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MdmfferTageblatt Wn-°r»r » Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend 0°«--,°^ vr--»-» r««» Dieses Blatt enthätt die amtliche» Bekaxntmachuuge» der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts ja Wilsdruff, des Stadtrat» 1« Wilsdruff, des Forstreniamts Tharandt und de» Finanzamts Nossen. r»ch»»»e Ur Wtt,dr»ss. «rrantw-rtlicher Schriftleiter: Her««»» LLss««, für de» Iuserateateil. «ritz», Asch«»»«, »eide v, Rr 61 Sonntag de« 12. März 1922. 81. Zahrgtmg Meine Zeitung für eilige Leser. * Die Regierungsparteien und die Deutsche Volkspartei haben in einer gemeinsamen Sitzung dem Steuerkompromiß endgültig zugestimmt. * Der bisherige Reichsernährungsminister Dr. Hermes ist unter Enthebung von diesem Posten zum Reichsfinanzminister ernannt worden. * Der im Zusammenhang mit der Flucht und dem Selbst- mord Grupcns mehrfach genannte Gefängnisinspektor Schentke in Hirschberg hat sich in seiner Wohnung erschossen. * Der Kapitakwert der Saargrubcn soll aus die französischen Reparationsansprüche für 1923 angerechnet werden.. * Das englische Mitglied der gemischten Kommission des Völkerbundes zur Beschränbung der Rüstungen Lord Esher hat einen Entwurf vorgelegt, der dazu bestimmt ist, eine allgemeine Herabsetzung der Rüstungen zu Lande herbeizuführen. * Der Staatssekretär für Indien Montagu hat sein Amt nie- dergelcgt, weil er in der Frage der Bewilligung türkischer Wünsche im nahen Osten mit der Londoner Regierung in Kon flikt geriet. Gas GismrksmNromiß. Einen Tag später, als in Aussicht genommen war, sind die Parteien des Reichstages mit dem großen Werk des Steuerkompromisses fertig geworden. Das Kompro miß ist so, wie es zur Anwendung der letzten Wirthschen Krisis provisorisch vereinbart war, im großen und ganzen unverändert geblieben. Es wird im Wege eines Mantel- gesetzes zu einem einheitlichen Ganzen zusammengefaßt, so daß alle Parteien, die daran mitgewirkt haben, ver pflichtet sind, die gesamten Vorlagen, so wie sie sind, gut zuheißen, auch diejenigen, die ihnen, sei es aus grund sätzlichen, sei es aus praktischen Bedenken, mehr oder weniger zuwider sind. Ähnliches haben wir ja auch schon bei früheren Steuergelegenheiten erlebt; viel Segen ist dabei freilich niemals herausgekommen, doch läßt sich wohl ein anderer Weg bei der Vielgestaltigkeit unseres Parteilebens in so schwierigen Geldfragen überhaupt nicht finden. Dr. Wirth jedenfalls kann mit dem Ergebnis dieser mühevollen parlamentarischen Verhandlungen vor läufig zufrieden sein.- Es bedeutet für ihn in erster Linie einen erheblichen politischen Erfolg; denn nach dem Auslande hin kann er nunmehr auf den festen Willen einer starken, geschlossenen Reichstagsmehrheit Hinweisen, nach Maßgabe unserer vor handenen Kräfte Ordnung in das deutsche Finanzwesen zu bringen. Nach innen hin muß aber eine Regierung mit erhöhter Autorität auftreten können, der es gelungen ist, für eine so ungeheure neue Belastung des deutschen Volkes diejenige Partei mit heranzuziehen, die bisher von den Regierungsgeschäften ausgeschlossen war. Daß ihm viel daran gelegen sein mußte, gerade dieDeutscheVolks- Partei für das Steuerkompromiß zu gewinnen, ist ohne weiteres verständlich, denn hinter dieser Partei stehen nun einmal äußerst wertvolle Wirtschaftskräfte, die nicht unge straft zur Seite gestoßen werden dürfen, wenn unsere ge samten Steuerquellen aufs neue und bald bis zum Weiß bluten angespannt werden sollen. Die Art freilich, wie die Verhandlungen zwischen Re gierung und Deutscher Bolkspartei über den Beitritt zur Steuerkoalition sich im Haufe der Wochen und Monate gestalteten, kam fast einer Tragikomödie gleich. Kriegs- und Liebeserklärungen lösten einander ab, und nach dem scharfen Mißtrauensvotum, das Herr Stresemann schließ lich gegen die Person des Reickskanzlers im Reichstage einbrachte, glaubte man schon, daß an dem tragischen Aus gang dieses Dramas nicht mehr zu rütteln sein werde. Aber siehe da, von den berühmten „persönlichen und fach lichen Garantien" der Deutschen Volkspartei blieb am Ende eine Denkschrift übrig, die so gehalten war, daß ihr Inhalt sowohl vom Reichskanzler wie von allen Regie rungsparteien ohne weiteres als „Richtlinien" für die zukünftige Regierungspolitik angenommen werden konnte. Was sie verlangt, ist auch in der Tat Gemeingut so ziem lich des ganzen deutschen Volkes: sparsame Verwaltung in den Reichsbetrieben, die sich unter allen Umständen selbst zu erhalten haben. Keineswegs sollen die neuen Einnahmen zur Deckung von Fehlbeträgen bei Post und Eisenbahn Verwendung finden dürfen, insbesondere dürfen die Mittel aus der Zwangsanleihe keineswegs etwa dazu dienen, Devisen zu kaufen und mit ihnen Goldleistungen an die Entente abzusühren. Das darf schon um deswillen nicht geschehen, weil die Zwairgsanleih« ja nur einmal eingezogen werden kann, während unsere Verpflichtungen an die Entente noch viele Jahre lang weiter laufen. Besonders großen Raum nimmt in der Denkschrift die Frage der Vereinfachung und Verbilligung der Reichs verwaltung ein. Was hier gesagt wird, haben wir nach gerade bis zum Überdruß vernommen. Die Denkschrift kann nur feststellen, daß bisher nichts Praktisches erreicht worden ist. Sie selbst aber weiß nur den Vorschlag zu machen, daß die Verbilligung der Verwaltung nicht als Nebenaufgabe der vorhandenen Ämter, sondern als Haupt- -aufgabe in die Hände eine^ Organs gelegt werden müsse, das sich ihr ausschließlich zu widmen habe. Dafür wird ein neuer Reichsminister in Vorschlag gebracht, dem eine kleine KommilliL» von besonders bewährten Sachverstän digen an dis Seite zu stellen fei. Aber der Pferdefuß kommt gleich hinterher: dieser neue Reichsminister soll „selbstverständlich" nur Vorschläge machen dürfen, über die in letzter Instanz die parlamentarischen Körperschaften zu entscheiden haben. Diese sollen sich von vornherein zu dem festen Entschluß verpflichten, alle die Fragen, die da mit im Zusammenhang stehen, ohne Voreingenommenheit zu prüfen, und was als notwendig anerkannt wird, dann auch rücksichtslos durchzuführen. Aber Versprechen und Halten ist auch für Reichstags parteien zweierlei, heute mehr als je, wo die Wähler ge lernt haben, ihre Wünsche und Forderungen gegenüber der Volksvertretung mit sehr nachdrücklichen Mitteln geltend zu machen. Um dem gegenüber der Exekutive ein gewisses Übergewicht zu ermöglichen, tritt die Denkschrift dafür ein, daß dieser neue Reichsminister ein politisch unbelasteter, andererseits aber in der Reichs- und Staatsverwaltung durchaus erfahrener Mann sein soll. Ihm soll es auch an erster Stelle obliegen, auf eine wirtschaftlichere Gestaltung der großen Reichsbetriebe hinzuwirken. Diese müßten nach der Richtung eines mehr privatwirtschaftlichen Aus baues reformiert werden, und die Parteien sollten sich von vornherein dazu bereitfinden, diese Fragen unbeeinflußt durch rein theoretische Bedenken oder gar durch parteipoli tische Rücksichten zu entscheiden. Wobei natürlich die Ho heitsrechte des Reiches ebenso wie die Rechte der Beamten durchaus zu wahren wären. Auch für den Finanzminister wird ein unbedingtes Einspruchsrecht gegen erhebliche Neubelastungen des Reichshaushaltes gefordert, die Wichtigkeit der Produktionssteigerung betont und der wei tere Abbau der Zwangswirtschaft in schrittweiser Ent wicklung als notwendig bezeichnet. In diesem Zusammen hänge wird ganz vorsichtig von Personalverschiebungen in den Ämtern gesprochen, im übrigen aber jede bestimmte Forderung vermieden. Fast scheint es so, daß schon die bloße Ernennung von Dr. Hermes zum Reichsfinanz minister die Herren von der Deutschen Volkspartei, als ausreichende Garantie für die Beachtung ihrer Vorschläge, zufriedengestellt habe. Aus der Gegenseite hat man offen bar schlimmeres von ihm erwartet. Dr. Sy. Sie pafteipreffe zum Stenerlompromiß- Der Ruf nach der großen Koalition. Mit Ausnahme der Linksradikalen wird das Steuer kompromiß fast ausnahmslos von den Blättern aller Par teien als ein Schritt auf dem Wege der Einigung begrüßt. Die volksparteilicht Zeit erklärt: „Wenn durch diese Richt linien eine sichere Grundlage für die Steuerpolitik gewonnen und die Aussicht eröffnet worden ist, daß eine Gesundung s unserer Finanzwirtschaft jetzt angebahnt werden z kann, so liegt darin die beste Bestätigung dafür, daß sich die z Deutsche Volkspartei bei ihrer Haltung in der Stouersrage S lediglich von dem Wohle desGanzen hat leiten lassen." — k Das Zentrumsblatt Germania meint, daß über dieses Er gebnis alle daran beteiligten Parteien ehrliche Genugtuung empfinden dürfen. Der entschiedene Wille der Vertreter der großen Mehrheit des Volkes in vaterländischem Sinne zusam menzuarbeiten, ist ein Lichtblick in dem unerfreulichen Dunkel. Di« Rassische Zeitung äußert die Ansicht, daß nun mehr auch die Bildung der großen Koalition nicht wei ter hinausgeschoben werden dürfe, nachdem die Richtlinien einer Oppositionspartei zu den Richtlinien der Regierung ge worden sind. — Zu diesem Wunsch der Voss. Ztg. hört man aus parlamentarischen Kreisen, daß er Wohl noch nicht gleich in Er füllung gehen wird, da die beteiligten Parteien selbst, vor allem Bolkspartei und Sozialdemokraten glauben, daß wogen der noch nicht vorhandenen Einstimmigkeit in einigen außenpolitischen Fragen der Zusammenschluß der Koalition noch einige Zeit ausgeschoben werden soll. Nur Unabhängige und Kommunisten laufen Sturm gegen das Kompromiß, wobei sie besonders scharfe Angriffe gegen die Mehrhestssoziatisten richten. Die Freiheit schreibt: „Die Haltung der RechtSsozialisten ist mit den ihnen anvertrau ten Arbeiterintereffen unverträglich. Das Steuerkompromiß ist keine Etappe auf dem Wege zur Erfüllung des Finanzpro- gramms der Arbeiterschaft, sondern ein großes Hinder nis, für das die Rechtssozialisten die volle Verantwor tung tragen." Diese Meinungen sind nur als vorläufige Stellung nahmen zu bewerten, da die Einzelheiten pes Kompromisses ja erst noch beraten werden sollen, wobei es noch manchen scharfen Kampf geben dürste. Amerika als Ksuiroltsm'. Der tiefere Sinn der Absage für Genua. Aus den allmählich bekanntwerdenden Einzelheiten des amerikanischen Beschlusses, von Genua sernzubleibcn, gewinnt man eine etwas veränderte Auffassung von den recht interessanten Absichten, die die Amerikaner mit ihrer Absage offenbar verfolgen. In der Note, in der der Staatssekretär Hughes den Italienern die Ablehnung der Einladung übermittelte, heißt es: „Die Regierung der Vereinigten Staaten muß ein großes Interesse an jeder Konferenz nehmen, welche wirksame Maßregeln zur Förderung des wirtschaftlichen Wiederauf baues Europas verheißt, denn nicht nur ist es unser inni ger Wunsch, daß die Völker, welche am meisten unter den durch den Krieg hervorgcrufencn Verwüstungen und Erschütte rungen litten, zur Wohlfahrt zurückkehren, sondern cs ist auch klar, daß ph«s eine Gesunduna Kurovas von einer Besserung der Welt keine Rede sein kann. Mau kann jedoch unmöglich dem Schluffe entgehen, daß die vorgeschlageue Kon ferenz in der Hauptsache keine Wirtschaftskonferenz ist — sind doch von den Beratungen Fragen ausgeschlossen worden, ohne deren zufriedenstellende Lösung die Hauptursachen der wirtschaftlichen Störung weiterwirken müssen —, sondern daß sie eher einen politischen Charakter trägt, und daß die Regierung der Vereinigten Staaten sich an einer solchen iu nützlicher Weise nicht beteiligen könnte." Aus diesen sehr sorgfältig gewählten Wendungen er kennt man ganz deutlich, daß Amerika nicht grund sätzlich die Teilnahme an europäischen Konferenzen, sondern nur die Beteiligung an dieser Konferenz mit diesem verstümmelten und vonPoincarö seinerHaupt- punkte beraubten Programm ablehnt. Das heißt im umgekehrten Sinne, Amerika sagt: „Wenn ihr wollt, daß wir teilnehmeu, so stellt ein vernünftiges Pro gramm auf, welches nicht von vornherein jeden Erfolg ausschließt!" Der Entschluß Amerikas, in Genua nicht teilzunehmen, wird daher auch in Washington als der Be ginn einer Kampagne eines „taktvollen Druckes auf Europa" angesehen, um dieses zu ver anlassen, seinen wirtschaftlichen Wiederaufbau auf besseren Grundlagen zu betreiben. Man glaubt, daß die Regie rung der Vereinigten Staaten einen inoffiziellen Beobachter nach Genua entsenden wird. Man wäre daher gar nicht erstaunt, wenn die Konferenz unter diesem amerikanischen „Druck" nochmals verschoben und ihr Pro gramm verbessert würde. Dr. Hermss MichSMiMMimsier. Berlin, 10. März. Nach dem Ab'chl'.iß des Steuerkompromisses war es für die Wetterführung der Arbeiten an den Steuergesetzcn eine dringende Notwendigkeit, das provisorisch verwaltete Amt des Reichs stnanzmimfters en-gültig zu besetzen. Das ist nun in der längst erwarteten Weise geschehen. Amt lich wird gem.ldet: Der Reichspräsidcut hat den bisherigen Reichsminister für Ernähnmg und Landwirtschaft, Dr. Hermes, unter Entbindung von der Führung dieses Ministeriums zum Reichsminister der Finanzen ernannt. Dr. Hermes ist im Juni 1920 nach den Reichstags- Wahlen in das Reichskabinett eingetreten, und zwar als Leiter des Ernährungsministeriums unter dem Kanzler Fehrenbach. Vor einiger Zeit wurde ihm vom Reichs kanzler Dr. Wirth, auch das Finanzministerium übertragen. Sas Ende der früheren Koheitszeichen. Entfernung der Bilder und Büsten. , Die Hoheitszeichen des früheren monarchischen Staats systems sollen nunmehr endgültig von Dienstsiegeln und Amtsschildern entfernt werden. Wie der Reichsinnen minister auf eine an ihn gerichtete Anfrage mitteilt, stehen sie entsprechenden Verfügungen unmittelbar vor ihrem Erlaß. Sie haben sich dadurch verzögert, daß zur Er sparung von Kosten für die Anschaffung vorläufiger Siegel und Schilder zunächst nach Einholung und Durcharbeitung mehrerer Entwürfe eine befriedigende Lösung der end gültigen neuen Formen herbeigeführt werden sollte. Dies ist inzwischen geschehen. Die zu erlassende Verfügung ist von dem Reichskabinett bereits genehmigt. Auch die An- schaffung neuer Amtsschilder ist eingeleitet. Die Reichsregierung beabsichtigt ferner anzuordnen, daß aus den Amtsräumen der Reichsbehörden alle Bilder, Büsten und Statuen grundsätzlich zu entfernen sind, deren Verbleib in amtlichen Räumen als Widerspruch gegen die verfassungsmäßige Staatsform angesehen werden und da her zu Mißdeutungen führen könnte. Ausgenommen können mit Zustimmung der zuständigen obersten Reichs behörde Darstellungen bleiben, die einem Raum als Teil des Ganzen derart eingefügt oder angepaßt sind, daß ihre Herausgabe eine künstliche oder historische Einheit zer stören würde. Verstöße gegen diese Anordnungen werden im Wege der Dienstaufsicht abzustellen und nötigenfalls im Disziplinarwege zu ahnden sein. Nach einer für alle Reichsverwaltungen geltenden An ordnung der Reichsregierung sind die Bezeichnung „Kaiser lich", „Königlich" und sonstige Hoheitszeichen der früheren Periode aus den Fassaden der Amtsgebäude grundsätzlich zu beseitigen; Ausnahmen sind nur bei untrennbar mit den Baulichkeiten verbundenen Stücken, und nur dann ge stattet, wenn ihre Beseitigung wegen ihres eigenen künst lerischen Wertes oder wegen des künstlerischen Gejamwür- drucks der Baulichkeiten untunlich ist: Deutscher RsLchMZ. (182. Sitzung.) cs. Berlin. 10. März. Der Gesetzentwurf zur Änderung des Pensionscrgänznngs- gesetzcs und des Wehrmachtsversorgunggesetzes wurden einem Ausschuß überwiesen. Hierauf folgte die zweite Lesung einer Novelle zum Kapitalfluchtgesetz. Darin wird u. a. bestimmt, daß fortan 20 MO Mark statt wie bisher 3000 Mark ins Ausland mitgenommen werden dürfen. Nach dem Antrag des Ausschusses soll die Geltungsdauer des Gesetzes nur bis rum 31. Dezember d. F. wäkrem Die Novelle wurde alsdann