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aus vrhöhung veS Eis«nbahngüter- unV TiertarifS ange- u»»mn«« Die vorlag« stecht im gmq«n eine Erhöhung um 33 X Prozertt im Durchschnitt vor. Die Erhöhung erstrech sich «icht nur «ms die «mßerorde«ttichen Darifllasseu, son- der« auch a«s d<« «uSnahmetarise, insbesondere auf den Kohienauöuahrnetarif. Aus I«. «tb Ausssnd. Berlin. Dem Reichstag tfl der Entwurf eines Gesetzes über den Ersatz der durch den Krieg verursachten Personen schäden »lmegangen. «S betrifft Keich-angehörige, die durch d«n letzten Krieg Schädigungen an Leib »der Leben erlitten haben und nicht ,u de» nach dem Vetchdversorgungsgesetz vom 1L Mai 1920 versorgung-berechtigten Personen gehören. Berlin. Das von Herrn v. Jagow eingereichte Gesuch, ihm gegen Sicherheitsleistung von 500 000 Mark «inen 14tä«i- gen Strafurlaub zu gewähren, wurde vom Reichsjustizministe rium abschlägig beschieden. Madrid, über bi« Bildung des neuen Kabinetts herrscht völlig« Unsicherheit. Vereinzelt wird von der Auf stellung eines militärischen Kabinetts gesprochen. Warschau, Am »1. Dezember betrug die polnische Staatsschuld bei der polnischen Landeskaffe 221 Milliar den Mark, der Banknotenumlauf 220 Milliarden 538 Millionen Mark. z Wilna. Nach den bisherigen Wahlergebnissen wird der Wilnaer Landtag, der am 20. Januar zu seiner ersten Sitzung zusammentritt, 50 Abgeordnete der Rechten, 32 des Zentrums und 34 Abgeordnete der Linken umfassen. Kowno. Auf Grund der Auseinandersetzungen in der Agrarreform haben die Sozialisten den Premierminister Dr Grinius abberufem Das Sesamtnünisterium ist zu rück- getreten. Das Kabinett poincare. Auf der Basis einer großen Kammermehrheil. Die Übernahme der Negierung in Frankreich durch den früheren Präsidenten Poincarb ist nur dadurch ermöglicht worden, daß im französischen Parlament die nationalistischen und deutschfeindlichen Strömungen in einer geradezu unverständlichen Weise die Oberhand haben. Poincarä hat daher von vornherein eine große Mehr heit der Kammer für seine Regierung sicher, wenn auch natürlich »richt alle Parteien in seinem Kabinett vortreten sind. Die parla mentarischen Grup pen, aus denen er seine Minister ge nommen hat, sind diejenigen, die im alten deutschen Reichstag etwa von den Freikonservati ven bis zu der fortschrittlichen Volkspartei gereicht hätten. Das ist also ein ausgesprochenes Sammlunaskabi- nett der Mitte, wel ches eS dem Führer durchaus ermöglichen würde, seine bisherige, von glühen dem Deutschenhaß erfüllte konservative Politik fortzusetzen. Ob er das freilich im Hinblick auf die außenpolitische Lage Frankreichs wirklich tun kann, ist eine andere Frage. Seine Verhandlungen mit den Radikalsozialisten, die er gern in seiner Regierung gehabt hätte, haben sich zerschlagen. Die für uns Deutsche besonders interessante Frage, ob Lou- cheur wieder Aufbauminister wird, ist noch unentschieden. P»tnc»r«. überhaupt ist die KabinettSlkst« in MM- «ff die »ar« vertretenen Persönlichkeiten noch nicht abgeschlossen. Doch kann kein Zweifel daran bestehen, daß Potnrarö seine Re gierung binnen kürzester Frist konstituieren wird. Der georgische Freiheitskampf. Schwer« Niederlage der Russen. Eines der ersten Opfer der Eroberungspolitik Sowjet rußlands war die junge Republik Georgien, die von den bolschewistischen Truppen besetzt war und gewaltsam von ihrer demokvatischen Verfassung zu einer bolschewisti schen Staatsform gebracht werden sollte. Die deutsche Re gierung hat ein besonderes Interesse an diesem Lande, weil durch d«n dortigen Umsturz auch die deutsche Gesandtschaft in Tiflis zur Abreise genötigt wurde. Nunmehr haben die Georgier nach Mitteilungen ihrer Berliner Gesandtschaft einen großen Erfolg über die Russen erfochten. Wie verlautet, haben die russischen Okku- pationstruppen in Swanetien (Westgeorgien) eine schwere Niederlage erlitten und mußten die Pro vinz räumen. Ganz Swanetien ist heute frei. Der Jubel der Bevölkerung ist nach den georgischen Meldungen unbeschreiblich. Auf Massenversammlungen werden Ent schließungen gefaßt, die der im Exil befindlichen demokra tischen Regierung Jordania unverbrüchliche Treue geloben und den brutalen Terror der russischen Okkupanten ver dammen. In den letzten Kämpfen zählten di« Russen 800 Verluste an Menschenleben, die Verluste der georgischen Ausständischen waren gering wegen der unzugänglichen Gebirgsschluchten, die den Aufständischen feste Positionen bieten. Die Niederlage der russischen Truppen in Swanetien wird, wie man glaubt, nicht zu einer Auflösung der übri gen russischen Okkupationsarmsen in Georgien führen. Die russischen Soldaten erklären selbst, es sei unmöglich, neue Opfer zu bringen, «m gegen die Aufständischen von Swa netien zu marschieren. Die Arg äuge zu SwanÄjrn seien „nur für Adler aus dem Luftwege «rÄMar^ " Die Gehatter -er Beamien. Das Resultat der bisherigen Verhandlungen. Während die Verhandlungen der Reichsregierung mit den Reichsarbeitern zu einem Abschluß gekommen sind, ist zwischen Beamten und Regierung bis zum Schluß der Woche noch keine Einigung erzielt. Die verlangte Erhöhung der Grundlöhne der Beam ten wurde von der Regierung abgelehnt und vo-rgeschlagen, in die Beratung über eine Erhöhung der Teuerungszu schläge einzutreten. Nach dem Regierungsvorschlag sollen die Beamten auf die ersten 10 000 Mark ihres Gehalts mit dem Ortsklassenzuschlag vierzig Prozent anstatt wie bis her zwanzig Prozent Teuerungszuschlag erhalten. Auf den Betrag über 10 000 Mark soll der Zuschlag nur zwan zig Prozent betragen. Dies bedeutet eine Aufbesserung von jährlich 2000 Mark. Hiervon sollen für die oberen Beamten fünfunddreißig Prozent und für die unteren Be amten zehn Prozent Steuern abgezogen werden. Eine Er höhung der Kinderzulagen wurde abgelehnt. Diätare, Beamte im Vorbereitungsdienst, Pensionäre und Hinter bliebene sollen bei diesen Aufbesserungen entsprechend be rücksichtigt werden. In den besonders teueren Orten sollen den Beamten besondere Zuschüsse gewährt werden. Dis Regierung hat sich bereit erklärt, hierüber mit den Be amtenorganisationen zu verhandeln. Die Regierung be absichtigt, die Vorlage dem Reichstage bei seinem Zu sammentritt zu unterbreiten. Von den Beamtenorganisationett verlautet, daß die Vorschläge der Regierung von- den Beamtenorganisationen abgelehnt worden sind, weil die Beamten der Gruppen 2 und 3 dadurch schlechter gestellt werden als die ungelernten Arbeiter und die Regelung nur eins wesentliche Erböbuna v« «Mgr IM Theten Beamt«, NM aber der mittleren und «tttr«, Bomnten darstellt. Trotzdem hoH» man auf eine «ersttndi-mtg. — Der Hei-etheryer Bürgermeiff-nnor- Dar do» Hegtnn des § Heidelberg, Nn Januars Am 1«. Amuar beginnt hier vor de« »ihw«»vericht des Prozeß gegen d«n S4 Jahre alten GHmied Leonhard Siefert, der — wie es in der Anklageschrist hoißt — „driw gend verdächtig' ist, am 29. Juni 1921, dem katholischen Feier tag Peter und Paul den Oberbürgermeister der westfälischen Stadt Herford Wilhelm Busse und de» früheren Herford der Bürgermeister Leopold-Werner, der seit dem Jahre 1919 in Heidelberg im Ruhestände lebte, an einem stellen Hang im Heidelberger Stadtwald, in der Höhe der Straße Heidel« berg—Neckargemünd, ermordet und beraubt zu haben. Mau weiß, welches Aussehen diese Bluttat in ganz Deutschland erregte, als sie cm Sommer vorigen Jahres be« kann« wurde, uns daß sie die Gemüter nicht weniger lebhaft beschäftigte als die Ermordung der jungen Schloßherrin von Kleppelsdorf, die vor wenigen Wochen durch das von den Hirschberger Geschworenen verkündete Todesurteil ihre Sühne gefunden hat. Und noch in anderer Hinsicht hat der Heidel berger Prozeß eine gewisse Ähnlichkeit mit d«m Prozeß Gru- pen: der Angeklagte Siefert leugnet ebenso hartnäckig, wie Peter Grupen geleugnet hatte, und es mutz auch gegen ihn in der Hauptsache auf Grund von Mutmaßungen verhandelt wer den, aber die Zahl der Beweise, die gegen ihn ins Feld ge führt werden kann, ist so groß und erdrückend, Latz an seiner Täterschaft kaum zu zweifeln ist. Die Tat an sich charakterisiert sich als ein gemeiner Raub mord, den nur die begleitenden Umstände interessant gemacht und aus der großen Menge gleicher Verbrechen herausgehobex haben. Der fünfzigjärige Oberbürgermeister Busse war auf Ler Rückreise vom Stäotetage tu Stuttgart nach Heidelberg gekom men, um alte Beziehungen zum Korps Vandalia, dem er einst angehört hatte, wieder aufzunehmen und den ihm befreundeten früheren Bürgermeister Werner zu besuchen. Am 29. Juni hatten die beiden Bürgermeister einen Spaziergang unter nommen, von dem sie nicht mehr zurückkehrten. Merkwürdiger weise wurde die Nachricht von ihrem Verschwinden erst fünf Tage später durch di« Zeitungen verbreitet, und man begann. mit der Möglichkeit eines Verbrechens zu rechnen. Es wurden von zahlreichen Mannschaften der badischen LanLeSpolizei und von Studenten, die sich freiwillig zur Verfügung gestellt hatten, umfangreich« Nachforschungen angestellt, aber man entdeckte zunächst keine Spur einer verbrecherischen Tat. Bis dann am 8. Juli die Gastwirtstochter Kratzmüller aus Ziegelhausen bei Heidelberg durch einen Brief, den sie in der Rocktasche des EisenLahnschmiedes Leonhard Siefert gefunden hatte, die Polizei auf die richtige Spur lenkte. Siefert wohnte bei Kratzmüller, und das junge Mädchen hatte gelegentlich einer neugierigen Suche nach der LiebeÄorrespondenz oeS Zimmer herren ein Schreiben aufaestöb«tt, da» di« Frau des Ober bürgermeisters Busse an ihren Mann, „zurzeit in Heidelberg", gerichtet hatte. Alles weitere ergab sich dann sozusagen von selbst. Man durchsuchte Sieferts Zimmer und fand Schmuck sachen aus dem Besitz der beiden Bürgermeister sowie Teile eines aLgeänderten Milttärgewehrs, worauf Siefert, obwohl er immer wieder behauptet«, daß er von der ganzen Geschichte nichts wisse, in Haft genommen wurde. Drei Tage später fanden Korpsstudenten nahe bei Neckar gemünd die unter FelSgeröll versteckten Leichen der beiden Bürgermeister und in kurzer Entfernung von der Fundstelle einen richtigen Schützenstand, vor dem offenbar ei« Mann aus der Lauer gelegen hatte, nach einem passenden Opser Ausschau zu halten. Daneben lagen eine noch nicht abgeschoffene Militär patrone, eine Brieftasche des Bürgermeisters Werner und unter Steinen ein Gewehr, dessen Kolben abgeschlagen war. Es wurde im Verlauf der »vetteren Untersuchung festgestellt, daß Siefert, der ein leichtsinniges Leben geführt hatte, verschuldet war, am Tage nach der Tat aber seine Schulden bezahlt und sich verschiedene Kleidungsstücke anaeschafft hatte. Hierzu kam noch, daß sich an seinen Kleidern Blutflecken befanden, und daß Fingerabdrücke an der Brieftasche deS Bürgermeisters Werner genau mit den Abdrücken seiner Finger übereinstimmten. Ober« bürgennetster Busse war durch einen Schuß in die Brust ge lötet worden, während dem Bürgermeister Werner mit einem batten Gegenstand die SchSdeldecke zertrümmert worden war. Dem Obettiüraermeiiter Buffe batte Le: Mörder den Rina- Die Grafen von Freydeck. 42j Roman von A. Ostland. Hiwa lies mehr, als sie ging. Das war vielbedeutend, was sie da in Händen hielt, das war ihr vollkommen klar. Und da — am Ende des Ganges — schimmerte da nicht Licht durch einen Türspalt? War sie schon am Ziel? Ja, dort war eine Pforte. Und hier die eingerostete / Klinke! Fest drückten ihre Hände das alte Eisen nieder. Einen Augenblick später stand Hilda Wentheim in einem dichten Gebüsch mitten im Park des Schlosses Frey deck. Sie erkannte die Umgebung sofort. Dort ragten die uralten Ulmenbäume, da links die hohen Tannen, welche fast schwarz sich abhoben von dem klaren Herbsthimmel. Und da, da wand sich ein ganz schmaler Pfad durch das Dickicht. Das junge Mädchen ging vorwärts, ganz befangen in ihren Gedanken. Eie grübelte und sann angestrengt nach. — Ihr Verstand war ja noch vollkommen ungeübt in der Erforschung derartiger Dinge. Aber das mußte doch eine Bedeutung haben: dieses Stückchen Stoff, und hier wieder dar gleiche, lange Haar, wie jenes, das Julie zwischen ihren Fingern ge halten l War das nicht schon fast ein Beweis? Und dann — der Gang! Die fremde Frau war vom Kloster, von der Kapelle aus, direkt in den Park gelangt; dort stand schon zwi schen den rotbraunen Hecken die Dank, auf der sie da mals mit Georg gesessen. Und ein ebensolches Haar war um Julies Finger geschlungen gewesen. Mit einem eigentümlich schmerzlich-süßen Gesühl stand sie heute allein hier an dieser Stelle. War es am Ende doch ein Unrecht gewesen, daß sie damals Georg hier heimlich gesehen hatte? War nicht all das Unglück nur aus dieser einen kurzen Begegnung entstanden? Ader war es deshalb ein Unrecht? Nein, vielmehr eine Verkettung »on Zufällen, Irrtümern und Umstän den, welche erst da« Unglück herbeiführten? Konnte eine solche eckte, tiefe Liebe überhaupt jemals zum Unrecht werden? In dem jungen Kopfe drängten sich die Fragen. Aber das Herz setzte immer wieder sein „Nein" entgegen. Wo Liebe war, da war auch ein Recht. Und jetzt erst wußte Hilda Wentheim es ganz und voll, wie sehr sie an dem Freund ihrer Kindheit hing, jetzt, wo er im Unglück war. Durch die Stille klang ein Laut; Zweige knackten, dürre Blätterrauschten auf. Dann kam jemand mit weiten Sätzen durck die breite Allee gestürmt. War das ein Mensch? Ein flüchtendes Tier? Hilda bog sich weit vor. Und da sah sie eine schlanke, dunkle Gestatt, welche näher kam, laufend, als sei hinter ihr das Verhängnis. ^Onkel Hugo!" Sie schrie unwillkürlich laut auf vor Entsetzen. Aber er hörte sie nicht. Die hohe Gestalt weit vornüber geneigt, das sonst so glatt gescheitelte Haar wirr und zerzaust, mit tiefblassem Gesicht, aus dem die Augen dunkel glühten, so stürmte Hugo von Freydeck daher. Die schmalen, feinen Hände fuhren unruhig durch die Luft, und der Mund sprach unausgesetzt wirre Worte, welche wohl kaum irgendeinen Zusammenhang hatten. Jetzt, ganz plötzlich, stand er still und sah starr vor sich hin. „Mein ist die Rache!' spricht der Herr!" rief er mit gequälter Stimme. „Mein! Hört ihr es? Mein! Aber wo war der Herr, der Richter? Wo? Er hat nichts gejehen und nichts gehört, und hat seine Hand nicht aus- gestreckt zur Rachel Muß da nicht ein anderer — ein anderer —" Wieder griffen seine Hände wirr in die Lust; und dann begann er zu lachen, unheimlich grell. Erst leise, dann immer lauter und lauter, bis er jäh abbrach und wieder zu flüstern begann. Hilda stand wie gelähmt. Eine furchtbare Angst kroch an iie heran. Sie war so ganz allein hier in dem einsamen Park; das Schloß lag noch ziemlich weit entfernt. Niemand würde sie hören, niemand einen Hilferuf vernehmen. Ganz unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück. Aber das leise Geräusch traf doch an das Ohr des Mannes. Ein Zug von Argwohn trat in sein Gesicht. Lauschend hob er den Kopf. Und da fiel sein wirrer Blick gerade «uf da» süße, blaffe Mädchenantlitz. Einen Augenblick später war er hinter ihr, die sich instinktiv rasch umgewendet hatte und flüchtend dooonetlte. Hilda spannte alle Kräfte an; sie war von einer fast sinnlosen Furcht befallen, welche ihr alle klare Ueber- legung raubte. Sie wußte nur eins: sie mußte fort, mußte um jeden Preis aus dem Bereich dieses Mannes kommen, dessen Verstand unter den Ereignissen der letzten Tage ernstlick gelitten zu haben schien. Aber auch Hildas Kräfte waren nicht frisch; das Fieber der vergangenen Nächte hatte sie geschwächt; ihre Glieder bebten, die Füße versagten ihren Dienst. Sie getraute nicht, sich umzuwenden, aber sie hörte deutlicher und deutlicher die keuchenden Atemzüge hinter sich, die weiten Sprünge, welche auf dem kurzgehMenen Grase dumpf aufklangen. Fort! Nur fort! Die leichte Gestalt des Mädchens flog förmlich dabin über die weiten Rasenplätze des Parkes, durch lange Alleen, wo ihr flüchtiger Fuß fast versank in dem rauschen den, dürren Laub, vorbei an den schimmernden Marmor gestalten, welche da und dort auftauchten, an verschlafen rauschenden Quellen und plätschernden Springbrunnen, lieber allem lag glänzend und gleißend die grelle Nach mittagssonne und tauchte alles in eine seltsame, durch sichtige Helligkeit. Und überall die Einsamkeit, die große, unendliche Oede dieses weiten alten Gartens. — Hilda hatte zuerst die Richtung gegen das Schloß eingehalten. Aber da merkte sie plötzlich, daß die laufrnden Schritts hinter ihr nun eine andere Richtung einschlugen. Einen scheuen, raschen Blick warf sie zurück. Da sah sie, daß Hugo von Freydeck abgcbogen war. Er hatte einen schmalen Weg über das große Par terre eingeschlagen und mußte ihr, da dieser Weg der weitaus kürzere war, nun gerade «ntgegenkommen, wenn sie nicht umkehrte. Also zurück! Sie hatte keine Zeit, nachzudenken, denn schon wandte auch er den Kopf. Und eine Minute später hatte er ihr Vorhaben erkannt. Mit einem haibunterdrückten Schrei der einem Fluche sehr ähnlich war, blieb er eine Sekunde, lang stehen, dann jagte er wieder hinter ihr her. Aber nun hatte sie doch einen Vorsprung. Wie lange noch? Sie dachte es immer wieder, während sie planlos, ziellos weiter hineinlief in die Stille dieses einsamen Parkes. Wir lange hielt sie noch aus? Und wo sollte sie endlich Schutz finden, eine Zuflucht? Da schoß ihr blitzartig ein Gedanke durch den Kopf: „Das Birkenhäuschen l" Wenn sie es erreichen konnte! Wenn sie hineinschlüpfte und die Tür einfach hinter sich abschloß? Wenn drr Schlüssel nicht da war, so half der starke Riegel, den sie selbst vor kurzem hatte einschrauben müssen auf Tante Hannas Befehl. Und vor den Fenstern lagen wohl die Rolläden Ein leiser Schimmer von Hoffnung belebte sie und stärkte ihre versagenden Kräfte. Bis zum Birkenhäuschen war es nicht mehr weit. Vielleicht erreichte sie es noch — vielleicht! Sie bog jäh um eine Ecke. Da — der kleine Weg durch das Dickicht — der führte hin! Schon sah sie die weißen, glatt behauenen Stämme durch das Buschwerk glänzen. Sie sah immer nur auf die Tür, welche halb offen stand. Und sie bürte nichts, als die eiligen Schritte hinter sich. Wie blind lief sie weiter. Da — ein Schrei entrang sich ihrer Brust — da stolperte sie über eine starke Baumwurzel; schwer fiel sie gegen Len mächtigen Stamm.