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l Beilage zunr Frankenbergev Tageblatt Nr. 298 SounaLeud, den 22. Dezember 1934 93. Jahrgang Rund um Deutschlands Grenzen Ein einziger Blick auf die deutschen Gren zen offenbart das ganze Werk von Versailles. Es gibt kein Land in Europa, das so sehr den Frieden braucht wie Deutschland. GV gibt aber auch kein Land in Europa, das so schwer seine Grenzen verteidigen kann wie das Deutsche Reich. Schon die Tatsache, daß wir über 8000 Kilometer Grenzen haben, zeigt, welchen Gefahren Deutschland ausge setzt ist, wenn einmal die Fackel des Krieges entzündet werden sollte. Bei einem Blick auf die deutschen Grenzen schaut das Auge zuerst auf die Grenze an der Saar, die nun nur noch kurze Zeit bestehen bleibt. Seit 1918 ist das Saargebiet der deut schen Souveränität entzogen worden, aber der Gleichklang der Herzen diesseits und jenseits der Grenzen ist nicht eine einzige Minute ver ändert worden. Hier, an der Saar, wird Deutschland eine moralische Rückeroberung Urit den Mitteln Les Friedens machen und hoffentlich auch so den Frieden stärken. Hier Werden wieder Deutschland und Frankreich aneinunder grenzen, und es wird die Gele genheit vorhanden sein, unmittelbar von Land zu Land miteinander zu verhandeln. Wenn die Saarfrage erledigt ist, muß das Werk der deutsch-französischen Verständigung erneut in Angriff genommen werden. Unse ren guten Willen darf man als bekannt vor aussetzen. Wenn der gleiche Zustand auch aus der anderen Seite herrscht, so ist im Grunde kein Hindernis für eine Einigung vorhan den. Man muß nur den selbstverständlichen Forderungen nach Ehre und Gleichberechti gung, ohne die kein zivilisiertes Volk leben kann, Genüge tun, dann wird sich alles an dere auch ohne große Schwierigkeiten regeln lassen. Das kommende Jahr wird also für Deutschland und Frankreich im Zeichen des Willens zur Bereinigung der Gegensätze stehen. Wer es in den beiden Ländern gut mit seinem eigenen Lande meint, und wer außerdem eine friedliche Entwicklung in Europa will, der muß wünschen, daß diese Gespräche zu einem Erfolg führen. Deutschlands Willen zum Frieden und zur Beruhigung hat der Führer und Reichskanz ler auch zu verstehen gegeben, als er nachden traurigen Vorgängen im Sommer dieses Jahres Herrn von Papen als Gesandten in außerordentlicher Mission nach Wien schickte. Bei den vorhandenen gegensätzlichen Auf fassungen ist gewiß eine solche Verständigung von heute auf morgen nicht zu erzielen. Wäh rend man nach den Julivorgängen in Deutsch land alles tat, um den Eindruck zu verhüten, als ob von außen her in die Geschicke Oester reichs eingegriffen wurde, während die Regie rung eine strenge Grenzsperre anordnete und Während alle beteiligten Stellen sich die größte Zurückhaltung auferlegten, kamen und kommen aus Oesterreich nach wie vor Stim men heftigster Anklagen, Anklagen, die ohne Beweise geblieben sind. Das Verbot der deut schen Zeitungen in Oesterreich ist verlängert worden. Wir vernehmen oft genug Reden, die von allem anderen zeugen, nur nicht von Verständigung. Wir bedauern das im ge samtdeutschen Interesse. Die Oesterreicher haben ja heute den Versuch gemacht, das alte Oesterreichertum zu neuem Leben zu er wecken. Wenn es sich dabei um die Pflege heimatlicher Eigenn't handelt, so mag das angehen, wenn aber der Versuch gemacht wer den soll, hier zweierlei Deutschtum zu kon struieren, so muß ein solcher Versuch schmäh lich scheitern, denn schließlich ist die deutsche Art doch der Generalnenner. Die künstlichen Konstruktionen können eine solche Tatsache nicht aus der Welt schaffen. Die längste Grenze hat Deutschland mit englische und amerikanische Konkurrenz als zweiter Sieger gewann, bildete den Stolz des ganzen niederländischen Volkes, das die Be satzung anläßlich des siegreichen Australien fluges in geradezu überwältigender Weise feierte. Die Nachricht von dem Ende der „Uiver" und dem Tode der Besatzung und der Fahrgäste hat in Holland tiefste Trauer aus gelöst. Die Katastrophe ist um so unverständlicher, als das Flugzeug mit den modernsten Sicher heitsvorrichtungen ausgestattet war. Das Flugzeug war Mittwoch früh in Amsterdam mit 51000 Postsendungen an Bord nach Nie- derländisch-Jndien gestartet und sollte nach kurzen Zwischenlandungen in Marseille, Rom, Kairo und Bagdad direkt nach Rangoon durchfliegen. Erst hier sollte eine zwölfstiin- dige Ruhepause bis zum Weiterflug nach Ba tavia eingelegt werden. Die letzten Lebens zeichen wurden am Donnerstagabend empfan gen, nachdem das Flugzeug Gazah überflogen hatte. In diesen Funkmeldungen wurde be reits von heftigen Gewittern gesprochen. Das Ende der „Wer" Sieben Tote. Das holländische Großflugzeug „Uiver", das mit einer umfangreichen Ladung von Weih nachtspost von Amsterdam nach Niederlän- disch-Jndien gestartet war, ist zwischen Gazah und Bagdad in ein schweres Unwetter geraten und über der Syrischen Wüste offenbar durch Blitzschlag zum Absturz gebracht worden. Die aus den beiden Flugkapitänen Gehsen- dorffel und Beekman sowie einem Mechaniker und einem Funker bestehende Besatzung und die drei Fluggäste, Professor Walch von der medizinischen Hochschule aus Batavia, der Di rektor des niederländisch-indischen Pressebü ros, Beretth, und der holländische Kaufmann Kort, dürften alle ums Leven gekommen sein. Das Flugzeug, das vor kurzem mit den Pi loten Parmentier und Moll und der deutschen Fliegerin Thea Rasche an Bord, den großen Wettslug London—Melbourne gegen stärkste Polen. Mein schon diese Tatsache machte j den Versuch notwendig, mit Polen zu einer > Verständigung zu gelangen. Man darf Wohl im allgemeinen sagen, daß dieses Werk der Verständigung im abgelaufenen Jahr Fsrt- lckritw gemacht hat. Man lernt sich gegen seitig kennen, und man lernt die Eigenart eines jeden verstehen. Gewiß ist noch nicht . alles so, wie wir es wünschen möchten. Auch wenn die Führer des polnischen Volkes den besten Willen zeigen, so herrscht doch noch in den mittleren und unteren Instanzen manche Verständnislosigkeit gegenüber den Deutschen im eigenen Lande. Es ist auch nicht einzu sehen, was für einen Erfolg die Maßnahme gegen den Prinzen von Pleß haben soll, wenn nicht den eines solchen Druckes, der schließlich zur Besitzaufgabe führt. Man kann nur hof fen, daß im nächsten Jahr die Schönheitsfeh ler der deutsch-polnischen Verständigung be seitigt werden. Die litauische Grenze, die sich im Anschluß an die Polnische erstreckt, bringt kein freund liches Bild. Der Druck und das Unrecht, un ter die unsere deutschen Volksgenossen im Memelgebiet gesetzt wurden, haben, wie nicht anders erwartet werden konnte, dazu geführt, daß auch die wirtschaftliche Entwicklung ins Stocken geriet. Den Schaden haben allein die Litauer zu tragen. Die litauische Landwirt schaft ist nun einmal auf Deutschland ange wiesen, sie steht heute vor einer Katastrophe. Wir verlangen ja keine Freundschaft von den Litauern, aber wir können und müssen ver langen, daß die selbstverständlichen Rechts grundsätze auch gegenüber den Memelländern deutscher Art zur Anwendung kommen. Die Beziehungen zu den sogenannten „neu tralen Ländern" haben sich erfreulicherweise im vergangenen Jähr immer mehr normali siert, nachdem auch in diesen Ländern die Einsicht gewachsen ist, daß uns alles darauf ankommt, den Frieden zu erhalten und zu stärken und jede friedliche Entwicklung auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet aus zubauen. Am güten Willen auch im Hinblick auf die finanziellen Verpflichtungen mangelt es uns keineswegs, aber Ler Zwang hat sich leider oft stärker als der gute Wille erwie sen. Die wirtschaftliche Entwicklung mit der Schweiz und Holland wird hoffentlich im neuen Jahr für diese Länder und für Deutsch land zugleich von,Vorteil sein. Das gilt auch für Dänemark, Norwegen und Schweden. Was die Tschechoslowakei anlangt, so hat Herr Benesch selbst von freundschaftlichen Bezie hungen zu Deutschland gesprochen. Wir ver schließen nicht die Augen vor der Tragik des Sudetendeutschtums, wir können auch nicht vergessen, was sich noch jüngst in Prag zu getragen hat. Herr Benesch aber ist ein guter Rechner, der weiß, daß die Krise in der Tsche choslowakei noch keineswegs überwunden ist, und daß freundschaftliche Beziehungen zu Deutschland, Lie sich auch wirtschaftlich aus wirken, für die Tschechoslowakei von Vorteil sind. Wenn wir bei einem Ueberblick über die deutschen Grenzen auch auf England zu spre chen kommen, so kann das deshalb geschehen, weil kein Geringerer als Baldwin selbst da von gesprochen hat, daß Englands Grenze am Rhein liegt. Es ist nicht ganz klar, wie dieses Wort aufgefaßt werden soll, und man kann sich Zeiten und Situationen vorstellen, in denen die Interpretationen erheblich vonein ander abweichen. Wie die Dinge jetzt liegen, müssen wir damit rechnen, daß bei der Aus einandersetzung über die großen politischen Fragen der Abrüstung und der Gleichberech tigung Deutschlands England ebenso wie auch Italien sein Gewicht in die Waage werfen wird. Wie der Ausgleich dieser Gewichte er folgen wird, das ist heute noch nicht zu sagen. Es wäre falsch, von beiden Ländern ohne wei teres eine deutschfreundliche Stellungnahme erwarten zu wollen. Es ist aber auch nicht ohne weiteres anzunehmen, daß sie von vorn herein gegen Deutschland Stellung nehmen werden. Wir wollen uns vor jeglicher Illu sion im kommenden Jahr hüten, aber unsere Hoffnung bleibt doch besonders im Hinblick auf Italien und England, daß diejenigen Kräfte schließlich den Ausschlag geben, die zur Haltung und Sicherung des europäischen Friedens eingesetzt werden. Unsere gesamte außenpolitische Lage hat sich zweifellos im vergangenen Jahr gebessert. Sie ist heute keineswegs rosig zu nennen, es wäre aber falsch, sie zu schwarz zu sehen. Die -Friedenspolitik der deutschen Regierung, die ehrlich gemeint ist und mit allem Ernst durch geführt wird, wird sich auf die Dauer — das ist unsere Hoffnung und unser Glaube — zum Wohle unseres Landes und zum Wohle Europas durchsetzen. Die Vörse im Dritten Reich Ein Brief Dr. Schachts. Am Tage der nationalen Solidarität fand eine Sammlung in den Räumen der Berliner Börse statt, die von dem Reichsbankpräsiden ten Dr. Hjalmar Schacht geleitet wurde. Dr, Schacht hat dem Börsenpräsidenten, Staats rat Reinhart, im Anschluß daran folgenden geschrieben: „Sehr geehrter Herr Reinhart! Die Samm lung, Lie ich am heutigen Tage der nationalen Solidarität mit Unterstützung der zuständigen Herren an der Berliner Effektenbörse habe vornehmen können, hat das außerordentlich erfreuliche Ergebnis von 37 253,61 RM. an Barspenden für das Winterhilfswerk Adolf Hitlers ergeben. Ich sehe in diesem Ertrag einen hervorragenden Beweis dafür, wie eng die Börse und ihre Vertreter mit dem gesam ten Dritten Reich in dem unlöslichen Ring der deutschen Volksgemeinschaft zusammenge schmiedet sind. Die Tatsache, daß sich die Produktenbörse in der gleichen Freudigkeit mit der reiche» Spende von 3000 Kilogramm Mehl und an deren Naturalien beteiligte, nehme ich alk Symbol dafür, daß in diesen Kreisen die Ver bundenheit mit der Scholle und ihrem Ertrag ein Gefinnungsfaktor geworden ist, der um alle mit neuem Gemeinschaftsgeist erfaßt unk zu früher nicht gekannten Leistungen auf de« Gebiete der Volkswohlfahrt fuhrt. Ich danke allen Helfern und Spendern vo» ganzem Herzen und bitte Sie, allen Beteilig ten auch namens des Winterhilfswerks auf richtigen Dank zu sagen." Lynchjustiz in Tennessee Erregte Volksmenge steckt das Gerichts- gcbäude in Brand. In das Gerichtsgebäude von Shelbyville im amerikanischen Staate Tennessee wurde ein Neger eingeliefert, weil er ein Weißes, 14jäh- riges Mädchen angegriffen haben sollte. Vor dem Gebäude versammelte sich eine erregte Volksmenge, die eine derart drohende Hal tung annahm, daß Nationalgarde eingesetzt werden mußte. Als die Menge den dritten Sturm unter nahm, eröffnete die Nationalgarde das Feuer. Drei Personen wurden getötet, eine größere Anzahl wurde verletzt. Der angeklagte Neger wurde schleunigst im Kraftwagen abtranspor tiert. Die Volksmenge, die sich nach dem Ab transport des Negers noch nicht beruhige« wollte, steckte schließlich das Gerichtsgebäude in Brand, das vollständig niederbrannte. Der Gouverneur hat S«o Mann Nationalgard« nach Shelbyville entsandt. kesicktichen Ne älS kelcii auHeFMeten ZckLufenstek ÜL1