Suche löschen...
Wilsdruffer Tageblatt : 05.04.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192204051
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19220405
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19220405
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-04
- Tag 1922-04-05
-
Monat
1922-04
-
Jahr
1922
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 05.04.1922
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
«tcht' glücklich und durch das Gefühl der Ungerechtigkeit verbittert sind. Der Krieg ist beendet, und wer ihn ver loren hat, muh seiner Fähigkeit gemäß für die Rechnung auflommen. Was aber seine Ursachen angeht und die Zu- iteilung von Tadel oder Schuld, so sind das Sachen, welche ich offen gestanden meinerseits nicht weiter erörtern will. Es muß ein Prozeß praktischer Versöhnung statt- finden, oder die europäische Zivilisation muß zugrunde gehen. politische Nundfcha». Oeutsches Asich. Das Hilfswerk für das notleidende Alter. Anläßlich der Eröffnung der „Volkssammlung für das notleidende Alter" fand beim Reichspräsidenten Ebert ein Tee statt, bei dem der Reichspräsident in einer An sprache die Hoffnung äußerte, daß trotz der großen allge meinen Not unseres Volkes auch das jetzt begonnene Hilfs werk, das die arbeitsunfähigen und aus unzureichende Er sparnisse und kleine Renten angewiesenen alten Leute unterstützen soll, vollen Erfolg haben möge; es sei eine Ehrenpflicht des deutschen Volkes, auch diejenigen nicht zu vergessen, die nach einem arbeitsreichen Leben den schwerer gewordenen Kampf ums Dasein aus eigener Kraft nicht mehr führen können. Nachspiel zu den deutsch-belgischen Zwischenfällen. Der deutsche Geschäftsträger in Brüssel, Gesandter Dr. Landsberg, hat dem belgischen Ministerpräsidenten Theunis das Bedauern der deutschen Regierung über den Vorfall in Hamborn ausgesprochen, dem ein unschul diger belgischer Offizier zum Opfer gefallen ist. Dann lenkte der Geschäftsträger die Aufmerksamkeit des belgischen Ministerpräsidenten darauf, daß beinahe an derselben Stelle wenige Tage vorher ein deutscher Polizeibeamter durch einen belgischen Polizeibeamten ohne Anlaß er schossen worden ist. Die deutsche Regierung nehme an, daß beide Fälle nach den Grundsätzen des Völkerrechts und des internationalen Herkommens zu erledigen seien Verminderung der Oberpostdirettionen. Der Hauptausschuß des Reichstages nahm eine vom Zentrum eingebrachte Entschließung an, wonach Niit den Vorarbeiten über die Verminderung der Zahl der Ober postdirektionen alsbald begonnen werden solle. Dem Reichs tage soll bis zum 1. November über den Stand der Ange legenheit Mitteilung gemacht werden. Rußland. X Anerkennung durch die Nandstaaten. Der Wortlaut des von Vertretern Lettlands, Estlands, Polens und Sow jetrußlands in Riga unterzeichneten Protokolls enthält entgegen den Erwartungen politischer Kreise die Bestim mung, daß die „Delegierten Estlands, Lettlands und Polens es für angebracht halten, im Hinblick auf den wirt schaftlichen Wiederaufbau Osteuropas die Regierung von Sowjetrußland rechtlich anzuerkennen." Aus In« und Ausland. Berlin. Die auf der DurchreiseMach Genua in Berlin ein getroffenen führenden Mitglieder derrussischen Sowjet- delegation, Tschitscherin und Litwinow, sind vom Reichs kanzler empfangen worden. Der Minister des Äußern, Dr. Rathenau, gab den russischen Delegierten ein Frühstück. Berlin. Die Reichsregierung hat der Berliner Sowjetver- tretung Vas russische Botschaftsgebäude Unter den Linden wieder zur Verfügung gestellt. Bordeaux. Präsident Millerand hat sich an Bord des »Admiral Senes" nach Marokko eingeschifft. Paris. Die Blätter melden aus Buenos Aires, daß die argentinische Regierung Deutschland einen Kredit für den Ankauf von Getreide und Schlachtvieh einräumen will. Deutscher Reichstag. (201. Sitzung-! EL Berlin. 3. April. Unter den geschäftlichen Mitteilungen, mit denen die heutige Sitzung eröffnet wurde, befand sich die der Ernennung des Retchstagsabgeordneten Fehr (Bayer. Bauernbund) zum Ernährungsminister. Hierauf wurde der Gesetzentwurf über die Erhob uns von Geldbeträgen in der Unfall- „Wem nie durch Liebe Leid geschah..." Roman von Erich Friesen. 14s (Nachdruck verboten.) Die junge Frau schwieg betroffen einige Sekunden. Ihre großen, unschuldigen Kinderaugen blickten etwas zaghaft. Dann aber schlang sie impulsiv die Arme um Sigrids Nacken und küßte sie auf den Mund. „Recht so, Felicie! . . . Nun aber gib uns eine Tasse Tee, kleine Hausfrau! Ich habe Durst." Verlegen senkte Felicie das Köpfchen. „Ich möchte schon. Aber — ich hab 'ja keinen Tee!" . „Erst Umschau halten, dann reden!" lächelte Sigrid. „Hast Du nicht im Wandschrank die chinesische Büchse bemerkt?" Vorsichtig öffnete Felicie die zierliche, rotlackierte Büchse. Aromatischer Tee duftete rhr entgegen. Erneuter Jubel. Unter Scherzen und Lachen arrangierten die beiden Frauen den Teetisch. Die Spirituslampe wurde ange- Lündet, der Kessel mit Wasser gefüllt. Und immer neue Schätze enthüllte der „Tischlein-deck- dtch"-Wandschrank. Biskuits, Törtchen, Johannisbeer- Gelee und geröstetes Brot brüsteten sich aus der gelben Damastdecke. Sogar das Milchtöpschen war mit frischer Sahne gefüllt und die Zuckerschale mit Zucker. Bald saßen alle drei in traulichem Geplauder um den Teetisch herum. Aus allen Gesichtern herzliche Freude, ungetrübtes Glück. „Leider muß Lich heute abend schon auftreten," er zählte Sigrid. „Und Sie auch, lieber Holm. Ich wollte euch gern davon befreien; aber der Direktor meinte^ das ginge nicht. Er müsse heute abend „Alt-Heidelberg" geben." Felicie war voll des Dankes für die liebevolle Für sorge der Freundin, die ihr auch noch den Rat erteilte^ die Hauswirtin für die Mahlzeiten sorgen; zu lassen. „Nur den Tee morgens und nachmittags bereitest Du selbst, Lich. Der surrende Teekessel gibt der Wohnung etwas Trauliches, Heimisches, . . Und nun lebt wohl, liebe Freunde! Ich will Euch jetzt nicht länger stören!" Sigrid war gegangen, und Felicie warf sich mit fröh lichem Lachen in einen Sessel, Winfried zu sich heran- „Einen Augenblick, mein Lieb! Ich muß nur Sigrid etwas wegen der heutigen Vorstelluna Räum' inzwischen die Teesacheu gleich wieder da!" « u - Versicherung (Heraufsetzung der Versicherungsgrenzc für die Zwangsverficherung der Betricbsbeamtcn und der See- unfallversicherten von 40 000 auf 75 000 Mark) dem sozialpoliti schen Ausschuß überwiesen. Dann kam man zur dritten Lesung des Antrages auf Änderung des Gesetzes über die Ausbil dung von Kriegsteilnehmern zum Richteramt. Nach einer Auseinandersetzung, an der sich die Abgeordneten Dr. Herzfeld (Komm.), Leuthäuser (Deutsche VP.), Dr. Rosenfeld (U.-Soz.), Dr. Düringer (Deutschnat.) und der Staatssekretär Joel beteiligten, wurde der Antrag in der Fassung des Ausschusses angenommen. Danach bleibt den Ländern die Entscheidung überlassen. Haushalt des Reichsministeriums des Innern. Reichsminister des Innern Dr. Köster: Der Haushalt des Innern schließt ab mit 238 041 358 Mark. Für direkte oder in direkte Kriegsfolgen, wie Schutzpolizei, Reichswasserschutz und Technische Nothilse entfallen davon 1946 304 000 Mark, so daß übrig bleiben 433 837 000 Mark. Von dieser Summe sind ab zuziehen die Ausgaben für die rheinischen Besatzungsgebiete, für die ehemaligen Kadettenanstallen, die Kriegsgräberfür- forge, die Zentralnachweisbehörden, für Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit usw. 313 Millionen, so daß für Verwal tungs- und Kulturaufgaben nur übrigbleiben rund 120 Mil lionen. Leider kann auf die hohen Ausgaben für Schutzpolizei noch nicht verzichtet werden. Besondere Ausgaben erfordert die Gesundheitspflege. Die Krankheiten, die der Krieg gebracht hat, sitzen heute noch in unserer Jugend, und es werden noch Jahrzehnte vergehen, ehe wir diese schweren Kriegsfolgen aus dem deutschen Volkskörper herausgebracht haben. Aus dem Osten drohen uns schwere gesundheitliche Gefahren durch die Tausende und aber Tausende von Flüchtlingen. Turnen und Sport, aber kein übertriebener Sport, müssen gepflegt werden. Das deutsche Volk kann geistig und moralisch und auch politisch nicht gesunden, bevor es nicht körperlich wieder hergestellt ist. Mit Recht führt der Berliner Universitätsrektor Professor Ruber den moralischen Zusammenbruch unseres Volkes aus die Kriegszeit zurück mit ihrer Staats- und Zwangswirtschaft, die jede Moral von Grund auf erstickt hat. Die wirtschaftliche Aus nutzung Jugendlicher bei Verbreitung von Schriften und Ab bildungen muß in der deutschen Gesetzgebung mehr beachtet werden. Mit Gesetzen allein ist es aber nicht getan. Die Sorge für die geistigen Arbeiter muß vertieft werden. Die Not der Presse und der Journalisten. Von Jahr zu Jahr droht der deutsche Journalismus immer mehr in Abhängigkeit vom Kapital zu kommen. Wir müssen erwägen, ob wir diesen deutschen Journalisten gesetzlich helfen können. In diesem Zusammenhänge will ich der Not ge denken, in der die deutsche Presse sich augenblicklich befindet. Das ist nicht nur eine wirtschaftliche Frage, sondern eine Frage, die den Aufbau des geistigen und politischen Deutschlands tief berührt. Wir müssen uns klar darüber werden,, daß ein wirt schaftlicher Zusammenbruch und Ausfall von Dutzenden von rwiueu Achtungen niau nur schreckliche wirtschaftliche Folgen haben muß, sondern auch darüber, was dieser Zusammenbruch bedeutet für unser politisches Leben und für den Ausbau. Der Minister verbreitet sich über Beamtenfragen und fordert die Rechte auf, Achtung vor den Symbolen der Republik zu haben. Führen Sie den Kampf, aber in einer Form, die den Blick auf das Ausland nicht verliert. Wir wollen ein neues deutsches Rationalbewußtsein austvachsen lassen. Was uns geblieben ist, ist dieses Reich. Erfüllen wie diesen staatsrechtlichen Begriff des Reiches mit sozialem Verantwortlichkettsgefühl, mit re publikanischem Staatsbewußtsein und mit demokratischem Na- tionalbewußtsein, dann werden wir das werden,, was wir fein müssen, nach außen eine Nation, nach innen ein Voll. Die Aussprackie der Parteien. Aba Dr Schreiber (Zentr.): Der Reichsminister des JlV uern würde seine Stellung vielleicht erleichtern, svennerdle yier vorgctragenen verfassungsrechtlichen und ähnlichen Fragen an dieser Stelle und auch seiner Beamtenschaft gegenüber mtt etwas mehr Zurückhaltung behandelte. .Hierauf erkannte der Redner an, daß der Haushalt des Ministeriums des ^nnern mtt einer bemerkenswerten Sparsamkeit aufgestellt sei Dle weiteren Ausführungen des Redners galten sozialen Fragen. Namentlich behandelte er die Fürsorge für dle unehelichen Kinder und die Bekämpfung der Schmutzliteratur. Abg. Dr. Muinm (Deutschn.) wandte sich gegen die einwan dernden Landfremden aus dem Osten, betonte aber, daß den Deutschen von der Wolga und aus der Ukraine unsere Grenzen geöffnet sein müßten. In seinen weiteren Ausführungen ging der Redner alsdann aus di« UnsittliÄeit ein, die sich öffentlichen Schaustellungen, wie Theatern, Kinos usw breit macht. Seine Bemerkungen begleitete er mit der Heranziehung einer Menge von Beispielen. Weiter behandelte der Redner das unsittliche Treiben, das aus den Straßen Grotz-BerttNS M die Erscheinung tritt. , Ohne ihre Antwort abzuwarten, eilte er die Treppe hinunter, Sigrid nach. Das frohe Lachen erstarb auf Felicies Lippen. Ihre Brauen zogen sich zusammen. Doch nur einen Moment — dann sprang sie empor und stampfte mit den Füßen den Boden. „Ich will nicht eifersüchtig sein — nein, nein, nein! Sigrid ist das beste, edelste Geschöpf auf der Welt!" Und eifrig begann sie, die Tassen abzuwaschen. Da kam auch Winfried schon wieder zurück. „Schon in Hausfrauen-Amt und Würden, kleine Frau?" scherzte er, den Arm um sie legend. „Na, für heure, gewissermaßen als „Eröffnungsvorstellung", mag's sein. Ein andermal laß das die Wirtin besor gen! . . . Und dann mach Dich fertig, Schatz! Wir wol len uns"die Stadt noch ein bischen ansehen, bevor es ins Theater geht! Wie spät ist es? Halb sechs? Die Vor stellung beginnt erst um acht. Da haben wir noch eine mmose Stunde für uns. Komm, kleines Weibchen!" VIII. Monate waren vergangen. Das Taucher'sche Gaspiel-Ensemble hätte allerorten im Rheinland und in Westfalen Triumphe gefeiert. Tas Gastspiel neigte sich seinem Ende zu. Den Hauptanziehungspunkt bildeten dabei stets Sig rid Arnoldsen und Winfried Holm. Um einen guten Platz zu erhalten, um diese beiden gefeierten Künstler recht aus der Nähe bewundern zu können, haute man sich stundenlang an der Theaterkasse herum. Felicie Marloff dagegen — sie hatte auch nach ihrer Verheiratung ihren Mädchennamen beibehaltcn, da „Liebhaber" und „Liebhaberin" eigentlich nicht verhei ratet sein dürfen, „von wegen der Verehrer und Ver ehrerinnen" — wie Direktor Tauscher ganz richtig be merkte Felicie Marloff, auf die der Direktor nach ihrem Auftreten als „Ophelia" so große Hoffnungen gesetzt hatte, ließ das Publikum seltsamerweise kalt. Mau bewunderte zwar ihr hübsches Gesicht, man be- 'latschte ihre Anmut und Grazie — aber wirklich zu rühren und zu begeistern hatte sie noch nicht vermocht. Wehmütig gedachte Winfried ost Sigrids Ausspruch, daß Felicie nach der Hochzeit, als glückliche und zufrie- dene Frau, keine gute Schauspielerin mehr sein würde. Wie recht hatte sie gehabt! Wiederholt ertappte Winfried sich bei dem Gedanken, ob er nicht hie und da ein kleines, dunkles Wölkchen an seinem sonnigstrahlenden Ehehimmel vorziehen wurde, wenn Felicie dadurch zur wahren Künstlerschaft heranreifte. ' ° Aber das Wölkchen blieb aus Die kleine Felicie war Feindliche Brüder. Die Konferenz der drei Internationalen. Entsprechend einem kürzlich in Frankfurt gefaßten Be schluß sind in Berlin die Vertreter der drei sozialistischen „Internationalen" zu einer gemeinsamen Tagung zusam mengetreten, um in bestimmten Arbeitrrfragen die Bildung einer Einheitsfront zu versuchen. Es handelt sich da bei um die Zweite Internationale, deren stärkste Mitglieder die deutsche Sozialdemokratie und die englische Arbeiter pattei sind, ferner um die Wiener Arbeitsgemeinschaft (In ternationale 2)4), der die deutschen Unabhängigen und die französischen und österreichischen Sozialisten angehören, und die Dritte Internationale, deren Sitz Moskau ist, also die Kommunisten. Die Konferenz wurde von vornherein auch im sozialistischen Lager selbst mit den größten Zwei feln an ihrem Gelingen betrachtet, und ihr Verlauf recht fertigte dieses Mißtrauen. Der Vorwärts berichtet darüber u. a.: „Den Inhalt der ganzen Verhandlungen bildeten in der Hauptsache nur zwei Reden von Vandervelde und Ra dek, in denen die Gegensätzlichkeit der Auffassungen zum schärfsten Ausdruck kam. Vandervelde forderte von den Kom munisten Garantien dafür, daß sie auf weitere Versuche, die europäische Arbeiterbewegung zu zertrümmern, verzichten, und daß sie in Rußland selbst für Selbstbestimmungsrecht und menschliche Behandlung politischer Gegner eintreten wollten. Die Antwort auf diese Forderungen war aus Radeks Munde eine bolschewistische Schimpfkanonade bekanntesten Stils, worin die Parteien der 2. Internationale für den Weltkrieg, für die Ermordung von Rosa Luxemburg und alle möglichen anderen Mel verantwortlich gemacht wurden." Am zweiten Verhandlungstage wurden die Verhand- lungen auf Grund dieser Streitigkeiten zunächst ausgesetzt und die Vertreter der kommunistischen Exekutive ließen er klären, daß sie sich eine Förderung der Konferenz nicht mehr versprechen. Cm verkannier BaMus., Der wirkliche Erreger der Krebspest entdeckt. Dem deutschen Nationalvermögen könnte ein erheb licher Betrag zugeführt werden, wenn btt uns die Krebs zucht mehr entwickelt wäre. Der Krebs findet ja in allen Tümpeln, Deichen, Seen, Bächen fein Fortkommen, und feine Lebensweise ist äußerst anspruchslos. Er nährt sich von allen möglichen verwesenden Stoffen, von Lew, was sonst kein Tier mag, und hat so im Haushalt der Natur eine ganz besondere Wichtigkeit. Leider ist unser Krebs bestand in den letzten vierzig Jahren durch die Krebspest statt mitgenommen, stellenweise sogar vernichtet worden. Fetzt kann die Seuche als erloschen angesehen werden, sw hat ausgetobt, die überlebenden Tiere haben eine gewisse Immunität gegen die Erreger der Krankheit erlangt, und die aus Amerika neu ttngeführten Krebssorten werden von dieser Pest überhaupt nicht befallen. Trotz der starken Ab nahme unserer Krebsbestände wird der Ertrag der Krebs wirtschaft im Deutschen Reiche immer noch auf hundert Millionen Mark jährlich geschätzt. Es geht daraus her vor, daß btt verständiger Schonung und Fürsorge in eini gen Jahren der Ertrag sich statt vervielfältigen ließe. Die Krebspest ist vor vierzig Jahren aus Italien über Frankreich bei uns ttngedrungen. Sie ist dann von uns nach Rußland und sogar Sibirien weitergewandert. Von Bach zu Bach, von See zu See drang sie vor, in ganz abgeschlossene Gebiete. Das befremdet den Naturforscher nicht. Er weiß, daß die großen Wasservögel, die Störche, Reiher, Kraniche an ihren Füßen regelmäßig Schlamm von einem Gewässer ins andere verschleppen. Auf diese Weise verbreiten sich nicht bloß Krankheiten, sondern auch Wasserpflanzen und Wassertiere. Wenn man irgendwo auf ödem Gelände mtt großen Dampfbaggern ein Loch aushöbe und mit klarem Grundwasser vollaufen ließe, so würden sich an diesem neuen See ganz von selbst im Laufe einiger Jahre all« möglichen Seegewächse ansiedeln, Ler See würde sich mit treibenden Wasserpflanzen, Schnecken, Fischen, Krebsen, Waflettäfern, Wasserspinnen usw. Allen, vorausgesetzt, daß man die Vögel ungestört gewähren ließe. Aus der Verbreitung Der Krebspest ging schon hervor, daß es eine ansteckende Krankheit war, die unsere Krebs- aewässer verheerte. Man ging also auf die Suche nach zu gruancy, um ihrem Manne auch nur im geringsten zu widersprechen oder ihn irgendwie zu ärgern. Sie hatte das Ziel erreicht, nach dem sie mit allen Fasern ihres Herzens gestrebt — sie war die Gattin des heiß geliebten Mannes. Und dieser Mann, selbst tüchtig ver liebt und, wie die meisten Künstler, nicht gewohnt, das Geld zusammenzuhalten, versagte seinem reizenden klei nen Frauchen keinen Wunsch, so daß das Eheglück der beiden ungestört blieb. Zuerst hatte der Gedanke an ihren Stiefvater und die damit verbundene Erinnerung an die einzige Anrechte Tat ihres jungen Lebens noch hie und da einen Schat ten aus Felicies sonniges Glück geworfen. Als jedoch Woche um Woche verrann und keine Nachricht von Thomas Giesecke eintraf, obgleich er bereits längst von seiner Reise zurück sein mußte, da gewöhnte sie sich schließlich daran, die Sache als abgetan zu betrachten; gewöhnte sie sich sogar daran, ihr Verbrechen gar nicht mehr für ein Verbrechen zu halten. „Er hat mich bestohlen — ich habe ihn wieder be stohlen. Was ist weiter dabei!" So schläferte sie aufkeimende Gewissensbisse nach und nach ein — und jetzt erst glaubte sie, sich eine vollkom men glückliche Frau nennen zu können. Nur eine Vorsicht beobachtete sie stets: sie schrieb niemals der Mutter ihre Adresse, sondern holte sich all ihre Postsachen selbst von der Post ab. — Eine größere Fabrikstadt Westsalens war es, mit der das Gastspiel der Direktton Tauscher ihr Ende erreichen sollte. Alle Zugstücke waren auch hier bereits gegeben. „Faust" sollte die Abschiedsvorstellung sein. bisher hatten die beiden Liebhaberinnen Sigrid Ar-: nvldfen und Felicie Marlon stets als „Gretchen" ab- gewechselt, wobei Kritik und Publikum sich zumeist für Sigrid entschieden. Auch heute wurde von dem Direk tor die Frage erwogen: Wem von beiden soll er das „Gretchen" übertragen? Die Arnoldsen war unstreitig die größere, gereiftere Künstlerin; die andere hingegen brachte die kindliche Unschuld und Naivität glaubwür diger zur Geltung. Dem Hin- und Hcrüberlegen machte Sigrid ein Ende, indem sie freiwillig zugunsten der jüngeren Kollegin zurücktrat — ein opferfreudiger Entschluß, der bei den männlichen Mitgliedern Bewunderung hervorrief, bei den weiblichen dagegen Kopfschütteln oder gar hämisches Achselzucken. „Sie will sich bei Holm liebes Kind machen!" tu schelte die „Hopfenstange", div lange Betty Brettschnei der, jedem, der es hören wollte, ins Ohr. „Kenne das!" Worauf die blonde Ella Menttna ibr voll Verachtung
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)