Volltext Seite (XML)
den E Aerzte M Wucht in die Mänckhelt nennen« Duran leiden Sie, Herr von Kalke." Nachdenklich schaute der Freiherr den Arzt an. „Vielleicht Haben Sie recht, Doktor." „Ich hatte mir von der Anwesenheit Ihrer Enkelin eine Besserung Ihres Gemütszustandes versprochen." Ueber Falkes Gesicht senkte es sich wie ein undurch- dringlicher Vorhang. „Sie find zu viel allein, Baron," suhr der Arzt fort. „Schrffen Sie sich Zerstreuung, reisen Sie. Machen Sie eS wie Grottkan, fahren Sie zum Fest fort." In diesem Augenblick trat Vera ins Zimmer. Sie hörte die letzten Worte des Doktors. „Fortstchren!" rief fie mit einem leisen Schrei des Entzückens. „Großpapa, wollen wir verreisen?" „Der Doktor rät dazu. Würde eine Reise dir Freude machen?" „Nur wenn fie auch dir Freude macht, Großväterchen." Der Freiherr haßte den zärtlichen Ton des Mädchens. Er spürte die Verstellung darin. Reisen I Dann würde er mit feiner Enkelin nicht einsam oas Fest begehen müfien. Bor dem Gedanken graute ihm. „Gut, wir werden reisen," sagte er kurz. „Fahren Sie irgendwohin nach dem Süden," schlug Mrich vor, doch Remus von Falke schüttelte den Kopf. „Ich werde nach der Hauptstadt fahren. Ich habe mit Meinem Rechtsanwalt zu reden. Außerdem verspreche KH mir für meine Enkelin von der Hauptstadt mehr Lerstreuung." Diesmal gab fich Vera keine Mühe, ihr Entzücken zu verbergen. Sie hatte am Morgen einen Brief von ihrer Mutter erhalten und Liese glühend um die Berliner Reise beneidet. Sie stürzte auf den Freiherrn zu und Umarmte ihn. Falle wehrte das Mädchen ab. -Fahren Sie, wohin Sie wollen," sagte der Doktor. -Die Hauptsache ist, Laß Sie eine Ortsveränderung haben, Herr Baron. Es ist vielleicht am besten, Sie Mießen fich Herrn von Grottkau an." „Das ist nicht möglich. Grottkau verreist schon heute ^MÜ, und ich werde erst in einigen Tagen abkömmlich « Damit war Dr. Ellrich entlassen. ' Remus von Falle schrieb an den Justizrat und be- Mchrichtigte ihn von seinem Kommen. Dann beauf- traute er Kraus, Lie Reisevorbereitungen zu treffen. „Wir werden vielleicht zwei bis drei Wochen weg- Reiben, Kraus. Du sollst uns begleiten. Richte alles danach ein, Alter. Sag' einmal, wo hast du eigentlich mein kleines Federmesser hingewurstelt. Ich vermisse es schon lange." Das Federmeller war ein Lieblingsinstrument des Freiherrn, und Kraus machte sich daher sofort auf die suche. Schließlich zog er auch die Lade eines Tisches auf^die sonst nie benutzt wurde. Er stutzte und wurde Der Freiherr hatte Len Alten beobachtet. „Was ist denn, Kraus? Ist das Mester in der Lade?" „Ja, gnädiger Herr, es ist hier. Und da liegt noch Evas." „So! Was denn? Tu' -och nicht so geheimnisvoll." . - „Der Brief!" ' , " «Was für ei« VRML Laß Loch Et jedes Wort aus -fr herausziehen!" „T^r Brief, den die Zofe des gnädigen Fräuleins Mir vor einiger Zeit zur Beförderung übergab. Der miädige Herr erinnert sich doch? Der gnädige Herr hat Hn mir abverlangt. Und als ich wieder ins Zimmer kam, war der gnädige Herr schon eingeschlafen. Ich wußte nun nicht, ob der Brief befördert werden oder liegenbleiben sollte. Ich wollte am nächsten Tage den gnädigen Herrn fragen und legte den Bries einstweilen m Lie Lade. Und dann habe ich ihn vergessen." Wieder hielt der Freiherr den Brief Veras in der Hand. Er innerte fich sehr wohl an jenen Abend und seinen unfinnigen Wunsw, ihn zu öffnen und zu lesen. „Du bist ein Schafskops, Kraus I" „Jawohl, gnädiger Herr," war die ruhige Antwort. ^,Was sollen wir nun mit dem Schreiben machen, „Was der gnädige Herr befehlen." -Ich werde meine Enkelin nachher fragen, ob das Schreiben noch befördert werden fall," entschied er und schob Len Brief in Lie Innentasche feines Rockes. Ader Liesem Briefe hatte das Schicksal eine besondere Bestimmung vorbehalten. Er sollte erst im entscheiden-, WM BeMUs VW Falle vergaß ihn abermals. Jedenfalls steckte er noch in der Rocktasche, als der Freiherr drei Tage später m Berlin ankam. In seiner Begleitung befand fich seine Enkelin, deren Zofe Betty und zwei riesige Schrank-, koffer, deren Mitnahme Vera für nötig gehalten hatte« „Es sieht aus, als ob du eine Weltreise machen woll test, Kind," sagte der Freiherr mißbilligend. „Ich habe alle die schönen Toiletten mitgenommen, die du mir geschenkt hast, Großväterchen. Dr. Ellrich hat doch gesagt, daß du gesellig leben sollst." „Hoffentlich hast du nicht zu viel Schmuck eingepackt. Es sind sehr wertvolle Stücke im Fannlienschmuck, und ich bin auf Reisen immer ängstlich mit den Sachen." „Ich habe nur einiges mit," log Vera, die alle ihr zur Verfügung stehenden Juwelen mitgenommen hatte. Zu Veras größtem Aerger stürzte sich der Freiberr nicht sofort mit ihr in den Strudel der großstädtischen! Vergnügen. Die Reise hatte ihn überaus angestrengt« Grottkau, der den Freund an der Bahn erwartete, wap erschrocken über sein krankes Aussehen. Der erste Abend in dem großen, eleganten Hotel war für Vera ein Erlebnis. Sie nahm mit dem Freiherr« und Herrn von Grottkau das Abendessen im Speise saal ein. Das Mädchen verschlang das Leben um sich herum mit heißen Augen und berührte die Speisen kaum. Frei herr von Falke war überrascht über den beinahe krank haften Lebenshunger, den das Mädchen ausstrahlte« Seine Enttäuschung über seine Enkelin wurde immer größer. Er fühlte sich am nächsten Tag so elend, daß er im Bett bleiben mußte. Vera war außer sich. Nun saß sie hier im Hotel, ebenso gelangweilt und un tätig wie auf der Falksburg! Am Vormittag war sie aus gewesen, hatte Läden besehen und Einkäufe gemacht. Auch ins Alhambra-Hotel war sie gegangen, um ihrer Mutter einen überraschenden Besuch zu machen, hatte aber Eschental und seine Gattin nicht angetroffen. Vera war so wütend über diese Enttäuschung, daß sie nicht einmal einen Gruß für ihre Mutter'zurücklietz. Dann bummelte sie durch die Straßen, nahm in einem großen Restaurant ein Gabelfrühstück ein, weidete fich an den Blicken der Männer, die ihr folgten und kehrte schließlich in ihr Hotel zurück. Vielleicht ging es dem Freiherrn bester und man konnte abends ausgehen. Sie erkundigte sich bei Kraus, aber die Auskunft war betrüblich. „Der gnädige Herr befindet sich gar nicht wohl, er hat ein Schlafmittel eingenommen." Verdrossen ging Vera in ihr Zimmer, wo Betty sie mit der überraschenden Mitteilung empfing, daß ein Herr nach ihr gefragt habe. „Was für ein Herr?" erkundigte sich Vera verblüfft. „Herr Harry Kronheim," lautete die verschmitzte Ant wort. „Er sitzt unten im Musiksalon und wartet auf das gnädige Fräulein." Vera begab sich in den Musiksalon hinab, der abseits von den anderen Gesellschaftsräumen des Hotels lag und fast nie benutzt wurde. Sie hatte in der Langeweile der Falksburg mit Harry geflirtet und den Jüngling regelrecht verliebt in sich gemacht. Auf ihren gemeinsamen Ritten hatten sie Küsse getauscht, und heimliche Briefchen waren durch Betty befördert worden. Aber der Junge war doch ein fach verrückt, ihr nach Berlin zu folgen! Wenn Grott kau das erfuhr, warf er ihn glatt hinaus und sie selbst kam in eine unangenehme Situation. Na, dem Jungen wollte sie mal ordentlich den Kops w.aschen! In der richtigen Stimmung war sie dazu! Im Musiksalon tippte Harry den neuesten Tonfilm schlager auf dem verstimmten Instrument. Als Vera eintrat, lief er mit einem Freudenschrei auf sie zu, aber sie wehrte ihren Verehrer ärgerlich ab. „Sie sind wohl ganz und gar übergeschnappt, Harry," zankte sie. „Was wollen Sic hier? Und woher nehmen Sie den Mut, hier im Hotel aufzutauchen, wo auch Herr von Grottkau wohnt und Sie erwischen kann?" „Keine Angst, teure Anne! Der Harry ist nicht so dämlich, wie er sich manchmal stellt. Ich habe mich beim Portier erkundigt. Mein hoher Chef ist ausgegangcn. Wahrscheinlich, um sich mit seinem geliebten Sohn zu treffen. Ich Sin hergekommen, um Sw zu sehen!" „Machen Sie schleunigst, daß Sie wieder nach Grott- kau_zurückfghren/ Mrtfetzung folgt.).