Volltext Seite (XML)
nützt gewanvett hatte. Auch mit Rachegefühlen im Herzen bü«b Hanno der Unbestechliche und Gerechte. Auch die Herzogin fand keine Ruhe. Schlaflos lag sie in den Kissen und dachte an die Ereignisse der letzten Zeit. Ein eigenes, nie gekanntes Gefühl lag drückend auf ihrer Brust. Stand sie vor dem, was sie immer suchte und nie fand: dem Erleben? Sie dachte an den Comte und gestand sich, daß seine Schönheit, fein ganzes Wesen, seine Persönlichkeit sie wohl reizen könnten, den Antrag anzunehmen. Und doch! Was war es nur im Wesen des Mannes, das sie abstieß? Nein, nicht abstieß, was.fehlte ihm? Sie sann nach und fand es nicht Ihre Gedanken kreisten weiter. Sie dachte an Hanno Tessing. Sein Bild erstand vor ihr. Sie sah seine ernsten Augen und hörte sein herz liches Lachen, das tief aus dem Innern kam. Das Lachen . . .1 Ja, das unterschied die beiden Män ner. Der Comte konnte nicht lachen, er lächelte nur, war immer freundlich, die Schönheit seines Gesichts, die Sicher heit seines Wesens versteckten mehr von der Persönlichkeit als sie preisgaben. „Winnie!" Sie wandte den Kopf. Es war Marion, die zu ihr her- etnschlüpfte. „Ich kann nicht schlafen, Winnie. Ich habe so Kopfweh und so Angst. Laß mich ein bißchen bei dir sein." Die Herzogin zog die Schwester an sich. „Was ist denn, Kind? Warum hast du Angst?" Die Zärtlichkeit der Schwester verwunderte Marion. .,Du bist gut, Winnie, wenn du so zu mir sprichst. So hast du es früher immer getan." „Bin ich jetzt anders zu dir?" Marion seufzte. „Ja, seit du Herzogin bist, habe ich manchmal denken müssen, ich habe keine Schwester mehr, die mich sieb hat wie früher." „Törichte Marion! Nun sag' mir aber, Kind, warum ängstigst du dich?" „Mir ist immer, als ob mich einer ruft und ich muß mit meinen nackten Füßen durch das Schloß laufen, und dann friert mich so. Laß mich jetzt bei dir bleiben!" Die Herzogin schüttelte den Kopf. „Was hast du für Ge danken, Marion! Bekommt dir der Aufenthalt auf Schloß Korff nicht? Dann will ich es Mutter sagen, und wir reisen wo anders hin." „Nein, nein," bat Marion und umschlang die Schwester ungestüm. „Nein, ich will hier bleiben. Immer möchte ich hier bleiben. Ich habe sie alle so gern auf Schloß Korff." „Du verschenkst deine Liebe recht reichlich, Liebling." Marion schüttelte den Kopf „Nein, Winnie, nein, wirk lich nicht! Aber der Hanno ist ein so lieber Mensch und der Ian, und zu dem allen Herrn Tessing möchte ich am liebsten Bater sagen." Die Herzogin war gerührt. Sie strich der Schwester zärt lich über das Haar und sah ihr in die klaren, braunen Augen „Du darfst herzlich gut zu den Menschen sein, Marion, sie verdienen es olle, und ich habe sie auch schätzen gelernt. Dar das heute ein schöner Tag. nicht wahr, Marion?" Mit strahlenden Augen sah Marion zur Schwester auf. „O, es war schön, Winnie, und als der Hanno mit mir ge tanzt Hal, da war es am allerschönsten." „Der Hanno!" sagte die Herzogin versonnen. „Du hast viel mit ihm gesprochen. Er kann besser unterhalten, als ich dachte." „Wir haben auch über dich gesprochen!" triumphierte Marion. „Ueder mich? Das ist sehr nett von Mister Hanno Was denn? Ich bin wirklich ein wenig neugierig." „Ein wenig!" lachte Marion. „O, wie du dich verstellst, Winnie. Du bist ja so sehr neugierig. Also, dann will ich es dir sagen. Der Hanno fragte mich nach dem Herzog, und da habe ich ihm gesagt, daß er tot wäre, und daß du ihn da mals nur wegen des Titels geheiratet hast " „Das hast du ihm erzählt!" Das Rot stieg in die Wangen der schönen Frau. „Warum denn nicht, Winnie? Er hätte es ja doch einmal erfahren." Die Herzogin schwieg eine Weile. Warum fragte Hanno Tessing nach dem Herzog? „Was hat er denn darauf gesagt?" fragte die Herzogin unsicher, und ihr Herz klopfte starker „Das verstehe er nicht," gestand Marion verlegen. Der Atem der schönen Frau ging rascher. Das . . . ver- stetzL - " nichts Wrb taten ibr diele Worte. „Bist du mir böse, Winnie?" „Nein. Marion! Warum sollte ich's?" „Doch, du bist böse, Winnie! Ich höre es doch. Ach, hätte ich das gewußt, dann hätte ich dem Hanno nichts erzählt. Oder . . . hast du den Hanno . . . gern, Winnie?" Die Herzogin sah die Schwester starr an: „Was sagst du? Ich den Hanno Tessing gern! Kind wohin versteigen sich deine Gedanken? Glaubst du. ich habe mir den Titel einer Herzogin von Wincheston zum Spaße gekauft und wollte absteigen? Ich will höher, nicht tiefer'" Marion begütigte die Schwester. „Sei mir nicht böse, Winnie Ich habe wohl dummes Zeug geschwatzt Ich denk' immer, weil ich den Hanno so gern habe da muß ibn auch jeder andere gern haben. Du sollst ihn aber auch gar nicht gern haben." „Warum denn, Marion?" „Weil ich ihn einmal heiraten will." Da lachte die Herzogin hell auf. Es war das Zachen, das Hanno so sehr gefiel. „Viel Glück, mein Kind Aber wenn dich nun dein Prinz, der Hanno, nickt will? Ich glaube nämlich nicht, daß Hanno Tessing der Mann ist, der sich heiraten läßt" „Dann heirate ich den Ian Einen von den beiden will ich aber haben. Unter allen Umständen!" Triumphierend kam es heraus, aber so unendlich zuversichtlich und selbst sicher, daß die Herzogin stutzte. „Dann wünsche ich dir viel Glück, meine -gute Marion. Aber paß gut auf, daß du sie dir nicht alle beide wegschnap pen läßt." Da seufzte Marion wieder. „Ach ja, es ist eine Not mit den Männern. Den Hanno . . den möchte meine Freundin Esther am liebsten fesseln. Ich merk' es doch, wenn sie sich auch noch so große Mühe gibt, daß ich es nicht merke. Weißt du, der Hanno ist nämlich ihr Typ, und sie hat mir's im Vertrauen gesagt. Nur weil sie mich io lieb hat. will sie den Hanno in Ruhs lasten. Ob sic es tun wird, Winnie?" Die Herzogin hörte die Worts der Schwester und war eigen berührt davon. Die Schwester und dann Sie Schau spielerin, alle zog es zu Hanno Tessing. Die starke Per- jonlichkeit des Mannes wirkte vom ersten Augenblick an „Das weiß man nicht, Marion. Ich glaube, Esther ist nicht Mister Hannos Typ. Aber wird dein Ian nicht we- ! nigstens in Ruhe gelassen?" > Ganz kleinlaut wurde das Girl. „Ach, Winnie, ich glaube, : mit dem ist es nicht viel anders. Da sind setzt die zwei Töchter vom „Bären"-Wirt aus Altenecken da, die sind auch ! sehr hübsch, aber. . . einen von den beiden heirate ich ganz, ' ganz bestimmt." Die Herzogin wußte nicht, ob sie ernst bleiben oder lachen sollte. Was war denn in das Köpfchen der Sechzehnjäh rigen gefahren? Sie entschied sich für das letztere und zauste Marion lachend am Ohr. „Ja, ja, du armes Kind, du hast deine Not mit den Männern." * * * Hanno konnte auch später keine Ruhe finden. Kurz ent schlossen stand er früh um drei Uhr auf und zog sich an, während Jan fest wie ein Äär schlief. Lautlos verließ Hanno sein Zimmer und schritt durch das ! Treppenhaus. Durch den Haupteingang verließ er das Schloß. Es trieb ihn zum Kastellan. Der schlief natürlich fest, als Hanno seine Wohnung be trat, und erschrak nicht schlecht, als es an seine Kammertür klopfte „Ich bin's, Hanno Tessing! Entschuldigen Sie, Herr Hofer, daß ich Sie in Ihrer Nachtruhe störe, aber ich möchte gern mit Ihnen Verschiedenes besprechen." „Ich komme sofort, Herr Tessing," antwortete der Kastel- ! lan sehr höflich durch die Tür, und nach wenigen Minuten erschien er, angekleidet. „Bitte, Herr Tessing, ich stehe zu Ihrer Verfügung." Das kleine Männchen bat Hanno, Platz zu nehmen. „Sind Sie einigermaßen ausgeruht, Herr Hofer?" fragte Hanno zuvorkommend. „Können Sie mir eine Stunde oder noch länger Gesellschaft leisten?" Der Kastellan nickte. „Ich bin um acht Uhr gestern schla fen gegangen. In sieben Stunden schläft man aus. Ver fügen Sie über mich." Seinem ganzen devoten Sprechen merkte man an, daß er früher einmal herrschaftlicher Diener gewesen war. „Es ist etwas kalt bei Ihnen, Herr Hofer. Vielleicht machen Sie etwas Feuer. Licht? Nein, bitte nicht. Ich will mich mit Ihnen über die Chronik von Schloß Korff unterhalten" (Fortsetzung folgt.)