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212, 12. September 1900. Nichtamtlicher Teilt 6769 mentsbuchhandel vollzieht. Auch in anderen Beziehungen liegen die Verhältnisse hier anders als im Warenhandel. Der Einkauf der Waren seitens des Sortimentsbuch handels ist nicht so verwickelt wie beim Warenhandel. Die Waren des Buchhandels sind mit der Bezeichnung ihres Be zugsortes versehen und werden regelmäßig in periodischen Zusammenstellungen den Beteiligten bekannt gegeben. Auch bei direktem Verkehr des Sortimenters mit dem Verleger ist also in der Regel Bczugsort und Bezugsquelle von vorn herein gegeben. Bei den: in Deutschland maßgebenden System geht überdies die Hauptmasse der Biicherbestelluugen seitens des Sortimentsbuchhandels durch die Leipziger Central stelle, so daß die Arbeit des Einkaufs sich verhältnismäßig einfach vollzieht! ebenso ist auch der Transport der eingekauf ten Bücher durch diese Centralisation sehr erleichtert und vereinfacht und ohnehin, da große Massen hier nicht versandt werden, viel weniger kompliziert, als bei den Wareneinkäufen im Warenhaudel. Bei den Bezügen des Sortimenters ist in Deutschland und den anderen Ländern, die die deutsche Organisation als Vorbild genommen haben, vereinzelt auch in England und Frankreich, ein Unterschied zwischen den nur gegen feste Be stellung zu beziehenden und den ä condition gelieferten und den für das eigene Lager des Sortimenters bestimmten Büchern zu machen Nur gegen feste Bestellung werden Bücher, die schon vor längerer Zeit verlegt sind, vom Verleger dem Sortimenter geliefert, in der Regel wenigstens. Der Bezug ä condition dagegen spielt bei neuen Verlagsartikeln eine große Rolle. Das seit dem achtzehnten Jahrhundert auf- gekvmmene Konditionsgcschäst besteht darin, daß der Verleger ohne feste Bestellung von dem neu erschienenen Buche dem Sortimenter eine Anzahl von Exemplaren zur Verfügung stellt derart, daß der Sortimenter die nicht verkauften Exemplare in der Buchhändlermesse, die auf das Lieferuugsjahr folgt, dem Verleger zurückgeben darf, aber anderseits der Verleger sie dann auch zurückfordern kann. Die zu dieser Messe zurück zugebenden Exemplare heißen »Remittenden«. Wird von dem Verleger der Rückliefcrungstermin über diese Messe hinausgeschoben, d. h. werden die ä condition gesandten Bücher auf die Rechnung des nächsten Jahres übertragen, wobei sich der Verleger die Zurückforderung, also die Verfügung über das Konditionsgut vorbehält, so heißen die dieser Ab machung unterliegenden Bücher »Disponendeu«. Das Kon ditionsgut ist Eigentum des Verlegers, der Sortimenter hat es mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu bewahren. Im übrigen hat er bei dem Bezüge L condition keinerlei eigenes Risiko zu tragen und setzt eigene Mittel dabei nicht aufs Spiel. Auch bei dem Bezüge auf feste Bestellung hat der Sortimenter ein Risiko dann nicht zu tragen, wenn er den Bezug auf Grund einer Bestellung seitens eines Konsu menten bewirkt. Anders ist es bei den Büchern, die der Sortimenter für sein eigenes Lager einkauft. Hier trägt er dasselbe Risiko, wie jeder andere Kleinhändler bei den auf seinem Lager be findlichen Vorräten, also das Risiko des Verlustes, der Be schädigung, des Unverkanftbleibens der Ware, des Zinsaus falles an dem zum Einkauf verwendeten Kapital n. s. m Der Sortimenter hat auch beim Bezüge der auf sein eigenes Risiko zu lagernden Bestände besondere technische Schwierig keiten nicht. Aber er muß es verstehen, die richtigen Lager bestände herauszufinden. Nur Bücher, die gangbar sind und regelmäßig Absatz finden, wird der Sortimenter auf sein eigenes Risiko für sein Lager erwerben wollen; aber ob er das immer fertig bringt, ist eine andere Frage. An dieser Stelle ist der persönlichen Geschicklichkeit des Sortimenters bei der Auswahl der Bezugsartikel ein erheblicher Raum zur Be- thätigung gegeben. Das Letztere gilt auch für den Antiquariatsbuchhändler; derselbe muß eine richtige Auswahl unter den vorhandenen alten Büchern oder unter den Restbeständen, die dem Ver leger liegen geblieben sind, zu treffen verstehen, weil er sonst Absatz dafür nicht findet, und er muß auch versuchen, diese Einkäufe zu möglichst vorteilhaften Preisen abzuschließen. Um den Einkauf der gangbaren Lagerartikel zu er leichtern und vorteilhaft zu gestalten, haben sich mehrfach Genossenschaften znm gemeinsamen Einkauf größerer Mengen gebildet, die »Vereinssortimente-- in Frankfurt a. M., Breslau und Olten. Weiter besteht ein »Barsortiment« in Leipzig, Berlin, Stuttgart und Wien und ein »Ausländisches Sortiment« in Leipzig, Berlin und Wien, die ähnliche Zwecke für bestimmte Büchergruppen verfolgen. Hier zeigt sich ein Seitenstück zn den Einkaufsgenossenschaften der Kleinhändler im Warenhandel. (Schluß folgt.) Stimmungsbilder vom Bvdenfee. Von Thekla Ackermann. 8°. (46 S.) Freiburg i. Br. 1900, Lorenz L Waetzel. Das Büchlein enthält zwar nichts Bnchhändlerisches, ist aber von einer Buchhändlerin verfaßt. Dies mag es rechtfertigen, wenn wir bisherigem Brauche folgen und die kleine Gedichtsammlung hier kurz besprechen. An den Stoffen und Stimmungen ist, wenige Ausnahmen vielleicht abgerechnet, nichts auSzusetzcn, auch soll die Wahrheit der Empfindungen bei der Mehrzahl der Gedichte gern anerkannt werden, nur wird leider vielfach durch eine allzu bequeme und sorglose Wahl der Ausdrücke, hier besonders auch durch viele unglückliche Apostrophierungen, wie bei den Pluralbildungen -Stadt- und -Dom-, eine gleichstimmende Wirkung beim Leser bedeutend beeinträchtigt, zumal auch sonst, ivo man durchweg eine gehobene dichterische Sprache erwartet, hie und da prosaische Wendungen mit unterlaufen, die ziemlich ernüchternd wirken. Konstanz, der Ueberlinger- und der llnter-Sce mit ihren be rühmten Inseln Mainau und Reichenau und sonst bekannten Stätten bilden den Hauptgegenstand der Gedichte. Ein schönes Gedicht wird der in Meersburg verstorbenen Dichterin Annette von Droste-Hülshoff gewidmet. — Psychologisch interessant ist ein Anhang von sechs -Vagantenliedern-, der die alte Erfahrung zu bestätigen scheint, daß Frauenherzen seltsamerweise von einem wilden, ungebundenen Wesen des Mannes sich leicht gefangen nehmen lassen (»Komm den Frauen zart entgegen- re.), daß es dem Weib aber dennoch — vorsichtiger als der Mann in die Zu kunft blickend, vor allein aber eine möglichst sorgenlose Ehe vor Augen — nicht imitier schwer wird, dem Vaganten den Laufpaß zu geben und dem Worie nachzuleben: -Und kommt ein schmucker Freiersmann Mit Geld und guter Sitth Besinnt mein Liebchen sich nicht lang, Ohn' Zaudern geht es niit.- Als Probe für den friedlichen Ton der Lieder sei hier schließlich das kleine Gedicht -Sonntag- mitgeteilt: -Es hat der See sein Rauschen Behutsam eingestellt, Er möchte heute lauschen Dem Sonntagsklang der Welt. So lautlos küßt die Welle Den Kies und Usersand Ein Morgenglöcklein Helle Tönt über See und Land. Und mir zieht durch die Seele Ein lichter Kindheitstraum: Das Sein, ohn' Schuld und Fehle, Im goldnen Himmelsraum.- Gewidmet sind die Gedichte dem bejahrten Komponisten Ludwig Liebe. Kleine Mitteilungen. Verband deutscher Buchbindereibcsitzcr. — Am 10. d. M. erfolgte im Deutschen Vuchgewcrbehause zu Leipzig in einer zahl reich besuchten konstituierenden Versammlung die Gründung des Verbandes deutscher Buchbindereibesitzer. An den Ver handlungen beteiligten sich außer Leipziger Buchbindereibesitzern zahlreiche Inhaber und Vertreter auswärtiger Buchbindereifirmen, namentlich aus Berlin und Stuttgart. Auch der -Verband deutscher Buchbinder-Innungen- war vertreten. Siebrnundsechztgster Jahrgang 908