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Fernsprecher Wilsdruff 7K . 6 Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Dresden 2640 dem Iahre 4S44 Erscheint seit Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrat« zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger »nd Drucker: Arthur Zschunke t« Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. ZnseNionspre!« Ml. für die S gespaltene Karpupzetle oder deren Raum, Reklamen, die r spaltlge KerpuHelle M, Bel Wiederholung und Iahresoufirag entsprechender Preisnachlaß. Bekanntmachungen im amtlichen Teil <nur »on BehSrden, di- r gespaltene Korpuszelle Ml. Nachweisungs-Gebühr ZV pfg. Anzeigenannahme dis vormittag« 1V Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir kein- Garantie. Feder Rabatt, anspruch erlischt, wenn der B«tr-g durch Klage -ingez»ir-n werden muß oder der Auftraggeber ln Konkurs gerät. Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn« und Festtag« nachmittags S Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis bei Selbsiabholung monatlich Mk., durch unsere Austräger zugetragen in der Stadt monatlich Ml., auf dem Land- Ml., durch die Post bezogen oierteliährstch Ml. mit Zustellungsgebühr. Aste Postanstalten und Postboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Fm Faste höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Nr. 134 Kleine Zeitung für eilige Leser. * Der amerikanische Finanzier Morgan soll es für nutzlos halten, die Frage einer deutschen Anleihe weiter zu studieren, so lange Frankreich in seinem Widerstand beharrt. * Reichskanzler Dr. Wirth sagte in Stuttgart bei einer Unterhaltung über die Wahl des Reichspräsidenten, daß diese Frage jetzt nach Erledigung der oberschlestschen Angelegenheit zur Beratung gestellt werde. * Die Kosten der von Deutschland zu tragenden Rheinland besatzung betrugen bis Ende März 1922 fast sechs Milliarden Goldmark. * Zwischen Deutschland und Rußland soll ein Konsulats vertrag abgeschlossen worden sein. * Die Wiedereröffnung des Reichstages soll bis zum 30. Juni hinausgeschoben sein. * In Moskau hat der Prozeß gegen die Sozialrevolutio näre, die von den Sowjetanhängern des Verrats beschuldigt werden, begonnen. Amerikanische Schmerzen. Man hat es sich angewöhnt, heutzutage, im Milliar- denzeitalter, immer gleich mit Hunderttausenden nur so um sich zu werfen, und so gilt es schon seit langem in Deutschland als ausgemachte Sache, daß wir in diesem Sommer die beneidenswerten Dollarbesitzer von jenseits Les Großen Wassers in einer Anzahl von rund dreimal hunderttausend zum Besuch er halten würden. Von keiner Seite wurde daran gedacht, diese schönen runden Ziffern einer vorsichtigen Nachprüfung zu unterziehen, und es ging wie ein Rausch durch alle auf den Fremdenverkehr mehr oder weniger an gewiesenen Kreise unseres Volkes im Angesicht der unbe grenzten Verdienstmöglichkeiten, die sich ihnen damit zu eröffnen schienen. Man weiß, wie daraufhin die Dinge bei uns bis jetzt gelaufen sind. Überall, wo amerikanischer Zuzug für die Sommersaison zu erwarten war, wurden die Preise, insbesondere in den Hotels und Gasthäusern, so ungefähr aus Dollargrundlage bemessen, und an Aus landszuschlägen, Fremdensteuern, Valutaausgleichen und ähnlichen schönen Erfindungen legte man sich nicht die ge ringste Zurückhaltung auf. Ruchbar wurde diese Übung sozusagen, als in dem bevorzugten B a y e r n die Reisezeit ihren Anfang nahm. Mit der Gewerbeschau in München, mit den Passionsspielen in Oberammergau hatte man sich beeilt, noch desondereUnziehungskräfte wirken zu lassen,muß aber jetzt schon zugeben, daß die damit veranstaltete Gene ralprobe auf die Tragfähigkeit der amerikanischen Gäste so ziemlich mißlungen ist. Sie begannen Lärm zu schlagen über die ganz besondere Art von Aufmerksamkeit, die ihnen auf Schrit und Tritt erwiesen wurde, und es ist seitdem ein merkliches Abflauen des Fremdenzustroms nach Bay ern festzustellen. Natürlich setzt diese rückläufige Bewegung sich auch durch das übrige Deutschland hin fort, und die beteiligten Kreise beginnen sich die Frage vorzulegen, ob sie mit der bisher beliebten Art von Fremdenpolttik auf dem richtigen Wege waren. Mehr und mehr bricht sich der Gedanke Bahn, daß es unumgänglich sei, den Empfindlich keiten der amerikanischen Besucher, seien sie nun begründet oder unbegründet, nach Möglichkeit Rechnung zu tragen. Lsie Amerikaner ihrerseits sind in der Mehrzahl cm- sichtrg genug, zuzugestehen, daß der Valutannterschied kei nesfalls ganz außer Ansatz bleiben dürfe, zumal die Rück wirkungen eines starken Fremdcnbesuches in Deutschland auf die Preise der Lebensmittel, der Hotelwohnungen usw. ja mit Händen zu greifen sind. Sie selber erklären sich deshalb dazu bereit, eine Art Einreisesteuer an das Reich zu zahlen, die vielleicht nach gewissen Gesichtspunkten ge staffelt und auch von Zeit zu Zeit immer wieder erneuert werden könnte. Nur sträuben sie sich dagegen, daß sie jedem Privatunternehmer, jedem Einzelkaufmann oder .^änd^ als Souderspckulationsobjekt dienen und für die gleichen Leistungen ungleich höhere Preise bezahlen sollen als deren deutsche Nutznießer. Auch in amtlichen Kreisen ist man diesem Gedanken, wie darüber verlautet, in neuerer Zeit nähergetreten, und es steht zu erwarten, daß über kurz oder lang die bekannten „schwebenden Erwägungen" zu irgendeinem Abschluß kommen werden. Tatsache ist jed.n- falls, daß die Fremdenkonjunklur bis jetzt in Deutschland das nicht gehalten hat, was man sich von ihr versprach, und daß man auf dem besten Wege war, sie vollends zu ver derben. Im übrigen soll mau nun nicht glauben, daß Deutsch land der Welt in dieser Beziehung wieder einmal mit schlechtem Beispiel vorangegangen sei. Die Amerikaner hatten zuvor schon in Frankreich, namentlich aber in England, recht trübe Erfahrungen auf diesem Gebiete gemacht, und es darf in aller Offenheit darauf hinge- wiesen werden, daß bei den jetzt im Gang befindlichen Treibereien gegen die deutschen Dollarjäger auch geschäft liche Konkurrenzmotive stark mitsprechen. Begreiflicher weise würden es die amerikanischen Gastwirte ungleich lieber sehen, wenn alle reiselustigen Amerikaner im Lande blieben und' nicht für Wochen und Monate nach der Alten Welt übersiedelten. Sie sind auch naiv genug, sich der bis fetzt errungenen Erfolge in diesem unedlen Wettstreit der Nationen laut zu rühmen. Die Deutschen haben dem gegenüber selbstverständlich alles Interesse daran, daß mög- Sonntag den 11. Juni 1922. itchjt vlei Amerikaner zu uns kommen und sich über die Lage unseres Landes aus eigener Anschauung unterrichten. Wenn es gelingt, die Hindernisse, die verfehlte Spekulatio nen hier aufgetürmt haben, zum Besten des Ganzen so bald wie möglich wieder aus dem Wege zu räumen, so Würde den notwendigen guten Beziehungen zwischen den beiden Völkern damit ein wichtiger Dienst geleistet. Dr. Sy. Noch keine Lösung -er Anleihefrage. Frankreichs Widerstand- Das Ringen der sich widerstrebenden Kräfte um die Frage, ob Deutschland eine ausreichende Anleihe ermög licht werden soll oder nicht, hat vorläufig nichts weiter ge zeitigt als ein tolles Hin- und Herschwanken der Börsen kurse an den verschiedensten Plätzen. Hauptsächlich in Berlin und Newyork ist die fragwürdige Welt der Spekulanten in Erregung geraten und die Gier nach un verdientem Gewinn läßt den Dollar im Vergleich mit der deutschen Mark bald begeisterungsfroh hochschnellen, bald trübselig in die Tiefe sinken. Das unsaubere Spiel geht natürlich allemal und stets auf Kosten der deutschen Steuer zahler und der Masse der deutschen Bevölkerung, die ihre schwachen Hoffnungen auf Besserung der Lage immer wei ter hinausschieben muß. Morgan will nicht nach Deutschland. Nach amerikanischen Zeitungen soll der führende Mann der über die Anleihe beratenden Finanzgruppe, Morgan, sich jetzt dem widersetzen, daß das Anleihe- komitec sein Studium über die internationale Anleihe in Deutschland fortsetze. Wenn Frankreich, das ein An recht auf 52 Prozent der deutschen Wicdergutmachunaen habe, auf der Unverletzbarkeit des Londoner Abkommens besteht, so ist Morgan der Ansicht, daß es nutzlos wäre, das Anleiheproblem lediglich zum Nutzen Englands, Bel giens und Italiens zu studieren, die zusammen ein Anrecht auf nur 4Ü Prozent haben. Und Frankreich widersetzt sich. Seine leitenden Män ner halten den Gedanken hoch, daß sie die unbeschränkte Macht über Deutschland behalten wollen. Das ist ihnen mehr wert als die Wiederherstellung Europas. Treffend schildert das linksstehende Pariser Blatt „Oeuvre" den Geisteszustand dieser Art französischer Politiker unter dem Titel: „Diejenigen, die nicht bezahlt werden wollen!" Das Blatt betont, daß sich zwei Arten von Politik in Frankreich gegenüberstünden. Die eine verlange, daß Deutschland die Reparationen so bald wie möglich bezahle; die andere be stehe darin, aus den Schulden Deutschlands eine Summe von 132 Milliarden zu errechnen, ohne zu wissen, ob sie je bezahlt werden, und mit dem stillen Wunsche vielleicht, daß sie nicht bezahlt würden, aber mit der Überzeugung, daß man damit ewig die Möglichkeit habe, in die inneren An gelegenheiten Deutschlands und in seine Territorien einzu greisen, um damit den Weltfrieden zu stören oder minde stens in der Schwebe zu halten. politische Nun-schaur Deutsches Reich. Milderung der spanischen Valutazuschlöge. Halbamtlich erfährt man aus durchaus zuverlässiger Quelle, daß die spanische Regierung beabsichtigt, die wie der eingefuhrten Valutazuschläge auf diejenigen deut schen Waren noch nicht anzuwenden, die nachweislich vor dem 29. Mai verkauft oder fest in Auftrag gegeben worden sind. Darauf bezügliche Gesuche deutscher Firmen müssen mit entsprechenden Beweisangaben an die iu Deutschland bestehenden Bernfskonsulate des betreffend.» Bezirks, in dem die deutsche Firma ihren Wohnsitz hat, eingereicht werden. Wiederzusammentritt des Reichstags verschoben? Da die Anleiheverhandlungen in Paris aller Voraus sicht nach nicht vor Mitte Juni zum Abschluß kommen, wird die Reichsregierung, wie die „v^." mitteilt, kaum in der Lage sein, vor dem 30. Juni die von den Parteien der Opposition über das Reparationsproblem verlangten Auskünfte zu geben. Der Wiederzusammentritt des Reichstags, der eigentlich früher hätte erfolgen sollen, ist daher kaum vor dem 30. Juni zu erwarten. Die wichtig sten Verhandlungsgegenstände der nächsten Sitzung wer den die Vorlagen über die Zwangsanleihe und über dis Getreideumlage sein. Nachwehen des Eisenbahnerstreiks. Die großen gewerkschaftlichen Organisationen wollen nach Rückkehr des Reichskanzlers aus dem Urlaub den Versuch machen, Dr. Wirth in der Frage der Disziplinie rungen von Eisenbahnbeamten während des Äeamten- streiks zu einer Änderung seiner bisherigen Haltung zu veranlassen. In den nächsten Tagen soll eine Besprechung von Vertretern des Deutschen Beamtenbundes, des allge meinen deutschen GewerksÄa ftsbundes, der Wa. des 81. Jahrgang Deutschen Eisenbahnerverhandes und der Reicysgewerr- schaft deutscher Eisenbahnbeamten in dieser Frage statt- sinden. Neuerdings wurden in Magdeburg der Eisen bahnoberingenieur, der Assistent Heibrock und Lokomotiv führer Stapel zur Dienstentlassung ohne Pension wegen Beteiligung an dem Streik verurteilt. Einspruch gegen die Bahnzerstörungspläne. Der Verein für die Interessen der Rheinischen Vraun- kohlen-Jndustrie und das Rheinische Braunkohlen-Syn dikat in Köln nahmen eine Entschließung an, in der sie Einspruch gegen die vom Pariser Botschafterrat verlangte Zerstörung bereits vorhandener und die Einstellung des Baues wichtiger Bahnanlagen im besetzten Gebiet er hoben. Die geforderten Maßnahmen bedeuten die Z -- störung produktiver Werte und die Unterbindung der Ent wicklung des Wirtschaftslebens am Rhein. Die Verbände erwarten den nachdrücklichsten Widerstand der Reichs- regierung. Französische Handelsspionage. Nach einer der Handelskammer für den Wuppertaler Jndnstriebezirk vorliegenden Nachricht bereist ein franzö sischer Kaufmann angeblich im Auftrage eines französi schen Wirtschaftsverbandes Deutschland mit der Weisung, deutsche Werke hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit für den Wiederaujtzau zu besichtigen und über Preise, Lieferungs- Möglichkeiten usw. zu berichten. Die Handelskammer bittet die Firmen ihres Bezirkes, sich vor Verhandlungen mit dem französischen Kaufmann mit ihr in Verbindung zu setzen. §reie Bahnfahrt für oberschlesische Flüchtlinge. Für reichsangehörige Flüchtlinge, die freiwillig oder gezwungen aus dem polnisch werdenden Teile Oberschle- fens nach Deutschland zurückwandern, hat die Reichsbahw- lerwaltung die freie Beförderung zugelassen, und zwar rUgemein in der 3. Wagenklasse. Die Bescheinigungen über die Mittellosigkeit werden nicht mehr von einer Be hörde, sondern von den Verbänden heimattreuer Ober- schlesier ausgestellt. Die freie Fahrt in Schnell- und Eil- jügen wird in Zukunft ohne Zwang zur Lösung des Ichnellzugszuschlages gewährt, wenn die Reise innerhalb Deutschlands mehr als 300 Kilometer beträgt. Gepäck and Habe wird frachtfrei nach Deutschland befördert. Das Gesetz zur Hilse für die Presse. Der Reichskanzler betonte bei seiner Anwesenheit in Stuttgart in einer Besprechung mit den württembergifchen Pressevertretern, die Notlage der Presse sei in den letzien Wochen im Schoße der Reichsregierung ernstlich erwogen worden, mit dem Ergebnis, daß bereits ein Gesetzentwurf ausgearbeitet worden sei, der dem Reichskabinett vorge legt wurde. Er hoffe, daß der Entwurf, wenn er im Reichstag zur Sprache k^rnme. gerade von feiten der Presse große Unterstützung finde. Oeutsch-Osterrsicb. X Nur Anschluß an das Deutsche Reich kann s ' Aus Anlaß der Valutenkatastrophe schreibt die Wi ner „Volkszeitung": Die Unmöglichkeit einer eigenen staa Xu Existenz Deutschösterreichs ist heute genau so zur - ve rneinen Überzeugung Europas geworden wie die E kenn»- nis von der Unmöglichkeit einer deutschen Schutt "wb- lung von 132 Milliarden Goldmark. Österreich muß end lich geholfen oder es mutz ihm der Anschluß an vas Deutsche Reich freigegeben werden- Unsere Not und u sc: Elend, gleichbedeutend mit Not und Elend des übrigen Europa, sind bis zu einer Höchstgrenze gestiegen, daß cme Verschlimmerung kaum mehr denkbar ist und daß cs cuo- lich einmal besser werden muß. Rußland. X Lenin arbeitsunfähig. Eine jetzt aus Masken in Berlin eingetroffene Persönlichkeit, die Zutritt zum Klrinl hat, berichtet in dem Blatt „Golos Nossji, daß Len, n- sächlich infolge eines Schlaganfalls arbeitsunfähig pcnu r- den ist. Sein „Nachfolger" lei nicht Trotzki, da er nicht die Sympathien der führenden Kommunisten besitzt. Man nenne bereits drei Nachfolger Lenins: Ossinsky, Preobrashenski und Semaschko. Die Stimmung unter den Bolscst vistcn sei wegen Lenins Krankheit sehr gedrückt und zerfahren. Kosten -er frem-en Besatzung. Was die Rheinlandokkupation verschlingt. Das Neichsschatzministerium hat dem Reichstag eins neue Denkschrift über die Kosten der Rheinlandbcsetzung zugehen lassen. Aus einer früheren Denkschrift ist bekannt, daß sich die Kosten der Rheinlandbesetzung bereits bis Ende März 1921 auf etwa 3 936 954 542 Goldmark Aus gaben der Besatzungsmächte für ihre Befatzungsarmeen beliefen und auf etwa 7 313 911829 Papiermark Aus gaben, die dem Deutschen Reich durch Leistungen für die Interalliierte Rheinlandkommiffion und die Besatzungs armeen im Rheinland erwachsen waren. Bis Ende April 1921 bezifferten selbst die Amerikaner die Kosten für die Besatzung auf eine Milliarde Dollar. Für die acht Monate vom 1. Mai 1921 bis 31. Dezember 1921 ent« siand eine Ausgabe von etwa 1085 655 360 Goldmark, die zu den oben genannten 3 936 954 542 Goldmark kinzuzu-