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gut I „Ich hätte'noch einen anderen Vorschlag, Poldll Mit der Teilhaberschaft ist es nichts! Das wirst du einsehenl Aber wenn du gelegentlich einen vakanten Posten hast, eine Inge- nieurstelle oder so etwas — wäre ich dir sehr verbunden. Das rann ich ruhig annehmen, auch wenn ich dein Schwager bin. Meine Frau ist unter Umständen so lieb, eine Kaution für mich zu stellen! — Nicht wahr, Maria?" „Joachim!" Sie wühlte ihr Gesicht in seine Schulter. „Du hast noch immer nicht vergeben." „Doch Kind! Sonst würde ich wohl nicht sagen, du möchtest für mich Bürge stehen. Poldl muß ja eine Deckung haben, wenn ich ihm einmal mit der ganzen Kasse durch gehe." „Is eh richtig!" lachte dieser. „Da werd's gut sein, wann ich die Mizzl zum Teilhaber nimm. Dann tragn wir den Verlust zu zweit. Is allweil besser wie allein. Wann können S' also frühestens eintreten, Herr Direktor?" Er machte Hettingen eine'tiefe Verneigung. „Höre Maria, nun bin ich schon zum Direktor avanciert. Das macht wohl die hohe Kaution, die meine Frau stellt? „Natürlich!" Richthofen saßen tausend Schelme im Genick. „Die Herrschaften wohnen in der Mariahilferstraßn. Ich bleib draußn, weil man da ruhiger schlaft, und — na ja, warum soll ich's denn net sagn — weil ich da ab und zu auch an Freund mit z' Haus bringen kann, ohne daß er schon in aller Früh bei die Haar aus'm Bett zogn wird." Hettingen lachte unverhalten auf, riß die geliebte Frau an sich und küßte ihr den zuckenden Mund immer und immer wieder, bis sie sich mit einem Stöhnen loswand. „Joachim, wir fahren gleich wieder nach Bellinzona und packen." „So schnell geht es nicht," wehrte er. „Ich muß erst Jankes um meine Entlassung bitten und warten, bis er Ersatz hat. Aber du kannst gleich hier bleiben, Kind. Ich regle unten alles und komme dann nach." Sie sah^ ihn ganz entsetzt an. „Das — das kann doch dein Ernst nicht sein, Achim, daß ich allein hier bleiben soll und du nach Bellinzona fährst und ich warten muß, bist du wiederkommst. Ich würde ja schon am zweiten Tage ver rückt vor Sorge und Angst um dich." „Da hast es jetzt," triumphierte Richthofen. „Wann man eine Frau hat, bringt man s' nimmer los, wann man noch solche Ausflücht macht. Drum schau ich mir um keine!" Marias Lippen schlossen ihm den Mund. Draußen aber wirbelten die Flocken über die Erde, und die Menschen gingen auf weißem Sammet durch die Nacht, die sie mitsamt ihrem Glücke und all ihrem Leid barmherzig in die Hut nahm, damit sie beim Erwachen wieder stark genug seien, die Schicksalsschläge des Daseins zu ertragen und wie ein Held durch Glück und Leid zu gehen bis zum Ende. Schluß. Wcgpe^kin SunscliHe iäiMS öepöB'aosl zabrikmittU Heinrich Zarkaulen. Die blaue Lust spielt mit dem Gitter. Es klingt ein Takt von Hirn und Händen. Herz und Sinne sind wie Splitter, Und Wünsche rieseln von den Wänden. Von draußen lockt ein Autobellen. Und Wagen rollen schnell und sicher. Und immer neue süße Wellen Schlägt buntes Straßenlärmgekicher. Und wie verstohlen sich ein Sehnen Verlieren will in falschen Träumen — Da springen , plötzlich die Sirenen, Wie tolle Tiere hoch sich bäumen. Es stockt der Takt von Hirn und Händen: Die lieben Mittagsglocksn singen, Es fließt ein Glanz von allen Wänden, Weil alle Herzen wieder klingen! Ein weller Matt Skizze von W. Emil Schröder. Jahraus, jahrein hatte Jörg Terben geantwortet: ,Laßt mich mit dem langhaarigen Zeug aus!" wenn die Mutter, die hochbetagte, leise an sein Herzenskämmerlein pochte ob er nicht doch noch zu freien gedenke. Und so kam Jürg unversehens in die Vierzig hinein. Dann aber war drüben in Hemmerten eine „Neue" zu- gezogen, die Fritzi Erding. Als Jörg ihr eines Abends unvermittelt am Schöpfbecken der ei-kalten Quelle begegnete, war ihm zu Mute, als schlüge Lohe in ausgedörrtes Holz. Wie verwandelt ging er daher, ließ, was er nie getan, die halblange Pfeife im Munde erlalten, ging Samstags gar zum Tary, daß die Mutter verwundert den Kopf schüttelt«. Mit seinen vierzig Jahren war Jörg ein stattlicher Mann, wettergebräunt, hart, geschickt in vielen Arbeiten. Wie spielend hielt er den Hof seit seines Vaters Tode in Ordnung, regierte Mägde und Knechte durch ein kurzes, aber nicht unfreundliches Wort, durch einen vielsagenden Blick, wo andere Hände und Mund zu Hilfe nehmen mußten. Das wußte Jörg selber, brauchte ihm keiner zu sagen. Er war auch nicht weiberscheu, beileibe nicht. Es hatte bisher nur an der „Richtigen" gefehlt. Bis! er! Jetzt suchte er Fritzis Nähe, fand, daß sie freundlich, zutraulich war. Er hätte nicht Jörg Terben sein müssen, wenn er nicht sachlich, bedächtig auf sein Ziel zugestrebt hätte. So kam es, daß ein anderer den Weg kreuzte, den er gehen wollte: ein junger Försterssohn, Hannes Marschner, der sonst nur selten nach Hemmerten kam. Seit aber die Fritzi dort beheimatet war, fehlte er aus keinem TaW, an keinem Fest, ein kecker, lustiger, sehniger Bursch mit blitzendem, braunem Auge und glattem Gesicht. So kam es, daß Jörg oft in Gedanken versunken ging, dann mit der Hand an der Stirn vorüber fuhr, als gälte es, lästige Fliegen zu verjagen, — und es war doch schon Spätsommerzeit. Jörg fühlte, daß seine stille Werbung um Fritzi nicht vom Fleck kam. Eines Tages war sie fort. Ihre Eltern hatten eine Senne jenseits des Mütlijochs getauft. Es waren drei Stunden Fußweges, — aber ein geübter Bergsteiger, der einen kürzeren, gefährlicheren Weg einschlug, brauchte kaum mehr als eine Stunde. Plötzlich fehlte Jörg etwas. Er wurde knurrig, etwas gereizt, öffnete auch unter der Blutter mildem, forschendem Worte nicht sein Herz. Da aber hörte er, Fritzi würde auf dem Sange-feste sein, das man in drei Wochen in Hemmerten wie alljährlich mit Musik und Tanz, Bier und Rauferei feierte. Nun wußte er: er würde dabei sein. — Als Jörg die geräumige Wirtsstube betrat, war alles in bestem Schwünge. Dirnengelreisch, halblaute Jodler, das Schlürfen schwerer Stiesel auf dem nicht sonderlich glatten Boden verschmolzen zu einer kleinen Gebirgssymphonie. Gar mancher gab Jörg einen herzhaften Schlag auf die Schulter, einen frohen Händedruck. Aber der Liebende war zerstreut, suchte mit dein Blick nur die Eine. Und als er sie fand, saß sie an einem der Tisch« auf der lieinen Erhöhung, die rings um das Zimmer lies, und auf dem Geländer vor ihr mit keck übereinander gekreuzten Beinen Hannes Marschner in der tleidsamen Jägertracht. Fritzis Lachen ging Jörg immer wie ein feiner Stich durchs Herz. Er nagte an der Unterlippe. Heute mußte es sich entscheiden. Wenn der Marschner nur der Fritzi von der Seite gs-