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lcht und Rosmaries Finger wölbtensickschweigend darüber. „Sonst hast du mir nichts Kl bestellen, Mutter?" ^Er quält sich um dich in ehrlicher Sorge, Rosmarie." Ein müdes Lächeln schwang um deren Mund, als sie sagte: „Ich quäle mich auch, Mutter, auch, wie er, in Sehnsucht und Drei Tag« nach der Heimkehr ihres Sohnes kam auch SSbine zurück. Als sie sich über Rosmaries Bett neigte, hingen deren Augen in stummer Frage an ihr. „Er ist durch einig« Kollegen in Berlin zurückgehalten worden," sagte sie und legt« ein« Kett« mattschimmernder Perlen auf di« blaue lieber Sabines Wangen kroch ein feines Rot. Cs war Zeit, daß Markus sich endlich um die Braut bemüht«. Si« schien tieAr zu sehen, als sie ahnen lassen wollte. Ws sie zu ihm am Abend davon sprach, stAnte er qual- «M auf. „Wenn ich mir könnte, Mutter! Aber ich kann > nicht! Ich kann wirklich nichtl" Er deckte die Hände über die Aua«, imd wimmert«. „Immer noch ist es Sonja, an die ich mich ««kettet fühle! Wo ich gehe, überall ist sie mit mir. In Le» Nächten füHe ich ihre Küsse und wie sie di« Arme um müh schlingt und von meinem garten Ich Besitz ergreift. — Wenn ich setzt zu Rosmarie gehen soll, kann ich nicht anders, als ihr alles gestehen. Und das willst du doch nichtl" „Sie ist noch so schonungsbedürftig, Markus. Vielleicht am Sonnabend! Ja?" drängte Sabine. „Du hast nun voll« zchn Tage für dich gehabt. Man muß nicht nur immer an sich selber denken. Ich habe als kaum Zwanzigjährige den Mmm verloren und mußte mich auch zurück ins Leben fin den, zurück zu dir und meiner Pflicht. — Ich hoffe, daß du nicht nttnder stark bist, als eine Frau." „Ich werde Sonnabend nachmittag kommen," versprach «. „Aber du mußt zugegen sein, Mutter, wenn wir uns be grüßen. Ich habe Angst vor dem Meinsein mit Rosmarie." „Wenn es so ist, dann gib sie frei," warnte die Mutter. „Eine Ehe dauert nickt von heut« auf morgen. Sie währt ein ganzes Leben lang, oder soll es doch währen!" Er schüttelte den Kopf. „Dele Nagjas hat gesagt, ich müßte büßen, damit di« Tot« Ruhe fände. Ich will es ja auch tun, Mutter. Aber erst müßt ihr mich die Tote verwinden lassen. Ich kann nicht lieben und treu sein, solange ich sie noch im Herzen trage. " „Und wie,lang« glaubst du, daß dies noch der Fall s«in wird?" fragt« Sabine entmutigt. „Ich weiß es nicht, Mutter. Vielleicht vergeff« und ver winde ich überhaupt nicht." Hoffnungsloser, als sie gekommen war, ging Sabine nach der Stadt zurück. Aus Rosmaries Zimmer drang noch Licht. .Frau Gertraud bekam ein geflüstertes „Guten Abend". Es wäre ihr jetzt nickt möglich gewesen, bei der Kranken ein- zutreteq, und ihr m die fragenden Augen zu sehen. Markus würde, wenn er noch lange zögerte, um der Toten willen auch noch -i« Lebende verlieren. Rasch, wi« immer in den Tagen des November, brachen di« Abende herein. Eine schwere Nebeldecke lag wie ein reg loser See über die Hänge gebreitet, lieber di« Dächer hinweg, di« von glitzernder Feuchtigkeit strahlten, zog eine Kette Krähen mit heiserem Gekrächz und breitem Flügelschlag f«ldeinwärts. Rosmarie saß in den Kissen und starrte in das grauweiße Gebräu, das an den Scheiben klebte. Längst waren die Wildgänse nach dem Süden gezogen, aber sie hatte ihr Rauschen überhört. Bom Flur herein kam ein« Stimme, die sie zusammen zucken ließ. Jetzt galt es also! Was für eine Schuld mochte es jein, deren er sich zeihen mußte? Was er auch immer auf dem Gewissen trug, so schwer wog nichts, als das, was sie ihm zu verheimlichen gewillt war Tausendmal hatte sie sich schon ooraenommen, den beiden Frauen alles einzug«stehen. Mochten sie dann entscheiden wie sie wollten. Aber nun, da sie seine Stimme hörte, versank alles in willenlos« Hingab«. Sie würde alles erdulden, was ihr das Geschick auferlegte, AUW Ä-Sn-ÄbMo diklüt. LS-MW- ä»r tztUt dMes Er führt« ihre welken Zinaer an die Lippen, schritt de« Rasen entlang und sich, ehe ihn das Gebüsch verdeckte, noch einmal nach ihr zurück. Dann klinkte er die klein« Tür auf und trat in die Anlagen. Frau Gertraud hörte, wie die verrosteten Angeln quietsch ten und stand ein« Weile reglos, bis auch der Schritt draußen verklungen war. Was Markus damals, als er fast noch ein Knabe war, gesagt hatte, war nun eingetroffen: Das Geschick der Lentes ruhte in seiner Hand. Wie es sich gestalten würde, das wußte Gott. . , in Holland sein« Blumenfelder vevaure, yarr« rem mecyr auf sie. Und sie hatte keinen Teil an seiner Schuld. Sabine drückte die Klinke der Tür herab und fühlte ihr« Hand, die sich auf den Lichtschalter legen wollte, fortgezogen- „Markus," fleht« «in« Stimme vom Bett herüber. „Bist du es, Markus?^ „Ja, Rosmarie! — Bitte, mach Licht, Muller!" Sabin« tat, was ihr vorher verwehrt worden war. Mit abgemagertem Körper und eingefallenen Wangen stand nun Markus vor Rosmarie, neigte sich herab und streift« die wette Linie ihres Mundes. „Geht es dir wieder besser?" Sie nickte und verbiß den Schmerz, der si« durchrast«. Was lag zwischen seinem Gehen und feiner Wiederkehr? Trotz dem gab sie sich den Anschei«, als merke sie die Kluft nicht, die sich da aufgetan hatte. Ihre heißen Finger fuhren über seine kalten, knochig gewordenen. „Das Klima auf Island ist dir nicht gut bekommen, Markus. Du bist schmäler ge worden. Oder warst auch du krank?" „Nicht eigentlich!" Er rückt« an seinem Kragen, ehe er weitersprach. „Ich habe sehr unter den Stürmen gelitten." Als wäre dies Wenige schon zu viel, ließ er sich förmlich er mattet auf ihren Bettrand nieder und streichelt« ihre Hand. Er hat mir nichts zu sagen, dachte Rosmarie verzweifelt, und nur um das lastende Schweigen zu überbrücken, begann sie jetzt selbst zu sprechen. Aber jedes Wort wurde zur Qual. Von ihm kam nicht mehr, als ein kurzes Ja, oder ein knappes Nein. Erst als er die große Müdigkeit aus ihrer Stimme hörte, begann er von seiner Reise und dem Aufenthalt auf Zsland zu erzählen. Nach einer Viertelstunde erhob er sich. Frau Sabine wurde in eben demselben Augenblick aus dem Zimmer gerufen. Er sah, wie sie die Tür hinter sich Drückte und rang nach Atem. Die Hände ineinanderver- chränkt, den Körper etwas nach vorne gebeugt, sprach er ein Bekenntnis: „Ich bin dir nicht treu gewesen, Rosmariel" Aus den Kissen kam kein Laut. Nur das weiße Linnen über der Mädchenbrust hob und senkte sich rascher als zuvor. Nach einer Weile erst kam die Frage: „Wer ist die andere, Markus?" Er riß sich zusammen und senkte den Kopf noch tiefer auf die Brust herab. „Sonja Thingwal! Aber du brauchst sie nicht mehr zu fürchten. — Sie ist tot!" Für Sekunden schwieg jeder Ton im Raum Dann fragt« Rosmarie zum andern Male: „Und wenn sie am Leben geblieben wäre?" Di« Hände über das Gesicht drückend, verharrte er reglos. Ihr rechter Arm hob sich und griff mit barmherziger Zart heit nach ihm. „Oh, du mein armer Markus! Du armer Mann!" Da brach er vor ihrem Bette nieder, und während er den Kopf in die Kissen wühlte, ging ein verzweifeltes Schütteln durch seinen Körper. Rosmarie aber war ganz mitleid- erfüllte Barmherzigkeit, als sie jetzt mit leisen Händen über sein Haar fuhr. „Ich möchte dir so gerne helfen, Markus! Aber nun sie tot ist, kann ich sie dir nicht mehr zurückgeben." Ohne das Gesicht zu heben, tasteten seine Arme an ihr hoch und umfingen sie in wortlos stummer Selbstanklage. Und aus ihrer Güte, aus ihrem menschlichen Verstehen, der Selbstlosigkeit ihres Verzeihens, wuchs, wie aus einem ge segneten Boden, wiederum die Liebe zu ihr hoch und schlug scheue Wurzeln durch die starre Krume seiner Verzweiflung. Es tat ihm so wohl, wie sie mit ihren barmherzigen Hän den über seinen Kopf strich und die Lippen kaum merklich in sein Haar drückte. Ihr« Worte gingen wie kühlender Tau über ihn hin. „Wenn es dich erleichtert, Markus, dann er zähle mir von ihr. Sie muß es wert gewesen sein, sonst hättest du sie nicht geliebt." Uxd als er noch immer das Gesicht verborgen hielt, mahnte sie ernstlich: „Ich wüßte nicht, wessen du dich schämen müßtest Wenn du glaubst, daß es besser für dich wäre, dich von mir zu trennen, dann bist du frei, Markus. Aber du brauchst doch jetzt jemand, der dir über das Schwere hinweghilft. — Brauchst du das nicht, Markus?" „Ja, Rosmarie!" Er legte den Kopf vertrauend gegen ihre Brust „Hab noch eine Weile Geduld! Ich werde dir nie vergessen, was du an mir getan hast." Er sah den Ausdruck von Qual und Zweifel nicht, der in ihren Augen stand. Wenn sie mit ihrer großen Schuld zu ihm käme, was würde er dann tun? — Ob sie auch Barm herzigkeit und Vergebung bei ihm fände? Als Frau Sabine eintrat, sah sie, wie die beiden sich zum Abschied küßten. Es würde sicher alles wieder gut werden. Die ganze Haltung ihres Sohnes drückte förmliches Erlöst- sein aus, so daß sie unschwer erriet, er hab« zu Rosmarie von Sonja Thingwal gesprochen. Leis« verließ sie wieder das Zimmer. An der Tür wandt« sich Markus noch einmal nach dem Bett zurück. „Tute Nacht, Rosmariel"