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»imsserMMM Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto OreüSen 2640 Ferntpeecher Wilsdruff Ar. d 81. Jahrgang Rr. 56 Dienstag den 7. März 1S22 M. » W« p»«»«» »«>" »«um, N-N-m«, »>« , »»"«' »B m» e°cw«w>dkc OK«. I» «m»ch« «I Umr — 2>-h»rd«ch »k «WM»«» Ml. »x»w«lsm>»»««»l>dr « PI» « «he. S«k »k AMV» »» -c» ^nmi, v-wlN««. Lbmulm« dem Iahr»ii»4i Diese» Blatt «Hält die aattliche» Bekamttmachrmge» der Amtshaaptmaoaschast Weih«, dm A»t»gericht» -a Wilsdruff, de» Stadtrat» M Wilsdruff, de» Forstreniamt» Tharandt und de» Fiaan-amt» Noff«. «» «»ttz», tu ««-»«G. N««il»««iche-«chetPle«-»: -er»««» »esst«, Mr de« S»sr-«t«»t-U: «et»»» Asch««»«, detd« M «Uede»» Meine Zeitung für M»e Leser. * Der Finanzminifler Dr. Herme» teilte bei einer Be sprechung di« Grund»üg« für die Erhebung der Zwengsanleihe mit. * Die Regierungskoalttion in Bayern wurde durch den Hin- -utritt der Bayerischen Mittelpariei erweitert, die daS Justiz. Ministerium beseht. * Die polnische Regierung ist geschloffen vom Amte zurück- getreten, da die Einverleibung des Wilnaer Lande» auf neue Schwierigkeiten stieß. * Die englischen Regierung-Mitglieder bemühen sich unter Führung LhamberlainS, Lloyd Georg« in seine« Amt« zu er halten. * In Fiume haben die Faszisten «inen Ausstand entfesselt und den Gouverneur gesangengenommeu. ES fanden blutige Kämpfe statt. Völkerwanderung aus dem Oste«. Von einem gelegentlichen Mitarbeiter wird unS aus Berlin geschrieben: Man kann in der Hauptstadt des Deutsche» Reiches leinen Weg mehr machen, ohne daß man aus Schritt und Tritt von fremden Sprachlauten begleitet wird. Am wenigsten sind es noch westliche Klänge. Im Gegenteil, man darf vielleicht sagen, daß Englisch und Französisch vor dem Kriege hier öfter anzutreffeu waren, als es jetzt der Fall ist. Aber die östlichen Sprachen verschiedenster Färbung häufen sich mehr und mehr in beinahe beängsti gendem Maße, und über die beklagenswerten moralischen Begleiterscheinungen der starken Zuwanderung, die wir mit mW noch mehr nach dem Kriege aus dem Osten emp fangen hadert, ist ja schon die Öffentlichkeit einigermaßen unterrichtet worden. Doch ist die Bedeutung dessen, was hier vorgeht, »och lange nicht tief genug in das allge meine Volksbewußtsein eingedrungen. Man muß sich nur eine Vorstellung davon machen, was es heißt, wenn eine Stadt wie Berlin dazu auser- sehen wird, rund eine Viertel Million russischer Flücht linge in sich aufzunehmen. Diese Flüchtlinge setzen sich aus den allerverschiedensten Bevölkerungsschichten zusam men, wir finden darunter Künstler und Gelehrte, Politiker und Schriftsteller, Handwerker und Arbeiter, ebenso wie Gebildet« und Ungebildete, Monarchisten und Revolutio- näre, Reiche und Arme. Es ist ein Volk im kleinen, das seine Zelte bei uns aufgeschlagen hat, das hier seine Ver eine und Gesellschaften bildet, seine Zeitungen rmd Zeit schriften herausgibt, feine Konzerte veranstaltet, feine Buchläden und Atörfabriken, seine Wechsel- und Arbeits- puben unterhält. Das sich auch hier in Parteien scheidet, um mit vereinten Kräfte», sei es die Verhältnisse in der Heimat, sei es die Stimmung des WtrtsvolkeS, unter dem es lebt, zu beeinflussen. Emigranten nannte man früher solche Flüchtlinge, und sie haben in der Geschichte des 19. Jahrhunderts unleugbar eine gewisse Rolle gespielt. Die Polen in der Schweiz ebenso wie die Russen in Frank reich mrd die deutschen Revolutionäre von einst in Eng land. Jetzt und hier aber haben wir es mit Massen erscheinungen zu tun, wie sie die Weltgeschichte noch nie mals gesehen hat. In der Hauptsache ein zumeist ge wollter Erfolg der Bolschewistenherrschaft, die ja von vornherein darauf angelegt war, den Gegner im Lande, die Bourgeoisie, auszurotten mit allen Mitteln, die einer rücksichtslosen, zu jeder Art von Kriegführung unbedenk lich entschlossenen Klassenherrschaft zur Verfügung stehen. So lange noch die Möglichkeit bestand, daß das Moskauer Regiment durch militärische Gewalt beseitigt würde, blieb, wer nur irgend dazu imstande war, im Lande, weil er die Hoffnung auf baldige Erlösung einem völlig unge wissen Schicksal in der Ferne immer noch vorzog. Kaum aber war auch die letzte kriegerische Expedition gegen die roten Soldaten des Herrn Trotzki zusammengebrochen, als die Völkerwanderung aus dem Osten sich nahezu hem mungslos in Bewegung setzte. Deutschland mußte diesen Flüchttingsstrom ziemlich wehrlos über sich ergehen lassen, und man kann es den jenigen Instanzen, denen «die Aussicht über unsere Grenzen oblag, schließlich nachfühlen, wenn sie bei der Zulassung Vieser zumeist sehr bedauernswerten Heimatlosen ein Auge zudruckten. Aber ihr« Folge ist nun die, daß ihre Zahl schon rn die Hunderttausend« geht, und daß der Groll über den Raum und die Plätze, die sie in unserer Mitte ein nehmen, immer höher anschwillt. Der gemeine Mann be greift es nrcht, wie wir es VeranM orten können, in Zeiten drückendster Wohnungsnot ungezählten Fremden ein mehr oder weniger ausreichendes Obdach oinzuräumen, sie Brot und Verdienst der uns finden zu taffen, obwohl die Ar- beitslosigkeit in Deutschland «her zu- als abninnnt und, soweit sie vermögen» find, sie hier sogar ein bevorzugtes Leben führen zu lassen, das unfehlbar bei vielen Armen und Notteidenden New und Mßgunst erregen muß. Ganz zu schweigen von denjenigen Elementen unter ihnen, die in ausgesprochen unfriedlicher Absicht zu uns gekommen sind, und «deren Treiben wir schon bei verschiedenen Ge legenheiten sehr unangenehm empfunden haben. überlegene Gemüt«« trösten sich, da nun einmal gegen Viesen Zustand der Ding« nichts mehr zu machen ist, mit der Beschwichtigung, daß es ja nicht immer so bleiben werde hier unter dem wecyietnven Mono und Daß, wenn erst Rußland wieder zu normalen Verhältnissen zurück- gekehrt sein werde, schon der Lohn für diese deutsch« Gast freundschaft sich von selbst einstellen müsse. Ein Wechsel auf weite Sicht — Skeptiker sagen sogar aus den St. Rim- merleinstaa. Oie Erhebung -er Zwangsanleihe. Die Pläne des Finanzmini st ers. In einer Besprechung, die der Reichsfinanzministcr Dr. Hermes mit den Vertreten; der Regierungsparteien über die Steuerfragen abhielt, entwickelte er nach den Mifteilungen einer sozialdemokratischen Nachrichtenstelle seine Ansichten über die Grundzüge für die Erhebung der Zwangsanleihe. Danach kommt eine Erhebung nach der Einschätzung/zum Reichsnotopfer nicht in Betracht, weil seit dieser Einschätzung eine große Verschiebung der Ver- Mögensbestände stattfand. Die Grundlage zur Erhebung der Zwangsanleihe soll der Vermögensbestand vom 31. Dezember 1922 bilden. Man rechnet mit einer durchschnittlichen B e lastung von 5 Prozent des Vermögens. Von der Zwangsanleihe befreit sind nach den Plänen des Reichsfinanzministers Vermögen von etwa 250 000 Mart und solche Personen, deren Einkommen weniger als etwa 30 000 Mark im Jahre beträgt. Die Abgabe soll je nach der Größe des Vermögens 1 bis 10 Prozent ge staffelt werden. Eine lOprozentige Abgabe dürfte bei einem Vermögen von mehr als 5 Millionen Mark erreich! sein. Würde die Erhebung der Anleihe nach der Ein schätzung zur Vermögenssteuer vom 31. Dezember 1922 erfolgen, so wäre mit einem Eingang der Anlcihcbeiräge eist für den Sommer 1923 zu rechnen. Deshalb sollen besondere Vorschriften zur teil weisen Voraus zahlung erlassen werden. Die Einzahlung beabsichtigt man nach einer vorläufigen Selbsteinschätzung zu regeln. Um für die Vorauszahlungen einen Anreiz zu geben, sind für Einzahlungen, die bis zum 1. Juli 1922 erfolgen, Prämien vorgesehen. Für spätere Einzah lungen, etwa nach dem 1. Oktober 1922, sind gewisse Z u - schlüge geplant. Für solche Personen und Unterneh mungen, deren Vermögensbestände nur schwer sestzustellen sind, soll die Vorleistung zur Anleihe nach der Einschätzung zum Reichsnotopfer erhoben werden können. Es ist ge plant, in dem Anleihcgesetz auch den Zinsfuß sestzu- legen, der nach den ersten zinsfreien drei Jahren gewährt werden soll. Die Sozialdemokraten wandten sich in dieser Sitzung gegen die Prämien auf Vorauszahlungen und wünschten einen Zinssatz von höchstens 2 bis 2)4 Prozent. Der Reichskanzler wies dabei darauf hin, daß binnen kurzem die Finanzminister der Entente zusammentretcu und eine schnelle Verabschiedung der Steuern angebracht erscheine. Selbstverständlich sind die hier mitgeteilten Grundzüge der Erhebung der Zwangsanleihe noch keine endgültigen Beschlüsse. Die Krisis m Enßlcm-. Lloyd George bleibt vorläufig im Amte. Die schwankend gewordene Basis der Regierung Lloyd Georges ist vorläufig — aber anscheinend nur vor läufig — wieder befestigt worden. Chamberlain erklärte in einer Rede in Oxford, Lloyd George Habs ihn gefragt, ob er seinen, Lloyd Georges, Rücktritt für erforderlich halte. Er habe darauf Lloyd George erklärt, nach der ein stimmigen Ansicht seiner Kollegen erfordere es das natio nale Interesse, daß Lloyd George weiter an der Spitze der Regierung bleibe. Chamberlain, Lord Birkenhead, Sir Robert Horne und Balfour Haden sich nach Lloyd Ge orges Landsitz begeben und wollen alle ihre Kräfte ein setzen, um di« Koalition ausrechtzuerhalten und den Rück tritt Lloyd Georges zu verhindern. Man gibt sich aber keinen Illusionen hin, «daß dasEndeder Koalition nur aufgeschoben, nicht aber endgültig verhindert werden kann. Lloyd George soll folgende Bedingungen für die Beibehaltung seines Amtes gestellt hab«»: Be- stimmte Versprechungen der Konservative», daß sie das gegenwärtige Regierungssystem, mit Lloyd George an der Stütz«, unterstützen und sich aller Unabhängigreitsbestre- bullgen enthalten werden. PMifche Rundschau. Deutsch« Reich. Nentemrhöhung Mr Tumuttgcschlldigte. Der Reichsminister des Innern hat im Einvetnehmen mit dem Reichsfinmlzminister die Reichskommissare bei den Ausschüssen zur Feststellung von Vergütungen für Aufruhrschäden angewiesen-, mit Wirkung vom 1. Novem ber 1921 ab, die den Tumultgeschädigten oder ihren Hinter bliebenen zuerkannien Renten im Verwaltungswege auf die Beträge zu erhöhen und festzusetzen, die den Bestim mungen des Reichsversorgungsgesetzes vom 12. Mai 1920 und dem dazu eraanaewen Erlaß d«s Reicksarbeitsmini sters vom 1. Dezember 1921 entsprechen In Preussen find die Ausführungsbesfimmungen Mr Übernahme der Kosten ans die Staatskasse bereits ergangen. Die Besetzung de» Fimtn-ministerimuS kam in einer Besprechung der Parteiführer mit dem Reichs kanzler Mr Sprache, worin der Brief des Ministers Dr. Hermes an Dr. Wirth erörtert wurde, in dem Dr. Hermes um ein« Entscheidung des Kanzlers über die endgültige Besetzung des Finanzministeriums ersucht. In seiner Ant- wort auf das Ersuchen des Reichsfinanzministers dürfte wie in Parlamentskreisen verlautet, der Kanzler darauf bingewiesen haben, daß er den Wunsch des Ministers Dr. Hermes begreiflich finde. Die Besetzung des Finanz ministeriums hänge jedoch nicht allein von ihm ab, son dern insbesondere auch von der Konstellation der Parteien. Im übrigen «laubt der Kanzler erst dann eine Entschei dung über die definitive Besetzung des Finanzministe riums treffen zu können, wenn die schwebenden Steuer- beratungen zu einem gewissen Abschluß gekommen sind. Die gleitende Lohnskala. Im Baamtenansschnß -es Reichstages suchte man die Frage zu klären, wie sich di« politischen Parteien zur Ein führung einer gleitenden Lohnskala stellen würden. Der Vertreter -er deutschen Volkspartei empfahl ein« Entschlie- ssrnra, wodurch die Regierung um eine Vorlage ersucht wird. Di« Demokraten vertraten die Aufigflung. daß die automatische Anpassung des Beamteneinkommens an den Geldwert eine Notwendigkeit sei. Eine Regelung für Be amte könne unabhängig von einer Reaelung für Arbeiter und Angestellte «rsolgen. Von sozialistischer Seite wurde das bestritten. Die gleitend« Skala müsse vielmehr für alle Gruppen von Arbeitnehmern gleichzeitig oder über haupt nicht eingeführt werden. Der Zentrumsvertreter äußerte Erstaunen darüber, daß man die Anpassung nur für eine einzelne Arbeitnehmergmpve befürworte. So lange die gleitend« Skala für di« Privatwirtschaft nicht einaeführt sei, könne sie für Beamte nicht diskutiert werden. Die Unentgeltlichkeit der Lehrmittel für Schulen. In -er Verfassung ist -ie unentgeltliche Lieferung -er LeHrmi^el für Schuler vorgesehen, bis heute aber nicht -urchgeführk. Di« Durchführung soll nach -em Geiste -er Verfassung den Gemeinden obliegen. Im Bildung saus« schuß des Reichstages beantragte der deutschnationale Ab geordnete Dr. Philipp, di« Gewährung von Reichszu- schüssen an Länder und Gemeinden zur Durchführung -er L '-mittelsreiheit. Der -eutschnationale Antrag wurde einstimmig angenommen: er hat folgenden Wortlaut: „Die Reichsregierung ist zu ersuchen, den Ländern Beihilfen zu gewähren, damit für unbemittelt« und für kinderreiche Fa milien Lernmittel frei oder -och verbilligt beschafft w-^den könne»/ Am 10. März beginnt der Ausschuß die Bera tung des Reichsschulgasetzes. NcgiernngSerweiterung kn Bayern. Me Verhandlungen über die Ko all 0 au und Regie rungserweiterung in Bayern sind abgeschlossen. Die ver einigte Fraktion der Bayerischen Mittelharter und -er Deutschen Volkspartei tritt wieder in die Koalition ein. Die neu eingetretene Fraktion wird das Justizministerium erhalten. Steuerschutz für kinderreiche Familien. Me Vereinigung für Familienwohl in Düsseldorf hat an den Reichstag die Bitte gerichtet, bei -er Verabschie- drmg der Steuergesetze der Kinderreichen zu gedenken. In einer umfangreichen Anlage zu ihrer Mitschrift bringt die Vereinigung ein zum Teil erschütterndes VeweiSmgterial für die Not der Kinderreichen in der heutigen Zeit bei. Sie weist dann darauf hin, daß die neuen Steuergesetze, soweit sie Steuern vom notwendigen Verbrauch erhöhen oder nen einführen, die Lasten der Kinderreichen noch ver mehren, anstatt dem Versprechen -er Reichsverfassung ge mäß auszugleichen. Die Vereinigung bittet -aber den Reichstag, vom Ertrag der Umsatzsteuer alljährlich zehn Prozent zurückzustellen und daraus einen Schatz zu bilden, der gemäß -em Versprechen Artikel 119 -«r Verfassung die Lasten der Kinderreich-" ansalefchen soll. Jnseratrnsteuer und Zettungsnot. Der Steuerausschutz deS Reichstages Hal seine be kannten Beschlüsse über die Staffelung der Jnseratensteuer von 1)4 bis 4 Prozent in zweiter Lesung bestätigt. Ob wohl die Redner fast aller Parteien für eine völlige oder teilweise Streichung bezw. Milderung der Steuer eintra ten, wurden doch sämtliche dahingehende Anträge vom Ausschuß abgelehnt, offensichtlich, weil keiner für den ab weichenden Antrag seines Nachbars stimmen wollt«. Be sonders bemerkenswert waren die Ausführungen über die Not der kleinen Zeitungen, für w«lche man fast allgemein in erster Linie Erleichterungen für nötig hielt, ohne jedoch dementsprechende Beschlüsse zu fassen/ Italien. X Schwere Kämpfe in Fiume. In der durch das d'Annunzio-Abenteuer bekannten dalmatinischen Stad Fiume ist es durch das Vorgehen der Faszisten zu schweren Kämpfen zwischen den Nationalisten und den Regiernugs- ttuvven gekommen. Der Gouverneuer von Fiume, Richard