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Plötzlich eine große amerikanische Erbschaft gemacht hat und »»»mehr feine Leute spielt." Damit war sie hinausgewirbelt. „So was von Respektlosigkeit !" rief Herr Baderbeck erzürnt. Stirnruuzelnd wandte er sich an seine Frau. „Du hast natür lich einen ganz anderen Eindruck von meiner hohen Verwand t- jchaft, nicht wahr, liebe Frieda...?" „Hm... Eindruck ..." versetzt Frau Baderbeck. „Wenn ich chrlich' sein soll, zunächst habe ich noch gar keinen. Nur fest- bestellt habe ich, daß das, was die Fürstin zu dick ist, der Fürst zu dünn ist. Aber nun muß ich schnell mal in die Küche schauen. Leb wohl bis nachher." Ehe Baderbeck zu Worte kam, war sie fort. „Ach, dummes Zeug!" knurrte er vor sich hin. „Frauen sind für Personeneindrücke überhaupt nicht aufnahmefähig." Sternpickel, der Buchhalter/ erschien in der Dir. „Ra, Sternpickel...?" fragte Baderbeck. -»Die Ochsen sind abgeliefert!" meldete Sternpickel. „Das Geld hat der junge Lüders wieder mit zurückgeschickt. Er sagte, es wäre ihm eine Ehre gewesen, das polnische Fürstenpaar mal seine» Ochsen borgen zu dürfen." Baderbeck fuhr ergrimmt auf. ! „Eine Unverschämtheit!" gurgelte er, blaurot im Gesicht. Sternpickel zuckte entschuldigend die Achseln. „Er hat sich sicher nur versprochen und wollte gewiß sagen: LS wäre ihm eine Ehre gewesen, das Ochsengespann mal dem Polnischen Fürstenpaar zu borgen. Und dann läßt sein Keller meister noch eine höfliche Anfrage an den Fürsten richten." „Und die ist...?" forschte Baderbeck mißtrauisch. „Tschä ... er meinte, falls der Fürst das ... hm ... das kaputte Auto verkaufen wolle, er hätte schon 'nen Taler dafür zurechtgelegt, und er solle es nur immer rüberschicken. Der alte Pidder sagte, das Auto könnte immer noch einen famosen Stall für seine Karnickel aügeben." Baderbeck begann zu lodern. „Ha, diese Lüdersche Bande!" knirschte er. Dann entsann er sich des Fürsten Redeweise und fügte grimmig hinzu: „Ver fluchte Lüdersche Bande! Der Teufel hole sie!" „Gary meine Meinung!" versetzte Sternpickel. „Der Teufel hat Sie um Ihre Meinung gefragt!" schrie Baderbeck, nunmehr völlig außer dem Häuschen. „Hinaus mit Ihnen!" „Wem ich recht verstanden habe, soll ich mich entfernen?" »ickte Sternpickel ahnungsvoll. „Na dann auf Wiedersehn und viel Vergnügen!" Sternpickel verschwand. Johan» Baderbeck nahm schwer atmend einen Kognak. * ! Robert Lüders hatte einige Bestellungen bei dem Böttcher apfgeg^en und ging durch eine der altertümlichen Gäßchen Eldtstädts, als ihm Suse, die in diesem Gäßchen bei ihrer Schneiderin gewesen war, eutgegenkam. Mit hochaufgerichtetem Kopfe wollte sie an Robert vorüber, aber er stellte sich ihr in deu Weg. „Auf einen AugeMick, Suse", sagte er mit seiner warmen, sonoren Stimme und lächelte seine reizende Widersacherin ver gnügt cm. „Mein Herr", begann sie streng und runzÄte ganz allerliebst ihre glatte Stirn, „ich verbitte mir, daß Sie mich duzen. Ich habe doch bereits schon einmal gesagt, daß ich als die Tochter des Weingutsbesitzers Baderbeck mit Ihnen nichts mehr zu schaffe» haben mag." „Na gut, also dann ,Sie'." Robert lachte sie unbekümmert a», worauf sie das Näschen rümpfte. „Also hör mal zu, Suse, ich wollte Sie fragen, Fräulein Baderbeck, ob du nicht Ihre Feindschaft wir gegenüber aufgeben will. Sieh doch mal an, Fräulein Baderbeck, wir waren doch früher so gute Freunde, und die Geschichte wegen des Rebenhügels finde ich doch zu lächerlich, cckS daß wir zwei deswegen Feinde werden sollten." „Nein, ich verzichte auf Ihre Freundschaft", sagte sie eigen sinnig mü> rückte sich ihr Baskenmützchen zurecht. „Ich kann nicht mehr freundschaftlich mit Ihnen verkehren nach all den Vorkommnissen. Auch heute waren Sie wieder niederträchtig zu unseren Verwandten, die eine Panne mit ihrem Auto hatten. Ihr Kellermeister wollte sogar den Chauffeur meiner Ver wandten verhauen, und zweitens haben Sie wohl im Verfolg der bestimmten Absicht, meine Verwandten lächerlich zu machen, Ihue» statt Ihres eigenen Autos das Ochsengespann zum Ab- schleppen a^sgenötigt." Suse mußte bei dem Gedanken an die fürstliche Fuhre selbst HM« unterdrück«. - - " " ' „Sie wußten", fahr sie mit erhobener Stimme fort, „mit wem Sie es zu tu» hatten, den» Fürst Maschiuoll hatte sich Ihne» vorgestellt, und in der Stadt ist es ja Tagesgespräch, daß sie nach hier zu Besuch kommen. Aber trotzdem haben Sie meine Familie zum Gespött gemacht. Aber, wie komme ich überhaupt dazu, Ihnen noch Vorträge über Ihre eigene Medertracht zu halten. Leben Sie wohl!"- Sie wollte fort, doch Robert stellte sich vor sie hin und legte ihr beide Hände auf die Schultern indem er ihr mit lächelnoem Gesicht in die Augen schaute. „Bevor du gehst, Suse", sagte er leise, „will ich vorerst fest stellen, daß wir unseren eigenen Wagen eurem Fürsten nicht borgen konnten, da wir die Zylinder zum Ausschleifen weg- gegeben haben. Dann muß ich dir noch eins sagen: Du bist das süßeste, reizendste, liebe, eigensinnigste Mädelchen, das mir je mals begegnet ist!"- „Mein Gott!" Sie war blutrot geworden, während Robert seine Haacke von ihren Schullern nahm und sie freigab. Sie I starrte ihn an und sagte endlich: „Und du bist ein ganz frecher Kerl, Robert!" Eiligst ging sie davon und ließ ihn stchen. „Ich glaube, Suselein", murmelte er, indem er ihr hinterher schaute und ihren graziösen Gang bewunderte, „das hast du gar nicht so ungern gehört!" Robert schnalzte vergnügt mit der Zunge und stieß einen l lauten Juchzer aus, wobei er ganz vergaß, daß er vor der Bür« j germeisterei stand. Prompt steckte auch der Bürgermeister den j Kopf durch das Fenster und erkundigte sich streng, wer bei die« i sen unmusikalischen Lärmvorträgen arbeiten solle. ! Robert gestand ihm lachend, daß er dies auch nicht wisse und verabschiedete sich von dem Bürgermeister, indem er ihm freund schaftlich ein« Nlßhand zuwarf. Wie von einer Tarantel gestochen fuhr der Bürgermeister in das Zimmer zurück, während Robert vergnügt pfeifend weiter schritt. i Einige Meter von der Bürgermeisterei entfernt befand sich das Gasthaus zur Traube. Er blieb stehen und las an der Tafel, daß heute abend der Wiuzerverein hier Vergnügen habe. ! Wenn ich Glück habe, dachte er, ist Suse, deren Vater im Vor- ! stand des Winzervereins sitzt, auch heute abend hier. Und was j tust du, Sohn Brutus...? Selbstverständlich auch Herkommen!" Robert jodelte noch einmal ziemlich ausgelassen und machte, § daß er fortkam. i Oben in der Bürgermeisterei stibbte der Bürgermeister wütend i die Feder in die Tinte. ! O.h, diese heutige aufrührerische Jugend! Mit dem Baderbeckschrn Auto, Laß Suse steuerte, erschienen gegen 9 Uhr abends das Fürstenpaar Maschinoll und die Bader« § becks vor dem Gasthaus „Zur Traube"'. Der Wirt kam diensteifrig herbeigeeilt und brachte die hohen > Gäste höchst persönlich an den reservierten Tisch im Saal, in ! dem das Vergnügen schon im schönsten Gange war. s Die Kapelle war durch Baderbeck bereits instruiert worden ! und brachte einen Tusch aus. s „Wie scharmant, wie scharmant!" fauchte die Fürstin und ! nickte den Musikern huldvollst zu, worauf diese ihre Instrumente 1 nochmals zu einem weiteren Tusch in Gang setzten. ! „Sekt für die Kapelle!" entschied der Fürst und winkte leicht ! mit der Hand gegen dieselbe. Dann setzte man sich. „Sekt!" sagte der Fürst weiter zu dem Wirt, der persönlich die Befehle der durchlauchtigsten Gäste entgegennahm. „Und eines Flasche guten Kognak!" v „Dieses gemixte Getränk kennen Sie doch, lieber Baderbeck?" wandte er sich an den Weingutsbesitzer, der ihn verklärt ansah. „Nämlich Sekt gemischt mit Kognak. Man trank es früher am Hofe des russischen Zaren!" „Gewiß, gewiß!" beeilte sich Baderbeck zu versichern, und der Fürst wunderte sich im Stillen darüber, denn diese Mischung l war seine ureigenste Erfindung, die niemals an dem Zarenhof s getrunken worden war. ! Suse bestellte für sich und ihre Mutter eine Flasche Mosel- ! wein, während es die Fürstin vorzog, diesem angeblich zaristi- j scheu Getränk ihr Wohlwollen zu schenken. , Die Fürstin Olga geborene Pfesferkorn musterte durch das Lorgnon die Menge, die sich nunmehr wieder dem Tanz hingab, und flötete ein um das andere Mal: „Ach wie scharmant, wie M höchsten Grade fchangaitt. Ich habe es mir ia