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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt Nr. SZ Mittwoch, den 28. November tS28 .TZr «KM aus SWM Korff Roman von LLolfgang Marken Urheberrechtsschutz durch Verlag von Oskar Meister in Werdau. 19 Na^dnnk verboten »Ein Hochstapler ist immer ein Mensch mit abenteuer lichem Einschlag. Ein einfacher Verbrecher, der stiehlt, um seinen Lsbeneansprüchen zu genügen, kann unter Umständen ein nüchterner prosaischer Mensch sein, der sein Metier dann aufgibt, wenn er eine entsprechende Summe zusammen hat Das dürfte der Hochstapler, von dem wir sprechen, kaum sein Ich tariere, daß er ein Abenteurer ist. Darum gilt es. sich in die Seele eines Abenteurers zu versetzen, zu er fassen, wie sich das Leben eines Abenteuerers gestaltet, wo er lebt, welch? Dinge er m seinem Leben braucht Das kann natürlich nicht sede Persönlichkeit." „Am besten kann es wohl ein Abenteurer," sagte der Comte. Hanno nickte. „Kalkulieren wir weiter. War macht im Leben des Aben teurers die Hauptsache aus: Frauen und Spiel. Das sind zwei wesentliche Anhaltspunkte " „Ich stimme Ihnen zu," jagte der Comte sehr höflich. „Ihre Schlußfolgerung ist unbedingt richtig. Aber kann der eben erwähnte Hochstapler nicht ein Abenteurer so großen Formats kein, daß alle Schlußfolgerungen an ihm scheitern?" „Gewiß ist das möglich. Man schließt darauf, den Ver brecher bei Spiel und Weibern zu finden und — lagen wir — er vergräbt sich in die Einsamkeit." Der Comte nickte und ließ seine dunklen Augen lange aus Hannos Zügen ruhen. „Dos wäre auch eine Möglichkeit." „Es ist eine Möglichkeit, Herr Comte," sagte Hanno, da bei sah er den Comte so liebenswürdig an wie noch nie. * * Sternenklare Nacht. Hanno Tessing ging in seinem Zimmer auf und ab Er fand keine Ruhe. Seine Gedanken suchten ihren Weg zu rück, und er dachte an die lote Geliebte. Die Enge des Zimmers bedrückte ihn, er trat hinaus auf den Balkon und sah über den nachtlchwarzen Wasgenwald Stern an Stern leuchtete am Firmament. Lange stand er und sann und sann. Seine Seele schrie nach Rache für die gemordete Geliebte. Da fühlte er eine Hand auf seiner Schulter. Ian stand hinter ihm, sah besorgt auf das ernste, harte Gesicht des Freundes. „Hanno, Junge, bei unserer Freundschaft, was quält dich, was bewegt dich? Sprich dich aus. Sind wir nicht mehr die alten Freunde?" „Wir sind's noch, Ian. Wahrlich, es hat sich nichts ge ändert, und ich will dir alles erzählen," sagte Hanno heftig, und sein Atem ging schwer. „Ich habe ihn wiedergesunden!" „Wen?" „Den Menschensägeri" Ian sah den Freund betroffen an und schüttelte den Kops. „Den M-nschenjäqer ... der dir Aime<r raubte und mordete! Das ist nicht möglich. Hanno, besinne dich. Wer soll es iein?" „Der Comte!" Kurz und scharf kam es von Hannos Lip pen. Die Wirkung auf Ian war ungeheuer. „Der Comte! Das ist unmöglich, Hanno!" stammelte Ian bestürzt. Hanno ergriff Ians Hände, drückte sie fest und zog den Freund an sich. „Jan, Freund, bei unserer Freundschaft, habe das felsenfeste Vertrauen zu mir, auf das ich immer stolz war. Glaube mir. Du weißt, ich habe damals das Antlitz des Mörders gesehen, als ich noch schwach nach über standener Krankheit auf meiner Matte lag. Nie vergesse ich das insernalische, haßverzerrte Gesicht. Und heute ... ich tanzte mit der Herzogin, sie hatte mich zum Tanze gebeten .. da iah ich es wieder. Dasselbe haßverzerrte Antlitz- Des Comtes Gesicht war es. Ich sagte dir gleich, nachdem wir den Comte in Neuenbero abaeholt batten^ daß ich das Ge sicht schon einmal im Leben gesehen hatte. Er ist der Mörder Aime^s." Fest und bestimmt sprach es Hanno. Lange, lange schwieg Ian. Es schien ihm unfaßbar, was Hanno aussprach, aber er konnte Hanno und seinen klaren Geist „Hanno, es will mir noch nicht in den Kopf. Aber ich weiß, du wirst prüfen. Ich kenne deine Gerechtigkeit. Was willst du tun^" „AimeS rächen!" sagte Hanno hart. Ian erkannte an der Stimme des Freundes, daß der Comte, war er wirklich die Person, die Hanno in ihm vermutete, auf keine Schonung rechnen durfte. „Wir beide. Hanno. Ich will dir Helfer sein. Ich batte AimsS lieb wie eine Schwester. Aber prüfe erst genau " „Das will ich tun. Habe keine Sorge, Ian. daß mich eine Vision verwirrt bat. Ich bin ruhiger und kälter denn je. Jetzt komme ins Zimmer. Wir müssen uns diese Nacht noch schlüssig werden, was wir tun wollen " Ian drückte des Freundes Hand. „Wir! Ja, Hanno, sag' immer wir! Es soll nie anders werden!" „Nie, Freund Jan!" * * * Hanno erzählte im Zimmer dem Freunde das Erlebnis der Gesellen. Jan war bestürzt. „Bedenke, Ian, in Brasilien war der Menschenjäger nicht ein Comte Mario d'Urbanez. Ich stellte fest, daß sich der Abenteurer dort Francois Beechly nannte. Nimm an, daß beide Personen, der Francois Beechly und der Comte ein und dieselbe Person sind. Was ergibt sich dann für ein Schluß?" Ian zögerte. „Daß . .. der Comte . . . vielleicht nicht der Comte ist^ sondern . . . ein Hochstapler!" „Doch, der Comte ist der Comte. Das weiß ich. Er hat, wie ich durch eine Auskunftei feststellen ließ, tatsächlich dir Besijzungen in Südsrankreich. Er ist reich, ist immens ver mögend. Aber er ist sicher nicht der reisende Weltmann Er ist bestimmt ein Mann, der sein festes Ziel hat, und der auch weiß, warum er auf Schloß Korfs ist." „Du hältst also den Comte für . . ." „Einen großen Abenteurer und Hochstapler, der mit be stimmten Absichten nach Schloß Korff gekommen ist." „Denkst du an die unterirdische Bibliothek?" Hanno zauderte. „Vielleicht reizt ihn auch diese Ausgabe. , Ich glaube aber, daß er nicht um deswillen nach Korff ge- kommen ist. Jan, du hast ihn doch auch kennengelernt, hast ! festgestellt, daß er nicht nur ein Mann von seltener Schön- s heit ist, sondern auch, daß er geistig überragend ist. Er ist i eine Persönlichkeit ersten Ranges, stellt aber diese immer j zurück, läßt sie ohne Not nicht heroorU:eten. Ich habe ost ! über seine fabelhaften mathematischen Schlußfolgerungen ge- ! staunt, seine absolute, allem gewachsene Sicherheit nimmt immer wieder gefangen. Er -st bestimmt ein großer Geist, ein Kopf mit einer Verstandesschärfe, wie man ihn suchen , muß. Er ist vielleicht der geborene Abenteurer, und wenn er ein Hochstapler ist, dann ist er einer allergrößten For mats." § „Du glaubst fest, daß er es ist?" j „Ja," erklärte Hanno fest. „Ich halte ibn für einen ge ¬ fährlichen Hochstapler, und für mich gilt es jetzt: aufzuklären, ! was er auf Schloß Korfs sucht. Ich glaube nicht, daß ihn die Bibliothek reizt. Es muß, wenn ein Grund vorliegt, ein anderer sein." „Ob wir in unseren Schlußfolgerungen nicht zu weit ' gehen, Hanno?" fragte Ian eindringlich „Ueber alles die Gerechtigkeit, Jan. Mein Grundsatz ist noch der gleiche, und ich werde mich nicht schämen, dem Manne abzubitten, wenn ich ihm auch nur in Gedanken un recht getan habe. Wir wollen suchen und prüfen " Diese klaren Worte zelten Ian.^aß sich Hannos Inner«