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46 reisen, wenn ich sie weiterhin in deiner Nähe wüßte! Tine Ahnung sagt mir, daß dir von ihr Gefahr droht! Tu es mir zuliebe — zu meiner Beruhigung!" Die letzten Worte waren zuviel. Frau Helleport sah ihren Neffen plötzlich scharf an. Sie glaubte so wenig an feine Liebe, wie an seine Uneigennützigkeit. Diese zärt- „yag ou mellerryr nocy ein anveres — per,onnmes Interesse an der Entfernung des Mädchens?" „Ich? Gott bewahre! Wie sollte ich? Ich sah sie doch heute zum ersten Mal!" Der Eintritt Dr. Deisings unterbrach das Gespräch. Latzwitz wies ihn kurz an, was er zu tun habe. Dann wandte er sich, seine Tante hinausgeleitend, wieder an diese: „Nun — gibst du mir die erbetene Erlaubnis?" Aber Frau Helleport, die wie alle einsamen Men schen sehr mitztrauisch war und autzerdem Einmischun gen in ihre Angelegenheiten nicht leiden konnte, schüt telte den Kopf. „Nein," sagte sie, „dies ist meine Sache, die nur mich angeht und die ich allein entscheiden werde." „Aber bedenke —" „Ich habe bedacht. Jedenfalls eilt die Sache nicht so sehr. Ich werde deine Warnungen überlegen, werde mir gelegentlich das Mädchen selbst ansehen und dann meine Entscheidung treffen!" „Und wenn ich dich noch einmal bitte, —tu es mir zuliebe." „Dann antworte ich dir, datz mein Verhältnis zu der Familie Latzwitz nie aus der Basis stand, sich gegen seitig etwas „zuliebe" zu tun! Deine Mutter, die sich auf rücksichtslose Weise in meine Geheimnisse drängte, hat seinerzeit als Preis für ihr Schweigen gefordert, datz ich dich nach meines Bruders Tod zum Verwalter meines Besitzes mache und später, wenn du dich meines Ver trauens würdig erweist, zu meinem Erben. Sie hat noch allerlei gefordert, und ich bin auf alles eingegangen —, nicht etwa, weil mir das Geringste daran läge, in der Leute Mäuler zu kommen, sondern bloß darum, weil ich auf andere Personen Rücksicht zu nehmen hatte, und weil diese Sache ikir viel zu heilig ist, um sie von frem- sen Händen betasten zu lasten! Du kannst daraus er sehen, datz hier von Zuliebetun keine Rede sein kann, sondern nur von nüchternen Abmachungen auf rein ge schäftlicher Basis." Sie hatte hochmütig, mit verletzender Kälte ge sprochen, und der Blick, den sie Latzwitz zuletzt zuwarf, vollendete die Rede sehr deutlich mit einem: „2m übrigen habe ich euch nie gemocht und verachte euch beide!" Latzwitz bitz sich auf die Lippen, gab si-K aber noch nicht geschlagen, denn er sagte in scheinbar warmem herzlichen Tone: „Von all dem hatte ich ja natürlich keine Ahnung und bitte dich nur, mir zu glauben, datz wenigstens meine Gefühle für dich stets aufrichtig und warm waren, wie die eines Sohnes! Was nun jenes Mädchen anbetrifft—" Indes Frau Helleport unterbrach ihn schroff: „Ge nug! Ich wünsche nicht mehr, datz diese Sache berührt wird. Was ich dir sagte — einmal in klaren Worten sagen mußte — bezweckte nur, dir ein für allemal die Grenzen zu zeigen, in denen unser Verkehr sich zu halten hat. Danach richte dich! Und nun, laß uns zu Tisch zehen!" Schweigend folgte ihr Laßwitz. Er hatte begriffen, »atz gegen diesen starren Willen jeder weitere Appell nutzlos wäre. Auch hier konnte nur Schlauheit helfen — aber dazu zebrach es ihm für heute an Zeit. „Macht nichts," dachte er, „Rache, kalt genosten, schmeckt noch bester! Ich werde wiederkommen, und bis dahin wird mir schon ein Weg eingefallen sein, die hochmütige kleine Prinzessin an die Luft zu setzen —, falls es Tante auf meine Warnung hin dann nicht schon selbst getan hat." — 14. „Wo ist das Blanke kt?" „Hier Tante, du brauchst blotz deinen Namen hinzu- , setzen. Da in Lie rechte Ecke unten, bitte." Er wies mit dem Zeigefinger aus die betreffende Stelle und reichte ihr zugleich mit der anderen Hand die Feder. Stehend unterschrieb Frau Helleport das leere Blatt. Frau Gröger stand noch wartend an der Tür. Sie verstand nichts von Eeschäftssachen, aber sie bemerkte zufällig, wie Vela Laßwitz, während ihre Herrin unter schrieb, mit triumphierend aufleuchtendem Blick daneben stand und unwillkürlich tief aufatmete. „Meinen alten Kopf möchte ich wetten, datz er jetzt wieder eine Gaunerei ausgeführt hat," dachte sie be unruhigt. Was sie wohl unterschrieben haben mochte? Und Frau Gröger trat unhörbar einen Schritt vor wärts und streckte den Hals, um womöglich die Ueber- schrrft «rtzisfern zu können. Indes, zu ihrem Erstaunen war keine da, das Blatt war leer bis auf die llnter- ^n diesem Augenblick drehte sich Frau Helleport, die Feder hinwerfend um. „So, Gott sei Dank, datz das überstanden ist! Alles Geschäftliche ist mir in die Seele hinein zuwider. Wir wollen nun endlich essen gehen. Gröger, latz auftragen. Kommst lm gleich mit, Bela? Ja so, du wartest ja noch aas Deifing — rasch, Gröger rasch — worauf wartest du denn noch? Du hörst ja, daß wir Dr. Deising brauchen!" Frau Gröger eilte zur Tur hinaus. „Wenn du gestattest, Tante, so möchte ich die Minu ten, bis Deifing kommt, noch zu einer Bitte, deinen hie sigen Haushalt betreffend, benutzen." Sprich! Was paßt dir denn da wieder nicht? Denn sicher willst du etwas tadeln?" „Allerdings — wenn auch selbstverständlich nichts, was du selbst angeordnet hast. Aber ich habe da heute bei meinem Kommen eine junge fremde Person vor- aeftrnden, die, wie ich später hörte, eigenmächtig von der Gröger als .Stütze' angestellt worden ist." „Ganz richtig. Ich glaube Sylvia Frankenstein Heißt fie. — Die Gröger behauptet, sehr zufrieden mit ihr zu sein." „Das mag ja sein. Aber, abgesehen davon, datz es eine ganz unnütz« Ausgabe ist " „Nun, das ist wohl meine Sache allein!" unterbrach ihn Frau Helleport kalt. „Gewiß, gewA ich erwähne es auch nur so nebenbei — aber das Mädchen hat etwas so unangenehm Dreistes und zugleich Verstecktes, daß ich mich des Ver dachtes nicht erwehren kann, sie sei durchaus kein ver trauenswürdiger Charakter. Außerdem ist sie viel zu fang! Junge Mädchen sind immer neugierig, und ge wiß spioniert sie im Hause und um deine Person herum." „Ne hat mich bis jetzt noch nicht belästigt, und beim Spionieren find genug Leute da, die ihr den Weg ver legen würden!"" „Auch bei Tag, wenn deine Leute alle schlafen? Da steht ihr das Haus sozusagen offen! Bedenke die Fol- «n' Du hast allein an Schmuck- und anderen Wertsachen VNMonenwerte tm Haus, und das weiß oder vermure, Mao vielleicht draußen. Wie nun, wenn dieses Mädchen einen Geliebten hat, der sie als Auskundschafterin be nützt? — Möglicherweise ist sie sogar zu diesem Zweck hier 'n Stellung gegangen!" Frau Helleport war nachdenklich geworden. „Daran habe ich allerdings noch mit keinem Gedanken gedacht, und die Tröger sicher auch nicht. Sie lobt sie stets so sehr, und auch tue anderen erzählen nur Gutes von ihr. Ich selbst hab- sie noch nicht zu Gesicht bekommen, da ich i-°«mden Menschen um mich dulde." ,.Das ist sehr klug. Trotzdem aber bitte ich dich, mir die Erlaubnis zu geben, die Person noch heute aus dem Lindenhof zu entfernen. Ich könnte nicht ruhig weiter- Sylvia sowohl als ihre Beschützerin, Frau Gröger, verbrachten die nächsten Tage in großer Unruhe. Beide zweifelten nicht daran, daß Laßwitz wenig stens den Versuch gemacht hatte, Frau Helleport gegen Sylvia einzunehmen. Dafür fand Frau Gröger auch die Bestätigung in verschiedenen Fragen und Bemerkun- zen, die ihre Herrin während der folgenden Tags scheinbar absichtslos hinwarf. Aber als Tag um Tag verging, ohne daß Frar ... . „ Helleport der Gröger befahl, Sylvia zu kündigen, be- ticke KelSLUtir sie also LMg. ruhiatLN sich beide ein wenig.