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6476 Nichtamtlicher Teil) — Sprechsaal. ^ 211, II. September 1899. wir befürchten, Widerspruch zu erfahren, daß wir die größte Verbreitung von allen Blättern in den Polarmeeren haben«, so lautet eine bescheidene Randbemerkung des Herausgebers, -llbs tVsslll^ Nail», eine Chronik der Begebenheiten, an Bord des -Ophir« wurde auf hoher See gedruckt und herausgegebcn. Die erste Nummer ist vom 22. Juli datiert. Es ist ein sehr lustiges Blättchen, das viel zur Unterhaltung der Leute an Bord des »Ophir- während der Fahrt in den eintönigen nördlichen Gewässern beigetragen haben muß. Getreu dem englischen Zcitungsstil wurden nur die -neuesten, sensationellsten» Ereignisse gemeldet, und für jede Rubrik war ein Ueberfluß an Stoff vor handen. Mit Nr. 4 stellte »IVssIrlz? Null» indessen sein Er scheinen ein, sehr zum Leidwesen der Insassen des -Ophir», denen das humorvolle Blatt während der Fahrt die Langeweile an- enehm vertrieben hatte. Das Blatt durfte sich jedenfalls rühmen, o eifrige Leser wie selten ein Blatt gehabt zu haben. Oeffentliche Lesehalle. — In Glauchau hat die Stadt verwaltung im Anschlüsse an die bereits bestehende umfangreiche Bücherhalle im Stadthaus eine öffentliche Lesehalle eingerichtet. Es liegen daselbst mehrere Tageszeitungen und Wochenschriften aus, sowie die Adreßbücher einer größeren Anzahl von Städten nebst Stadtplänen, verschiedene Nachschlagewerke, Lexika u. s. w. Ferner ist auch Gelegenheit zum Schreiben geboten und ein Fern sprecher zur unentgeltlichen Benutzung vorhanden. Diese neue Lesehalle ist für jedermann zur unentgeltlichen Benutzung von früh 8 Uhr bis abends 8 Uhr geöffnet. Die häufigsten englischen Familiennamen. — In einem neuerdings erschienenen Anhang des letzten «Osnsus Usport ok tlls UsAistr. Osnsral- ist eine interessante Statistik über die häufigsten Familiennamen in Großbritannien und Irland, vor deren Bearbeitung alle Bibliographen einen heiligen Schrecken haben, enthalten. Das Resultat ist folgendes: In England und Wales giebt es: Smith 253600 und Jones 242100; die nach ihrer Häufigkeit nächstfolgenden Namen sind Williams, Taylor, Davies und Brown. In Schottland steht wieder Smith an der Spitze, dann kommen M'Donald, Brown, Thomson, Robertson, Stewart und Campbell. In Irland nehmen dagegen die Smith erst den fünften Platz ein. Die Murphy halten die Führung mit 62600, die alsdann häufigsten Namen sind: Kelly 55000, Sullivan 43600, Walsh 41700, Smith 37000, O'Brien 33400, und dann folgen der Reihe nach Ryan, Counor, O'Neil, Reilly, die letzteren be tragen ca. 29000. ^ssooiatiou littürairs st artiotigus iutsruationals.— Das in: Börscnblntte Nr. 182 (8. August 1899) veröffentlichte Arbeitsprogamm des in Heidelberg vom 23.—30. September stntt- findcnden 21. Kongresses der -^ssooiatiov littsrairs st artistiguo iutsi'natioimlo- hat insofern eine Bereicherung erfahren, als noch der Bericht eines Herrn G.-L. Pesce über den Schutz wissenschaft licher Werke für die Verhandlungen angesetzt worden ist. Das Vergnügungsprogramm ist jetzt auch veröffentlicht worden: Sonnabend, den 23. September. Offizieller Empfang im Stndt- garten. Sonntag, den 24. September. Besuch des Heidelberger Schlosses — der Molkcukur, Kohlhvf (Frühstück). Montag, den 25. September. Spaziergang im Ncckarthal. — Abends Konzert. Dienstag, den 26. September. Ausflug uach Mannheim. Mittwoch, den 27. September. Spaziergang in die Umgebung, Schwetzingen u. s. w. Donnerstag, den 28. September. Ausflug nach Baden-Baden, Frankfurt a/M. oder Neustadt a/d- Haardt. Freitag, den 29. September. Ausflug nach Karlsruhe. Sonnabend, den 30. September. Bankett. — Spaziergang nach Ziegelhausen, zurück auf dem Neckar, Beleuchtung des Schlosses und der alten Brücke, Feuerwerk. Möge die Beteiligung an dem Kongreß eine recht rege werden! Pcrsvnalnachrichten. Gestorben: am 8. September nach kurzem schweren Leiden im 71. Lebens jahre der Verlagsbstchhändler Herr Ferdinand Hirschwald in Berlin, Mitbesitzer des hochaugesehenen und vornehmen Buchhnndlungshauses, das seinen Familicn-Namen trägt. Noch im vorigen Jahre war es dem Verstorbenen vergönnt, sein fünfzigjähriges Jubiläum als Mitinhaber dieses großen wissenschaftlichen Verlags- und Sortimentsgeschäftes zu feiern und sich an den aus diesem Anlaß ihm dargebrachten Aeuße- rungen kollegialer Hochachtung und freundschaftlicher Treue zu erfreuen, Gesinnungen, die ihm auch über das Grab hinaus bewahrt bleiben werden. Sprechfaal. Sortiment, Verlag und direkter Vertrieb. (Vergl. die Artikel in Nr. 197 u. 201, auch Nr. 179, 184, 188, 189, 194, 195, 203.) Von einer kleinen Reise zurückgekehrt, finde ich wieder einen Beitrag unter der obigen Ueberschrift im Sprechsaale des Börsenblattes und gleichzeitig auf meinem Pulte ein Feuilleton des Hamburger Fremdenblattes: -Die Frauen und das Rauchen«. Dasselbe be ginnt: -In einem recht unterhaltenden Buche: Der Tabak und das Rauchen, Ernstes und Heiteres aus der Culturgeschichte von Hermann Pilz (Verlag von Gustav Weigel, Leipzig), das zum vierhundcrtjährigcn Jubiläum des Tabaks erscheint und ein Kultur bild von den Anfangszeiten bis in die Gegenwart entrollt, finden wir über -die Frauen und das Rauchen- folgende anziehende Schilderung: Seine größten Feinde hat der Tabak unter den Frauen u. s. w.» Wenn so etwas als Feuilleton in einer Zeitung steht — nicht etwa in der ledernen Waschzettel-Rubrik der Kritiken —, hat der Verleger, selbst wenn er populäre Werke verlegt, immer Ursache, vergnügt zu schmunzeln. Nehme ich nun aber dazu die Schilderung des Herrn Leuwer (in Nr. 201) von den schulterschüttelnden Bremer Tabakleuten, die für Kulturgeschichte gar kein Verständnis haben — ein anderer Kollege schrieb mir auf Verlangzettel, daß die Tabaksäcke (analog den Pfeffersäcken anderswo) lieber Wein tränken als Bücher kauften —, so bin ich bereit, in Sack und Asche Butze u thun, für so völlig vertobakt habe ich die Leute samt und anders nicht gehalten. Also die Tabakleute nehmen Ansichtssendungen nicht an, in die Läden kommen sie höchst selten, an den Schaufenstern rasen sie vorbei zum Giftbaum der Börse — folglich ist es unmöglich, ihnen beizukommen. Nur alle möglichen Zeitungen lesen sie — vielleicht auch oben citiertes Blatt, vielleicht auch Probebogen des Buches. — Wie konnte der Verleger W. auch den Syndikus (Rechtsrat) des Verbandes reisender Kaufleute mit Majorsgehalt, der höchstens mit Virtuosität gute Cigarren raucht, feuilletonistische Zeitungs artikel, Bücher und Verse schreibt, vielleicht auch Cigaretten dreht, vor circa acht Jahren beauftragen, ein kulturhistorisches, lesbares Buch über den Gebrauch des Tabaks zu schreiben, des Beherrschers der Welt, dem arm und reich, alt und jung huldigt!? Mit Staunen las ich, daß ich viel populäre Litteratur verlege; bisher war ich der Meinung, daß bei mir außer neuen Auflagen recht wenig Neues erschiene, nach dem Verlegerprinzip: -Wenig verlegen, viel verdienen.« Einige Werke hat Herr Leuwer nicht genau angesehen oder auch nicht in Händen gehabt, sonst würde er gefunden haben, daß die Richterschen Kommentare abwechslungs halber auch einmal —- ich will's aber gewiß nicht wieder thun — -wissenschaftlich- gehalten sind. — Freilich, damit ist in Bremen auch -nix to maken-. Aber Scherz beiseite, ich wollte in obigem Tabak-Falle lediglich zeigen, wie bei dem Vertrieb mancher Werke mit klar erkenn barem, großem Interessentenkreise in neuerer und neuester Zeit der Sortimentsbuchhandel mehr und mehr versagt. Auch die Verleger wissenschaftlicher Litteratur dürften ähnliche Erfahrungen — leider — hinter sich haben. Oder nicht? Es ist durchaus richtig, daß zahlreiche Verleger in Berlin, Wien und anderswo auf ihren Prospekten — die sie mit hohen Kosten zu Hunderttausenden in die Welt flattern lassen müssen - die Adresse ihrer Firma so genau geben, daß man sieht, aus welchen: Grunde. Die Kosten müssen eben gedeckt werden. Meiner Ueberzeugung nach wird der deutsche Buchhandel nach und nach genau dieselbe Entwickelung nehmen, wie sie der französische und englische genommen hat. Ich selbst habe in früheren Jahren — als ehemaliger braver Sortimenter — auf allen Prospekten und in allen Inseraten bemerkt: -Zu habe» in allen Buchhand lungen«. Schließlich ist aber der Satz sinnlos geworden, weil zahlreiche Firmen selbst die gangbarsten Werke nicht auf Lager halten. Eine eigentümliche Erscheinung ist es, daß bisher nur die Herrn Sortimenter Lust und Zeit zu Klagen fanden, während der Wett bewerb im Verlage ein weit intensiverer, schlimmerer in jeder Beziehung ist. 33stg, 40 und öO»/» und 7/6 gehören bei sogenannten populären Artikeln heute nicht zu den Seltenheiten. Der Sortimenter erhält bei einem Preise eines Buches, von