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Wilsdruffer Tageblatt : 15.02.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192202150
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19220215
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19220215
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-02
- Tag 1922-02-15
-
Monat
1922-02
-
Jahr
1922
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 15.02.1922
- Autor
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nachdem Oerter einen dreistündigen Vortrag gehalten hatte, Oerter das Vertrauen aus. Die Zentralleitung der USPD, wurde aufgesovdert, den Ausschuß gegen Oerter zurückzunehmen. Amerikanische Gäste. Für die nächsten Tage ist die Ankunft von drei ameri kanischen Kongreßmitgliedern angekündigt worden, die für eine freundschaftliche Handelspolitik zwischen Amerika und Deutschland eintreten. Sie wollen sich ein klares Bild über die deutschen Verhältnisse machen und ihre amerika nischen Freunde in ihren Bemühungen unterstützen. Sie werden eine Reife durch ganz Deutschland unternehmen, mit Unterstützung der deutschen Handelskammern. Die Abordnung wird den Eindrmk, den sie von der Leistungs fähigkeit der deutschen Industrie und von ihren Sorgen und Schwierigkeiten erhält, dem amerikanischen Volke übermitteln. Großbritannien. X Die Unruhen in Irland. Die republikanischen Mili tärbehörden in Dublin haben über den Bezirk von Croh- molina wegen der vorgekommenen Gewalttätigkeiten das Standrecht verhängt. Die vorläufige irische Negierung hat eine allgemeine Amnestie für alle während der letzten Feindseligkeiten verurteilten Personen erlassen. Die Er mordung von fünf Ulsterpolizisten durch irische Republi kaner in Clones (Grafschaft Monaghan) hat die Rege lung des irischen Gesamtproblems wesentlich erschwert. Die britische Regierung teilt mft, daß sofott Schritte zur Entlassung der Irländer unternommen werden würden, die wegen Vergehen in Haft wären, die sie vor Beginn der Waffenruhe in Großbritannien begangen hätten. Aus In- und Ausland. Berlin. Der Politiker Helmut v. Gerlach, Mitbe gründer der Demokratischen Partei, hat seinen Austritt aus dieser Partei erklärt. Wie er mitteilt, hätten verschiedene Aus- schlnßanträge gegen ihn vorgelegen, die mit der Kritik Ger lachs an dem Verhalten der Demokratischen Partei begründet waren. Breslau. Der nach Schlesien entsandte Staatssekretär Dr. Peters hat sestgesiellt, daß die Vorfälle in Obcrschle- sien von keiner Stelle außerhalb des besetzten Gebietes ge plant oder ins Werk gesetzt worden sind, wie es die Franzosen vermutet hatten. Riga. In einer besonderen Sitzung der lettischen Delega tion wurde der Beschluß gefaßt, von Deutschland eine Entschädigung für das von Bermondt mitgenommene Kriegs material und Privateigentum zu fordern. Belgrad. Der von den kroatischen Abgeordneten gefaßte Beschluß, eine Intervention des Auslandes für die Anerken nung eines selbständigen kroatischen Staates oder eines kroatischen Staates innerhalb der Grenzen Südslaviens herbeizusühren, wird von den Demokraten als Hochverrat an gesehen. Budapest Nach einer Korrespondenzmeldung plant der ungarische Reichsvcrweser Horthv angeblich einen Staats- streich. Die Opposition richtete an Horthv ein Mamiest, wo-in sie ihn an keinen Eid erinnert und auf die katastropha len Folgen eines Versassungsbruches hinweist. Konrad Haußmann 1*. Stuttgart, 13. Februar. Mit dem demokratischen Reichstagsabgeordneten Konrad Haußmann, der am Sonntag an den Folgen einer Grippe im Alter von K5 Jahren gestorben ist, scheidet eine hervorragende Persönlichkeit aus dem parlamentari schen Leben. Er hat lange vor der Vereinigung der Frei sinnigen Vereinigung, der Fortschrittlichen Volkspartei und der Süddeutschen Volkspartei, zusammen mit Herrn von Payer im Vordergründe der zuletztgenannten Partei gestanden und gehörte außer seiner 31jährigen Mitglied schaft zum Reichstage auch dem württembergischen Land tag an. Nachdem alle drei Parteien sich zur Deutschen Demokratischen Partei verschmolzen hatten, war Hauß- Die Grafen von Freydeck. 68j Roman von A. Ostiand. „Ich komme sofort. Leven Sle wohl, Hilda! Ich habe etwas Unaufschiebbares mit Doktor Gerlach zu sprechen. Nachher" — er beugte sich tiefer zu ihr nieder und sprach leiser, damit nur sie ihn verstehen konnte — „nach her hole ich mir Ihre Antwort." Hinter ihm und dem Diener schloß sich mit schwerem Rauschen die Portiere. Hilda Weutheim stand allein in dem weiten, dämme rigen Gemach. Ein paar Augenblicke sah sie grübelnd vor sich hin; die letzte Viertelstunde hatte ihr so viele und so gänzlich verschiedene Eindrücke gebracht. Und dennoch klang in ihr jetzt deutlich nur der Satz nach, welchen eben erst der Diener gesprochen hatte: „Es ist wegen des Herrn, der täglich nach Fräulein Wentheim gefragt hat." Und Baron von Ullmingen hatte Doktor Gerlach und Käthe rufen lassen. Weshalb? Wer konnte sich überhaupt täglich nach ihr erkundigt haben, nach ihr, die so einsam, so verlassen war, da sie keinen Freund mehr besaß ? Sie wußte nur einen einzigen, von dem sie annahm, daß er so innig an ihr hing, und dieser eine war ihr Vater. Sollte er so viel für sie gewagt haben? Hatte er jede Vorsicht so gänzlich vergessen, nun, da sie krank war und er in Sorge um sie, daß er sogar hierher kam, um nach ihr zu fragen? Aber wenn das wirklich der Fall gewesen war, dann waren sie ihm auf der Spur, dann hatte der Baron viel leicht schon Verdacht geschöpft und hetzte nun Doktor Ger lach auf ihn. Mußte sie nicht um jeden Preis trachten, zu erfahren, was sie nun so Dringendes besprachen? Mit vorsichtigen Schritten ging sie über den großen roten Teppich und blieb lauschend an der Tür stehen. Wenn sie den Vorhang zurückschob und das Ohr an das Schlüsselloch legte, dann verstand sie vielleicht doch einige Worte. Sie tat es und horchte angestrengt. Eben sprach Doktor Gerlach. Sein Helles Organ war deutlich verständlich. „Also Sie glauben, Herr Baron, daß wir hier unserem Unbekannten auf der Spur sind? Das wäre ein geradezu großartiger Epolg! Der ganze Prozeß könnte durch die Auffindung dieses geheimnisvollen Fremden eine andere Wendung erhalten. Und wer könnte wohl sonst an dem Befinden Hilda Wentheims einen so regen Anteil nehmen, als eben dieser Diann, der bestimmt triftige Gründe hat, nicht gesehen und erkannt zu werden? Es wäre ein Glück, wenn wir ihn sestnehmen könnten, ein ganz unverhofftes Glück! Bitte. Kätde. notiere dir die Adresse!" mann wiederum einer der Führer unter den Demokraten. Große Verdienste hat er sich um das Zustandekommen des Bürgerlichen Gesetzbuches und später um die Verabschie dung der neuen Reichsverfassung erworben. In den letzten Jahren wandte er sich der auswärtigen Politik zu. Kurze Zeit, unter der Regierung des Prinzen Max, war Haußmann Staatssekretär ohne parlamentarisches Porte feuille neben Erzberger und Scheidemann. In der Wei marer Nationalversammlung war er Vizepräsident und Vorsitzender des Verfassungsausschusses. Auch bei der Schöpfung^der württembergischen Verfassung hat Konrad Haußmann entscheidend mitgewirkt. Im parlamentari schen Leben genoß der Verstorbene durch sein tiefes Wissen, seine organisatorischen Fähigkeiten und seine persönlichen Eigenschaften großes Ansehen. — Unter den Beileidstele grammen, die von hervorragenden politischen Persönlich keiten in großer Zahl bei der Witwe des Verstorbenen eingingen, seien die des Reichspräsidenten Ebert und des Reichstagspräsidenten Loebe erwähnt. Deutsche Pelztiere. Warum in die Ferne schweifen? Ler ungewöhnlich strenge Winter dieses Jahres hat die Nachfrage nach Pelzwerk natürlich ganz besonders groß werden lassen, aber Pelze gehören zu den Dingen, die es im Laufe der letzten Jahre zu wahrhaft märchenhaf ten Preisen gebracht haben. Zwar hat die während der Kriegszeit unterbundene Zufuhr von Pelzwerk aus dem Ausland längst wieder eingesetzt, so daß an schönen Pelzen kein Mangel mehr ist, die Preise, mit denen diese Pelze, die hauptsächlich aus Amerika kommen, bezahlt werden müssen, sind jedoch für die meisten Menschen unbezahlbar. Aber brauchen wir denn überhaupt Pelzwerk, das erst eine Weltreise zurücklegen muß, ehe es zu uns gelangt? Sind nicht unsere deutschen Wälder reich an wertvollen Pelz tieren? Freilich, unser Wald birgt keine Schwarz- und Silber füchse, keinen Blau- oder Polarfuchs, aber die weich haarigen Felle unserer Rotfüchse sind auch nicht zu ver achten. Sie waren lange genug recht gering geschätzt, und als man im Jahre 1872 zum erstenmal den langbehaarten Fnchsschweif in die Pelzmode einführte, kostete ein solcher Schweis noch 2 bis 5 Pfennige. Aber heute weiß man Schönheit und Nutzen des Fuchsfelles, das die neuzeit- licbe Kürschnerei zudem vorzüglich zu verschönern versteht., anders zu werten, und da uns die deutschen Wälder all jährlich nicht weniger als 200 000 Füchse liefern können, bildet unser Fuchsbestand eine feste Grundlage für die deutsche Pelzherstellung. Wertvolle Pelztiere sind ferner der Edelmarder und ver Stein- und Hansmarder, von denen bis zu 30 000 Stück im Jahr zum Abschuß gelangen. Dann liefert Nord- deutschland jährlich viele Tausende von Iltissen mit gelb- . schwarzem, etwas länger behaartem lind gleichfalls recht geschätztem Fell, das sich besonders für Muffe vorzüglich eignet. Während das deutsche Hermelin, die Wintcrform des großen Wiesels, für den Pelzhandel weniger in Be tracht kommt, weil sein Winterkleid in unserem Klima nie rein weiß wird, und der Nerz, dieses mit Recht hochge schätzte Pelztier leider selten geworden ist, ist der Fisch otter ein sehr wichtiges deutsches Pelztier. Mit dem schönen und kostbaren Fehpelz, den skandina vische und russische Eichhörnchenarten liefern, kann unser deutsches Eichhörnchen nicht wetteifern, und darum spielt es, ebenso wie der Ziesel und der Siebenschläfer, als Pelztier keine sehr wichtige Rolle. Dagegen haben die letz ten Jahre Pelze aus Maulwurfsfellen in die Mode ge bracht. Die Verarbeitung der kleinen schwarzen oder dunkelgrauen samtartigen Fevchen zu größerem Pelzwerk verlangt aber eine so große Menge von Einzelfellen, daß Maulwurfspelze außerordentlich teuer find. Auch der Hamster liefert im Jahr viele Tausende von Fellchen, die hauvtsäcklick zu Futterpelzen gebraucht werden. Ein Papier raschelte, der Baron sprach. Und dann klang Käthe Gerlachs Stimme: „Ich danke. Ersten Bezirk, Niemerstraße 3, 3. Stock — gut. Aber Papa — du mußt dir erst eine Vollmacht besorgen, den Fremden zu verhaften. Es ist auch besser, wir warten, bis es ganz dunkel ist, denn derartiges macht stets Aus ehen." Im Salon wurden Stühle gerückt. Hilda hörte, wie Gerlach fortging. Beim Weggehen sagte er noch: „Also ich hole dich hier ab, Käthe — Punkt acht Uhr. Aus Wiedersehen!" Hilda Wentheim bo.b den Kopf vom Schlüsselloch und ließ die Portiere herabsinken. Dann, einem raschen Ge danken solgend, trat sie in ihr Zimmer zurück und schob hinter sich den Niegel vor. Nun eilte sie zu der zweiten Tür und verschloß auch diese. Mit einem scheuen, entsetzten Blick blieb sie nun in mitten des schönen, behaglichen Raumes stehen und ver- suchte es, ihre wirren Gedanken zu sammeln. Was sollte sie tun? Um Gottes willen, was sollte sie tun? Wenn der Fremde, welcher nach ihr fragte, wirklich ihr Vater war, dann drohte ihm eine große Gefahr! Und sie stand hier, vielleicht gar nicht weit von ihm entfernt — und sollte untätig abwarten? Eine Angst ergriff sie plötzlich, die ihr fast das klare Denkvermögen raubte. Jetzt erst, in dieser Minute, er kannte sie deutlich, wie sehr sie an dem einzigen Menschen hing, der auf dieser weiten Erde wirtlich zu ihr gehörte, wie sie, trotz aller Scheu, doch gern alles hingegeben hätte, um ihn zu retten. Je länger sie darüber nachsann, um so wahrschein licher wurde es ihr, daß jener Mann, welcher so eifrig immer wieder nach ihr gefragt hatte, niemand anders sein könne, als ihr Vater. Zum mindesten mußte es jemand s sein, den er zu diesem Dienste angenommen hatte. Aber wie sollte sie ihm eine Warnung zukommen lassen? Ihre Blicke flogen scheu durch den vornehmen Raum, s Und allmählich tauchten auch die letzten Worte des Barons, „er würde sich die Antwort holen", wieder aus j in ihrem Gedächtnis. Die Antwort auf die Frage, ob sie für alle Zukunft ! ihr Geschick an das seins knüpfen wolle. Sie wußte es, daß s er sie mit einer letzten großen Leidenschaft liebte, daß diese Leidenschaft ibn alles, alles überwinden ließ, was sich ihm trennend in den Weg stellte. Und ihr graute vor dieser Liebe, welche sie nie erwidern konnte, sie fürchtete sich davor und wäre am liebsten geflohen vor ihr bis ans Ende der Welt. Aber wenn sie „nein" sagte, was dann? Wohin sollte sie sich wenden -- sie, die Ausgestoßene, die Ver- lassene, von der alle sich abkehrten bis auf den einzigen, der ihr hilfreich und gütig die Hand bot, um in einer neuen Umgebung ein anderes Leben zu beginnen, das Leben einer reichen, beneideten jungen Frau? Seit einigen Jahren besitzt Deutschlna- übrigens noch ein Pelztier, freilich eins, das Mir nur zu gern Mieder los- würden; aber da es nun einmal da ist, soll es wenigstens in einer Hinsicht zum Nutztier werden. Es ist die im Jahre 1906 von Amerika nach Böhmen gekommene und von da aus in Deutschland eingedrungene Bisamratte, ein gefähr licher Räuber in unseren Fischwässern. Ein besonders schöngefärbtes oder weichhaariges Fell besitzt die Bisam ratte zwar nicht, aber da es dem Fell des echten Bibers ähnelt, läßt es sich sehr hübsch verarbeiten. Ganz besonders beliebt ist gegenwärtig in der Kürsch nerei die Verwendung des Kaninchenfells, und zwar na mentlich deshalb, weil man aus dem weichhaarigen Fell werk, das sich sehr leicht und gut färben läßt, fchöne Nach ahmungen der teuersten Pelze Herstellen kann. Auf elektri schem Wege geschoren, als sog. Sealkanin, bildet der Ka ninchenpelz eine vorzügliche Nachahmung des kostbaren Seehundpelzes oder Sealskins, während die Felle der rein weißen Kaninchen gewöhnlich mit kleinen schwarzen Spitzen versehen und als Hermelin zugerichtet werden. Da die Felle der großen Zuchtkaninchen recht gut bezahlt werden, ist die Zucht aller Kaninchenrassen also auch ihres Pelzwertes wegen sehr lohnend. Von deutschen Kanin chen kommt alljährlich etwa eine Million auf den Pelz markt. Endlich darf auch unserer braven Hauskatze nicht vergessen werden, deren seidenhaariges Fellchen ein sehr begehrter Handelsartikel geworden ist. Allerdings besitzen nicht alle Katzen einen besonderen Pelzwert. Naturschwarze, graue oder fchwarzgefleckte Katzenfelle sind ans dem Pelz- markt viel mehr geschätzt als etwa rheinländische und Pom« mersche Felle. Im allgemeinen werden die Felle der Kater bevorzugt. Ihre Verwendung finden die Katzenfelle in der Verarbeitung zu einfachen Pelznachahmungen, als belieb tes Futterpelzwerk oder auch unverarbeitet als wärmende Schutzhülle bei rheumatischen Erkrankungen. Es läßt sich natürlich nicht leugnen, -aß uns die deut schen Pelztiere, sowohl was ihre Artenzahl als auch was ihren Festwert betrifft, die Pelze der amerikanischen un- russischen Tierwelt nicht zu ersetzen vermögen. Aber sie sind deutschen Ursprungs, und das Geld, das sie kosten, wird für deutsche Arbeit bezahlt und blcibt im Lande. Diese Gründe sind es, die vor allem für die deuische Ware sprechen sollten. Papisr oder Gold? Die Versuche zur Festlegung der Währung. Alle Länder mit stark entwertetem Geld — Deutsch land und wieviel mehr Österreich — haben die Möglich keiten erwogen, von diesem schlechten Geld loszukommen nnd es durch ein neues, vollwertiges oder doch höherwer« tiges und wertbeständigeres zu ersetzen. Solche Möglich keiten schien es mehrere zu geben. Die Hoffnung, das Papiergeld könne gleichsam aus eigener Kraft den Gold stand erreichen, mußte bei fortschreitender Entwertung bald aufgegeben werden. Es blieb der Gedanke, eine neue, vielleicht fremde Währung einzuführen (in Österreich wurde die Frankenwährung erörtert), oder einer verkleinerten Einheit den alten Namen zu geben („eine Mark" für den Wert von fünf Pfennigen), oder einen dazu geeigneten Kurs festzulegen, zu „stabilisieren" (was praktisch auf das gleiche herauskäme), oder die Goldwährung rein rechne risch herzustellen, oder, schließlich, neues Papiergeld her auszugeben, das ein bestimmtes Vielfaches des alten gilt, um wenigstens die sinnlos riesigen Zahlen zu vermeiden. Nur die beiden letztgenannten Möglichkeiten sind praktisch versucht worden. Das Ergebnis ist wenig ermu tigend. Es zeigte sich, daß ein Staat von einem noch so ungeheuerlich verschlechterten Papiergeld nicht los kommen kann, daß er in seiner Währung wie in einem Kerker eingeschlossen ist. Der Staat, der diese lehrreiche Erfahrung znaleich für die anderen machte, ist S o w j e t r uß l a n d. Dort hat man zurzeit drei Währungen: -en „Goldruöel", nach dem Httoa jchlug die Hande vor ihr glühendes Gesicht chen. So weit war sie schon, daß sie dies überhaupt in Erwägung zog? Daß sie daran dachte, sich zu verkaufen, wie man eins Ware verkauft? Aber was sollte sie tun, mittellos und vollkommen weltunerfahren, wie sie war? Ihre zitternde Hand fuhr mechanisch über die Platte des Tisches, an dem sie lehnte. Und wieder klirrte da leise Georgs Ring — — / Ihr Herz schrie auf in einem wilden Weh. Daß er sich so non ibr wandte, das war das Härteste, das Bitterste von allem. Drüben ging eine Tür. Auf dem Gange, der an Hildas Zimmer vorbeifuhrte, klangen Schritte und Stimmen. Sie hörte Käthe Gerlach sprechen. „Ich möchte gern zu Hilda," sagte die Tochter des Po lizeibeamten, „kann ich mit ihr sprechen?" Und darauf klang lUtinim ens Stimme: „Es ist besser, wir überlassen Hilda der Ruhe und stören sie jetzt nicht, mein Fräulein. Ich werde Ihnen Gesellschaft leisten, bis Ihr Vater kommt. Vielleicht fahre ich selbst mit. Es ist ja nur wenige Minuten weit." Die Stimmen verklangen, und wieder, war um da» junge Mädchen her die tiefe Einsamkeit. „Es ist nur wenige Minuten — Riemersrraße 3 —" Fast ohne etwas dabei zu denken, sprach sie die Worte halblaut vor sich hin. Und ganz plötzlich lief sie zum Schrank nnd riß die Tür auf. Da hing ihr einfaches Trauerkleidchen. Im Fach daneben lagen ver Hut mit dem dichten, schwarzen Schleier und die Handschuhe. Auch die hohen Knöpfschuhe slanden hier. Wenn sie es -wagte und sich rasch anzöge? Dort — die Tapetentür führte auf eine kleine Seitenstiege und zu einem zweiten Ausgang des Palais, der gewöhnlich von der Dienerschaft benützt wurde. Ihre Wärterin hatte gleich falls zu dieser Tür einen Schlüffe! besessen. Hing er nicht dort an der Wand neben der Tür? Wenn sie in ihre Kleider schlüpfte und es versuchte, ungesehen aus dem Hause zu kommen? Wenn sie ihn warnte? Mußte sie es nicht eigentlich tun? Ihre Finger zitterten, als sie das schlichte Kleidchen überwarf und die langen Zöpfe aufsteckte. Die goldene Hoarpracht verschwand fast ganz unter dem einfachen, runden Hütchen. Bebend zog sie den Schleier fest vor das Gesichtchen, auf dem schon wieder die Röte des Fiebers kam und ging. Als sie schon an der kleinen Nebentür stand, warf sie noch einmal einen langen Blick zurück in das Zimmer, in dem sie nun für Wochen eine Heimstätte gefunden. Wenn ihr Versuch mißglückte, wenn man ihre Abwesen heit entdeckte, dann war ihr auch diese Zufluchtsstätte verloren für alle Zeit; denn der Baron würde ihr diesen Schlitt wo-l niemals vergeben. (Fortsetzung folgt.)
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