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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt Nr. 38 Mittwoch, den s. Dezember IM Dex GM MUf GGßOW Korff Roman von Wolfgang Marken Urheberrechtsschuh durch Verlag von Oskar Meister in Werdau. 21 Nachdruck verboten „Mir Ihnen zusammen . . . auch dem Unglück, Mrs. Por ter. Es will mir immer noch nicht in den Kopf, daß Mrs. Porter . . Er faßte ihre beiden Hände und drückte sie herzlich. Offen sah er ihr in die Augen. „Glauben Sie mir, daß ich Sie von Herzen liebe?" Sie nickte glücklich. „Ich weiß es und vertraue Ihnen noch mehr als mir selbst. Sind Sie damit zufrieden?" Und im Ueberschwang der Freude nahm er ihren Kopf in seine beiden Hände und gab ihr einen herzhaften Kuß. In diesem Augenblicke aber fiel ihm sein Sohn Hanno ein. Was würde der dazu sagen? Förmlich angst wurde Robert Tessing. „O, Tessing," lachte Mrs. Porter, „was machen Sie für ein ernstes Gesicht! Reut es Sie?" „Reuen? Mrs. Porter, das glauben Sie wohl selber nicht. Sie werden mein Lebenskamerad für immer, und wenn Sie seht getrost Ihr ganzes Geld einem Waisenhause schenken. Nein, ich dachte nur: Wie sage ich es meinem Sohne?" „Dem Hanno?" „Jawohl, dem Hanno! Glauben Sie, daß ich geradezu Angst davor habe? Und dem Jan . . . Das ist nicht so leicht!" „Tessing, machen Sie sich darüber keine Sorgen. Wir wollen es jetzt noch keinem Mensck)en sagen. Ich muß erst mit meinen Töchtern reden, ehe wir es öffentlich bekannt- gsben. Sie sind doch einverstanden?" „Mit allem, Mrs. Porter, mit allem. Und wenn Sie mir in einem Monat sagen, lieber Tessing, es war doch ein Irr tum, lassen Sie uns die alten, guten Freunde bleiben und . . . vergessen wir das andere, selbst dann wird Robert Tessing immer der Ihrige sein." Da schüttelte die Frau sehr energisch den Kopf, und ihre Augen leuchteten hell auf. „Nein, mein lieber Tessing, ich halte Sie beim Wort. Ich will Sie als Gatten, und ich werde mit Ihnen glücklich sein. Immer, lieber Tessing, denn ... so komisch es aus dem Munde einer alten Frau klingen mag ... ich habe den lieben, frohen Robert Tessing wirklich von Herzen lieb." Sie war selbst bewegt geworden während ihrer Rede, und als Tessing ihre Hand ergriff und sie stumm und fest drückte, wußte sie, daß sie im letzten Drittel ihres Lebens noch das Glück gefunden hatte. Die Herzogin unterhielt sich nach dem Diner mit dem Comte, der über ihre außergewöhnliche Liebenswürdigkeit staunte. In geschickter Weise wußte sie das Gespräch auf seine Reisen zu bringen und lenkte es schließlich auf Süd amerika, um endlich auf das Hauptthema: Brasilien zu kommen. Der Comte erzählte. Aber er berichtete nur allgemein. Er, der sonst gern kleine markante Erlebnisse, drollige Anekdoten brachte, der mit der treffenden Schilderung von Land und Leuten sonst glänzte, schwieg sich über seine brasilianischen Erlebnisse aus. Alle Kunst der jMsogin scheiterte an seiner glatten Art. Als die HerzogiMMkannte, daß heute wohl kaum etwas Näheres vom Comr^zu erfahren sein würde, wechselte sie das Thema Bald waren sie wieder bei einem Lieblings thema der Herzogin. Sie unterhielten sich über die Pferde. Der Comte erzählte ihr von einigen Erfolgen, die er in Paris als Herrenreiter hatte. Auch Nordensteen beteiligte sich an der Unterhaltung. Nur Hanno faß stumm und nachdenklich in seinem Sessel. „Sind Sie auch ein guter Reiter, Herr Tessing?" Die Frage der Herzogin schreckte ihn aus seinem Brüten auf. „Ich bin noch nie als Herrenreiter im Sattel gewesen, aber ich glaube, es wird nicht so leicht ein Pferd geben, das ich nicht zwinge." „Oho, Herr Tessing!" scherzte die Herzogin. „Ist das nicht etwas viel gesagt?" Nordensteen ergriff statt Hanno das Wort.. „Hanno hat recht, Frau Herzogin. Ich beglaubige gern seine Worte. Sie sehen es unserem Freund nicht an, daß er drüben in Brasilien der tollkühnste Reiter und Jäger war." „Du übertreibst, Alexander," antwortete Hanno ärgerlich. „Durchaus nicht. Hanno. Deine Bescheidenheit und Zu rückhaltung in Ehren, aber man soll sein Licht nicht unter den Scheffel stellen." Der Comte sah höchst interessiert auf Hanno. Seme dunklen Augen schienen zu prüfen. „Ich glaube Ihrem Freunde Nordensteen gern, daß Sie ein ganz exzellenter Reiter sind. Ihre gestrige famose Leistung bei dem „Tanz der Glückseligkeit" zeigte mir, daß Sie über enorme Schenkelkräfte verfügen müssen. Aber daß Sie auch ein großer Jäger sind, das hätte ich Ihnen nicht zugetraut." „Jagd, Herr Comte — wenigstens dort drüben in den Ur wäldern Brasiliens und auch sonst in Südamerika — ist Kampf, und was wäre ein Leben ohne Kampf für den Mann? Ich habe allerdings wenig mit der Büchse gejagt." „Nicht mit der Büchse? Ich verstehe Sie dann nicht recht, Herr Hanno Tessing. „Mit dem Messer, Herr Comte, habe ich mit Ian zusam men gejagt. Wir sind dem Puma und dem Jaguar mit dem Messer zuleide gegangen, und ich kann Ihnen verraten, daß diese Jagd jede andere übertrifft." Nordensteen nickte. „Hanno spricht die Wahrheft. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen." In der Herzogin Augen leuchtete Staunen und Bewunde rung. „So waren Sie wohl drüben die Persönlichkeit, die die Eingeborenen „furchtbarer Jäger" oder auch „Jäger des Teufels" nannten?" fragte der Comte. „Ja!" sagte Hanno. Der Comte schüttelte erstaunt den Kopf, und sein Blick saugte sich immer mehr am Antlitz Hannos fest. „Jäger des Teufels? Ein interessanter Name, Mister Hanno Tessing," bemerkte die Herzogin. „Warum nannte man Sie so?" „Man nennt den Jaguar in vielen Teilen Südamerikas den Teufel, und weil es meine Leidenschaft war, besonders ihm zuleibe zu gehen, gaben sie mir den Namen." „Und Sie sind immer glücklich bei Ihrer Jagd gewesen?" „Wie Sie sehen, Frau Herzogin, hat es mir nichts ge schadet. Freilich, gefahrlos war unsere Jagd nicht immer. Einmal gab ich für mein Leben keinen Pfifferling mehr, do half mir Jan. Es war ein außergewöhnliches Stück von Jaguar, mit dem ich es ausgenommen hatte. Uebrigens, gestern sind meine Kisten aus Südamerika mit den bearbei teten Fellen angekommen Wenn es Sie interessiert, können wir sie aleich auspacken." Die Herzogin sprang auf. „Das interessiert mich sehr. Ich bitte darum, Herr Hanno Tessing." „Dann bitte ich Sie, mir zu folgen. Di« Kisten stehen im Saal." Er erhob sich und bot der Herzogin den Arm. So selbst verständlich war die Bewegung, daß der Tomte betrossen dastand und sich wortlos anschloß. * * Barbara Ehrenklau, die liebenswürdige „Bären"-Wirts- tochter, stand mit dem Gesellen Edward SchlaHntweit im t Saale und bewunderte dhr herrlichen Freien.