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Der Kastellan verneinte abermals. Darm besann er sich. »Doch! Ein« Zeichnung ist vorhanden, aber eine Zeichnung ohne Dext. Ich habe keine Ahnung, was sie zu bedeuten hat" „Würden Sie mir die Zeichnung einmal geben?" „Gern." Der Kastellan erhob sich dienstfertig und begab sich in das Nebenzimmer, wo er die Chronik und alle Auf zeichnungen, die das Schloß betrafen, verwahrte. Nach wenigen Augenblicken erschien er wieder und über reichte Hanno ein vergilbtes, entfaltetes Blatt Papier. » ooo(do ooooo OOOOOOO Dann schüttelte er den Kopf. „Der Teufel soll wissen, was dir Kreise und die Linien zu bedeuten haben. Vielleicht hat es auch keinerlei Bedeutung, ist eine Spielerei." „Das glaube ich weniger, Herr Tessing Sicher birgt die Zeichnung mehr, als wir ahnen. Aber, wie gesagt, ich habe auch keine Ahnung, was die siebzehn Kreise besagen sollen." „Darf ich mir die Zeichnung einmal mitnehmen?" fragte Hanno. „Natürlich, Herr Tessing. Sie gehört sa Ihnen, wie das ganze Schloß." Hanno lachte. „Ach so. Daran habe ich jetzt wirklich nicht gedacht. Schönen Dank, Herr Hofer. Entschuldigen Sie die Störung Ihrer Nachtruhe." „Aber ich bitte. Sie können immer über mich verfügen," sagte der Kastellan höflich. Des Kastellans Wohnung lag im linken Seitenflügel. Außer seinen Zimmern war dort alles verfallen Um zum Kastellan zu gelangen, mußte man einen Teil des Schloß hofes durchqueren. Als Hanno wieder ins Freie trat, sah er eine Gestalt ins Schloß huschen. Einen Augenblick stand er erschrocken, dann wollte er ihr nachstürzen. Aber er besann sich und blieb ruhig stehen. Er sah nach den Fenstern der Zimmer, die der Comte be wohnte. Und wartete. Sekunde um Sekunde verging. Da . . . sein Warten war von Erfolg gekrönt. Die Fenster erleuchteten sich „So war es der Comtel" dachte Hanno. Das ist in teressant! Der Herr Comte macht nächtliche Ausflüge. Du bist auf der richtigen Fährte, Hanno! Stelle das Wild! ' -- Hanno berichtete Ian über seine Unterhaltung mit dem Kastellan und erzählte ihm von dem unterirdischen Gang. Ian hörte gespannt zu. „Ein unterirdischer Gang nach Westen! Anscheinend über die Grenze. Ja, zu was kann der in der heutigen Zeit gut sein? Schmuggler könnten etwas damit anfangen." Hanno schüttelte den Kopf. „Schmuggler? Das glaube ich nicht. Bei der heutigen starken Kontrolle würde das bald unterbunden werden. Das käme meines Erachtens nicht in Frage. Aber ich denke, daß der Comte an dem unterirdischen Gang ein besonderes Interesse hat Es fragt sich nur: welches." „In militärischer Hinsicht hätte der unterirdische Gang wohl auch kaum Wert." „Nicht den mindesten, Ian." Ian überlegte. Hanno sah, daß ihn ein Gedanke stark be schäftigte, und wartete. Schließlich sprach der Freund: „Hanno, mir kommt da eben ein recht putziger Gedanke Sag' mal, wenn einer Dokumente stiehlt, wäre der Gang nicht glänzend geeignet, sie sicher und risikolos hinüberzu bringen?" „Jan. Menschenskind! Wahrlich, das wäre eine Möglich keit. Von hier aus könnten Tausonde von Dokumenten, Plänen und Erfindungen hinübergeschafft werden, ohne daß man jemals seststcllen könnte, wie sie außer Landes kommen. Das wäre wirklich eine Chance für einen . . " „. . . so genialen Hochstapler wie den Grafen Bona parte." Hanno hörte es und MH den Freund entgeistert.an- Dann faßte er ihn heftig am Arm und drückte ihn fast schmerzhaft. „Ian . . .!" sagte er heiser. „Ian, sollte das Schicksal so seltsam spielen, daß wir den schlimmsten Feind unseres Vol kes hier als Gast haben?" Ian zog die Achseln hoch. „Es ist möglich. Nur möglich, Hanno. Kaltes Blut. Und sprich leiser! Manchmal haben die Wände Ohren." «» „Daß mir der Gedanke nicht gleich kam. Ian, der Ge danke ist nicht mit Gold zu bezahlen " „Du meintest, Hanno," fuhr Ian ruhig fort, „wenn der Comte nicht nur der gewissenlose Menschenjäger von Brasi lien ist, wenn er, was wir ahnen, ein Abenteurer, ein Hoch stapler ist, dann kann er es sein... der gesuchte Graf Bo naparte." Hanno atmete schwer vor Aufregung Aber er riß sich zusammen. Dann erzählte er von des Comte nächtlicher Exkursion." „Was wollen wir tun?" Sie kamen nicht zur Erörterung der Frage, denn die Her zogin von Wincheston ließ Hanno zu sich bitten. * » Hanno stand befangen, als er die Herzogin sah. Bezau bernd schön sah sie in dem deutschen Biedermeierkostüm aus. Reizend kleidete sie der Reifrock. - „Gefällt Ihnen das Kostüm? Steht es mir gut, Herr Tessing?" fragte die Herzogin mit glücklichem Lächeln und roten Wangen. „Sie konnten kein schöneres Kostüm wählen, Frau Her- ' zogin. Wahrlich, ich erkenne Sie nicht wieder " Sie lachte hell auf. „Sie sind ein Schmeichler, Herr Tessing. Sind Sie in die Schule des Comte geganaen?" „Ich schmeichle nicht, Frau Herzogin. Erwarten Sie nie, daß ich lüge, um Ihnen eine flüchtige Freude zu machen. Aber lassen Sie es mich aussprechen. Das Kostüm kleidet Sie io prächtig, daß man die Herzogin nicht mehr, sondern nur die schöne Frau, die schönste Frau sieht. Verzeihung, aber es ist Ihnen vielleicht unangenehm, daß . " „ . . . man die Herzogin nicht mehr sieht? Nein Herr Tessing, es ist mir nicht unangenebm weil ich weiß daß das Anschließende aus einem ehrlichen Herzen kommt" Fröhlich und glücklich wie ein beschenktes Kind iah ihn die schöne Frau mit ihren wundervollen Blauaugen an „Aber Sie verraten keinem etwas von meinem Kostüm. Einem mußte ich es zeigen, damit mir bestätigt wird, daß ich gut gewählt habe" „Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie an mich gedacht haben." Die Herzogin nickte. „Ich habe den Aufrichtigsten ge beten." , Hanno ergriff die Hand der Herzogin und küßte sie, lange, innig. „Ich will Ihnen das Wort nie vergessen. Frau Her zogin." Winnie schloß die Augen. Wie wohl tat der Kuß. Sie freute sich und wußte nicht, warum Sie empfand in diesem Augenblick ein Gefühl des Glücks, über das sie ein Staunen ergriff. Unsicher fragte sie: „Haben Sie auch schon gewählt, Herr Tessing?" . , , Hanno verneinte. „Dann müssen Sie es aber recht bald tun. Soll ich Ihnen dabei raten?" „Ich bin Ihnen für irgendwelche Vorschläge dankbar und werde sie gern um Rat ... nein, ich will nichts verschwö ren, vielleicht erlaubt sich Hanno Tessing, die Herzogin von Wincheston in einem ganz originellen Kostüm zu über raschen." „Auch das soll mir Freude machen. Ich habe die Absicht, mich au! dem Ball recht zu freuen. Sie müssen mir helfen." „Das will ich, wenn mir nicht der Herr Comte den Rang streitig macht." „Das wird an Ihnen liegen, Herr Hanno Tessing." „Ich will mir Mühe geben." Er wollte gehen, blieb aber noch unschlüssig stehen. „Haben Sie noch etwas auf dem Herzen?" fragte die Her zogin munter. „Eine Bitte, Frau Herzogin. Aber ich weiß nicht, ob Sie mir darum nicht böse sein werden." „Sprechen Sie." Hanno zögerte. Es war ein Gefühl in ihm, das sich da gegen stemmte, die Hilfe dieser Frau zu erbitten, aber er zwang es nieder. „Frau Herzogin, sprechen Sie heute ein mal mit dem Herrn Comte und fragen Sie ihn unauffällig, wann er in Brasilien wMRund wo. Ich bitte Sie darum." Grenzenlos erstaunt salh ihn die schöne Frau an- „Eine eigenartige Bitte, Herr Tessing. Warum fragen Sieden Comte nicht selbst?" _