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i -«in sie verliebt L" weiß es nicht? jungen Freundin." „Fabelhaft interessant," rief Grottkau. „Ich mutz so- ! Fort hinauf und mir das schöne Modell ansehen. Kommst du mit, Durchlaucht?" ! Meersburg verneinte, und ehe die Gräfin den auf geregten Migen rvcann zurucrpailen roume, war er zur Tür hinaus. „Sie wird Hans hinauswerfen, wenn sie überhaupt die Tür öffnet," sagte die Gräfin vergnügt. „Unter drei Stunden tut's Senta Bratt nicht, wenn sie im Zuge ist." „Und so lange muß das arme Fräulein Anna stockstill L-üsttzen, Tante?" Die Gräfin sah ihren Neffen amüsiert an. „Tut sie dir sehr leid, Ernstchen?" ^Stillsitzen ist eine ziemlich strapaziöse Sache. Ich habe alle meine Knochen gespürt, als mich einmal ein Hasenmaler auf Lie Leinwand bannte. Man sollte wirk- fich gegen Fräulein Bratts übertriebenen Arbeitseifer Kmfpruch erheben. Tante." In Len Augen der Gräfin tanzten taufend vergnügte Teufelchen. Sie packte ihren Neffen bei den Schultern Und drehte ihn zu sich herum. „Ernst, du bist seit einiger Zeit so sonderbar. Du ärgerst sich, wenn Grottkaü Lem jungen Mädchen in seiner Tolpatschmanier den Hof macht. Du wirst wütend, wenn er kurzweg „Fräulein Anna" zu ihr sagt Und vertraulich tut. Du benimmst dich —" „Welch eine nichtssagende Antwort, Ernst! Ich ver stehe euch jungen Leute von heute nicht. Zu meiner Zeit wußte man, ob man verliebt war oder nicht. Sei nicht so pflaumenweich!" „Pflaumenweich! Der Ausdruck stammt bestimmt von Fritzi Hesterberg, Tante." -Stimmt, aber gib mir Antwort auf meine Frage." Der Prinz zögerte. Sollte er seiner Tante das Ge ständnis über die Unbekannte machen? „Fräulein Weber erinnert mich an eine Dame — , über, La kommt Hans zurück." , Grottkau trat ein. Seine Miene war niedergeschla gen. Hinter ihm folgte Fritzi Hesterberg. „Haben Sie das schöne Modell bewundert, Hans?," neckte die Gräfin. „Er ist vollkommen abgestunken," erklärte Fritzi in ihrer mehr treffenden als eleganten Ausürucksweise. ! „Senta hat ihn htnausgeschmissen, und ich habe ihn trostbedürfiig auf -er Treppe aufgelesen. Tante Gräfin, darf ich mitessen? Mein Qualonkel sitzt wie festgenagelt auf seinen Sterndeutebüchern und verweigert die Nah- , xungsaufnahme. Für mich allein verlohnt das Kochen Die Gräfin ließ für Fritzi noch ein Gedeck auflegen. Sie kannte bereits den etwas zigeunerhaft geführten . Haushalt bei Profefsors. Wenn Hesterberg über seinen Büch«n saß, war er der Nahrungsaufnahme unzugäng lich. Fritzi, Lie überhaupt wie ein Spatz herumpickte, aß dann ein weiches El oder schlüpfte ins Erdgeschoß hin ab, wo sie bei Ler Gräfin immer einen gedeckten Tisch sand. Das Mittagessen war vorüber. Der Kaffee wurde im Wohnzimmer der Gräfin ' serviert. Senta und Anne, sonst regelmäßige Kaffeegäste, er schienen heute nicht. Der Prinz wurde nervös und sah häufig nach der Uhr. i „Das ist ja Freiheitsberaubung," sagte er schließlich ärgerlich. „Will denn Fräulein Bratt heute den ganzen Tag ohne Nahrung bleiben?" „Oh, Lie hält's aus," meinte Lie Gräfin amüsiert. „Aber Fräulein Weber scheint mir weniger robust." „Soll ich, kühn wie'n Spanier, noch einmal hinauf gehen?" schlug Grottkau vor. „Ich bin wirklich neu gierig, wie weit Las Bild ist." „Das bekommen Sie erst zu sehen, wenn es fertig ist, Hänschen," erklärte die Gräfin. „Ich kenne Senta,- sie zeigt unfertige Sachen niemals." „Um ü neuaieriaer bin ich." „Zwr«'o», mein Junge. Na, ich werbe mich opfern und selbst bmaufsteigrn. Mich wir- Senta nicht hinaus- werfe» und für das arme Mädchen wäre es gut, wenn ' die Sitzung unterbrochen wir-. Das arme Ding wird Das „arme Ding" kam Ser Gräfin bereits auf -er Treppe entgegen, begleitet von Ler vergnügt pfeffenLen Malerin. „Ich habe Annes Porträt angefangen, Gräfin. Ich glaube, Lie Arbeit wirb gut. Farben habe ich auf der Palette, Farben, wundervoll!" Senta Bratt schnalzte mit den Fingern. „Und Ihr armes Modell haben Sie halb verhungern lassen, Senta!" rief die Gräfin. „Ursel hat mir bereits ein Klagelied gesungen, und Grottkau läßt über seinen Hinauswurf -re Ohren hängen. Die Jugend will auf die Eisbahn. Rasch zu mir herein mit euch beiden! Mittagbrot gibt es nicht mehr, aber Kaffee könnt Ihr haben." „Kein, ich habe gerade Kaffeedurst. Ist Grottkau sehr wüten- auf mich? Ich habe ihn einen Esel genannt, weil er an -ie Tür bumste. Anne, sind Sie sehr ver hungert?" Anne verneinte lachend. Grottkau war nicht nach tragend und hatte den Esel bereits verschmerzt: Der Prinz aber war wütend auf Lie Malerin, als er Annes blasses Gesichtchen sah. Senta Bratt merkte es nicht und aß an Stelle Les ausgefallenen Mittagbrotes zum Kaffee drei Mohrenköpfe und zwei Stück Pflaumenkuchen auf. „So, ich Sin satt," sag^ sie. „Eigentlich soll man sich ja nicht so mit Kuchen vollstopfen, was? Warum sehen Sie mich so strafend an, Durchlaucht? Denken Sie daran, -aß -iese Kaffeemahlzeit eine Weile Vorhalten muß, -enn ich gehe jetzt wie-er an meine Arbeit." „Um Gottes willen," schrie Grottkau empört, „Sie wollen -och Lie unglückliche Anna nicht wieder ays Len MoLellstuhl nageln? Gräfin, ich rufe den Tierschutz- verein an. Wo ist -aS Telephon?" „Danke," lachte Anne, „wollen Sie mich als gemärter- tes Kalb melden?" . / ; „Als unschuldig duldende Taube natürlich! Fräulein Bratt, wollen Sie mich nicht als Stellvertretung sitzen lassen?" „Sie Quecksilber! Ihnen würde LaS Stillsitzen ver flixt schwerfallen." „Für Fräulein Anna nehme ich alle Qualen auf Mich!" . - . „Hören Sie's, Anna? Ein Ritter ohne Furcht und Tadel. Bedauere, ich kann das Anerbieten nicht an nehmen, Ihr Aussehen sagt mir nicht zu!" „Welch eine Beleidigung!" „Sie würden auch in Annas Kostüm nicht Hinein passen, lieber Grottkau." ' „Es wird ein Kostümbild? Was für ein Kostüm? Griechisch? Römisch? Rokoko oder altdeutsche Puff- ärmelchen?" ' Anne zitterte. Würde Senta von dem Silberkleid sprechen? Aber die Malerin sah spöttisch auf den jungen Mann herab. Offenbar platzte dieser lebhafte Jüngling vor Neugier. Senta Bratt war nicht gesonnen, sie zu be friedigen. „Das Kostüm ist Geheimnis," sagte sie zu Annes Er leichterung. „Es soll eine Ueberraschung für Sie werden." Und was für eine, dachte Anne bei sich. Bis zur Aus stellung des Bildes muß ich auf und davon sein. Senta Bratt faltete ihre Kaffee^-rvkette zusammen. »Ich gehe wieder hinauf. Anna, sagte sie. „Aber Sie haben ja kein Licht mehr zum malen," rief Ler Prinz, dem alles daran lag, das junge Mädchen von der Sitzung frei zu bekommen. „Doch, eine Tageslichtlampe für Maler, bei der es sich famos arbeiten läßt. Aber Anna wird heute nicht noch einmal auf den Modellstuhl gebannt. Sie muß an die frische Luft. Ich werde an dem Kostüm pinseln." „Hoffentlich nicht den ganzen Abend, Senta," rief die Gräfin. „Ich habe den Justizrat und Professor Hester berg zum Bridge gebeten." / „Keine Sorge, ich komme herunter und mache den vierten Mann." Während die Malerin in das Atelier hinaufftieg, machte sich das jugendliche Quartett für den Schlittschnh- ausflug fertig. Vom Fenster aus sah die Gräfin den beiden Paaren nach. Wie hübsch Ernst aussah, und wie gut das junge Mädchen, -ie Anna, zu ihm paßte. Er groß und dunkel, sie zart und blond. Sie waren wirklich xin reizendes Paar. Gräfin Altenklingen seufzte. „Ernst hat wenig Geld und sie gar keins," murmelte scheint -er GxoMm Keger gefangen zu . < -