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Wilsdruffer Tageblatt : 28.05.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-05-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192205287
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19220528
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19220528
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-05
- Tag 1922-05-28
-
Monat
1922-05
-
Jahr
1922
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 28.05.1922
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und der Ver-dienstspannen dürfte der BuslandszuSer sich allerhöchsteres auf etwa 18 bis 19 Mark stellen. Überfluß deutschen Zuckers im Auslande. Bemerkenswert ist, daß jetzt an vielen Stellen wieder deutscher Zucker auftaucht, der als amerikanischer oder tschechoslowakischer ausgegeben wird. Das Ausland ist vielfach mit deutschem Zucker übersättigt. Was aber noch auffälliger ist, der Zucker kostet dort kaum halb so viel wie bei uns und ist doch in jeder beliebigen Menge zu haben. So zahlte man noch kürzlich in Litauen und Lettland 5 bis 6 Mark für das Pfund, einen Preis, den man bei uns schon längst vergessen hat. überflüssig, zu sagen, daß es sich um verschobenen deutschen Zucker handelt- Er wird jetzt wahrscheinlich zu den hohen Auslandspreisen wieder Hereinströmen. Nach einer Meldung aus Aachen hat das dortige Po lizeipräsidium eine Verschiebung von 10 lM Pfund Zucker scstgestellt. Die Sendung war für eine Marmeladenfabrik bestimmt, die jedoch keine Verwendung dafür hatte, und den Wagen durch eine Lebensmittelagentur nach Düren verschob, wobei die Agentur 5000 Mark und die Aachener Firma 17 000 Mark Provision verdiente. poMischs Mnöscho«. Deutsches Reich. Gesetz über die Getreideumlage. In der letzten Kabinettssitzung wurde außer den Genua-Fragen auch der Entwurf eines Gesetzes zur Ge treideumlage besprochen. Der Entwurf soll in diesen Tagen in Druck gegeben und alsbald dem Reichsrat zur Beratung vorgelcgt werden. Die Note über die Schutzpolizei. Als Antwort auf die kürzlichen Einwendungen der Franzosen gegen die Organisation der deutschen Schutz polizei wurde jetzt eine Note der deutschen Regierung an General Rollet übergeben. Das Schriftstück hat den Charakter einer Mantelnote. Der Note sind die Pläne der einzelnen Länder beigefügt, die sie haben, um den Forderungen der Interalliierten Militärkontrollkommission nach Möglichkeit Rechnung zu tragen. Die Denkschriften der einzelnen Länder, die mit der Note übermittelt wurden, sind teilweise recht umfangreich. Kann Frankreich selbständig einmarschiercu? Der Reichsminister des Äußern Dr. Rathenau äußerte über die Sanktionenfrage folgende Auffassung tm Gespräch mit einem Vertreter der Köln. Ztg.: Da der Ver sailler Vertrag ein Recht zur Besetzung rechtsrheinischen Gebiets überhaupt nicht gibt, braucht die Frage, ob zu einer solchen Besetzung das Einverständnis der Alliierten nötig wäre, an sich nicht mehr erörtert zu werden. Ich bin der Ansicht, daß der Versailler Vertrag auch in dieser Hin» sicht mit dem Standpunkt der französischen Regierung nicht vereinbar ist, selbst wenn man die französische Auffassung vom Besetzungsrecht linksrheinischen Gebietes zugrunde- legt. Ebensowenig wie die einzelnen Mächte unmittelbar Wiederherstellungsansprüche gegen Deutschland erheben kön nen, können sie auch für sich allein Zwangsmaßnahmen zur Durchführung dieser Ansprüche ergreifen. Wollte eine Macht für sich und ohne Verständigung mit den Alliierten . vorgehen, so würde sie das ganze Wiederherstellungs- shstem durchbrechen. Ich kann nicht glauben, daß Frank reich ernstlich daran denkt, sich über die klare Rechtslage einfach hinwegzusetzen. Groeners Freispruch durch das Ehrengericht. Gegen den jetzigen Eisenbahnminister General Groener- Waren in der Öffentlichkeit mehrfach Angriffe erhoben worden, nach denen er durch sein Verhalten als General- quartiermeister im November 1918 während des Zu sammenbruchs im Hauptquartier und bei dem übertritt des ehemaligen Kaisers die Treue gegen den obersten Kriegsherrn verletzt hätte. Groener sah sich deshalb ver anlaßt, ein aus seinen Kameraden gebildetes militärisches Gräfin Lahbergs Enkelin. Reman von Fr. Lehne. 9) (Nachdruck verboten.) / Herta brummelte etwas vor sich hin wie „frech", „un verschämt", wagte aber keine direkte Erwiderung mehr. Die bloße Erwähnung der Großmutter hatte das bewirkt. Sie wußte genau, was Christiane bei dieser galt; sie hatte die Mama ost genug darüber klagen hören, daß die Groß mutter sich mehr als nötig nach ihrer Kammerfrau richte. „Beeilt euch, Kinder, und du, Yvonne, trocknest deine Tränen!" „Bitte, Christiane, lassen Sie mich hier. Ich kann doch so nicht mit herunlerkommen." Christiane nahm den feuchten Schwamm, fuhr damit über Yvonnes Gesicht und schob den Kamm fester ins .Haar. „Doch du mußt mit! Was soll Großmama und Tante sonst von dir denken. Marsch!" und sie drängte die Kin der bmous Herta lief voraus; langsam, zögernd folgte Yvonne. Beim ersten Blick in deren blasses, verweintes Gesicht sah die Gräfin, daß etwas vorgefallcn war. „Nun, was gibt's? Yvonne hat doch schon wieder ge weint? Habt ihr euch gezankt?" fragte sie kurz. „Warum keine Antwort?" Streng sah sie von einer zur anderen. Herta hatte ihre Mutter untergefaßt und scherzte mit ihr, während Yvonne mit niedergeschlagenen Augen wie ver lassen vor dem Tische stand. „Nun, Yvonne, laß mich nicht auf Antwort warten. Rede!" Da hob das Kind die tränenschweren Augen „Herta hat — meine Puppe ist entzwei!" Aline Brücken lachte boshaft auf. „Eine Pupve — und darum Tränen?" „Wie kam das? Erzähle!" Stockend berichtete Yvonne, nach Worten suchend, um die Cousine nicht anzuklagen. Doch Herta unterbrach sie hastig „Großmama, es ist nicht wahr, so war es nicht, wie Yvonne erzählt. Ich bin nicht schuld, wirklich nicht!" „Doch, Herta, du hast mir meine Puppe wohl ent zwei gemacht," rief Yvonne. „Und ich halte dich so ge- be.en, dich in acht zu nehmen, weil sie ein Andenken von meinem lieben Papa ist." „Mein Golt, wie unfein, wie laut!" Baronin Aline lnclt sich die Ohren zu und wandte dm Kops unwillig nur Seite. ^yrengericyi anzurusen. Dieses Ehrengericht kam nach eingehender Verhandlung zu einem Freispruch und hat diesen jetzt öffentlich verkündet. DeuSscher Nsichsiag. (SI9. Sitzung.) L'A Berlin, 26. Mak. Präsident Loebe hielt heute nach Eröffnung der Sitzung dem am Himmelsahrtstage plötzlich verstorbenen Abg. Nacken (Zentr.) einen warmherzigen Nachruf. Dann ging man zur Erledigung kurzer Anfragen über. Unter ihnen befand sich die des Abg. Kniest (Dem.), der von der Regierung zu wissen begehrte, ob die Gemeinden nicht zu einem Verzicht auf die übertrieben hohen Gewerbesteuern veranlaßt werden könn ten. Ein Regierungsvertreter antwortete, daß der neue Ent wurf des Landessteusrgesetzes die finanziellen Schwierigkeiten der Gemeinden berücksichtigen werde. Ferner führte der Abg. Dr. Runkel (Deutsche Vp.) in einer Anfrage Beschwerde darüber, daß von der französischen Militärbehörde einer für das Lyzeum in Traben-Trarbach ge wählten Studienkommission die Einreiseerlaubnis verweigert worden sei mit der Begründung, daß Leute aus Pommern und Ostpreußen als der Entente gefährlich anzusehen seien. Ein Rcgierungsvertreter bestätigte, daß der französischen Militärbehörde ein Vetorecht gegen die Wahl solcher Beam tinnen zustehe, über den vorliegenden Fall sei der Regierung noch kein Bericht zugegangen. Hierauf kam die Interpellation der Deutschnationalen wegen der Organisation der Schutzpolizei an die Reihe. Die Regierung erklärte, daß diese Interpellation in der ge- schüftsordnungsmäßigen Frist beantwortet werden würde. Ohne Aussprache wurde die Verlängerung der Geltung?^ dauer der Pachtschutzordnung in allen drei Lesungen angenom* men. Sodann kam man zur zweiten Beratung des Haushaltes des Reichstages. Der Abg. Hollein (Kommunist) verlangte eine Besser» stellung des Personals des Reichstages und beschwerte sich über den Direktor am Reichstage, dem er Gesinnungsschnüffelei und ungehörige Behandlung des Personals vorwarf. Präsident Loebe bemerkte dazu, daß dies« Angriffe be dauerlich seien, weil sie sich gegen einen Beamten richteten, der sich nicht verteidigen könne. Abg. Simon-Franken (U. Soz.) verlangte eine Sicher stellung der Kellner des Reichstags-Restaurants für die Zeit der Vertagung. „ . Ein Regierungsvertreter erklärte es gegenüber dielen For derungen für unzulässig, die Beamten des Reichstages vor an deren Beamten zu bevorzugen. Abg. Schmidt-Sachsen (Soz.) trat den sachlichen Forde rungen der Kommunisten bei. Abg. Morath (Deutsche BP.) empfahl eine Entschließung auf Gewährung einer Ausgleichszulage für die Reichslags- beamteu. Diese Entschließung Morath wurde angenommen, ebenso eine kommunistische Entschließung auf Besserstellung derReichs- nigsbeamten. Der Haushalt des Reichstages wurde hierauf bewilligt, und ohne Aussprache angenommen wurden das Etatsaefetz, die Gesetzentwürfe über die Ausprägung von Hart geld, Besteuerung der Beamtendienstwohuungen und die Ver ordnungen über die Preiserhöhungen für Elektrizität, Gas und Wasser. Hieraus vertagte sich das Haus auf morgen. Treueste Meldungen. Reiche Obsternte in Sicht. Berlin. In diesem Jahre verspricht die Obsternte in Deutschland und den westlichen Nachbarländern gut zu werden. Nach den Berichten über den Stand der bisherigen Entwicklung haben sich besonders die Fruchtansätze der Pflaumen-, Kirsch- nnd Birnbäume gut entwickelt. Bei den Apfelbäumen scheint im allgemeinen der Ansatz nicht ebenso gut zu sein. Der gün stige Stand des Fruchtansatzes erklärt sich daraus, daß der Blüte in diesem Jahre Nachtfröste vollständig erspart ge blieben sind Eine französisch proteftantischeMiideskirche für das Saargcblet. Snarbri 'ken. Hier ist eine französisch-protestantische Kirche auf gesetzlicher Grundlage für das Saargebiet gebildet worden. Internationale Finanzkonferenz. Paris. Aus Washington wird gemeldet, daß die Gerüchte, wonach die Vereinigten Staaten möglicherweise eine inter nationale Finanzkonferenz zusammenrusen wollen, sich ver dickten. Wenn auch offiziell noch nichts feMebt. so wird der „O Mama, wie Yvonne lügen kann! Ich soll nun für tt-re Ungeschicklichkeit verantwortlich sein. So ist sie nun und ich habe immer so schön mlt ihr gespielt." Herta brach in Tränen aus und umhalste ihre Mutter m unein gestandener Angst. Sie fürchtete sich vor der Großmnttcr, die so ernst und streng von einem Kinde zum andern blickte. „Weine nicht, mein Herzchen, du sollst nicht unter Yvon nes Lügen leiden," tröstete die Baronin ihre Tochter und slreickecke sie. „Ich lüge nicht!" rief Yvonne empört aus, und ihre Augen leuchteten zornig. Sie trat einen Schritt der Ba ronin näher; ihr Figürchen reckte sich, und stürmisch at mete ihre kleine Brust. „Nein, ich lüge nicht!" wiederholte sie. „Lügen ist etwas sehr Häßliches, Niedriges, hat mein lieber Papa immer gesagt." Aline kicherte boshaft, und die alte Gräfin wurde dun kelrot. „Vor allem ersuche ich dich, Yvonne, dich anständig zu betragen!" mahnte sie. „Wem von euch sott ich nun glauben? Ich kenne dich noch zu wenig, Yvonne. Herta ist manchmal sehr wild und ungestüm — eine Lüge hab' ich aber noch nicht von ihr gehört." Sie wollte gerecht bleiben. Flehend hob Yvonne die Hände; sie zitterte am gan zen Körper. „Großmama, ich habe nicht gelogen!" „Ich auch nicht, Großmama, ich habe die Wahrheit gesag!!" rief Herta, in Schluchzen ausbrechcnd- „So viel Streit und Aufregung um nichts," sagte Aline Brücken. „Ich finde es in hohem Grade lächerlich sür ein Mädchen von Yvonnes Alter, noch mit Puppen zu spielen; da gibt's doch andere Sachen genug. „Ja, und dann spricht sie mit ihr wie mit einem Men schen und hat sie sehr lieb; sie singt ihr was vor," fiel Herta ein. „Und ich denke, du arbeitest und lernst, wenn du in deinem Zimmer bist — und statt dessen spielst du noch? Nun, es ist ja ganz gut, daß dir jetzt die Gelegenheit da zu genommen ist." Frau Aline hatte ein feines Ohr. Sie hörte aus den Worten ihrer Mutter einen erwachenden Groll gegen die Enkelin. Deshalb lenkte sie anscheinend mit Wohlwollen ein: „Weißt du, Mama, allem Streit ein Ende zu machen, ich kaufe ihr eine neue Puppe — für alle Fälle — falls Herta wirklich die ihrige zerbrochen hat." Sie lächelte da bei in unbeschreiblich höhnischer Weise, und Yvonne sah und bcgftss das Wohl. „Ich w,ll keine Puppe von dir, nein," brach sie leiden schaftlich aus. Sie bebte an allen Gliedern vor grenzen- Gedanke doch tu Neglerungsrretsen ernsthaft erörtert. Es soll sich hier um eine internationale Bankiertonferenz handeln, die versuchen soll, mit näher umschriebenen Zielen die augenblick liche wirtschaftliche Lage der Welt zu behandeln. Vereinigung der französischen Linksparteien. Paris. Der Abgeordnete Herriot, der Führer der fran zösischen Radikalen, hat vor dem Vollzugsausschuß seiner Par- lei ein Manifest erlassen, aus dem hervorgeht, daß das Kartell sämtlicher Linksparteien perfekt geworden ist. Englische Schadenersatzforderungen an Belgien. London. Englische Untertanen, die vor dem Kriege in Belgien lebten, fordern von der englischen Regierung als Ersatz für erlittene materielle Schäden eine Gesamtsumme, die sich auf mehr als WO Millionen Frank beläuft. Setrsch ms für Somas WM. Von Pfarrer Weber, Limbach. Joh. 7,37: Am letzten Tage des Festes, der am herrlichsten war, trat Jesus auf und rief und sprach: Wen da durstet, der komme zu mir und trinke. Wer an mich glaubet, wie die Schrift sagt, von deß Leibe werden Ströme des lebendigen Wassers fließen. Am Laubhüttenfest war es, daß Jesus diese Worte unter die sestlich sroh gestimmte Menge im Tempel hineinries. 7 Tage lang hatte das Volk, wie im Gesetz geboten, das hohe Fest gefeiert. Der achte, der Schlußtag, war der herrlichste, da füllte der Priester an der Siloahquelke einen goldenen Krug mit Wasser und brachte ihn unter dem Jauchzen der Menge und unter Po saunenschall in den Tempel, um ihn am Brandopferaltar als Brandopfer auszugießen. Dabei sollte sich das Volk erinnern an das Wasser, das Mose in der Wüste sür das durstende Volk aus dem Felsen geschlagen hatte. — Daran knüpft Jesus an und stellt sich dem Volke selbst als den wahren Heilsbrunnen, als den Wasser spendenden Felsen vor die Seele. Bei ihm finde jeder, der zu ihm dürstend komme, so wollte er sagen, nicht blvs Sätti gung des eigenen Seelendurstes, sondern er mache jeden, der an ihn glaube, auch zu einer Quelle der Erquickung für andere. Hat sich an dieser seiner Verheißung etwas geändert seit seiner Himmelfahrt? Ganz gewiß nicht. Im Gegenteil, feitdem er zum Himmel erhöht ist, ist er erst recht für alle Zeiten und alle Völker der unversiegkiche Heilsbrunnen geworden. Auch heute gilt noch und Unzählige haben es erfahren: „Du süße Flut labest Geist, Seele und Mut und wen du begäbest, find't ewiges Gut. Wenn man dich genießet, wird alles versüßet, es jauchzet, es singet, es springet das Herz; es weichet zurücke der traurigste Schmerz." Aber auch das finden wir tausendfach bestätigt, daß, wer an diesem Heilsbrunnen sich satt trinkt, auch viele andere satt machen kann. Wir brauchen nur an einen Luther, Paul Ger hardt, Wichern, von Bodelschwingh zu denken, um Menschen vor den Augen zu haben, von deren Leibe Ströme des lebendigen Wassers geflossen sind. Ach, daß wir es doch darum laut hineinschreien könnten in unser nach Wahrheit, Leben und Frieden durstendes und doch irregeleitetes Geschlecht: Ihr gehet hin und machet Euch selbst Brunnen, die doch kein Wasser geben. Ihr trinket Euch in Eurem Sehnen so oft den Tod an vergifteten Quellen. O, kommt doch zu Jesu zurück. Da findet ihr auch heute noch das, was ihr für eure Seelen braucht. Von ihm strömt aus der Geist der Wahr heit, der Gerechtigkeit, des Friedens, sein heiliger Geist, der Leben schasst in den toten Herzen, ewiges Leben. — Aber wird man auf solchen Ruf hören? Ich fürchte, die Zeit ist noch nicht da. Selbst satt in der eigenen Gerechtigkeit, weltsatt, oder den Taumelbecher der Lust an den Lippen, sind die Meisten noch Laub für solch freundliche Einladung, und wenn nicht alles trügt, muß wohl noch eine ganz andere Zeit der Not und des Darbens kommen, bis man für den Ruf zu Christo hellhörig und willig wird. — Ader du, mein Christ, willst du warten, bis die große Not dich zwingt? O, höre schon jetzt, komme und trinke, daß du satt wirst und andere satt machen kannst. Der Brunnen quillt auch sür dich. Darum sprich: Herr gib mir zu trinken, wie's dein Wort verheißt. Laß gänzlich versinken den sehnenden Geist ins Meer deiner Liebe. Laß heilige Triebe mich immerfort treiben zum Himmlischen hin. Es werde mein Herze ganz trunken darin. Amen. wftr Auslegung und war leichenblaß geworden. „Ich mag überhaupt keine Puppe wieder — aber ich lüge auch nicht!" schrie sie fast. Rauh faßte die Gräfin ihre Hand. Jetzt hatte sie ganz bei der Großmutter verspielt. „Endlich gibst du dich zu erkennen und zeigst deine wahre Natur. Augenblicklich gehst du hinaus und denkst darüber nach, wie man sich in Gegenwart älterer Leute zu benehmen hat. Du bleibst aus deinem Zimmer!" „Sonst ginge sie vielleicht gleich wieder zu Kroßmanns, um dort mit Katzen zu spielen. Ich habe sie erst von da hergcholt," meinte Herta schadenfroh. „Ah, dieser Verkehr ist mir neu. Ich werde dasür Sorge tragen, daß ihm ein Riegel vorgeschoben wird." Yvonne weinte nicht mehr; sie preßte die Lippen sest auscinander und verließ das Zimmer. Draußen lehnte sie, schwer aufatmend, am Treppengeländer. „Nun sollte lhr auch das noch genommen werden!" Die Baronin trat zu ihrer Mutter und faßte sie lieb reich um: „Arme Mama," klagte sie, „wenn ich dir das hätte ersparen können." Dann begann sie heftig aus Herta zu schelten, die den Austritt Wohl „eigentlich hervorgerusen hätte". „Ich bitte dich, Aline, was hat Herta damit zu tun. Sei nicht ungerecht. Aber Yvonne — ein solch ungezügeltes Wesen hält' ich nie in ihr vermutet." „Mama, Art läßt nicht von Art. Sie ist das Kind von ihrer Mutter — Komödiantin durch und durch! Ich hab' sie längst durchschaut! Und daß sie es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, davon hab' ich, wenn sie Herta zum Spielen besuchte, mehr als einmal Beweise bekommen. Ich wollte dich nur nicht ausregen, weil es im Grunde nur Kleiniakeiten waren. Immerhin aab es mir zu den- cea! Jetzt aber nach dieser Aufregung winkst du ein Glas Brom, deine Nerven zu beruhigen. Ich werde mich mit Herta entfernen, damit du ganz ungestört bist!" Baronin Mine konnte zufrieden sein. Wenn ihre Mutter je einen Funken Liebe ganz im Geheimen für das Kind ihres verstorbenen Sohnes gehabt hätte — jetzt war nichts mehr davon da. Wie zermalmt saß Yvonne ans ihrem Zimmer, die Hände krampfhaft verschlungen. „Lieber Gott, womit habe ich das verdient?" schluchzte sie. „Ach, lieber Papa, wa rum hast du mich nicht mitgenommen, hast mich allein aus der Welt zurückgelassen, wo mich keiner lieb hat!" In den zehn Wochen, während deren sie jetzt aus Burgau war, hatte sie sich wirklich Mühe gegeben, ihres Va'ers Worten nachzuleben — stets ein artiges, solgsames Kind zu sein! Aber solche Behandlung konnte sie nicht ertragen, und eine Lügnerin ließ sie sich nicht schelten. Da o.ina sie Weber kort.
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