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MsdrufferNMatt Fernsprecher Wilsdruff N.. 6 Wolhenblütk fÜl Wllsd ruff UNd ilMgegLNd Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Werterer »«» Dn«»er: Arthur 8 sch »« » e i« WU«dr»ff. Verantwortlicher Schriftleiter: Herman« Lässig, für de« Inseratenteil: Arthur Asch««»«, beide in WUedrnA Nr. 147 Dienstag de» 27. Juni 1S22. 81. Jahrgang Amtlicher Teil Gemäß Z 57 der AusführungSversrdnung zum Wassrrgesetz wird hiermit bekannt, gegeben, daß sich das Wasserarm der Amtshauptmannschast für die Zeit vom I. Januar 1922 bis 31. Dezember 1927 folgendermaßen zusammensetzt: 1. Mitglieder: a) der Amtshaupimann oder sein Stellvertreter, Vorsitzender, b) der Vorstand des Straßen- und Wasserbauamtis oder sein Stellvertreter, c) Rittergutsbesitzer Pietzsch in Groitzsch, 6) Mühlmbesttzrr Clauß in Prositz b. L., e) Privatmann P. Naumann in Weinböhla. 2, Stellvertreter: a) Gutsbesitzer Görne in Dobritz, b) Fabrikbesitzer Fischer in Dobritz (Meißen-Buschbad), c) Fabrikbesitzer Seidel in Munzig. XV Meißen, am 22. Juni 1922. »IS Tie Amtshauptmannschast. Bei der Amlshauptmannschaft wird die Geschäftszeit für die Zeit vom 26. Juni 1922 ab bis auf weiteres für Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag auf 7 bis 12 und V,2 bis i Uhr und Mittwoch und Sonnabend auf 7 bis 2 Uhr festgesetzt. Die Kaffe ift Montags, Dienstags, Donnerstags und Freitags bis 4 Uhr und Mittwochs und Sonnabends bis 1 Uhr nachmittags geöffnet. 50 I. Meißen, am 23. Juni 1922. reit Die Amtshauptmannschast Die diesjährige gemeinsame HauMung der städtischen Pflicht-u. NeiM. RmMhnn findet Sonnabe»d den 1. Juli nachmittags 6 Uhr statt. Alle zum Feuerlöschdienst verpflichteten Personen haben sich um 6 Uhr in vor schriftsmäßigem Anzug bezw. mit vorschriftsmäßiger Binde am Spritzenhause emzufinden. Verspätetes Erscheinen oder unenlschuldigtes Fernbleiben wird gemäß Z 56 d,S Feuerlöschregulativs mit Geldstrafe bestraft. Begründete Entschuldigungen sind bis zu dem Tage nach der Uebung mittags schriftlich bei den Führern anzubring n. Nachträg liche Entschuldigungen sind ungültig. Alle über 30 Jahre alten Feuerwehrleute haben die in ihrem Besitz befindlichen Binden unverzüglich abzugeben. Wilsdruff, am t3. Juni 1S22. Der Stadtrat. Letzter Kartoffelverkauf zuge am 27. Juni im Verwaltungsgebäude, Zimmer 2. Wilsdruff, am 24. Juni 1922. Ter Stadtrat. Meine Zeitung für eilige Leser. * Der Reichsminister des Äußeren, Dr. Walter Natheoau, ist am Sonnabend vormittag in Berlin von drei Minnern in seinem Automobil durch Reoolverschüsse ermordet worden. * JmeRetchstage fand eine Trauerkundgebung für den er- mordeten Minister Rathenau statt. Zwischen den Abgeord- neten der Linken und der Siechten kam es zu höchst erregten Auseinandersetzungen. * Das Reichskabinett beriet über außerordentliche Maß nahmen zum Schutze der Ruhe und Ordnung, die durch das Attentat auf Rathenau schwer gefährdet erscheinen. * Im Preußischen Landtage hielt Präsident Leinert in einer stürmisch erregten Sitzung einen Nachruf auf Rathenau. Walter Rathenau In einer Beziehung herrschte über den so ruchlos er mordeten deutschen Minister des Auswärtigen auf allen Seiten volle Übereinstimmung: daß er ein Mann war von ungewöhnlicher Kultur des Geistes und der Formen, daß er, wenn er sprach, auch immer etwas zu sagen hatte, und daß er kein höheres Ziel kannte, als fruchtbare Arbeit zu leisten und nicht bloß sich an der unsäglichen Klopffechterei zu beteiligen, die heute Trumpf ist auf fo ziemlich allen Wegen und Siegen. Kein Wunder, kam er doch aus den höchsten Bezirken der Industrie, aus denen sein Vater, Begründer und erster Präsident der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft, sich unvergängliche Lorbeeren errungen hatte. Hier, auf diesem Felde der Arbeit groß geworden, konnte er im wesentlichen auf fertig geebneten Wegen weiterwandeln. Schon damals aber legte er Zeugnis dafür ab, daß der Kreis seiner Interessen ungleich weiter gezogen sei. Seine Schriften und Reden aus jener Zeit zeigten hohen Gedankenflug, der manchmal allzu weit sich von der Mutter Erde entfernen mochte, immer aber auf Menschheitswerte eingestellt war, die jedem den sozialen Frieden liebenden Zeitgenossen am Herzen liegen mutzten. Ausgesprochene Männer der Tat pflegten zuweilen über Rathenau zu spötteln: ein Idealist, ein Schwärmer, ein Phantast! Als aber der Krieg aus brach, zeigte sich sofort, datz man ihn verkannt hatte. Die Angst um die ausreichende Versorgung des Heeers mit Rohstoffen lietz ihm keine Ruhe, und bald zeigte es sich, daß hier ein eminent praktisch veranlagter Mann von unge wöhnlicher Tatkraft an eine Stelle getreten war, die ge rade nur ein Industrieller von seinen Maßen und Einsich ten auszufüllen vermochte. Still und lautlos zog er sich wieder von diesem Posten zurück, als die Hauptarbeit ge tan war und er den geschaffenen Verwaltungsapparat ruhig anderen anvertrauen konnte. Den Krieg haben wir freilich trotzdem verloren, aber nicht aus Gründen mangelnder Rohstoffversorgung. Nach her, als es galt, den Wiederaufbau in Angriff zu nehmen, mußten sich die Augen der verantwortlichen Staatsmän ner und Politiker wie von selbst wieder auf Walther Ra thenau richten. Er übernahm das neugeschaffene Mini sterium für den Wiederaufbau und damit einen Posten, der zunächst noch so ziemlich außerhalb der innerpolitischen Schußlinie blieb. Unverkennbar wirkte sich allerdings schon damals sein überragender Einfluß auch jenseits der Grenzen seines eigentlichen Portefeuilles aus, schon um deswillen, weil wir ja einen Überfluß an Kräften ersten Ranges nach Krieg und Revolution nicht gerade zur Ver fügung hatten. Aber noch ehe Rathenau dazu gelangt war, auf dem ihm zugewiesenen Gebiete Schöpferisches zu leisten — schon der hartnäckige Widerstand der Franzo sen lietz ihn nicht dazu kommen — geriet er ohne sein Zu tun in den Strudel einer Ministerkrisis hinein, der ihn ver schlang. Die demokratische Partei, der er sich zurechnete, zog sich vorübergebend von den Regierungsgeschäften zu rück. Aber schon bevor sie wieder offiziell in das Kabinett zurückkehrte, bediente sich die sozialistische Negierung mehr und mehr wieder der .unschätzbaren Dienste eines Mannes, dessen weitverzweigte politische und wirtschaftliche Be ziehungen für den Kampf gegen die unmöglichen Repara- tionslasten des Londoner Ultimatums schwer oder gar- nicht zu entbehren waren. Rathenau gab sich in vielfachen mühseligen Verhandlungen die erdenklichste Mühe, Vor arbeit für einen allmählichen Abbau des Versailler Ver trages zu leisten, bis er schließlich, mit auf Grund der da bei gewonnenen Erfahrungen, zum Minister des Auswär tigen ernannt wurde. In dieser Eigenschaft endlich konnte er unmittelbare amtliche Verhandlungen mit den fremden Negierungen aufnehmen, wobei er insbesondere den Ab schluß von Sachlicferungensverträgen anstrebte, die dazu bestimmt sein sollten, für das Übermaß unserer Zahlungs verpflichtungen erträglichere Formen zu finden. über Wiesbaden und Cannes führte ihn sein Wen nach Genua. Zu Erfolgen oder zu Mißerfolgen — wer möchte das heute schon zu entscheiden wagen? Rathenau hat in allen diesen Stadien seiner Amtstätigkeit der stillen, möglichst unauffälligen Arbeitsmethode den Vorzug ge geben, und er war mit seinen Ministerkollegen wie über wiegend auch mit den Mehrheitsparteien fest davon über zeugt, daß er so allmählich, zwar ganz allmählich aber doch sicher, das berühmte „Tor des Freien* finden werde. Wie er dabei auch sensationellen Entschließungen, auch wenn sie nach seiner Überzeugung durch die internationale Lage geboten waren, nicht aus dem Wege ging, hat der Nussen- vertrag von Rapallo zur Überraschung der ganzen Welt er wiesen. Und an diesem Mittwoch erst, drei Tage vor der ruchlosen Tat, der er zum Opfer gefallen ist, hat er im Reichstag eine Rede gehalten, wie man sie aus dem Mund eines deutschen Regierungsvertreters schon lange nicht ge hört hatte. Schlimm genug, daß dies ein Schwanengesang sein mußte. Denn man durfte der Hoffnung leben, daß der Respekt, den Walther Rathenau sich auch im Altslande durch seine große Klugheit und sein gefestigtes Wesen er rungen hatte, sich den deutschen Interessen, je länger desto mehr nützlich erwiesen hätte. Nun er aus der Reihe der Lebenden gestrichen ist, hat nicht nur die deutsche Republik, hat auch das deutsche Volk den Verlust eines Mannes zu beklagen, der sich den wenigen Volksgenossen zuzählen konnte, die von einem alle Parteiprogramme überragenden Standpunkt aus den Menschen und den Dingen dieser Welt gerecht zu werden suchten. An der Trauer um ihn muß jeder teilnehmen, der die Sorge um Leben und Zu kunft unseres Volkes auf dem Herzen trägt- Dr. Sv. * * * Der Lebensgang des Ermordeten. Der so jäh aus seiner Amtstätigkeit herausgerissene Außenminister stand im 55. Lebensjahre. Geboren in Berlin am 29. September 1867 als Sohn des Begründers der All gemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft, studierte er in Berlin und Straßburg Physik und Chemie. 1893 bis 1899 leitete er die Elektro-Chemischen Werke in. der Schweiz, für die er bedeu tende Anlagen u. a. in Polen und Frankreich baute. 1902 wurde er Direktionsmitglied der Berliner Handelsgesellfchast und bereiste im Gefolge des Staatssekretärs Dern burg 1907 und 1908 die deutschen Kolonien in Afrika. Bei Kriegsaus bruch gründete er die Rohstosfabtei- luug im Kriegsministerium. 1915, nach dem Tode seines Vaters, wurde er Präsident der AEG. Im Mai 1921 übernahm er im Kabinett Wirth das Amt eines Wiederaufbaumi nisters. Als solcher schloß er mit Loucheur das sog. Wiesbadener Ab kommen. Nach seinem Austritt aus dem zweiten ^Kabinett Wirth vuev er inoffizieller Berater des Kavinetts. Novemver 1921 ging er zu Besprechungen mit Lloyd George nach Lon don, vertrat im Januar 1922 das Deutsche Reich in Cannes und wurde nach seiner Rückkehr von dort, Ende Januar, zum Reichsminister des Auswärtigen ernannt. In dieser Eigen schaft führte er mit dem Reichskanzler Wirth gemeinsam die Verhandlungen niit den Alliierten auf der .Konferenz zu Genua und schloß dort mit den russischen Sowjctdelegierten den Vertrag von Rapallo. -r- . Wie der Mord geschah. Berlin. Minister Rathenau fuhr in Begleitung einer Dame in seinem Privatauto, das von seinem Chauffeur geführt wurde, die Königsallee in Richtung Halensee ent lang. Aus einem vorbeikommcnden Auto, das ungeblich von drei jungen Leuten besetzt war, fielen mehrere Schüsse. Minister Rathenau war sofort tot. Die Leiche wurde nach seiner Wohnung transportiert. Nach einer weiteren Mel dung soll nach der Abgabe der Schüsse noch eine Hand granate geworfen worden sein. Berlin. Reichsminister Rathenau wollte um 11 Uhr eine Konsulatsprüfung im Auswärtigen Amt vornehmen. Er war kurz vor 11 Uhr von seiner Wohnung Königsplatz 65 abgefahren. Vier Minuten später kehrte das Auto be reits mit seiner Leiche zurück. Beim überholen des Autos Dr. Rathenaus gaben die Mörder etwa 10 Schüsse ab und warfen eine Stielhandgranate. Ein Schuß durch den Mund war tödlich. Der Tatort ist die wenig belebte Ecke Erdener Straße—Königsplatz. Bctsin. Der Polizeipräsident Richter, der Chef der Kriminalpolizei Oberregierungsrat Hoppe und sein Ver treter Negierungsrat Dr. Hagemann begaben sich mit einem Stabe von Kriminalbeamten an den Ort des Atten tats auf den Reichsminister Rathenau, um dort persönlich die ersten kriminalpolizeilichen Feststellungen zu machen. Für die Ergreifung der Täter wird eine außergewöhnlich hohe Belohnung in Kürze ausgesetzt werden. Berlin. RathenauS Wagen hatte in der KönigSalle« 100 Meter zurückgclcgt, als ein in einer Seitenstraße hal tendes offenes Auto, in dem drei Mnäner saßen, in die Königsallee einbog und in raschem Tempo dem Minister wagen folgte. Am Kurmärkerplatz an der Ecke der Wallot straße und Kvnigsallee mußte der Wage» des Ministers stoppen, und der nachfolgende Wagen überholte dann den Wagen des Ministers. Im selben Augenblick hörte man eine Anzahl Schüsse fallen und sah Dr. Rathenau mit dem Kopf nach hinten übersinken. Berlin. In dem Auto der Attentäter befanden sich auf dem Sitz des Chauffeurs und im Innern drei junge, etwa 28 Jahre alte, schlanke Männer. Alle vier hatten auf fallend neue graue Ledermnätel und Lederkappen, bis zur Unkenntlichkeit in das Gesicht hineingedrückt. Die Arbeiter eines Baues am Tatorte, die als Augenzeugen in Betracht kommen, wurden durch den Luxus dieser Lederanzüge auf den Kraftwagen aufmerksam gemacht. Einer der Insassen des Autos erhob sich und griff unten zum Sitz seines Vor dermannes, holte eine etwa halbarmlange Maschinen-' Pistole heraus und richtete sie auf das Fahrzeug Nathe- naus, dem sie sich vollkommen genähert hatten. Jnnerhalh einer Minute gab der eine etwa 6 bis 7 Schüsse ab. Die Beerdigung. Die hochbetagte Mutter des Ermordeten hat den Wunsch geäußert, daß ihr Sohn nicht in den Reichstag gebracht werde, sondern daß die Beerdigung in.möglichster Stille vom Trauer hause aus stattfindcn solle. Dr. Walter Rathenau wird im Erbbegräbnis der Familie in Oberschöneweide beigesetzt, bei den Fabriken der A. E. G., bei dem gewaltigen Kabelwerk an der Oberspree ist für den rastlosen Mann die letzte Ruhe bereitet worden.