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MsdmfferTageblatl Fernsprecher Wilsdruff Ar. o WochtNbla^ fÜs WllsdsUff UNd ^IMgegLNd Postscheckkonto Dresden 2640 ' Dieses Blatt enthLU die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts za Wilsdruff, des Stadtrat» zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. a*rl««er «nd Arth « r Asch «« ke k> WU«dr«si. Verantwortlicher Schriftleiter: Herma«» Lässig, für de« Inseratenteil: Arthur Isch « »ke, Heide in SNilodraft Nr. 46 Donnerstag den 23. Februar 1S22. 81. Jahrgang Amtlicher Teil. Jie Auszahlung der MinderbemiNelttu-VeMse folgt Freitag den 24. d. M. vormittag 9—1 Uhr in der Stadtkasse. Wilsdruff, am 22. Februar 1922. r>Z8 Der Stadtrat. Vir Silles MW, DMS Kis MMilG 10 Ihr achugekeu. lIIlUIIUIIIIIIIIIIIIII!IUIllIiII!IIIIIIUUIIIiIIIIIIIIIIMIttIIlWIIIIUIlIIIIIIIIIIIIIIIIIlIIIIIIIIIllIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII,IIIIIIIIIIIIIIIIIIiIIIIII!IIIIIlUIIIlIIIIIIIIIIIi Kleine ^reituna für eilige Leser. « Minister Groener veröffentlicht eine Warnung an die Eisen bahner vor einer Wiederholung der Arbeitsniederlegung. * Der Papiergcldumlaus ermäßigte sich in der am 15. d. M. abgelaufenen Woche um fast 1 Milliarde Mart. * Dis französische Regierung hat der deutschen Regierung mitgeteilt, daß sie bei der italienischen Regierung eine Auf schiebung der Konferenz von Genua beantragt habe. * Die englische Regierung setzte die französische Regierung davon in Kenntnis, daß sie mit der Überweisung der deutschen Neparationsvorschläge an die Neparationslommission einver standen sei. * Der Dollar erreichte am Dienstag an der Berliner Börse einen Stand von 230 und sank wieder auf etwa 220. Llnd abermals: Devisenhauffe. Unverhofft kommt oft. sagt der Volksmund. Auch die Börse, die sich seit Beginn des neuen Jahres etwas auf den Lorbeeren des Hausseherbstes von 1921 ausgeruht hatte, steht sich Plötzlich in eine neue Aufwärtsbewegung der fremden Devisen, der Zahlungsmittel des Auslandes, hineingerissen. Der Dollar ist innerhalb weniger Tage von seinem Stande unter 200 um 20 bis 30 Punkte ge stiegen, eine Bewegung, die ihm selbstverständlich von den übrigen fremden Geldsorten sofort pflichtgemäß nachge macht wurde. Im Vergleich zu den Kursbewegungen vom Oktober und November hält sich freilich das, was jetzt an den deutschen Börsen vorgeht, sozusagen in bescheidenen Grenzen, aber der kundige Mann glaubt bereits in den Lüften das Flügelrauschen einer neuen Erntezeit zu ver nehmen, die von heute auf morgen wieder einmal ein Füllhorn schwindelnder Gewinne über Gerechte und Un gerechte ausschütten wird. Und natürlich, da die Devisen steigen, können auch die Wertpapiere nicht still bleiben. Auf allen Beetvn des Börsenackers regt und bewegt es sich, strebt nach oben, und das liebe Publikum drängt wie der zu den Maklern und Agenten, um zu kaufen und zu verkaufen, was es besitzt und was ihm für den Augenblick begehrenswert erscheint. Am Golde hängt, nach Golde drängt doch alles, hieß es früher, heute hat sich das Gold in mehr oder weniger lockendes, mehr oder weniger sau beres Papier verwandelt, nach deren Besitz alle Welt Ver langen trägt, trotzdem jedermann auf diese Art von Gold ersatz recht schlecht zu sprechen ist. Aber die Knrse steigen, da gibt es kein Halten. Die Gründe? Als der Eisenbahnerstreik nach acht tägiger Dauer beendet war, begann die deutsche Mark sich zu heben, und der Dollar kokettierte mit der Tendenz nach unten. Als dann der Kampf um das Vertrauensvotum für die Reichsregierung einsetzte, blieben die Kurse stehen, und nach dem parlamentarischen Siege des Reichskanzlers durfte man eigentlich erwarten, daß die internationalen Börsen für unsere Verhältnisse ein freundlicheres Gesicht zeigen würden. Statt dessen nahm gerade von diesem Zeit punkt an die Aufwärtsbewegung der fremden Devisen einen frischen Anlauf; gewiß nicht deshalb, weil bei uns zulande die große Koalition — von der manche Leute so viel erwarten, aber wohl nur, wenn wir sie haben werden — nicht zustande gekommen war; das sind Dinge, mit denen sich die Devisenmacher in Newyork und ander wärts kaum sonderlich beschweren. Wohl aber mag es auf sie Eindruck gemacht haben, daß die unversöhnliche Politik der Poincarö und Genossen mit der Zeit immer unver hüllter hervortritt, und daß der Widerstand gegen sie, den man von Lloyd George erwartete, sich nur in sehr mäßi gen Grenzen bemerkbar machte. Dazu kam,' daß die inter nationale Wirtschaftskonferenz von Genua, die man in Cannes mit Pauken und Trompeten angekündigt hatte, und von der die deutschen Erfüllungspolitiker ungleich mehr redeten, als für die deutschen Interessen gut war, immer mehr in ein wesenloses Nichts verschwimmen wollte, dank der Taktik der Franzosen, gegen die in den übrigen Hauptstädten Europas noch immer kein wirksames Kraut gewachsen ist. Daß die italienische Regierung, die Veranstalterin dieser neuen Völkerzusammenkunft, fast un mittelbar vor dem Termin für den Beginn der Konferenz gestürzt wurde, ist eine Tatsache, um die sich vielleicht auch nicht nur italienische Politiker verdient gemacht haben, und wer Bonomis Erbschaft übernehmen soll, ist heute noch in undurchdringliches Dunkel gehüllt. Schon ist von einer Vertagung der Konferenz bis in den April hinein die Rede; was nachher kommt, wird Herr Poincarö sich gleichfalls bestens angelegen sein lassen. In London soll inzwischen das internationale Finanzkonsortium Leben gewinnen, das den berühmten Wiederaufbau der europäi schen. und insbesondere der russischen Wirtschaft ernsthaft m die Hand zu nehmen har. Eine Schöpfung, die man sich, solange in den vorbereitenden Stadien von ihr die Rede war, ohne die Mitwirkung der deutschen Finanz- und Wirtschaftskräfte nicht zu denken vermochte. Jetzt aber ist kein deutscher Vertreter beim Gründungsakt zu gegen, und von der späteren Zuziehung dieses oder jenes deutschen Finauzmannes ist nur in sehr unbestimmten Ausdrücken die Rede. Die Frage des Zahlungsaufschubes für die Reparationsleistungen des Jahres 1922 ist, nach dem der Oberste Rat sich monatelang mit ihr abgemüht hat, schließlich erneut der Wiederherstellungskommission zur Entscheidung überwiesen worden — und was Deutsch land von diesen Männern zu erwarten hat, das kann man sich nach allen Experimenten, die sie mit uns schon vor- gcnommeu haben, ja ungefähr denken. Gründe genug, um eine sehr skeptische Auffassung unserer Lage an den fremden Börsenhandelsplätzen begreiflich zu machen. An Gegenwirkungen von innen heraus, aus dem deutschen Reiche selbst, fehlt es nahezu vollständig, wenig stens ist in keinem Punkt irgend eine treibende Kraft sicht bar, von der man sich eine irgendwie geartete Besserung unserer Zustände versprechen könnte. So werden die Dinge wohl wieder ihren verhängnisvollen Lauf nehmen, und alles Stöhnen und Schimpfen über sie wird daran nichts ändern können. Wir sind ein Spielball fremder Interessen, das hilflose Objekt gewinnsüchtiger Spekulan ten geworden; und werden es bleiben, bis wir uns aus eigener Kraft aus dem Sumpf herausarbeiten werden, in den wir geraten sind. Groener warni vor neuem Girsik. Keine Schonung im Wiederholungsfalls. In einer Sonderausgabe des Neichsverkehrsblatts nimmt der Reichsverkehrsminister zu der Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Eisenbahnerstreiks Stellung, wobei er darauf hinweist, daß der Reichstag in seiner weit überwiegenden Mehrheit den Standpunkt der Regie rung in der Streikfrage gebilligt hat. Der Reichskanzler hat bekanntlich erklärt, daß ein Streikrecht für den Be amten nicht bestehe und er hat die Arbeitsniederlegung eines Teils der Reichsbahnbeamten als eine „Revolte in der Beamtenschaft" gebrandmarkt. Danach müsste bei einer Wiederholung sol cher Vorkommnisse gegen jeden die Arbeit verweigernden Beamten mit aller Schärfe cingeschrittcn werden. Die diesmal geübte Schonung der Mitläufer könnte nicht mehr in Frage kommen. Die von der Reichsgewerkschaft verbreitete Dar stellung, wonach die Neichsregierung die jüngst begangenen Verfehlungen nachträglich milder beurteilen soll als bis her, erklärt der Minister als irrig. Maßgebend für die Beurteilung sind allein die im Kabinett aufgestellten Richtlinien, für deren Einhaltung der Minister die volle Verantwortung übernehme. Neuer Zwischenfall in Gleiwitz. Deutscher Polizeibeamter von Franzosen erschossen. Noch ist die blutige Affäre von Petersdorf bei Glei- witz, bei der es zu einem Kampf zwischen Zivilisten und französischen Soldaten kam, nicht beigelegt, noch ertönt aus Frankreich die Forderung nach Sanktionen für diese „unerhörte" Herausforderung des sanften und geduldigen Frankreich und seiner lammherzigen Soldaten, da kommt die Meldung von einem neuen Zusammenstoß in Gleiwitz, der wieder eine sprechende Erklärung über die Urheber schaft der Unzuträglichkeiten in Oberschlesien erbringt. Am Sonntag traten, wie halbamtlich mitgeteilt wird, aus einem Gasthause in Gleiwitz drei französische Solda ten, von denen einer einen Revolver in der Hand hielt, anscheinend in angeheitertem Zustande auf die Straße. Die Franzosen riefen einer Gruppe von Zivilisten zu: Hände hoch! und im gleichen Augenblick feuerte der be waffnete Franzose einen Schuf? auf die Zivilisten ab, ohne jemand zu treffen. Der au der nächsten Straßenecke postierte diensthabende Polizeiwachtmeister Paul Niifen berg trat auf die Gruppe zu und forderte die Leute in ruhigem Tone zum Weitergehen auf. Ohne ein Wort zu sagen, erhob der bewaffnete Franzose den Revolver gegen den Polizeibeamten und streckte ihn durch einen Kopfschuß nieder, worauf die Franzosen die Flucht ergriffen. Herr Poincarö wird nun wahrscheinlich alsbald wie der eine flammende Entrüstungsrede gegen Deutschland in der Kammer halten und behaupten, das ganze Reich sei vollgestopft mit heimlichen Soldaten und Waffen, um bei Gelegenheit über das arme Frankreich herfallen zu können. Einstweilen fräßen die deutschen Wölfe eines nach dem anderen der Lämmchen auf, die Frankreich zur Verbesse rung der Sitten nach Oberschlesien und an den Rhein ge sandt habe. politische Mmdschau. Deutsches Reich. Einstweilen keine Erhöhung der Personentartfe. Aus dem Reichsverkehrsministerium wird mitgeteilt, daß keine Erhöhungen der Personentarife für einen nahen Zeitpunkt, insbesondere nicht für den 1. März, wie kürz lich verbreitet wurde, in Frage kommen. Wieweit etwa im Verlaufe des Frühjahrs bei fortschreitender Geldent-. Wertung neue Maßnahmen erforderlich werden könnten, läßt sich nicht voraussehen. Zurzeit ist eine Vorlage für Tariferhöhungen nicht eingcbracht und auch nicht beabsich tigt. Ein Kartell des selbständigen Mittelstandes. 120 Verbände mit rund 170 000 Mitgliedern haben sich in ihrer wirtschaftlichen Not und Bedrängnis in Ber lin zu einem „Kartell des selbständigen Mittelstandes" unter Führung des Jnnungsausschusses zusammenge schlossen, um, wie aus den beteiligten Kreisen mitgeteilt Wird, „gegen die ungeheuerliche Erdrosselung des Mittel standes und gegen die Berliner Mißwirtschaft" geschlossen vorzugehen. Das Kartell verlangt, daß der durch die Streiks entstandene Schaden sowohl in der Stadtgemeinde Berlin wie im ganzen Reiche nicht durch neue Steuern, erhöhte Abgaben oder durch Verteuerung der Verkehrs-, Kraft- und Beleuchtungsmittel usw. auf die Masse des er werbstätigen Mittelstandes abgcwälzt wird, sondern daß damit die gemeinwirtschasilichen Unternehmungen selbst belastet werden, nötigenfalls im Wege des Hypothekar- kredits, soweit nicht, ^wie beim Eisenbahnerstreik, die strei kenden Beamten selbst zur Tragung des entstandenen Schadens verpflichtet sind. Die Erinnerungen des früheren Kronprinzen. Nach einer Mitteilung des bekannten Verlagshauses Cotta läßt der frühere Kronprinz im Laufe des Frühjahrs seine „Lebenserinnerungen" in deutscher, holländischer, englischer, französischer und spanischer Sprache erscheinen. Er versucht in dieser Niederschrift seine Jugendentwick- lung, die Krisenjahre der Vorkriegszeit, den Krieg und die Katastrophe bis zu den Vorgängen in Spa vom 9. Novem ber 1918 und der Flucht nach Holland zu schildern. Wie verlautet, soll besonders die Schilderung der Tage des Zusammenbruchs zum ersten Male eine erschöpfende Dar stellung jener Vorgänge geben. Der auswärtige Ausschuß des Reichstages behandelte im Nahmen einer ausführlichen Besprechung des allgemeinen politischen Verhältnisses Rußlands zum Westen Europas auch Vas Problem des russischen Wieder aufbaues. Reichsminister des Äußern Dr. Rathenau äußerte sich eingehend zu dieser Frage. Aus der vertrau lichen Aussprache ergab sich, daß den Ostfragen die mit größter Vorsicht verbundene besondere Aufmerksamkeit der Regierung gewidmet werden muß. Bayerns Maßregeln gegen Fremdenüberflutung. Unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten wurden im bayerischen Landwirtschaftsministerium eingehende Be ratungen über die Aufstellung der Richtlinien für den Wirtschaftsplan 1922, namentlich im Hinblick auf den Fremdenzustrom des kommenden Sommers, abgehalten. Landwirtschastsminister Wutzelhofer führte u. a. aus, es sei erreicht worden, daß dis Ausfuhr von Milch, Butter und Käse neuerdings gesperrt bleibt und daß nichts ver säumt werde, um diese Sperre für die ganze Dauer der Fremdensaison aufrechtzuerhalten. Gesetzliche Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. Die Negierung hat dem Reichstag den Entwurf zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten zugehen lassen. An solchen Krankheiten Leidende müssen sich nach dem Ent wurf ärztlich behandeln lassen, Zwangsbehandlung und Zwaugshetlverfahren sind zulässig. Wissentliche und fahr lässige Verbreitung der Krankheit oder Verheimlichung bei Eingehung einer Ehe sind straffällig, ebenso Übertragung beim Stillen der Kinder. Gefängnisstrafen bis zu drei Jahren werden bei Nichtbeachtung der Vorschriften ange droht. Die Begründung des Gesetzes sagt, Aufklärungen und Warnungen hätten keine Abhilfe bei dem erschrecken den überhandnehmen der Seuchen in Deutschland gefun den. Es sei notwendig, mit exemplarischen Strafen vor- zugehcn.