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Beilage zrnn Frankenberger Tageblatt Nr. SOtt Donnerstag, den Stt. Dezember 1028 87. Jahrgang Der Bollsbund wehrt sich (Eigene Meldung.) Lis unerhörten Angriffe des polnischen Nußen- «rinisters Zaleski gegen den oberschlesischsn Volks- Dund, die zu der scharfen Erwiderung Dr. Ctrese- hnamrs km Bölkerbundsrat führten, haben nun- hnshr auch eine Antwort des oberschlesischen Volks- bundes selbst gefunden. In ruhiger und wür diger Weise hat diese Bereinigung, die unter den schwersten Verhältnissen für die kulturelle Gleich berechtigung des Deutschtums in Polnisch-Ober- schlesien arbeitet, dem polnischen Außenminister Zrr Gemüts geführt, das? seins dlugrifse unbe rechtigt sind. Insbesondere verwahrt sich der Wolksbu-nd gegen den Vorwurf der Agitation Negen don polnischen Staat. Nicht gegen den Staat als solchen, gegen den sich die Staats bürger deutscher Nationalität loyal verhalten, sondern gegen das ungesetzliche Vorgehen der Behörden richtet sich der Kampf dos Volksbundes. Tas weih Zaleski natürlich ganz genau und 'trotzdem wagte er, die internationale Atmosphäre mit seinen falschen Behauptungen zu vergiften. Erschütternd ist das Zahlenmaterial, das der Bolksbund über seine Beschwerden mitteilr. Mehr vls 700 Mal hat er sich an die polnischen Bo- ihördsn gewandt. Wenn davon 1b Beschwerden «n don Völkrrbnndsrat weiterge'eitet wurden, dann nur deshalb, weil die polnische Verwaltung sich immer wieder einfach weigert, Entscheidungen der internationalen Stellen dnrchzuführen. Be sonders schlimm sind die Verhältnisse geworden, seitdem die Warschauer Regierung einen neuen Wojewodin nach Kattowktz geschickt hat. Auch dieses Schriftstück der deutschen Minder- jheit ist ein neuer Beweis für die unerträglichen Zustände, die sich durch die Mtrennung Ober- schlesions von Deutschland ergeben haben. Noch kürzlich konnte man. in einer englischen konserva tiven Zeitung lesen, das? die Teilung Oberschle- sisns eins der größten Dummheiten der englisäen Politik der Nachkriegszeit gewesen s i. Diese Er- komrtnis kommt reichlich spät, denn wir haben von jeher gewußt, daß keine internationale Ueber- wachungsinstanz in der Lage ist, die noch so gut verbrieften Rechts der deutschen Minderheit er folgreich zu währen. Jedenfalls ist rind bleibt die polnische Mmderheitcnpolktik eme schwere Be drohung des europäischen Friedens. Gegenüber den immer wiedeAshrenden Behauptungen, daß das arme entwaffnete Deutschland eine Gefahr für Europa darstslle, muß diese Tatsache einmal mit aller Deutlichkeit ausgesprochen werden. In diesem Zusammenhänge ist auch auf die polnische Agitation in Ostpreußen hinzuweifen, wo ns er- dings mit allen Mitteln versucht wird, dieses wirtschaftlich schwer ringende Laild in seiner Zu versicht zu der Hilfe des Reiches und Preußens wankend zu machen. Der ostpreußtsche Ober- MDLmMWmMMM erbitten wir bis v Freitas Avenv? - MD R iüe MM tz» - erbitten wir bis Gonnavenv MveaöZ MchslMelle aez „srankenbergtt Tageblatt" ! Präsident Siehr hat glücklicherweise diesen Ge rüchten durch eine energische Erklärung ein schnelles Ende bereitet. Der polnische Kampf gegen das j Deutschtum diesseits und jenseits der polnischen Grenze wird mit allen Mitteln des Hasses und der Verleumdung geführt. Polen und die übrige Welt können sich nicht wundern, wenn Deutschland dis nationale Knechtung der deutschen Minderheit in Oberschlesisn als seins eigene Angelegenheit empfindet. Soziales Die sächsischen Tertilindufiricllm zur Verbindlichkeit»- erkiärung des Schiedsspruches. Aus Chemnitz wird uns geschrieben: Ter Verband von Arbeitgebern der sächsischen Textilindustrie, Sitz Chemnitz, teilt folgendes mit: Aus dringenden wirtschaftlichen Gründen Hatton wir den seit dem 30. Oktober allmonatlich künd baren Lohntarif für Ende November dieses Jahres aufgekündigt, um einen auf etwa zwei Jahre laufenden Vertrag unter Beibehaltung der bisherigen Lohnsätze zu erreichen. Am 27. No vember 1928 wurde nach mehrtägigen Schlich- tungsverhandlungen ein Schiedsspruch gefüllt, der eine Erhöhung der Tarifqrundlöhne um 5 Pro zent vorsieht. Motz unserer durch Unterlagen und mündlichen Vertrag erfolgten eindringlichen Einwendungen, die sich insbesondere auf die schwindende Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Auslande beziehen, hat das Neichsarbeitsminh sterkum diesen Schiedsspruch gegen jede Erwar tung für verbindlich erklärt. Da die mit größtem Ernst und unter Beobachtung aller sozialen und wirtschaftlichen Momente geäußerten Bedenken der Arbeitgeber gegen eine Lohnerhöhung der Nicht beachtung durch die oberste soziale Behörde ver fallen sind, protestiert die Arboitgeberschaft ge gen diese Entscheidung und o klärt, daß sie die Verantwortung für die nachteiligen Folgen der aufgezwungenen Erhöhung der Löhne ablehnen müsse. Bezirkstag der AmtsdauptmmmWast Nöda im Bezirlsstift Augustusburg am 11. Dezbr. 1928 Ter Bezirkstagsvorsihonde, Herr Professor Dr. Lorenz, Frankenberg, gab zunächst be kannt, daß Bczirkstagsmitglied Herr Fabrikbe sitzer Otto Leonhardt, Eppendorf, nunmehr 30 Jahre lang im Flöhaer Bezirk das verant wortungsvolle Ehrenamt eines Bozirkstagsmit- gliedes und fast 25 Jahre lang das Ehrenamt eines Bezirksausschuß Mitgliedes verwaltet, be glückwünschte Herrn Leonhardt mit wann empfundenen Worten zu diesem seltenen Ju biläum und sprach ihm im Namen des Bezirkstages und des Bozkrksverbandes der Amtshauptmannschaft don aufrichtigsten Tank für seine überaus wertvolle Arbeit für den Flöhaer- Bezirk aus. Herr Amtshauptmann Dr. Oestor- Helt fügte dem die aufrichtigsten Glückwünsche iind den unauslöschlichsten Dank der Amtshaupt- mannschast als Staatsbehörde an und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die jahrzehntelang in guten und schlimmen Zeiten allezeit treu bewährte wertvolle Kraft des Herrn Leonhardt der Amts hauptmannschaft Flöha noch lange Jähre erhalten bleiben möge. Herr Leonhardt dankte für dio ihm zuteil gewordene ehrende Anerkennung. Hierauf wurde die Jahrcsrechnung des Bezirksverbandes für das Rechnungsjahr 1927/28 richtiggesprochen und der Bezirksverwaltung Entlastung erteilt. Dabei wurde der Bezirksvsrwaltung für die sach kundige Führung der Finanzverwaltung des Be zirks der besondere Tank des Bezirkstages aus gesprochen. Dor Bezirkstag erteilte seine Zustimmung 1. zur Weite rerhebung der Bier- steuer nach den bisherigen Steuersätzen; 2. zu dec durch den Bezirksausschuß im lau fenden Rechnungsjahr bereits beschlossenen Aufnahme von Wohnungsbau da r- lehen aus dem staatlichen Wohnungsbau- ausgleichstock durch den Bezirksvcrband unter Ermächtigung des Bezirksausschusses, weitere Wohnungsbaudarlehen, die dem Bezirksver band aus dem staatlichen Wohnungsbauaus gleichstock zugeteilt werden, für den Bezirks verband aufzunehmen; 3. zu den neuen B eso ldüng s vorschrif ton für die planmäßigen und nichtplan- mäßigon Beamten des Bezirksverbandes; 4. zu don Brzirksstmerordnungsn über dis Erhebung von Grund- und E«- w erbestou erzuschlä g on in den selb ständigen Eutsbezirksn und über die Erhe bung eines Zuschlages zur Erunderwerbs- steuer daselbst. Der Bezirkstag nahm Kenntnis von einer von der Bezirksverwaltung ausgestellten llebersicht über die Belegung der städtischen Kranken häuser in Frankenberg, Oederan und Zschopau als Grundlage für die Verteilung der im Haushaltplan des Bezirksverbandes einge stellten Mittel zur Gewährung von Bozirksboi- hilfon an die städtischen Krankenhäuser und von einer Uebcrskcht über die Verhältnisse der im Bezirk der Amtshauptmannschast bestehendem Kraftwagenlinien, sowie von dor Finan zierung des Baues einer neuen Verbindungs straße von Braunsdorf nach Nieder wiesa und dem Stande der dort bsreits in Angriff genommenen Bauarbeiton. Arbeitslose in Frankenberg 18.12.1928 Unterstützte Arbeitslose ohne Notstandsarbetter Zuschlags- empsänger männl. wetbl. zus. Stadt 283 225 508 372 Land 115 50 165 139 Sa.: 398 275 673 511 M KOL WM MMWUSAZ VMe, MemMr, Z0 unct 6er schönste Ämmersckmuck ist un6 bleibt echtes lZIeikristali. Kaulen Lie es im ILrZrLQSgSiiruL in Chemnitz un6 Lis haben 3 grolle Vorteile: 1. Kine Aus ¬ wahl, wie Lie sie in k«Zn<srr» Oeschrlkte in Lkemnitr un6 6em ganrenöerirk linllen. 2. tzualitöten, 6ie von keinem Oesch-lkte in ganr veutscblanä übertroffen weräen können. 3. Weltmarken, 6ie bllchtkachgeschAfte überhaupt nickt ru Kaulen bekommen, also such nicht varksuken können. Auswahl Nie Brüder Roman von Wolfgang Markern Urheber-Rechtsschutz durch Verlag Osk. > Meister, Werdau. 17 Nachdruck verboten „Ich wußte es, Weruor. Der schöne Traum mußte ein Ende haben. Ich wußte es, daß du dich mit der Erinnerung zufrieden geben mußt. Mag's eine köstliche sein." Bitterkeit und Zorn kämpften in Werners Ant litz. Beschämung färbte ihm die Wangen dunkel. Ek stöhnte auf und legte seine Hände auf des Bruders Schultern. „Erinnerung, Klaus l Cie hat mir alles ge« Neben, was eine Frau gsbon kann. Wie köstlich war der Sonntag. — Und heute schreibt sie mir, daß sie den Doktor Wälfung heiraten will, den Roue, don Manu, der nicht wert ist, oin so hohes Richteramt zu bekleiden. Line Dernunfteye!" , „Uud -?" t ! Werner kämpfte mit sich, eins ungeheure Scham zwang seine Lippen zusammen. „Sie ist schlecht, Klaus! Spottschlecht!" schrie er den Bruder an. Da wußte Klaus, wie furchtbar es seinen Bru der getroffen hatte. „Ihr Geliebter soll ich bleiben!" j „Das wird ein Michael nie tun!" „Nein, das tut ein Michael nicht. Uud wenn «r verreckt!" Seine Augon loderton voll Trotz und Zorn, Und or reicht« dein Bruder die Hand. Klmis atmete aus. Endlich wieder einmal ein achter, rechter Händedruck. „Nicht unterkriegon lassen — uud nicht jammern, Bruder. Wir wollen das Leben am Gonick kriegen. Wir! Nicht umgekehrt." „Ja, Bruder!" Werner rief es fast übermütig — und doch zuckte fein Herz noch von dem eben «rlittonon Schlage. Aber aller Jugondtrotz war wachgerüttolt. „Was willst du tun, Werner?" „Nichts, Klaus. Ten Wisch verbrennen. Und dann kein Wort mehr darüber. Kein Wort!" Cis gingen am Nachmittag in den Deutsch- meister-Sportklub. Kerpen war überglücklich, als er dis beiden Michaels zusammen kommen sah. Dis Begrüßung, die don Brüdern im Klub zu teil wurde, war herzlich. Das weibliche Geschlecht freilich erkannte so fort mit feinem Gefühl, daß mit Werner eine Veränderung vorgegangon war. Tor spielerisch- leichte Zug, der manchmal in dem schönen Gesicht vorgeherrscht hatte, schien verschwunden. Schöner dünkt« er ihnen. Ucber sein Verhältnis zu Fran von Syrting- hall kursierten dis verschiedensten Gerüchte. Heute war bekannt geworden^ daß sich dis schöns Fran mit dem Staatsanwalt Dr. Wälfung verlobt hatte. „Und Werner Michael?" fragten sich allo. So kam es, daß das geineinsame Erscheinen der Brüder wie eins Sensation wirkte. Frl. sind. Weißgerber, die ein außerordentliches Interesse für dis beiden Brüder hatte, konnte es sich nicht verkneifen, ihnen dis Neuigkeit brüh warm mitzuteilen. Klaus nickte und lächelte, dann sah er den Bruder an. Und sein Blick war wie ein Befehl: Sprich, lache darüber, zeige denen, daß du gering darüber denkst. Und Werner konnte lächeln. Er sagte leichthin: „Der Staatsanwalt ist sicher eins gute Partie, und schöns Frauen haben oft sonderbare Ge schmäcker. Jedem das, was er sucht." Maßlos erstaunt sah ihn das junge Mädchen an. War's möglich, daß Werner Michael —? Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Aber die Brüder Michael waren an diesem Tags für Gespräche nicht zu haben. Unverzüglich begannen sie mit dem Training. Werner fiel es schwer, das gewohnte Wirbel- windtcmpo — so nannten sie es im Klub — das der Bruder vorlegte, zu Halton. Aber er biß die Zähne zusammen und war dem Bruder dankbar, daß er nicht voll aus sich heraus ging und ihn schonte. Co schlugen sie Kerpen in don Trainingsläufcn nur kmrpp. - „Cis sind ein wenig außer Uebung, meine Herren," rief ihnen der Trainor zu. „Ich wenigstens," entgegnete Werner. „Aber ich schafff's schon wieder. Warten Sie nur drei Tage, dann will ich Ihnen beweisen, daß ich noch der Alte bin." Frau Maya ließ sich von ihrer Zofe frisieren. Müde und gleichgültig tat die eZ. „Ist keine Nachricht von Werner singsgangen, Thea?" „Neiis gnädige Frau. Nur der Glückwunsch zu Ihrer Verlobung von don Brüdern Michael." „Ob er kommen wird, Thea?" „Nein, der nicht." Angstvoll starrte die schöne Frau in den Spiegel. Ihre Augon brannten. Ein unerklär liches Angstgefühl kroch in ihr empor. „Thea,'ec muß kommen. Ich habe ihn doch so lieb! — Ich müßte vergehen ohne ihn." „Muston Sie ihm das antun, ihn so zu be- betriigen?" „Thea!" „Ich bin schon still, gnädige Fran. Ich möchte zum Fünfzehnten gehen." Erschrocken dreiste sich Frau Maya um. „Thea, das tun Sie mir nicht an!" Doch des Mädchens Gesicht blieb hart. „Ich muß. — Was Sie dem einen Menschen taten, das taten Sie mir. Mich konnten Sie quälen, mir durfte» Sie welstun, aber dem einen nicht." Da schwieg die schöns Frau. Als sie in den Kissen lag, dachte sie an dis seligen Stunden und weinte bitterlich. „Du mußt wiodcrlommon!" Cie dachte nichts anderes. Doch das Bangen, das sie bedrückte, verließ sie nicht, bis sie ein schlief. Am anderen Morgen, als die Brüder sich fertig machten, um nach der Universität zu gehen, ließ sich Kommerzienrat Michael bei ihnen melden. Dis Brüder sahen sich erstaunt an. Klaus bat dm Stiefbruder Platz zu nehmen und fragte kühl: „Was führt Cie zu uns, Herr Kommerzienrat?" „Immer noch unversöhnlich, Klaus?" „Cie wissen, was uns für immer trennt. Sollen wir Ihnen brüderliche Gefühle heucheln?" Der Kommerzienrat schüttelte den Kopf. „Das erwarte ich nicht. — Aber, wenn ich nun anders gesonnen wäre als früher und würde dir don Betrag zur Verfügung stelle», damit du don Michaelshof zurückkaufcn kannst?" Die Brüder waren einen Augenblick verblüfft. Klaus war der erste, der sich wieder faßte und das Gespräch weiterführte. „Und unter welchen Bedingungen, Herr Kom merzienrat?" Einige Sekunden zauderte der Stiefbruder, dann begann er: „Meine Tochter Annette hat gestern einen Selbstmordversuch unternommen.« Die kurze Mitteilung erschreckte die Brüder. „Ihre Tochter? Nicht möglich!— Darf man fragen, wie cs Ihrer Tochter geht?" „Danke, gut. Es ist nicht schlecht abgelausen. Aber das zweite Mal trifft sie sich besser, und ein solcher Rabenvater bin ich doch nicht. Jetzt Habs ich gemerkt, daß ich doch mehr an ihr hänge als ich selber dachte." „Das ist einmal ein Wort von Ihnen, das menschlich klingt." Wärmer war unwillkürlich Klaus' Rede. Der Kommerzienrat merkte es und ergriff die Gelegenheit: „Klans, von dir hängt es ab, ob mir Annette erhalten bleibt." (Fortsetzung folgt.)