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Redaktioneller Teil. 231, 5. Oktober ISIS. der mangelnden Kunstinstitutc! — das größere Lesebcdürfnis herrscht, wäre auf die Plakatierung der Neuerscheinungen beson deres Gewicht zu legen. Eine materielle Begünstigung der betreffenden Buchhändler, die sich zum Reklame-Kartell zusammenscharen, wäre jedenfalls eine vonäitio sine gua non. Presse. Die ist der wundeste Punkt. Denn trotz der angeblichen För derung der Volksbildung und trotz des hohen Niveaus, das die Presse auf der einen Seite erreicht hat, desavouiert sie auf der andern Seite diesen literarischen und bildungssreundlichen Stand Punkt. Natürlich aus rein geschäftlichen Motiven. Oder was soll man zu dem Januskopf einer Presse sagen, die in ihrem Feuilleton die höchsten Bildungsideale feiert und ein paar Seiten daraus einen aufgelegten Schundroman allerärgster Sorte für den Groß teil ihrer Leser bringt, den sie, wie sie angibt — was aber noch lange nicht bewiesen ist! —, verlieren würde, wenn sie einen bessern, literarisch höher stehenden Roman brächte? Von einer solchen Presse ist doch nicht zu erwarten, daß sie wirklichen Bil- dungsbestrcbungen, wie Sie sie vertreten, Interesse entgegen- bringt. Tut sie's, dann ist's nur ein papiernes Interesse. Ich spreche jetzt pro äomo, aber es wird zugleich allge meinen Wert haben. Die Rezensenten großer Wiener Zeitungen, die meinen jüngst bei Grellstem in Leipzig erschienenen neuen Roman »Die Harmonien im Hause Sylvanus« besprechen woll ten, erklärten mir, daß ihnen die Redaktionen bedauerlicherweise keinen Raum zur" Verfügung stellen könnten, da die Kriegszeitcn denselben außerordentlich beschränken. Gut. Nun sehen Sie sich doch, bitte, einmal die mitfolgenden Zeitungsseiten des ge- lesensten Wiener Blattes an, die ich durch tägliche Beispiele beliebig fortsetzen könnte. Ich glaube, die blau angestrichenen Stellen*) bilden eine Anklage von größter Heftigkeit gegen diese Redaktion, die natürlich in allen anderen Redaktionen brüderliche Racheiferer hat. Wenn diese Stellen wegfielen, so wäre der persönlichen Eitelkeitskrämerei der Garaus gemacht, und es wäre Raum für eine Würdigung von Wissenschaft und Kunst geschaffen. Wenn trotz des Krieges noch immer für diese Art des Persön lichkeitskultus Raum genug ist, dann müßte er auch, wenn die Presse sich ihrer Aufgabe bewußt wäre, für wertvollere Dinge geschaffen werden. Darauf könnte vielleicht von seiten des Bör senblattes mit aller vornehmen Schärfe hingewiesen werden. Die erhöhte Aufmerksamkeit des Publikums für das Buch als Weihnachtsgeschenk wäre Wohl nur durch eine geschmackvolle, allgemein gehaltene Reklame möglich, am besten durch einen Auf ruf, Wje er im vorigen Jahre durch Peter Rosegger erfolgte. Noch einmal: Die Presse müßte sich ihrer Aufgabe erinnern,! Bildung zu verbreiten und den guten Geschmack zu fördern, ohne ^ Rücksicht auf einen eventuellen, gar nicht so sichern Ausfall an: Abonnenten. Sie müßte unparteiischer, weniger zaghaft und ^ mehr zielbewußt sein. Und das Plakat müßte als Reklnmeform! für das Buch mehr in den Vordergrund treten. Um nur ein Beispiel über die Wirkung einer antzergewöhn-! lichen Reklame für ein Buch zu erwähnen, möchte ich darauf hin- z weifen, daß seinerzeit Karl Rosnerz Roman »Die silberne Glocke«,! ein durchaus stilles, feines, innerliches Buch, nur dadurch einen' großem Erfolg erzielt hat als gleichzeitig erschienene, wertvollere - und ebenso stille Bücher, weil der Verlag — soviel mir bekannt, ^ als erster — es gewagt hatte, das Buch in Form einer gewöhn lichen Waschzettelrezension auf einem grünen, übrigens ganz schmucklosen Plakat an den Straßenecken in Wien — vielleicht auch anderswo — anzukündigen. Ich weiß es nicht nur von mir selbst, sondern auch von vielen meiner Bekannten, die durch diese Reklame aufmerksam wurden, daß hierauf ein größeres Verlangen *) Es erübrigt sich wohl, diese Stellen hier Mltzuteilen, da jeder Leser Auslassungen in den Tageszeitungen begegnet, die erkennen lassen, daß nicht der vielfach Vorgeschichte Mangel an Raum, sondern der tatsächliche Mangel an Kritik als Ursache für die Stellungnahme der Tagespreise zu Literatur und Wissenschaft angesehen werden must. Red. bestand, das Buch kennen zu lernen. Die gewöhnliche Ausstellung des Buches mit der Schleife in einer Buchhandlung hätte uns nicht bewogen, das Werk zu lesen. St. Gallen in Steiermark. Ludwig Huna. Kleine Mitteilungen. Allgemeine Konferenz der deutschen Bibelgesellschaften. Ans Einladung der Teichfischen Hanptbibelgesellschast hatten sich kürzlich Ver treter der fünf größten bibeldruckenden deutschen Bibelgesellschaften (Württcmbergische, Preußische, Bergische, Sächsische und v. Eanstein- sche) in Dresden versammelt, um wegen der besonderen Aufgaben, die der Krieg mit sich bringt, sowie namentlich auch über das Verhältnis der deutschen Bibelgesellschaften zur britischen sich anszusprechen. Dac' Ergebnis der Verhandlungen war der Beschluß, am 2. und 3. November eine Allgemeine Konferenz aller deutschen Bibelgesellschaften in -H a l l e a. S. abzuhalten, deren erster und wichtigster Bcratnngsgegen- stand die Zusammenarbeit der deutschen Bibelgesellschaften und ihr Verhältnis zur britischen in der Versorgung Deutschlands mit der Bibel sein soll. Wichtige Punkte werden ferner die Verbreitung der Bibel durch Vibelboten unter den Evangelischen und den Katholiken Deutschlands und die Versorgung der deutschen Kolonien mit den er forderlichen fremdsprachigen Heiligen Schriften sein. Die Konferenz hielt es weiter für notwendig, daß eine Instanz geschaffen wird, die in Fragen des Textes die letzte Entscheidung zu fällen hat, sowie ein stän diger Ausschuß, der die Bibelgesellschaften zu vertreten hat. Die Bibel gesellschaften werden endlich mit besonderer Freude die Gelegenheit begrüßen, sich über Kriegserfahrnngen und neue Kriegsanfgaben ans- sprechen zu können. Tic Prüfung der Schadenersatzansprüche an unsere Feinde. - Die Arbeiten der Kommission zur Prüfung der Schadenersatzansprüche von Angehörigen des Deutschen Reiches wegen völkerrechtswidriger Hand lungen unserer Gegner im Auslände sind noch im vollen Gange. Die Milliarde Mark stellen wird. PersouiilnlichnHSeu. Gefallen: im Osten Herr Hermann Fiebig aus Liegnitz, Füsilier in einem Neserve-Jnfauterie-Ncgiment, ein treuer Mitarbeiter von Gebr. Grundgeyer in Rostock i/M.: in den letzten schweren Kämpfen im Westen, 27 Jahre alt, -Herr Paul Hoffmann, in einem Ncservc-Jnfanterie-Negiment, der zuletzt Mitarbeiter der Firma Vobach K Co. in Leipzig war und sich durch liebenswürdiges Wesen viele Sympathien er worben hatte. Georg Muschner ch. — Der Münchener Schriftsteller Georg Mnsch- ner ist am 17. September, 39 Jahre alt, als Leutnant im Kampf gegen die Russen gefallen. Er war zu Beginn des Krieges als Kriegsfrei williger hinausgezogen. Muschner war Verfasser von Romanen und literarischen Essays und einer der Gründer und Organisatoren der »Lese«. Sprechfaul. Zrir Nachahmung empfohlen. lVlst. Rr. 2S5.j hielt 2 Sendungen von CE. Büchners Verlag mit zusammen 265 ein Umschnürung unter Berechnung von .,// 1.—. Ich sandte nun am 27. IX. ein Knäuel Bindfaden (20 xr) mit Zahlkarte und Begleit brief an den Verlag ein, warte aber heute noch ans Rückvergütung. Die Bindfaöennot rechtfertigt ein solches krasses Verfahren durchaus nicht. Die Erwiderung ist übrigens auch sehr fadenscheinig aus gefallen, da Kisten in der Regel den berechneten Wert darstellen, also nicht so fiktiv gewertet werden. Wunsiedel, 3. Oktober 1915. G. Kohle r. 1344