz vor dem Gewerkschaftskongreß als eine Heraus- forderung der Arbeiterschaft. Nicht die gewerkschaftsfeindliche Vorlage der Regierung känn für die Regelung der Arbeits verhältnisse entscheidend sein, sondern der freie Wille der ver einigten Gewerkschaften. Das Antistreikgesetz, unter dem stolzen Namen „Schlichtungsgesetz", muß in die Wolfsschlucht geworfen werden. „ , Damit war die erste Beratung zu Ende und die Vorlage wurde dem sozialpolitischen Ausschuß überwiesen. Daraus vertagte sich das Haus auf Montag. Nah und Fern. O Die deutsche Postagentur auf der Schneekoppe bleibt ^ bestehen. Nachdem der Pächter der beiden Koppenhäuser sich bereit erklärt hat, die Postagentur wieder zu über nehmen, hat die Postverwaltung ihren Plan, sie zu schlie ßen, wieder fallen gelassen. Das Weiterbestehen dieser „höchsten" preußischen Postagentur ist im Interesse des Verkehrs und aus nationalen Gründen (da die tschechische Postverwaltung eine Postagentur in der böhmischen Baude unterhält) zu begrüßen. O Verheerende Feuersbrunst auf Long Island. Nach einer Meldung aus Newyork ist in Avenue auf Long-Js-, land eine Feuersbrunst ausgebrochen, die 500 Villen uno-" -Wohnhäuser zerstört hat. 20 000 Einwohner sind obdach los. Der Schaden wird auf vier Millionen Dollar ge schätzt. Neueste Meldungen. Die Zahl der in Gefangenschaft gestorbenen Soldaten. VL Berlin. Der Neichstagsabgeordnete Dr. Cremer hat an die Regierung folgende Anstage gerichtet: Nachrichten aus Paris zufolge hat der französische Minister für Pensionen aus eine Anfrage, wieviel französische Soldaten in Gefangenschaft gestorben feien, deren Zahl auf 18 882 angegeben. Wieviel deutsche Soldaten sind in der Gefangenschaft und zwar ») ins gesamt, d) in den verschiedenen damals feindlichen Landern, insbesondere in Frankreich, gestorben? Wie hoch ist der Pro zentsatz der gestorbenen kricgsgefangeiren Soldaten gegenüber der Gesamtzahl der in Kriegsgefangenschaft geratenen? Die österreichische Lage etwas gebessert. 0)^ Berlin. Der Gesandte in Wien, Dr. Pfeiffer, ist in Berlin eingetrossen. Nach seinen Darstellungen ist die Lage in Öster reich schon Wieder etwas ruhiger. Die Not sei zwar überaus groß, doch würden nach seiner Ansicht durch rechtzeitige finan zielle Maßnahmen Katastrophen abgewendet werden können. mecyt ungnädig nahm Frau von Steinhagen am anderen Morgen die Einladung auf. „Haben Sie denn nicht gesagt, daß wir für Sonn tag schon versagt sind?" herrschte sie Yvonne cm. „Allerdings, gnädige Frau!" Daß auch sie cingeladen war, wagte Yvonne an gesichts der schlechten Laune der Gnädigen gar nicht zu sagen. „Ja, ich danke! Den ganzen Tag Steinhagen zu genießen, das geht über meine Kraft!" rief Konstanze-. „Um so mehr, da die Autotour so schön zu werden ver spricht! Wir telephonieren einfach ab, wenn uns der gestrenge Herr, anklingeln sollte! Ueber acht Tage ist ja auch noch ein Sonntag, wo wir ihn mit unserer Ge genwart beglücken können!" Sie reckte und dehnte ungeniert ihre üppige Ge stalt und gähnte vernehmlich. „Fein war's gestern! Die Bethmanns verstehen zu leben. Der Alte ist ein fach zum Kugeln! Ob Kora Bethmann nicht eine Frau für Lothar wäre?" „Wo denkst du hin, Konny! Sie würde sich da draußen zu Tode langweilen, dieses schicke, elegante Ding. Nein, nein!" „Da hast du recht! Ich meinte auch hauptsächlich von wegen hier!" Und sie machte dabei ein Geberde des Geldzählens. „Wie die beiden nachher miteinander auskommen, kann uns ja gleichgültig sein." Sie stand auf und ging eine leichte Operettenmelo die trällernd, im Zimmer umher, während Yvonne das Kaffeegeschirr zusammennahm. Plötzlich schlug sie sich vor die Stirn und blieb stehen. „Heiliger Bimbam, Mama, du — unsere Partie muß doch ins Wasser füllen. Lothar hat ja Sonntag Ge burtstag und der selige Papa auch — und im vorigen Jahre hatte» wir es auch schon vergessen. Herrgott, wie würde ihn das kramen. Schließlich muffen nur cyn uns doch bei guter Laune erhalten, den geliebten Bru der! Doch zu !>»mm — wie drehe ich es nur an — dann müssen Bethmanns eben die Tour bis Montag aufschieben. Ich werd' gleich mal hingehen! 's wird sich schon machen lassen, denn Herr von Marschall paßte es Sonntag gar nicht besonders." „Ein Glück, daß dir das noch eingefallen ist Konnh! Nun haben wir noch gar kein Geschenk." „Das ist das wenigste, da findet sich schon was! Eine Dose Kaviar, Bücher oder sonst dergleichen," und fi» summte vergnügt vor sich hin. „Wie alt wird Lothar eigentlich?" „Wart' einen Augenblick — mal rechnen! Sechs unddreißig Jahre! Alter Knabe. Er wird schon be denklich grau!" Yvonne war innerlich empört über die Art und Weise, in der über Lothar gesprochen wurde. Er, der sich für Mutter und Schwester so quälte, von dem al les kam. was hier genossen wurde." Die Räumung Kreuzvurgs. Oppeln. Die italienischen Truppen haben Kreuzburg ver lassen. Der Flaggenwechsel hat stattgefunden und die deutsch« Regierung die Regierungsgewalt übernommen. Die Abstim- muugspolizei nruß anfgäöst werden, sobald Oberschlrsten an die beiden Teilhaber übergeht. Der preußische Wunsch, die Ab stimmungsbeamten sofort als Polizeibeamte zu verwenden, ist abgelehnt worden, doch werden diejenigen Mitglieder der Apo, die sich bei der Schutzpolizei melden, ausgenommen werden. Wir haben das Recht, so viel Polizei dort zu halten Wie 1913- Unwetter an der Nahe. Kreuznach. Im Hunsrück und Nahegebiet gingen mehrere Wolkenbrüche nieder, wie st« die Gegend dort noch nie erlebt hat. Auf weite Strecken ist die Erde ganzer Äcker wegge schwemmt worden. In den Dörfern und Städten liegt das Geröll vor den Häusern teilweis« meterhoch. Man berechnet den Schaden im ganzen Gebiet auf viele Millionen Mark. Rigaer Eisenbahnkonferenz unter Teilnahme Deutschlands, vü Riga. Zu der hier tagenden Eisenbahnkonferenz der bal tischen Stalen und Sowjetrußlands sind auch Vertreter der Eisenbahndirektion Königsberg als Bevollmächtigte des deut schen Reichsverkehrsmimsieriums hier eingetrossen. Es handelt sich um die Regelung des russischen Durchgangsverkehrs und der Transportfragen von Deutschland nach den baltischen Staaten. Weltkongreß gegen den Krieg. Amsterdam. Der Internationale Gewerkschastsbund will, entsprechend den Beschlüssen des Kongresses von Bern, eine energische Aktion gegen den Krieg einleiten und für Anfang Dezember euren Weltkongreß gegen den Krieg nach Amsterdam einberufen, zu dem nicht nur die Gewerkschaftsorganisationen, sondern alle Arbeitervereinigungen und pazifistischen Organi sationen eingeladen werden sollen. Schweres Eisenbahnunglück kn England. London. Bei einem Bahnübergang in der Nähe von Swansea fuhr eine Lokomotive auf einen mit 20 Arbeitern be setzten Lastkraftwagen. Sieben der Insassen des Automobils wurden auf der Stelle getötet, alle übrigen verwundet, darunter vier schwer. Der Stuttgarter Rembrandt-Diebstahl aufgeklärt. Oü London. „Everling News" melden, daß das unlängst in Stuttgart gestohlene Rembrandt-Gemälde „Apostel Paulus im Gefängnis" nach London gebracht wurde. Das Bild wurde Londoner Kunsthändlery zum Kauf angeboten. Italienisch-albanischer Zwischenfall. Rom. Aus Durazzo laufen Meldungen ein, wonach in Albanien die gewalttätigen italienseindlichen Kundgebungen zu nehmen. Das italienische Postamt in Durazzo wurde von al banischen Soldaten angegriffen. Dabei wurde das Wappen schild heruntergerissen und die Fensterscheiben zerschlagen. Der Minister des Äußern Schanzer legte energischen Protest ein und verlangte ausreichende Genugtuung. Ans Stad1_und Laad. Wilsdruff, am 19. Juni, — Für die Postbezieher des „Wilsdruffer Tageblattes". Der Briefträger kommt in diesen Tagen, um Bestellungen für das „Wilsdruffer Tageblatt" für das 3. Vierteljahr (Juli, August, September) entgegenzunehmen. Cs ist ratsam, um keine Verzögerung in der Zustellung eintreten zu lassen, den Bezugspreis bereit zu halten. Wem die einmalige Zahlung des Bezugspreises für das ganze Quartal Schwierigkeiten bereitet, sollte sich wenigstens das Bezugsrecht für einen Monat weiter sichern. Der Bezugspreis wird jedem angemessen erscheinen, der berücksichtigt, daß die Verteuerung des Papierpreises und aller anderen Rohmaterialien und Geschäftsunkosten gerade in den Zeitungsbetrieben große Fortschritte gemacht hat. Alle deutschen Zeitungen mußten ihre Bezugspreise erhöhen. Bei den großstädtischen Blättern ist die Verteuerung um ein Be trächtliches höher als bei dem „Wilsdruffer Tageblatt", das die Verbindung mit seinem Leserkreis, mit Haus und Familie trotz der schwierigen Lage des Zeitungsgewerbes in dem alten Km° Das Stubenmädchen meldete: „Der gnädige Herr ist am Telephon. Er wünscht die Damen zu sprechen." Konstanze eilte hinaus und kam nach wenigen Mi nuten lachend zurück. „Es stimmt, Mama, morgen um zehn Uhr schon soyen wir antveten. Mademoiselle ebenfalls. Hören Sie? Das Kalb wird auch schon geschlachtet, uns wiir- big zu bewirten." „Da spotte nicht, Konny. Mamsell Rika kocht wirk lich vorzüglich; sie ist eine Perle!" „Was wirds geben? Schleie mit Butter, gebratene Enten, dann Schlagsahnenpfirsiche — das ist doch das Uebliche — und Kuchen bis zur Bewußtlosigkeit! Wenn er doch einige nette Bekannte einladen wollte. Es kommt aber niemand, ich hab' extra gefragt! So, wir zu viert, das kann lustig werden! Mademoiselle, Sie helfen mir Wohl ein wenig bei der Toilette, ich muß fort." * * * Der Sonntag war angebrochen, ein strahlend schö ner, warmer Spätsommertag. Yvonne war fröhlich, wie lange nicht; sie freute sich, daß sie einmal etwas anderes hatte. Bis jetzt war sie jeden Sonntag dazu bereit gewesen, zu Hause zu bleiben. Mit vollem Behagen genoß sie die Fahrt, wäh rend Mutter und Tochter gelangweilt in den Polstern zurückgelehnt lagen, der Schönheit les Morgens nicht achtend. „Da ist Steinhagen" sagte Konstanze. „In weni gen Minuten sind wir da." Der Hausherr empfing feine Gäste schon draußen :m Hof; er öffnete den Wagenschlag und war ihnen beim Aussteigen behilflich. Liebenswürdig gratulierte man ihm, und schelmisch hielt ihm Konstanze ein Paketchen unter die Nase. „Da, die selbstgestickten Morgenschuhe und dito Hosenträger!" lachte sie. Schüchtern brachte ihm Yvonne ebenfalls ihre Glück wünsche dar. Er drückte ihr aufmunternd die Hand. „Ich freue mich, daß Sie mitgekommen sind, kleines Fräulein!" Knicksend begrüßte Mamsell Rika die gnädigen Herrschaften. Mit stolzem Kopfnsigen, sehr von oben herab, dankte Frau Agathe, in ihrem schwarzen Taft kleide an ihr vorbeirauschend. Yvonne war ihr beim Ablegen des Hellen, eleganten Wagenmantels behilf lich, und Lothar führte seine Gäste dann über die Diele ins Eßzimmer. „So, jetzt wollen wir frühstücken; die Fahrt wird euch hungrig gemacht haben!" In dem großen, nicht hohen Raume standen die Fenster weit offen, und die goldene Sonntagssonne, ge dämpft durch das noch dichte Laub hoher Lindenbäume strömte berein.