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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. ml 8 ütatl für das Königl. Verichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freitag, den 8. Januar l864. 1, Verantwortlicher Redactcur und Verleger: A. Lorenz. angenommen, nach befinden honorirt. Die Rcdactiom Van dieser Zeilschrift erscheint alle Freitage «in« Nummrr. Der Pr«t» für d«n Blerteljabrgang brtrLzt 10 Ngr. and ist jedesmal vorauSjubezahlen. Sämmiliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Z lück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl «in der Redaciion), al« auch in der Druckerei b. Bl. ln Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz beS Blatte- entsprechen, mll großem Danke Rückblick. Wie kaum ein anderes Jahr seit den Befrei« ungSknegen, dal taS verflossene in Deutschland baS nationale Gefühl wachgeruse». In den fünfzig Jahren mit ihrer politischen Abspannung glich das deulsae Volk einem Aichenhaufen, in dem man kaum noch ein Fünkchen vermuihete. Aber so wie ein frischer Hauch darüber hinfegte, da trat eine Flamme hervor, die durchs ganze deutsche Land leuchtet, nicht ein verzehrender Brand, wie 1848 und 49, der nur Ruinen zurückließ. Die großen Feste, da» eine zur Verherrlichung der Turnern, da» andere als Gedenktag an jene Ricsenschlacit aus Leipzigs Fluren, vereinigte im Herzen Deutsch« lands die vetschledenen Stämme und brachten sie einander näher; sie lernten sich kennen und lieben. Der Ruf nach Einheit wurde immer lauter und selbst die Fürsten mußten zugeben, daß der Bnn« deSlag nicht hlnrelche; der Fürstcncongreß ,n Frank« furl hat zwar noch keine praktischen Folgen gehabt, aber sie können nicht ausdleiden. Wurde doch die ganze Rcsormfiage von einer diel gewichtigern in den Hinlergrnnd gedrängt. Da» Schicksal Schles« wig'Holneins war schon lange eine Wunde, die jeder Deutsche empfand; durch den unerwarteten Lob de» Danenköuigs leuchtete dem Bruderstamme noch einmal die Hoffnung, lv»,»kommen c.uS der unnalürlrcheu Verdtutung, die Fesseln zu brechen, welche fremde Hände um ihn gelegt. Ganz Deutsch« land gerielh l» steberhafie Aufregung; glücklicher weise st.lltea sich einige Fürsten an die Spitze ter Bewegung, daß sie nicht über die Ufer schäume und so siebt das neue Jahr sächsische Soldaten am User der Eider und hoffentlich bald an der Grenze von Jütland. Wer haue das beim Beginn deS Jahres 1863 nur geahnt? Heil den Männern, die fremde Drohungen verachten und dem großen deut schen Vaterlande seine Seeküsten erhalten; Heil be sonder» unserm Fürsten, der stets vorangeht, wenn es gilt, da» Recht zu schütze». — Wenden wir den Blick oom Ganzen auf'S Ein zelne, fragen wir, was hat das alte Jahr unserer Stadt gebracht, so müssen wir zunächst der reichen Ernte gedenken, einer Ernte, wie sie oft in Jahr- zehnUn nicht vorkommk. Klagen auch die Land- wirlhe über niedrige Preise, die allerdings nicht im Verhältnisse zu den Zinsen und Arbeitslöhnen stehen, so ist doch eine reiche Ernte immer als ein Segen zu betrachten. Klagen hört man aber noch weit mehr von den Gewerblreibenden über Stockung deS Geschäfts. Meist wlrd der Rückgang der Ge- werbefreiheit zugcschliebcn. Freilich ist dadurch die Concurrcnz eine viel größere geworden; fast auf jedem Dorfe findet man Handweiker, die sonst nur in der Stakt arbeiten dursten und die jetzt der letzteren gewaltigen Schaden zusügen. Aber daß die Geweibesreibeit so schreckliche Folgen haben soll, wie manche behaupten, und daß die Regierung bald genölhigt sein würde, dieselbe wieder aufzuheben, wie man ost hört, daran ist nicht zu denken. Roch eine kurze Zeil de» Uebergangs, und Alle» wird wieder lin rechten Geleise sein. Reelle, dem Lc- dürsnisse entsprechende Geschäfte werken ausblühen, übnstüisige ober gar Schwindelgeschäfte werden un- tergehen. Daö bat sich auch in den Ländern ge zeigt, wo die Geweibefreiheit seit lange besteht. Und was man «Lichtete, daß nach Aufhebung der Lehrzeit Geschärte ohne die uölhigen Kenntnisse er richtet werden würden, ist nicht elngetroffen. Keiner Hal sich als Klempner, Schuhmacher, Schneider rc. niedergelassen, der nicht vorher Lehrling gewesen