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dn 8. M IN« - - vr>^ 2.Lc«^kiocir-pokiur^^ w»»«-«rc»n»x«<»rr »»««, ve«L»o o««i»« ««»ee» j»LV»» stachdruck oeroolen. -« . Er war im September geboren. In den Gärten blühten Tausendgülden kraut und viel» hundert farbige Astern. Fackeln und Lichter gingen in den Kühen Nächten über die Ebene und erloschen in dämmern den Schlünden. Zagend vor Sehnsucht kam aus den Tälern der Klang eines Hornes. „Ich habe so schwer geträumt/ sagte Sabin« Lent« aus , den spitzenbesetzten Kissen ihres Wochenbettes und hielt die > Finger der Schwiegermutter umklammert. „Ich habe dem Heiligen, der in der Kapelle steht, Blumen und Früchte in die steinernen Hände gelegt. Und di« Vögel des Himmels kamen und fraßen sie. Es ist schrecklich, solche Träume zu haben/ „Träume sind Schäume, Sabine." Das blonde Haar der jungen Mutter begann in feuchtem Glanze zu schimmern. Sie wühlt« die Finger in die mohn rot« Decke und sprach weiter: „Raben sah ich und Stare und Schatten, die plötzlich über Hügel und Wälder fielen Ich sah Wiesen voll Herbstzeitlosen und fallenden Blättern, die sich über einem Grabe türmten. Mutter, gib mir das Kind an die Seite, daß meine Träume lichter werden!" Frau Gertraud Lent« hob den Kleinen aus dem Wagen und legt« ihn an di« Brust d«r Mutter. „Weißt du, wann Markus aus Indien zurück sein wird?" Frau Gertraud drückte ihr Taschentuch g«gen den Mund und vermochte nicht sofort Antwort zu geben. „Es soll alles in Benares bleiben. Wenn sich ein Stück darunter findet, das Sie gerne zum Andenken an ihn haben wollen, so nehmen Sie «s an sich. Ich wüßte nicht, wie ich Ihnen sonst danken könnt«, daß Sie das Opfer auf sich genommen haben, di« Reis« hierher zu machen." „Menschen, die Leid bringen, haben keinen Dank zu be anspruchen," wehrte er ab. „Doch! Sofern sie nämlich das Leid nicht selbst verschuldet haben, Herr von Wolfshagen. --Und auf Ihr Schweigen darf ich rechnen, als auf das Wort eines Ehrenmannes?" „In jeder Hinsicht, gnädige Frau!" „Wenn sie nach meinem Sohne fragt, werden Sie be stätigen, daß er am Fieber krank in Indien liegt!" „Gewiß, gnädige Frau!" „Ich danke Ihnen. — Eine Frage noch, Herr von Wolfs hagen: Wo muß ich das Grab meines Sohnes suchen?" Ein Name fiel. Er klang fremd und verrann im Ohr der schmerzbetäubten Frau Dann gingen wieder Schritte treppab. Grauweißes Nebel gebräu mengte sich in den Rosenduft des Gartens, als Dieter von Wolfshagen die Tür hinter sich schloß. Ein Nachtvogel taumelt« mit schwerem Flügelschlag über ihn hin. Tau getränkt legte sich ihm der Win- um di« hämmernden Schlä fen. Sein Mantel streifte an Gräser und Dahlien, die sich über den Weg neigten. An der Gartentür, di« von den ve» blüWs Traiüum der MriyrjariWMül« UWMÜ war, sah. Ueber den Scheitel des Kindes hinweg forschte Sabine in den Zügen der anderen, sah den zurückgedämmten Schmerz und seufzte. „Bis zur Geburt des Kleinen hoffte er heim- zukehren, und nun sind drei Wochen darüber hin, und es trifft keine Zeile mehr von ihm ein. — Steht nichts in den Zeitungen, daß Stürme über dem Meere wüteten und Dampfer verunglückten?" „Nichts!" Gertraud Lent« strich der Schwiegertochter das Haar aus den Schläfen und küßte den Flaum des Kleinen, der die Fingerchen in die weißen Schultern der Mutter drückte. ' Ein feines Klingeln zerriß die Stille des Hauses. Sabine . Lent« sah das dunkle Kleid der Schwiegermutter durch die Tür entschwinden und horchte nach dem Garten, über wel chem der Duft verblühender Rosen zog. Ueber dem Raume lag letztes Gold des verschwindenden Tages. In wohligem Müdesein drückt« di« junge Frau den Sohn an sich. „Er war im September geboren." Gut und sanft würde er sein, stark und voll drängender Sehnsucht. Blumen würde er lieben und Tiere, Farben und Töne und alles, was schön war. Zank und Lärm würde er hassen und in seinen Träumen die Wahrheit ahnen, wie sie selbst. Warum schwieg jeder Laut im Haufe? Eine farbige Hitze rann über ihren Körper hin. Das Blau des Tages floß über in die Schwärze der Nacht. Im Geäst, das durch die Fenster starrte, hing die gelbe Sichel des Mon des Weiße Fäden schlugen eine Brück« von Zweig zu Zweig, die im fahlen Grau des Dämmers wie Silber leuchtete. So müde machte das kupferne Licht, die Schatten, di« aus d«n Ecken starrten und di« böse Kälte, die allmählich durch den Raum kroch. Sabine zog die Deck« behutsam über das Kind und legte den Kopf zurück. Ueber das Dach hinweg schwirrt« «ine Kette Wildgänse, die den Strom entlang nach den Bergpässen des Südens zogen. Aber Sabine hört« sie nicht. Die Kinderhände waren von ihren Schultern herabgeglitten und lagen, sanft geballt, gegen die rosigen Wangen, während der Arm der Mutter den Kleinen umfing. Die weiße Tür öffnete sich leise. Ein Schritt kam über den Teppich, verhielt und tastete weiter. Gertraud Leute neigt« sich über das Bett und horchte auf den Atem von Mutter Md Kind: Dann schlich sie wieder aus dem Raume und winkte den Mann, der in Mantel und Hut im Flor stand, die Treppe hinauf. , . „Sie müssen mir alles, was Sie sagten, noch einmal wiederholen, damit ich es faßen kann " Mit verhaltenem Schritt ging sie voran zuweilen ächzte eine Stufe. Dana blieb die Frau stehen und horchte nach unten. Irgendwo knisterte eine Tapete In einem der Dachzrmmer knarrte ei« Laden. Die Kühle der Nacht faß im Gebälk und machte es springen. Eine braungebeizle Tür tat sich auf. „Bitte, Herr von Wolfshagen!" Der Fremde im dunklen Mantel schlüpfte schattengleich in den Raum. - „Es tut mir unendlich lei-, gnädige Frau, daß ich der Ueberbringer dieser Botschaft sein muß. Aber die Ungewiß heit ist immer lähmender als ine Gewißheit selbst, jo schreck lich sie auch sein mag: Markus ist vor vier Wochen einem Meuchelmorde zum Opfer gefallen " „Einem Meuchelmorde," zitterte die Stimme der Frau gegen die weiße Decke und erstarb in einem ttmlosen Schluchzen. Der schwarze Mantel lchnte reglos gegen die Wand. „Wir brachen Ende Mai von Benares auf, Geschäfte im Innern des Landes abzuwickeln. — Da traf ihn die Kugel — aus einem Hinterhalte abgeschossen, von einem Unbekannten, der bis heute nicht ermittelt werden konnte — denn, Markus hatte keinen Feind." „Nein! Keinen Feind!" Gertraud Lent« sich die Gestalt Dieter von Wolfshagen zehnfach vergrößert gegen di« Ta pete lehnen Sein weitkrempiger Hut, Len er mit der Rech ten umklammert hielt, warf einen Riesenschatten gegen die Bretter, die in fahlem Gelbweiß schimmerten. „Ich danke Ihnen," raffte sie sich zusammen. „Wenn Sie mir noch «inen Gefallen erweisen wollen, dann schweigen Sie über den Tod meines Sohnes Meine Schwiegertochter hat vor wenigen Wochen einen Knaben geboren. Sie soll noch nicht wissen, daß sie Witwe und ihr Kind «in Baterwaise ist." „Wie Si« befehlen, gnädige Frau!" „Die Geschäfte werde ich im Namen meines Sohnes weiter führen. Allen, die darum wissen wollen, werde ich sagen, daß mein Aeltester krank in Indien liegt. Ich habe Gründe, daß ich so und nicht anders handle. — Hat mem Sohn nicht mehr Zett gehabt, einen letzten Wunsch zu äußern und Grüße an die Seinen aufzutragen?" „Die Kugel war sofort tödlich, gnädige Frau!" „Und was ist mit seinen Effekten geschehen?" „Ich warte nur auf Ihre Bestimmung, was damit gemacht werden soll!" K Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt