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MsdmfferTageblatt Fernsprecher Wilsdruff Ar. 6 Wochenblütk fÜk WllsdkUff UNd ^MgegLNd Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meitzen, des Amtsgerichts ZU Wilsdruff, de» Stadtrat» zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und de» Finanzamts Nossen. Drrk.-zrr »»» Arth»» zschnnke t» Wilsdruff. Verautwortlicher Schriftleiter: Her««»» Lssfig, für de» Inseratenteil: Arthur Asch, »Ke, Beide i« WUsdruff. Nr. 3Z Deutschlands Steuerlast. Der Note an den Wiederherstellungsausschuß hat di« deutsche Negierung vergleichende Übersichten der Steuerlast in Deutschland, England und Frankreich beigefügt. Jedoch sind die Übersichten leider unvollkommen, berücksichtigen nur die direkte, nicht auch die indirekte Steuerlast. Weiter kommt hinzu, daß bei der vergleichsweisen Darstellung die Kaufkraft der Mark gegen den Franken und den Schilling nur unzulänglich eingeschätzt wurde. Fünf Papiermark sind bei der Berechnung dem Franken, elf Papiermark dem Schilling gleichgesetzt worden, obschon die Kaufkraft von fünf Papiermark in Deutschland wesentlich geringer ist als die eines Franken in Frankreich. Das gilt auch für'das Umrechnungsverhältnis des Schillings. Die Belastung der Einkommen in Deutschland tritt aber nicht scharf genug hervor, wenn beispielsweise be rechnet wird, daß der deutsche Gehalts- oder Lohnempfän ger, der vier Kinder zu versorgen hat und ein Einkommen von 50 000 Papiermark bezieht, 5,08 Prozent Steuern trägt, während ein Pflichtiger in England mit diesem Einkom men frei ist und der Pflichtige in Frankreich nur 0,99 Pro zent an Steuern zu leisten hat. Dabei sind die Schilling- und Frankeneinkommen in Papiermrak umegrechnet wor den. Aus den Übersichten geht weiter hervor, daß gerade die mittleren Einkommen aus Gehalt und Lohn, aus Kapi talrente, sowie aus Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft i.! Deutschland schwerer mit direkten Steuern belastet sind als in Frankreich und England. Die Spanne beträgt zwi schen 12 und 18 Prozent. Auch bei den höheren und höch sten Einkommen ist die Belastung in Deutschland durchweg schwerer. Das Bild würde noch schärfere Züge gewinnen, wenn auch die indirekte Belastung hätte dargestellt werden kön nen. Diese ist bei der Tabaksteuer allein so hoch, daß nahe zu 60 Prozent des Zigarettenpreises auf Steuern, Zölle und Gebühren entfallen. Nicht viel besser liegt das Ver- haltnis für Zigarren und Rauchtabake. Das deutsche Ver brauchssteuersystem ist so eng- und dichtmaschig, daß es darin von keinem anderen Land übertroffen wird. Nach dem Haushaltsvorschlag 1922 sollen an Steuern und Zöllen sowie sonstigen Verwaltungseinnahmen 103 Milliarden Mk. hereinkommen. Die Ausgaben sind zwar nur auf 86,7 Mil liarden Mark geschätzt, so daß rechnungsmäßig ein Über schuß von etwas über 16)4 Milliarden Mark vorhanden ist. Jedoch hat dieser Überschuß nicht einmal Papierwert, da der außerordentliche Haushalt des Reiches sowohl wie der Betriebsverwaltungen (Post und Eisenbahn) mit An leihen arbeiten muß, was finanztechnisch nicht anderes als ungedeckte Ausgaben sind. Hierfür sind nicht weniger als 14 Milliarden Mark vorgesehen, so daß der Überschuß an sich schon in den Rauchfang geschrieben werden müßte, wenn nicht noch andere Erwägungen gegen dessen Ein stellung sprächen. Der ganze Haushalt beruht auf Schätzun gen. Die Einnahmen aus direkten Steuern und Ver brauchssteuern sind Soll- und nicht Ist-Einnahmen. Bleiben sie also hinter dem Voranschlag zurück, was z. B. bei der Tabaksteuer sicher der Fall sein wird, so frißt dieser Rückgang den rechnungsmäßigen Überschuß am anderen Ende auf. Dadurch, daß die Betriebsverwaltungen vom eigentlichen Verwaltungshaushall des Reiches getrennt sind, ist zudem nur scheinbar ein Ausgleich geschaffen wor den. Bei den Reichsbahnen wurden Einnahmen und Aus gaben mit 71 Milliarden Mark abgeglichen, der unvermeid liche Fehlbetrag aber auf den außerordentlichen Haushalt verschoben. Wenu die Einnahmen nach der Höherschrau buna der Tarife zurückgehen, so stimmt auch dann der Vor anschlag nicht. , Wir haben also im ganzen einen Rrichshaushalt von über 200 Milliarden Mark. Daneben läuft der Haushalt für die Erfüllungspolitik, für den 187 Milliarden Mark vorgesehen sind, für die zum großen Teile keine Deckung vorhanden ist. W. W. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Reichspräsident Ebert wurde S1 Jahre alt. AuS diesem Anlaß fand eine kleine Feier in engem Kreise statt. * Der Reichsminister des Äußeren Dr. Rathenau wurde vom Reichskanzler in sein Amt eingeführt. * Die Einigungsverhandlungen der Spihenorganifationen mit der Reichsregierung zwecks Beilegung des Eisenbahner streiks in Berlin dauern weiter an. Es ist begründete Aus sicht vorhanden, daß der Streik bald beigelegt wird. * Nach sechs vergeblichen Wahlgängen wurde Kardinal Patti, Erzbischof von Mailand, zum Papst gewählt. * Poincarö erklärte im Senatsausschuß, er werde nur nach Genua gehen, wenn daS Programm der Konferenz genau fest gesetzt und die Bedingungen gut formuliert wären. * Aus Paris wird halbamtlich mitgeteilt, Poincarö habe eine Note an die Alliierten gerichtet, man müsse eine Einheits- krcnt gegen die ehemals feindlichen Völker und Rußland bilden. * Auf dem Kongreß der Sowjetpressearbeiter erklärte Si nowjew, daß Streiks in den russischen Staatsbetrieben un« z-lässig seien. Mittwoch den 8. Februar 1922. 81. Jahrgang Die EiniWgM-aMilWll mit der MsregierW. parlamentarischen Kreisen erwartet man in der Sitzung des Plenums eine Regierungserklärung über die Streiklage. Berlin, 6. Febr. Zu den heute vormittag stattgefundenen Beratungen der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften mit der Regierung erfahren wir, daß von Regierungsseite den Be ratungen der Reichskanzler, der Neichsfinanzminister und der Verkehrsminister beiwohnten. Die streitende Reichsgewerkschaft der Eisenbahner war nicht vertreten, jedoch erklärte ein Ver treter der Postbeamten, daß er inoffiziell auch für die Reichs gewerkschaft der Eisenbahnbeamten anwesend sei. Der Kanzler eröffnete die Besprechung mit sehr eindrucksvollen Darlegungen über unsere politische Eesamtlage, besonders unter dem Gesichts winkel der Außenpolitik. Er wies darauf hin, daß das Ziel der Regierungspolitik bisher gewesen sei und auch künftig bleiben werde: die Erkenntnis in der Welt zu verbreiten, daß die Welt wirsschaft wieder aufgebaut werden müsse. In diesem großen Kampfe um die Weltpolitik habe die deutsche Regierung zweifel los auf Grund ihrer unter Einsatz aller Kräfte erfolgten Be mühungen gewisse Erfolge erzielt. Der Beweis dafür sei die be vorstehende Konferenz von Genua. Die Voraussetzung für politische Erfolge sei jedoch, daß man im Auslande Vertrauen auf Deutschlands Ordnung und Leistungsfähigkeit setzen könne. Wiederholt wies der Kanzler darauf hin, daß ein anarchistisches Deutschland nicht verhandlungsfähig sei, und daß die Staats autorität das Kernproblem der gegenwärtigen politischen Be mühungen darstelle, während man sich über alles andere ver ständigen könne. Ein Vertreter des Beamtenbundes forderte dann eine sozialere Ausgestaltung des Gehaltstarifs und die Ausdehnung des Arbeitszeitgesetzes auf die gesamte Beamtenschaft, nicht nur aus die Eisenbahner. Der Kanzler erklärte, daß wegen solcher Forderungen ein Streik überhaupt nicht nötig gewesen sei. Ueber diese Punkte könne sehr wohl verhandelt werden. Ueber das Arbeitszeitgesetz liege vorläufig überhaupt nur ein Referenten- entwurs vor, dem politisch gar keine Bedeutung zukomme. Not wendig sei jedoch unter allen Umständen, daß der Betrieb der Eisenbahn wirtschaftlich gestaltet werde, und zwar unter dem Gesichtspunkt, daß dadurch eine Verbandskontrolle über unsere Betriebe vermieden werden müsse. Zur Tariffrage erklärte er, daß die Besserstellung der höheren Beamten nötig gewesen sei, um dem Reiche tüchtige leistungsfähige Leute zu erhalten. Die zur Aussprache stehende Vorlage enthalte jedoch auch hierin ein Entgegenkommen gegen die unteren Gruppen. Der Verkehrs minister erklärte dann, daß eine Zurückziehung des Referenten entwurfs über das Arbeitszeitgesetz gar nicht in Frage kommen könne, da dieser Entwurf zurzeit überhaupt noch nichts zu be deuten habe. Weiter führte er u. a. aus, daß die Lokomotiv- j führer ihre Dienstzeit gegenwärtig nur zu einem reichlichen Drittel wirklich auf der Maschine zubringen. Ein Vertreler des Finanzministeriums berichtete dann über die Verhandlungen betreffend die Ueberteuerungszuschüsse. Diese betragen für Arbeiter gegenwärtig 6000 jährlich und würden bei einer Einigung auch den Bamten zugute kommen. Der Kanzler er klärte dann, daß er das Arbeitszeitgesetz mit den Spitzenorgani sationen gemeinsam bearbeiten wolle. Die Verhandlungen über die Ueberteuerungszuschüsse sollen heute nachmittag bereits im Finanzminsterium eröffnet werden. Vor dem Ende des Streiks? Berlin, 7. Febr. (tu.) Es besteht die begründete Aus sicht, daß im Laufe des heutigen Dienstag nicht nur der Streik der Eisenbahnbeamten, sondern auch der stäkt. Arbeiter Berlins für beendet erklärt werden wird. Die allgemeine Lage. Dresden, 7. Febr. (tu.) Die Streiklage hat sich nicht gebessert. Außer dem Lokomotivführerpersonal von Freiberg und Bienenmühle haben sich dem Ausstand noch Werkstatt beamte der Werkstatt Chemnitz angeschlossen. Im übrigen wird in sämtlichen Werkstätten voll gearbeitet. Personenzüge wurden am Sonntag innerhalb Sachsens 53 gefahren. Im Bezirk Chem nitz ist der Personenverkehr gänzlich eingestellt. Der Notbetrieb zur Beförderung lebenswichtiger Betriebe konnte trotz der äußerst ungünstigen Witterung durchgesührt werden. So wurden am Sonntag 8 Milchzüge und 20 Lebensmittelzüge gefahren, dem Dresdner städt. Gaswerk wurden Kohlen für mehrere Tage zugeführt, auch ist es gelungen, Kohlen aus dem Nieder lausitzer Gebiet herbeizubringen. Berlin, 7. Febr. (tu.) Der Eisenbahndirektionspräsi dent in Berlin hat die sofortige Entlassung mit folgender Auf forderung angedroht: Alle der Arbeit ferngebliebenen Arbeiter und Angestellten werden hiermit aufgefvrdert, am Mittwoch, den 8. d. M., zu Beginn ihrer planmäßigen Schicht sich bei ihrer Dienststelle zu melden und den Dienst sofort wieder aufzu nehmen. Wer dieser Aufforderung nicht Folge leistet, hat sein Dienstverhältnis selbst beendet und ist entlassen. Berlin, 7. Febr. (tu.) Der Aeltestenrat des Reichs tages wird heute um 12 Uhr zusammentreten und von ihm wird es abhängen, ob am Nachmittag das Plenum tagen wird. In Berlin,?. Febr. (tu.) Heute Dienstag nachmittag 2 Uhr finden 6 große von der Streikleitung veranstaltete öffentliche Versammlungen statt, die sich mit dem Thema: „Warum streiken wir und wag ist die Antwort der Negierung" beschäftigen werden. Eingeladen sind Beamte, Angestellte und Arbeiter der Reichs-, Staats- und Kommunalbeiriebe. Frankfurt a. M., 7. Febr. (tu.) Die Frankfurter Eisenbahndirektton verbreitet folgenden Situativnsbericht: Der Parlamentarierzug ist Montag früh 7,40 Uhr vom Hauptbahn hof abgelassen worden. Im Direktionsbczirk Cassel hat die Wiederaufnahme der Arbeit Fortschritte gemacht. Sie Berliner PO- ««d TelezroWobeMe« wolle» m 8. d. M. i» de» Streik trete». Berlin, 7. Febr. (tu.) Eine Funktionärversammlung des Reichsverbandes der Post- und Telegraphenbeamten Berlins beschloß, am 8. Februar morgens in den Streik zu treten, wenn bis zum 7. Februar mittags 12 Uhr zwischen Regierung und Eisenbahnern keine Einigung erzielt worden ist. Die schmutzige Wäsche der Kommunisten. Berlin, 7. Febr. (tu.) In mehreren Stadtteilen wurden gestern Flugblätterverteiler verhaftet, die Zettel verteilten, die bekanntgaben, daß die Regierung gestürzt und der Generalstreik proklamiert sei. Schutzmaßnahmen in Berlin. Berlin, 6. Febr. Nach Mitteilungen aus beteiligten ge werkschaftlichen Kreisen wird bereits versucht, die Streiklage von radikaler Seite politisch auszunutzen. Es ist jedoch zu erwarten, daß der besonnene Teil der Berliner Arbeiterschaft alles daran setzen wird, den unverantwortlichen Treibereien ein Ziel zu setzen. Der Polizeipräsident ist nach dem Berliner Lokal anzeiger der Ansicht, daß der moralische Druck der besonnenen Arbeitermassen stark genug sein wird, weitere Auswirkungen des gegenwärtigen Streiks zu verhindern. Aus diesem Grund kann vorläufig von außerordentlichen Polizeimaßnahmen abge sehen werden. Sollte trotzdem versucht werden, die öffentliche Ruhe und Ordnung gewaltsam zu stören, so ist die Polizei vor bereitet, jeden derartigen Versuch im Keim zu unterdrücken. Berlin, 5. Febr. Der Hauptvorstand des Bundes der Handwerker hat den Blättern zufolge gestern als Abwehrmaß nahme gegen die von radikaler Seite eingeleitete Generalstreik propaganda den Beschluß gefaßt, für den Fall der Ausrufung des Generalstreiks in Berlin sämtliche Handwerkerbetriebe, auch die der Nahrungsmittelbranche zu schließen. Berlin. Das Kölner Auto-Omnibusunternehmen des Inge nieurs Dahmen hat einen regelmäßigen Auto-Omnibusverkehr zwischen Köln und Berlin für die Zeit des Eisenbahnerstreiks eingerichtet. Die Wagen sind zimmerwarm geheizt. Die Fahrt dauert 20 bis 24 Stunden ausschließlich einmaligen Ueber- nachtens in Hannover. Der Preis für die Fahrt ist 3000 Berlin. Die Speicher der Eisenbahn sind geschlossen. Es wird nicht ein- noch ausgeladen, von geringen Ausnahmen ab gesehen, die aber für den großen Verkehr gar nicht ins Gewicht fallen. Unter bem Druck dieser Notlage haben bie Spediteure einen Autodienst für eilige Waren nach Magdeburg, Leipzig, Hannover, Hamburg usw. eingerichtet. Die Läger der Spedi- tionshäuser sind so überfüllt, daß neue Güter nicht ange nommen werden. Gegen den Streik. Berlin, 7. Febr. (tu.) Die in später Nachtstunde be endete Urabstimmung unter dem Personal der Hoch- und Unter grundbahn über die Frage, ob auch die Hochbahnangestellten dem Streik sich anschlleßen sollen, entschied sich gegen den Streik. 1224 Stimmen sprachen sich gegen und 691 für den Streik aus. Ein Bürgerabwehrstreik. Berlin, 7. Febr. (tu.) Wie amtlich mitgeteilt wird, werden in Marienburg und Allenstein Vorbereitungen zu einem Bürgerabwehrstreik getroffen. 3» BMI Wß der öWttkkhr wese« Kohlt«- maosel eiWslklll werde«. Augsburg, 7. Febr. (tu.) Wie die Eisenbahndireltion Augsburg soeben mitteilt, wird ab Dienstag früh in ganz Bayern der Eisenbahnverkehr wegen Kohlenmangel so ziemlich eingestellt. Auf den Hauptstrecken verkehrt nur noch täglich ein Zug. Die Kvhlenzufuhr für Bayern reicht nur noch für wenig» Tage aus. München, 7. Febr. (tu.) Der „Bayr. Kurier" meldet: Es dürfte als ausgeschlossen gelten, daß in Bayern der Streik parole Folge geleistet wird, da hier keine Neigung zu einem Streik vorhanden ist. 33 bayrische Lokomotivführer mußten aus dem Dienst entlassen werden.