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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 23.11.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-11-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192811236
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19281123
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19281123
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-11
- Tag 1928-11-23
-
Monat
1928-11
-
Jahr
1928
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Beilage znnr Fvankenverger Tageblatt Rr. 273 Freitag, den 23. November 1928 87. Jahrgang WIrluni der »swberNleslschen S-ull»Wr»mI!ses Ein deutscher Elternbeirat in Kattowitz anfgelöst Äattawltz. 22. 1l. Obwohl, bei Ablcki'uß des letzten SchuIkomvronMes von den volnlicben Rc- dörden versichert wurde, die dentscbe 't»inderbeit liberal zu behandeln, ikt von einer praltiskben Au-> Wirkung dieser ickönen Worte nirbt« z» merken, ^'ul Grund einer Verordnung der M-Vchen Woiwod schaft wurde der vor kurzem gewählte E'ternbeira' beim deutschen Ly,-um in Kallowik aiisaelöst. G'e'ck>< Heftig wurde verordnet, dah die bisherigen Verord nungen ungesetzlich seien und die Einbernser zur Verantwortung heronnezogen werden sollen. Die Auslösung de« Elternbeirates des deuiichen Smeuwe ist durchaus unberechtigt und eine neue wwlürliche Mahnahme der Moiwodschalt oenen dos denische Mlnderheitsschulwesen. Die Auflö'ung ist offenbar deshalb erlolgt, weil einige Mitglieder des nevae- wählten Elternbeirat'« wegen ihrer hervorragenden Betätigung in der Volt-bundbewegung der Woi wodschaft nicht genehm waren. NerWrsiraeen vor dem SSWschea LaMaz Dresden, 22. 11. Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung stehen wiede- V'-ehrsmige- legenheiten, und zwar zunächst Eisenbahnfragen. Abg. Kautzsch (S.) begründet einen Antrag seiner Partei, die Negierung zu ersnchan bei der Reichsbahnverwaltung und beim Reich-re kshrs- ministerium für den baldigen Umbau der S^mal- spurstrecke Wilkau—Saupersdorf in eine N.rmal- spurbahn nachdrücklihst einzutreten. Abg. Rötzscher (Kam.) ve t.stt einen Antrag seiner Partei, bei der Regierung da^in m wirken, dah die Preisermäßigung auf der Neicbsb-Hn für Kinder derart geregelt wird, daß Kinder bis zum 6. Lebensjahr frei und vom 6. bis 14. Lebensjahr zum halben Fahrpreis befördert werden. Abg. Kauksch (S.) begründet einen Antrag wegen Ausschließung der Kinde tansvorte in Ferien- und Erholungsheime von der Fahr reis- . erhöhung der Reichsbahn und Abg. Gei'e- (S.) einen solchen aus Ausgabe verbilligter Wachcn- und Monatskarten für Angestellte und unte e Beamte auf den staat'ihen Kraftwaaeulinien. Abg.' Börner (Dntl.) richtet die Anfrage an dis Regierung, ob sie be Kt sei. mit 'der Reichsbahngeselkschaft wegen Vcrbes'e-ung den Verkehrsverbindungen zwischen Dresden und! Leipzig sich ins Einvernehmen zu jeden, unter Umständen im Einverständnis und mit Unter-' stützung der genannten Städte auf Ei r ichtunq eines regelmäßigen Autobusverkehrs zuzokomme^ Ministerialdirektor Klien erklärte: Die Inter-j esienten der Bahnlinie Delitzsch—Lentz'ch hättm alles getan, um den Bau zustandeznb ingen. Nur der Landkreis Delitzsch habe abge'ehnt. General direktor Dorpmüller habe versprochen, die Bahn Schwepnitz—Straßgräbchen aus Reichsmitteln zu bauen. Die Reichsbahn ober e klärt, es sei kein Geld vorhanden. Das Wi tschoftsministerium sei überzeugt, daß die vorgetragenen Wünsche be rechtigt seien und werde für deren Erfüllung eintretcn. Abg. Borgt (D. Vv.) erklärt die Zustimmung seiner" Partei zu der Mehrzahl der vorliegenden! Anträge. Ministerialdirektor Dr. Klien teilt m't, daß die Sächsische Kraftverkehrs-A.-E. beabsichtige, einen Autobusverkehr zwischen Dresden und Lei zig einzunchten. Die Wagen würden schneller fahren als der Personsnzug. Die kommunistischen Anträge, die sich gegen die Tariferhöhung bei der Reichsbahn richten und Preisermäßigung für Kinder fordern, sowie der soialdemokratische Antrag betreffend Aus schließung der Kindertransporte in Ferien- und Erholungsheime von der Fahrpreiserhöhung wer den hierauf in sofortiger Schlußberatung ein stimmig angenommen. Die andern Anträge gehen an den Haushaltsausschuß 8. Auf eine kommunistische Anfrage über die Durchführung der Chcmnitz-Fluß- Ncgulicrnng antwortet ein Rcgierungsvertreter: Die von dem Stadtrat zu Chemnitz ausgestellten Pläne einer Regelung des ChemniZlnsser in den Stadtteilen Furth und Borna und in der Gemeinde Glösa bezweckten, die Chemnihtalstraße im Stadtteils Furth mit dem anschließenden Gelände und dem Verbindungsweg zwischen dem Stadtteile Borna und der Gemeinde Glösa auch für das größte bisher bekannte Hochwasser von Ueberschwemmun- gen frei »halten. Die Kosten des Unternehmens sind auf 4 800 000 Reichsmark veranschlagt wor den. Davon entfallen allein auf die Pflasterung des Flußbettes und der Uferböschungen über 2 Millionen und auf den Um- und Neubau von drei Brücken rund 600 000 Reichsmark. Das Finanzministerium, das auch seinerseits d'e Not wendigkeit, die Anwohner der Chemnitztalstraße im Stadtteile Fürth und den Verbindungsweg Glösa-Borna nach Mögli.h'eit vor Ueberschwem- § mungen zu schützen, anerkennt und zur Gewährung einer Staatsbrihilfe grundsätzlich bereit ist, wird der Stadt Chemnitz die Ueberprüsung und Umarbeitung der Planung zur Erzielung weit gehender Ersgarniße empfehlen. Die Durchführung des je'izcn Proje te; mit einem Kostenaufwand von nahezu 5 Misti neu Reichsmark erscheint aussihtslos. Die Erledigung der Angelegenheit wi d beschleunigt werden. Cnd'i b liegt eine kommunistische Anfrage vor, wann die Regierung ein neues Wegebau* geseh dem Landtage vorzulezen gedenke. Ober'-eeirrungsrat Heink erklärte: Der Ent wurf eines neuen Wezebaugesetze; fei in Bear beitung und werde dem Landtag sobald als mög'ich vorgelegt werden. Nächste Si'ung: Dienstag, den 27. November. Rene Wege km SlWhalisbau Fast jede Stadt muß jetzt an eine Erweiterung der vorhandenen Schulgebäude . herantrelen. Wenn in unserer Stadt schon im Jahre 1907 der Bau einer neuen Volksschule erörtert wurde, so macht sich jetzt infolge der Eeburls Steigerung in den Jahren 1920—1921 der Mangel an Klassenräumen recht fühlbar. Auch wenn man die gleiche Kopfzahl der Schüler in Betracht ziehen würde, so erfordert die Spezialisierung des Unterrichts mehr Räume. Frühe- hat sich eine Volksschule mit den einfachsten Räumlich keiten begnügt: Schulzimmer, ein Lehrerzimmer und eine minder oder mebr ausgebaute Turn halle waren die Erfordernisse des Programms. Heute werden we'entliche Erweiterungen rewangt: Gnmnastiksäle, Nadelarbeitsräume, We.stunter- ricktsräume, Arztzimmer, Büchereizimmsr, Schul küche, Schulbad u. a. m. Auch die neuartigen Unterrichtsmethoden, die aus ein inniges Zusammenarbeiten des Lehrers mit den Schülern Hinzielen, erfordern größere Räumlichkeiten. Die Aenderungen der Schul systeme, die in den le'-ten Jahren vorgenommen worden sind und gerade in der letzten Zeit zu ganz neuen Forderungen führen, stellen besonders für den Bau von Volksschulen absolut neue Vauprogrammvorschrifien auf. Die Gemeinden sind auf Grund dieser Acn- derungcn im Schulsystem gezwungen, sobald es ihre Finanzlage irgend zuläßt, Schulbauten zu errichten. Sache der Architekten und Bau beamten ist es da, sich die Frage vorzulegen, ob man jetzt noch nach dem Schema der frühe.en Zeit Schulen bauen kann oder ob man nicht ganz neue Wege im Schulhausbau auf Grund der veränderten Sachlage suchen muß. Jeder Bau herr ist auf die Mitarbeit des Baumeisters nn- , bedingt angewiesen, da in ihm sich die Wünsche konzentrieren, umformen müssen, und der Vau- ' meister auf Grund der Wünsche seines Bauherrn — handle es sich hier um einen Arzt, einen Schul mann oder einen anderen Spezialfachmann — diese in der Planung räumlich auswerten muß. Kommt der Baumeister hierbei zu neuen Wegen, die eine praktische Verbesserung des alten Schemas darstellen, so ist das von ungeheurem Wert. Beim Schulbau wird der Baumeister gezwungen, sich mit den modernen pädagogischen Problemen zu befassen; erst aus Grund dieser Spezialstudien wird es uns möglich, ein solches Bauwerk zu erstellen, das genau den Bedürfnissen in prak tischster Weise entspricht. Mit den Wandlungen in der Oieform der Schul pädagogik treffen zusammen die Wandlungen, die die Architektur unserer heutigen Zeit durchmacht. Unverkennbar sind die Impulse, die von Technik und reinem Nutzbau auf die Architektur über- geqanaen sind. Da die gesamten Zeitverhält nisse eine befände e Sparsamkeit für den ganzen Bau erheischen, muß versucht werden, die Bau- masse zur knappsten Form zu bringen. Aber nicht nur das. Um jenes Ziel zu erreichen, ist es vielleicht ebenso wichtig, dem baulichen Organis mus eine möglichst klare und typische Form zu geben. So entsteht von innen heraus ein Schul typus, der wesentlich verschieden ist von dem der Vorkriegszeit. Die zweibündige Bebauung des Korridors, die wohl die weitaus knappsten Erund- rißlösungen ermöglicht, ist für ihn charakteristisch. Sie führt dazu, die Treppenhäuser durch große Fenster zu möglichst starken Lichtspende n zu morsten und auch die Korridorfonster in weitestem Maße durch Glas zu öffnen. Die Klassen sind so angeordnet, daß alle Konstruktionen in ein fachster Weise durchgehen und regelmäßige Fen- ste gruppen und Fensterreihen die Außenwände gliedern. Was aber den Charakter des Bau werkes am stärksten beeinflußt, ist die Ausbil dung des Daches, zum Teil zur benutzbaren Fläche. Die praktische Benutzbarkeit der Dachflächen ist aber nicht der einzige Grund, der zu eiuer annähernd kubischen Bauweise führt. Die große Breite der konzentriert ausgenutzten dop elbündi- gen Vautrakte würde ein so hohes imwirtschaft- liches Steildach ergeben, daß es niemals zu ver werten wäre. Der U ebergang vom steilen zum flachen Dach hat sich nllmäh'iH angrbahnt. Schon die letzten Schulen der Inflationszeit zeigen nicht mehr das hohe Dach als ausschlaggebende; archi tektonisches Motiv, in bescheidenen Abmessungen entwickelt, ve schwindet es vor den wagereht ge deckten Streifen der ausgebauten Räume, die im Dache nötig werden. Auch in anderer Hinsicht haben sich die An sprüche geändert. Während die Wohnungen für Schulhausmann und Heizer früher im Keller geschoß lagen, müssen sie jetzt in einem anderen Geschoß untergebracht werden, was den Schul organismus ganz erheblich beeinflußt, da man natürlich bestrebt sein wird,' sie möglichst wenig störend und möglichst ökonomisch dem regel mäßigen Gefüge der Klassen einzugliedecn. Man sieht, daß der Baumeister bei den Schulen der Nachkriegszeit vor eine völlig andere Auf gabe gestellt wird als bei den Bauten, die aus der Vorkriegszeit stammen. ZVialpoMiW Wochenschau Der Eisenkampf. — Wohlsahrtsschwindel. — Zu viel Tagungen. Der Kampf in der rheinischen Eisenindustrie steht noch auf der alten Stelle. Die für die ver gangene Woche erhoffte Klärung ist nicht einge treten, im Gegenteil, der Kampf ist durch öffent liche Erklärungen von beiden Parteien nicht un wesentlich verschärft worden. Die erste Erklä rung ging von der Seite der Arbeitgeber aus, di« sich u. a. auch dagegen wehrten, daß durch den Beschluß des Reichstages öffentliche Gelder für die Ausgespcrrten ausgegeben werden. Int übrigen wurde in dieser Erklärung die Schuld an dem Scheitern der ersten Einigungsverhandlungen dm Gewerkschaften in die Schuhe geschoben, während diese in ihrer Gegenerklärung eine solch« Schuld bestreiten. Wir halten diese öffentlichen Auseinandersetzungen auf den Rücken der Tages zeitungen für sehr bedauerlich, völlig verfehlt» und der ganzen Sache nicht würdig. Die ganz« Angelegenheit bedarf nunmehr der ernstesten Auf merksamkeit der Neichsregierung. Hier handelt es sich wirklich uni mehr als um eine lohnpolitisch« Auseinandersetzung, hier stehen jetzt große volks wirtschaftliche Werte auf dem Spiele. Auf keinen Fall darf bloße Prinzipienreiterei auf beidsnl Seiten die dringend nötige Einigung verhindern! oder verzögern. Es darf hier unserer ganzen! deutschen Wirtschaft wegen nicht so weit kommen, daß die beiden Parteien sich derart aufeinander! festbeißen, daß sie nur mit Gewalt wieder von einander getrennt werden können und daß dann diese Lösung der Angelegenheit eine jahrelang anhaltende üble Nachwirkung hat. Drei Wochen dauert der Kampf nun schon an, ungeheure Wert« sind ihm geopfert worden, nun sollte cs endlich so wcrt sein, daß man sich darauf besinnt, daß wir uns in Deutschland nicht den Luxus leisten können, einen Kampf nur des Kampfes wegen zu führen. In der sächsischen Textilindustrie sind dis D-ngs zur Zeit auch noch nicht geklärt. Die ersten Ver handlungen haben zu keinem Ergebnis gefüh-t, über die neuerdings angesetzten Verhandlungen! liegt zur Stunde noch kein Bericht vor. Zu keiner Zeit wird mit sozialen Arbeiten, mit Wohlfahrtscinrichiungen, Kassen und Unter stützungen derart großer Unfug getrieben, wie in den Wochen vor dem Weihnachtsfcst. Es ist geradezu rührend, wer da auf einmal sein mit fühlendes Herze entdeckt und unglaub'ih ist dec Hari Roman von Arno Franz Ilrheberrechtsschutz durch Ve-lag Oskar Meister, Werdau Sa. 33 Nachdruck v-rboten Langsani schritt sie dieselbe Straße weiter, dis Marow soeben gefahren war. Tie Entspannung machte sich geltend. Cie wurde müde. Die Füße wurden schwer. In den Händen war ein leichtes Zittern. Was Wunder — sie hatte ja heute noch keinen Bissen gegessen. Da trat sie in eines der kleinen, eleganten Kaf fees die dort nicht selten sind, und bestellte einen Mokka. Sie setzte sich an eines der ^.ychchen, die an den Fenstern standen. Der Kellner servierte. Sie ließ ihn noch eine Schachtel Abdullah bringen. Er bot Feuer. Mata zog den Rauch der Zigarette tief in dis Lunge und hauchte ihn dann zur Decks empor. Ihr war wohl. , . . , Am Fenster gingen zwei Herren vorbei, sahen hinein, stutzten, dam, traten sie auch kn den Naum. Mata lächelte. Tis beiden bestellten ebenfalls Mokka, n^aun ging der eine hinaus, kam aber nach zwei Minuten schon wieder zurück. Ter andere sah ihn fragend an. Da nickte er. Mata lächelte wieder. Sie kannte beide, und wußte, daß der kleine Leutnant Arnauld soeben mit seinen, Chef Le doux telephoniert hatte. Was — das konnte sic sich denken. Und sie beschloß, ihn in Verlegenheit zu bringen. „Bitte zahlen, Garcon," rief sie den, Kellner zu. Ter stürzte herbei, die anderen wurden bleich, Ein kurzes Tuscheln, dann trat Arnauld an ihre» Tisch. „Vardon, Madame," sagte er und stockte, Mata erwiderte liebenswürdig: „Eines nach dem anderen. BiKs, Herr Leut nant, nehmen Sie einstwei en Platz" und gab dem Kellner, was er zu bekommen hatte. Tann wandte sie sich an ihn, der immer noch an ihrem Tische stand. „So setzen Sie sich doch, Zerr Leutnant. Le doux wird nicht lange auf sich warten lassen. Mechanisch glitt Arnauld auf einen der Rohr sessel nieder. „Die Zeche soll man nicht schuldig bleiben," plauderte sie „und später... wird zum Zah'sn kaum mehr Zeit sein. Sie haben es ja so eilig! — Zigarette gefällig, Herr Leutnant?" Arnauld saß wie ein Klotz. Das war ihm in, Leben noch nicht geschehen. Er war unfähig, auch nur einen Gedanken zu erwägen, den er in Worte hätte kleiden können. „Sie sind kein Franzose, Herr Leutnant," be gann Mata wieder, „sonst hätten Sie wenigstens für mein Anerbieten gedankt" und klappte dei, Teckel der weißen Schachtel zu. „Sie hätten an Ihrem Tische bleiben sollen, dann wäre Ihnen diese peinliche Situation erspart geblieben. Hof fentlich erlöst Sie Ihr Chef recht bald." Und ohne ihn weiter eines Blickes zu würdigen, blätterte sie in einem Journal. Endlich! Mit einen, Ruck bielt ein geschlossenes Auto am Eingang. Mata sah auf. Ledoux sprang heraus. „Wie hastig! So »»vornehm," sagte sie. „Gewöhnei, Ci-c sich das nicht an, Herr Leutnant. Ls sieht schlecht aus. — Ah, Herr Hauptmann Ledoux! Melde mich zier Stells." Ter stand ihr ebenfalls einen Moment wort los gegenüber. Tann aber fragte er ironisch: „Zurück aus Brüssel, Madame?" „Aus Madrid, Herr Hauptmann," verbesserte sie und setzte dann beiläinig hinzu: „Jetzt können wir wohl Wiedersehen feiern?" „Das wollen wir, Frau Mata Hari. Aber nicht hier. Er hielt ihr den Arm hin. „Darf ich bitten, Madame?" Cie legte den ihren hinein. „So, Herr Leutnant,' sagte Mata zu Arnauld, „benimmt sich ein Kavalier." Und schritt mit Ledoux hinaus. Der half ihr in de» Wagen. „Rach Saint Lazare," befahl er zu», Chauffeur und setzte sich zu ihr in den Fond, Beide sprachen kein Wort. 17. Es war an, 24. Juni 1917. Mata Hari betrat neben vier Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett den großen Schwurge richtssaal im Palais de Justice, in welchem die Richtenden sie erwarteten. Sie sah, wie immer, besonders aus. Ihr dunkelblaues Kleid umhüllte bauschig ihren schlanken Körper. Aus den, liefen, svitzon Aus schnitt leuchtete das warme Braun ihrer Haut. Der Dreispitz ä la Friderkcus saß kokett auf den, nachtschwarzen Scheitel. Dis großen Augen blickten furchtlos auf die zwölf Offiziere, die über Leben und Tod dieser seltenen Frau entscheiden sollten. Clunet, der berühmte Anwalt, der ihre Rechte wahrte, begrüßte sie mit Handkuß. Sie strich ihm leicht über das weiße Haar und flüsterte ihm ein paar Worte zu. Dann setzte sie sich auf die An klagebank. Zur Linken der Zwölf bemerkte Mata Hari einen Oberst, der mit besonders feindseligem Blick zu ihr herübersah. Das mar der Vertreter der Anklage: Oberst Marnay. Zur Rechten der Zwölf saß ebenfalls ein höherer Offizier, der aber nicht direkt beteiligt zu sein schien, denn er saß abgesondert für sich. Das war der Stadtkommandant von Paris: Massard, der als einziger Zuhörer zugelassen war und der sich später berufen fühlte, die Nachwelt über den Prozeß zu unterrichten. Ten Vorsitz des Kriegsgerichtes führte Oberst Semprou, der ehemalige Ches der republikanischen Garde. Kurz und ernst, wie es sich an solcher Stella und in solchem Falle schickte, ließ Obe st Semprou die Anklage gegen Gestrud Margueritta gesch. Mac Leod, geb. Zelle, genannt Mata Hari, ver lesen. Scharf und kalt klang ieder cinzilne Satz aus dem Nkunde Mornays. Line gute Viertelstunde las er und was er las, hätte auch einen Mani, zerschmettern können. Nicht so Mata Hari! Nichts ist nichts und alles ist nichts, was dies seits des Ewigen ist. Was wir tun, müssen wir mit Bewußtsein tun. Alsa müssen wir sterben können, wie wir gelebt haben. Sie würde es können, we in cs nötig war, aber kampflos wollte sie cs nicht tun. Was man ihr vorwarf, vertrat sie vor Gott. Tie da Monsäo» mordeten, taten Schlimmeres als sie. Wenn der Krieg ein Geschäft war, wie Churchill erklärt hatte, und wenn er van ihnen als Geschäft ge führt wurde, dann hatte sie sich nichts vorzu- werfen. In, Gegenteil! Ihr Tun entsprang einem heiligen Wollen, und dieses Wollen hieß: Friede! Hachaufgerichtet, in steinerner Ruhe hört Mata Hari Punkt für Pnnkt der Anklage an. Keine Bewegung wird sichtbar an ihr, kein Verfärbe» des Gesichtes, kein Zittern der Hände. Nichts verrät ihr Empfinden. Ihre Ruhe wirkt verwirrend, und jeder in, Saale ist sich bewußt, daß er über einer Fran zn Gericht sitzt, die der Situation gewachsen, mutig und unerschrocken ist. „Und so scheint die Airgeklagte der Spionage dringend und hinreichend verdächtig," schließt Oberst Mornay seine Ausführungen. Atemloses Schweigen. Nur auf dem Tiscki« Massards knistert leise ein unbochriebencs Blatt Papier, (Fortsetzung folgt.)
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