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finanzieller Beistand des Anstandes j sei jedoch absolut unentbehrlich für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Rußlands. So lange sich keine Aussicht auf Wiederaufbau bietet, sieht die russische Delegation keine Möglichkeit, ihr Land mit dem Gewicht der Schulden zu belasten, die es nicht bezahlen konnte. Die russische Dele gation wünscht auch klar zu verstehen zu geben, daß die russische Negierung keinerlei Verpflichtungen für die Schulden ihrer Vorgängerin übernehmen kann, solangesienichtoffizielläeZurevon allen interessierten Mächten anerkannt worden ist. Damit haben die Russen klar zu verstehen gegeben, daß ohne eine große Anleihe und ohne formelle Aner kennung eine Bezahlung irgendwelcher Schulden oder eine Rückerstattung beschlagnahmten ausländischen Besitzes für sie überhaupt nicht in Frage kommt, und — das muß hin- zugcsügt werden — selbst wenn diese Bedingungen erfüllt werden, so Weitz doch noch kein Mensch (auch in Moskau nicht), wann das übrige Europa einmal wirklich aus Ruß- land etwas Greifbares zurückerhalten wird. Daher die begreifliche Vorsicht auf allen Seiten. Sie deutschen Verluste im Auslande. Abschlagszahlungen. Nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages sind Rechte und Beteiligungen sowie Konzessionen deutscher Staats angehöriger an öffentlichen Unternehmungen in Rußland, China, Österreich, Ungarn, Bulgarien, der Türkei, sowie in den ehemals deutschen, durch den Versailler Vertrag abgetretenen Gebieten durch den Reichsminister für Wiederaufbau enteignet worden. Der Reichsminister für Wie deraufbau hat, um den früheren Eigentümern der enteigneten Werte schon jetzt einen Teil der Entschädigung zukommen zu lassen, Anweisung gegeben, daß die Stelle für ausländische Wertpapiere in Berlin W. 35, Potsdamer Straße 122ab, unter gewissen Bedingungen eine Abschlagszahlung gewährt. Die endgültige Festsetzung der Entschädigungssummen kann da gegen zunächst noch nicht erfolgen, da Erfordernis dafür die Gutschrift der Reparationsrommission für die ihr übertragenen Werte ist. Eine solche Gutschrift ist noch nicht erfolgt. Um eine Abschlagszahlung zu erhallen, hat sich der frühere Eigentümer bis zum 31. Mai 1922 mit der Bank, bei der er die Stücke seinerzeit eingereicht hat, in Verbindung zu setzen. Als Abschlagszahlung können 75 Prozent des Wertes ge- j währt werden, den die enteigneten Werte am 25. Juli 1914 in i deutscher Währung gehabt haben. Unter Umständen tritt eine i Ermäßigung oder Erhöhung der Abschlagszahlung ein. Für solche Werte, für die zurzeit eine hinreichend sichere Bewertung unmöglich ist, insbesondere für einen Teil der nicht notierten und für die russischen und polnischen Werte kann eins Vorentschädigung vorläufig nicht gewährt werden. Soweit es sich um Konzessionen handelt oder um Rechte und Beteiligungen, über die keine Wertpapiere ausge stellt sind, ist der Antrag auf Abschlagszahlung bis zum 31. Mai 1922 unmittelbar der Stelle für ausländische Wertpapiere ein zureichen. Die früheren Inhaber von Werten, deren Abschlags entschädigung 60 000 Mark nicht überschreitet, erhalten die Summe in bar; falls die Abschlagszahlung diesen Betrag über steigt, wird ein Teil des Betrages in Schatzwechseln und Schuldverschreibungen des Reichs beglichen werden. Da sämtliche aus Grund des Versailler Vertrages enteigne ten elsaß-lothringischen Werte von der Reparations- kommisston an die französische Regierung übertragen worden find, finden die vorstehenden Grundsätze auf diese Werte keine Anwendung. Die früheren Eigentümer solcher Werte müssen sich an die für sie örtlich zuständige Spruchkammer des Reichs- entschädigungsamtcs wenden; soweit Vorentschädigungsver- fahren bei den Feststellungsausschüssen bereits anhängig sind, werden sie an den Hilfsbund für die Elsaß-Lothringer im Reich, Berlin W. 8, Taubenstr. 34, übergeleitet. politische Nundschav. Deutsches Reich Deutsch-spanische Wirtschaftsverhandlungen. Die spanische Regierung hat sich bereit erklärt, mit der deutschen Reaieruna über die Gestaltung der zukünftigen deutsch-spanischen Wirtschaftsbeziehungen zu verhandeln. Nachdem die Vorarbeiten für diese Verhandlungen mit den in Betracht kommenden Regierungsstellen und Interessen» ten abgeschlossen worden sind, begibt sich die deutsche Dele gation nach Madrid. Die Erhöhung der Postgebühren. Bei den fortgesetzten Beratungen im Verkehrsbeirat über die geplanten Neubelastungen des Postverkehrs bean tragte der Beirat: Herabsetzung der Gebühr für die Post karte im Fernverkehr von 2 Mark auf 1,50 Mark, den Weg fall der Drucksachenkarte und die Festsetzung der Gebühr für Ansichtskarten mit 5 Worten auf 50 Pf. Ein weiterer Antrag ging dahin, für Briefe im Fernverkehr eine Stufe bis 500 Gramm zu 6 Mark und für Geschästspapiere, Warenproben und Mischsendungen eine Unterstufe bis 100 Gramm zum Satze von 2 Mark einzusühren. Für Pakete wurde die Einführung einer Zwischenstufe von 5 bis 7^ Kilogramm gewünscht. Der Verkehrsbeirat hält eine ange messene Erhöhung der Zeitungsgebühren für erforderlich. Nunmehr wird der Neichsrat über den Entwurf ver handeln. ReichstagSpräsidont Loebe über Genua. Reichstagspräsident Loebe sprach in München über das Thema „Genua und die Lage der Arbeiterschaft". Seine Ausführungen gingen dahin, der deutsch-russische Vertrag habe die Grundsätze zur Anwendung gebracht, die allein imstande seien, dem Elend ein Ende zu bereiten. Deutsch land habe als wichtigstes Ziel den Wiederaufbau Ruß lands und die Niederreißung der Stacheldrähte der Ver kehrs- und Währungshindernisse ins Auge zu fassen Reichs-Landbund gegen Umlageverfahren. Der Gesamtvorstand des Reichs-Landbundes nahm in seiner letzten Sitzung einstimmig dahin Stellung: „Der Neichs-Landbund lehnt die Wiederholung der Umlage in jeder Forin ab und wird sich gegen ihre Einführung mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln wehren." Der Gesamtvorstand des Nordwestdeutschen Klein bauernverbandes, dem über hundert Bauernvereine aus Oldenburg und Ostfriesland angehören, nahm nach einem Vortrage des oldenburgischen Ministerpräsidenten Tantzen einstimmig eine Entschließung an, die sich für die Beibe haltung der Brotgetreide- und Kartoffelumlage gegen Er stattung der Erzeugerkosten ausspricht. Deutsch-Österreich. X Um das Burgenland. Die Wiener „Politische Korr espondenz" stellt fest, daß die Botschafterkonferenz und die Grenzfestsetzungskommission sieben Achtel der ungari schen Ansprüche auf das Burgenland zurückgewiesen Und Ungarn nur in drei Fällen die Möglichkeit gegeben haben, den Völkerbundsrat anzurufen. Einen derartigen Schritt hat Ungarn bisher nicht unternommen. Üngarn. X Vor der Königsproklamation? Wie aus Budapester politischen Kreisen bestimmt verlautet, sei zwischen dem Reichsverweser Horthy und dem Führer der Monarchisten, Grafen Andrassyi, ein Kompromiß auf folgender Grund lage zustande gekommen: Die Regierung Horthy ist ver pflichtet, die diplomatische Situation für die Anerkennung des Kronprinzen Otto, des ältesten Sohnes des verstorbe nen Exkaisers Karls, als König von Ungarn vorzuberei ten. Otto soll zum König ausgerufen und bis zu seiner frühestens in acht Jahren möglichen Thronbesteigung durch den Reichsverweser bevormundet werden. — Im Zusam menhänge damit sei der gegen den Grafen Andrassyi wegen Mitwirkung bei dem letzten Putschversuch Karls an- aestrengte Hochverratsprozctz niedergeschlagen worden. Japan X Der Streit um Sibirien. Die bekannte amtliche Er klärung der japanischen Negierung, daß sie ihre Truppen in Sibirien hält, bat in Washington einen peinlichen Ein- vrucl yervorgerusen. Einige Blätter sind der Meinung, daß Japan damit das Viermächte-Abkommen gebrochen habe. Mindestens sei eine Verletzung der in Washington geschlossenen Verträge erfolgt, und zwar zwei Monate schon nach ihrem Abschluß. Laut einem Tele gramm aus Wladiwostok nimmt die Opposition unter der sibirischen Bevölkerung gegen Japan zu, da mit dem Ab züge der japanischen Truppen bestimmt gerechnet wurd» Welt- und Volkswirtschaft. Was kosten fremde Werte? Die nachstehende Tabelle besagt, wieviel Mark für 100 Gulden 100 dänische, schwedische, norwegische, österreichische, ungarische oder tschechische Kronen, 100 schweizerische, belgische und französische Frank, 100 italienische Lire, sowie für 1 Dollar und 1 Pfund Sterling gezahlt wurden. („Brief" ---- angeboten: „Geld" ---- gesuchte Börsenplätze SS. Geld 4. Brief 24. 4. Geld Brief Stand 1.8.44 Volland. . . Guld. 10187,25 10212,75 10387,00 10413,00 170 Mk. Dänemark . Kron. 5717,80 5732,20 5827,70 5842,80 112 , Schweben. . Kron. 692^,30 6943,70 711'6,05 7133,95 112 . Norwegen . Kron. 5123,55 5181,45 5223,45 5236,55 112 . Schweiz . . Frank 5ttö 95 5229,05 5300,85 5314,15 72 . Amerika, . . Doll. 266,53 V- 267,21V- 273,27 V- 273,97 V- 4,40, England. . . Vfd. 1178,50 1181,50 120H45 1211,55 20,20. Frankreich . Frank 2491,85 2498,15 S541F0 2550,70 80 . Belgien . . . Frank 2297,10 '2302,90 8342,05 2347,95 80 Italien . . . Lire 1443.15 1446,85 1473,15 1476,85 80 , Dt.-Osterr. . Kran. 3,48 3,52 3,55 V- 8,59 V- 85 . Ungarn . . . Kron. 84,85 84.95 84,95 86,05 85 . Tschechien. . Kron. 520.31 521,70 643.30 544,70 Bcrl'^>, 23. April. (Stand der Polnischen Mark.) Polenmari an der heutigen Börse mit 7,05 Pf. bewertet. * Estnische Kartoffeln für Deutschland. In Stettin sind mehrere Dampferladungen mit Kartoffeln aus Estland ange kommen. Weitere Transporte sollen folgen. 4- Teuerung in den deutschen Städten im März. Die Teue rungszahlen im März liegen jetzt aus den Gemeinden vor. Setzt man überall die Teuerungszahl von 1913/14 mit 100,„so ergeben sich in Berlin 2217, Hamburg 2171, Leipzig 2263, Köln 2448, München 2150, Dresden 2295, Breslau 2197, Essen 2374, Frankfurt a. M. 2492, Nürnberg 2372, Stuttgart 2068, Chem nitz 2326, Dortmund 2245, Magdeburg 2410, Königsberg i. Pr. 2060, Bremen 2563, Stettin 2235, Mannheim 2421, Kiel 2462, Augsburg 2288, Aachen 2640, Braunschweig 2662, Karlsruhe 2499, Erfurt 2755, Krefeld 2911, Lübeck 2578, Hagen i. W. 2219, Ludwigshafen 2635, Darmstadt 2686, Gera 2766, Frank furt a. O. 2219, Dessau 2522, Koblenz 2835, Solingen 295«, Halberstadt 2310, Schwerin i. M. 2521, Kattowitz 2605, Worms 3088, Heibronn 2123, Göttingen 2268, Eisenach 2541, Stolp 2554, Weimar 2717, Waldenburg i. Schl. 2725, Herford 2869, Bautzen 2614, Weißenfels 2512, Gießen 2538, Oldenburg 2708, Schweinfurt 2670, Lüneburg 2776, Eberswalde 2508, Amberg 2799, Fulda 3096, Straubing 2321, Annaberg 2640, Reichenbach i. Schl. 2551, Anerbach i. Vogtl. 2553, Lahr 2720, Senftenberg 2936, Rastenburg 2500, Neustettin 2705, Selb 2758, Marien werder 2622, Demmin 2672 usw. 4- Aufhebung des russischen Ledermonopols. Die Sowjet regierung hat, in Abänderung der bisherigen Bestimmungen, den An- und Verkauf und die Vorarbeitung von Häuten und Rohleder sreigegeben. Die staatlichen Wirtschaftsorgane er halten indessen das Vorzugsrecht für den Ankauf von Häuten bei sämtlichen staatlichen Organen und Wirtschaftsbehörden. 4- Gewaltige Zunahme des deutschen Postscheckverkehrs. Wie aus dem Reichspoftministerium mitgeteilt wird, ist im Jahre 1921 die Zahl der Postscheckkunden von 622343 Ende 1920 auf 759 830 Ende 1921 gestiegen. Der Umsatz hat sich zum ersten mal seit dem Bestehen des Postscheckverlehrs auf eine Billion Mark belaufen und diesen Betrag sogar noch um rrmd LOO Mil liarden Mark überschritten. Gegen das Vorjahr betrug er 510 Milliarden Mark oder 75 Prozent mehr. Im bargeldlosen Zahlungsverkehr sind 999 Milliarden Mark oder 83,7 Proz. des Gesamtumsatzes beglichen worden. „Wem nie durch Liebe Leid Muh..." Roman von Erich Friesen. 29j (Nachdruck verboten.) Noch ganz mit ihren glücklichen Gedanken beschäftigt, wurde sie plötzlich durch das Ausknirschen des Eisen riegels an ihrer Zelle aufbeschreckt. Eine Wärterin holte sie ab zum täglichen Spaziergang. Nachdem Felicie einen groben Strohhut über die weiße Haube gestülpt hatte, folgte sie der Wärterin durch Gänge und Hallen, über Treppen und Treppchen nach dem großen, quadratischen Hof. Eine Masse Frauen wanderte bereits paarweise um einen umfangreichen, runden Rasenplatz herum. Einige, größtenteils die Aelteren und Kränklichen, saßen auf hölzernen Bänken ringsum. Hohe Mauern glotzten von allen Seiten auf die öde Szenerie herab. Die Wärterin geleitete Felicie zu einer der Frauen, mit der sie sich der langsam im Kreise herumziehenden Menschenschlange anschloß. Auf Felicies gespannte Nerven wirkte die körperliche Bewegung beruhigend. Neugierig betrachtete sie ihrs Gefährtin — eine große, wohlgebaute Frau mit stechen den schwarzen Augen und einem grausamen Zug um die sestgeschlossenen Lippen. Voll Interesse erwiderte die Frau den Blick. „Bist erst heute hergekommen?" fragte sie leise. Felicie nickte. „Wie alt?" „Neunzehn Jahre." ' Verwundert glitt der Blick der Frau an Felicie hinunter. „Ich hielt Dich für ein Kind." „Ich bin verheiratet und Mutter," lautete die in ab weisendem Tone gegebene Entgegnung. Die Frau lachte. „Scheinst ein Hitzkopf zu sein. Mußt Dir so was hier Abgewöhnen. Tut nicht gut. Weshalb eingespcrrt?" „Wegen Scheckfälschung." „Ah — gehörst also zur sogenannten Aristokratie un ter uns! Hütt' das nicht geglaubt. Siehst eigentlich nicht klug genug aus für so was . . . Wieviel hat man Dir aufgebrummt?" „Anderthalb Jahr." i „Oha — nur anderthalb? Da hat Wohl Dein hübsches Lärvchen mitgeholfen? Und sie lachte frech. Felicie verstand nicht die gemeine Anspielung. Gut mütig meinte sie: „Ich will Ihnen mal davon erzählen, wenn es Sie interessiert." Die Frau stieß einen unterdrückten langen Pfiff aus. , Das kannst Tu tuu, wenn's Dir Spaß macht, Kleine/ übrigens - mach' Dich nur nicht dicke mit Deinem vor- .neu Sie! .Hier sind wir alle ..Du", verstanden?" Felicie warf einen scheuen MM ringsum. Lianu sie den Kopf. .Hatte die Frau im Grunde genommen nicht recht? Gefangene waren sie alle — der eins so, die andere so. Das war der einzige Unterschied. „Du wirst Dich auch noch an unsere Gebräuche ge wöhnen —" ließ sich die rohe Stimme neben ihr wie der vernehmen. „Wir müssen zusammenhalten, sonst ist's icr zum Anwachsen. Heut' haben wir endlich mal wie der 'n Festtag gehabt —" „Festtag? Wieso?" forschte Felicie trotz der Anti- -athie, die ihr die Frau einflößte. „Weil eins Masse frische Ware — ich meine Ge fangene — hrrgeschafft wurde. Da hört man mal was aus der weiten Welt da draußen. Bist Du noch Grünling — ich meine neu — oder kommst Du von da hinten?" Und sie schnippte mit dem Finger. „Ich komme aus dem Hilfsgefängnis. Dort wurde auch mein liebes Kind geboren. Ich wünschte, Sie könn ten es sehen mit seinen blauen Augen und roten Bäckchen —" „Trag gar kein Verlangen danach. Hab' alles, was Kind heißt, aründlich satt, seit man's mir hier besorgt hat. Heda, Du! Dusel-Lene!" wisperte sie der vor ihr schreitenden kleinen Frau ins Ohr. „Nimm Du mal die hier —" sie deutete auf Felicie — „mir ist sie zu dumm. Ihr beide paßt zusammen. Spaziere Du mit mir weiter, Tanz-Frieda!" Durch den Wechsel entstand eine kleine Stauung in der sich langsam sortbewegenden Menschenmenge. Aergerlich befahl eine der wachthabenden Wärterin nen, Ordnung zu halten. Schon spazierten die Paare wieder gleichmäßig im Kreis herum... „Du da!" wisperte Felicies neue Begleiterin ihr ins Ohr. „Hüte Dich vor der Minna Kulicke! Die ist eine ge fährliche Sorte. Spioniert erst überall herum und ver klatscht dann bei den Wärterinnen. Wir alle können sie nicht leiden; aber wir tun, was sie will, weil wir sie fürchten. Guck Dir bloß ihre bösartigen Augen cm! ' „Weshalb ist sie hier?" „Sie ist eine sogenannte „Engelmacherin". Befördert kleine Kinder ins Jenseits. . . Aas verstehste nicht, was? Na, macht nischt! Dazu biste auch noch zu jung. Mir schsrnt überhaupt, Du bist das gerade Gegenteil von der Kulicke. Siehst lieb und freundlich aus. Und nicht mal traurig oder verbittert, wie die msisten hier —" ,Ein sonniges Lächeln überstrahlte für einen Auaen- blick Felicies Gesicht. „Ich habe auch etwas, Las mich sehr, sehr alüälic'> macht:" „Was Du sagst —! Was denn?" „Ein Kind — einen süßen, kleinen Engel!" „Wie alt'?" . ..Fünr Monate." „Da wurde es wohl geboren, bevor man Dich ein- summte?" „Nein. Es wurde im Hilfsgefängnis geboren." „Oha! Und es tat Dir nicht ein bischen leid, daß Du es fortgebcn mußtest?" Wieder lächelte Felicie. „Es war'ja nur für wenigs Stunden. Heute abend habe ich's wieder." Die Dusel-Lene hüstelte. „Wer hat Dir das vorgeredst?" „Die Hausmutter dort. . . Warum sehen Sie mich so eigentümlich an? Und vorgeredet, sagten Sie? Großer Gott, was har das zu bedeuten?" „Lu tust mir leid, Kleine," erwiderte die Dusel-Lene im Tone wirklichen Mitgefühls. „Machs Dir man keine Hoffnung!" „Was sagen Sie?" stammelte Felicie atemlos. „Ich — ich höre Wohl nicht recht —" „Du wirst Dem Kind nicht wieder zu sehen kriegen, bis Du wieder aus dem Gefängnis 'raus bist, arme Frau! Kinder gibt's hier nicht!" Ein markerschütternder Schrei ohnmächtig glitt Felicie zu Boden. — Die plötzliche Ohnmacht der Gefangenen Holm er regte kein besonderes Aufsehen. In Gefängnissen, zu mal in Frauengefängnissen, ist man an so etwas ge wöhnt. Die Gefangenen fingieren alle Arten von Krank- H'itcn — entweder, um Aufmerksamkeit zu erregen, . der um in dis Krankenabteilung zu kommen, wo so wohl Essen Lis Behandlung besser sind. Einen solchen Trick vermutete man auch heute. Schweigend eilten zwei Wärterinnen herbei, faßten die Ohnmächtige unter die Arme und schleppten sie nach ihrer Zelle. Bald öffnete Felicie die Mugen. „Trinken Sie!" befahl die eine der Wärterinnen kurz, ihr den Wasserkrug an die Lippen haltend. „Sie schei nen von der Reise ermüdet zu sein. Sehen nicht beson- oers kräftig aus. Legen Sie sich nieder! Ich bin gleich wieder da." blickte um sich. Sie begriff noch nicht gleich — Plötzlich kehrte ihr die Erinnerung zurück. „Gehen Sic nicht fort! Bleiben Sie!" flehte sie angst voll, die Wärterin am Kleide zurückhaltend. „Um Got- .sswillen — sagen Sie mir die Wahrheit! Die Frau da unten im Hof irrt sich, nicht wahr?" Dis Wärterin zuckte die Achseln. „Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen. Was wollen Sie? Schnell! Ich habe keine Zeit." „Lie Hausmutter im Hilfsgesängnis versprach mir, baß ich mein Kind heute abend hier haben würde, uud die Frau da unten —" jagte das Gegenteil, wie?" „Ja." „Und deshalb wurden Sie ohnmächtig?'