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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt Nr. 77 Sonntag, den 23. September IM Ersehnte Einsamrett Hugo Salus. Der kleine Park am Strom gibt oft Asyl Dem Eroßstadtflüchtling, der, so nah dem Hasten, Das Wunder hier empfängt, Latz grün und kühl Hier Einsamkeit ihn löst von asten Lasten. Was von dem Lärm der Stadt ihm folgen wist, Läßt er am Gittertor; hier ist der Frieden, Dem dankt er tiefgerührt und fromm und still, Weil ihm das Glück der Einsamkeit beschieden. Die Vöglein träumen stier in ihrem Nest. Ich sitz' am Stromrand; in dem Blätterrauschen, Das sich vom Westensang nicht scheiden lätzt, Will ich nur meines Blutes Liede lauschen .., Sonntagsbetrachtung Des Jahre» Lauf — de» Leben» Sans Sirach 25, 5: .Wenn du in deiner Jugend nicht» sammelst, was willst du im Aller finden?" Welcher ist der schönste Jahreslaus? Frühlingswonne — Sommergedeihen — Herbftsegen — Winterstcherheit. Glücklich jeder, der sich des blütenretchen Frühling» erfreuen darf, der tm Sommer fleißig schaffen, im Herbst reich ernten kann und der, mit Vorrat wohl ausgerüstet, in den Winter geht und dem im Winter schon wieder die Hoffnung aus den kommenden Früh ling keimt. Glücklich jeder, dessen Leben solchem Jahreslaus gleicht. Die sorglosen Tage der Kindheit und ersten Jugend sind wie Frühlinarwonne. Aber freilich: Frühling ist nur ein Anfang. Wer sich im Leben nur aus Frühling und Frühlingsluft ein richten wollte, würde bitter enttäuscht werden. Der Frühling weist über sich hinaus, die Blüte will zur Frucht werden und soll Ernteertrag bringen. Drum auf zur Sommerarsteit. Weiche den Pflichten de« Lebens nicht au», auch den Pflichten gegen dich. Stähle deinen Körper und sorge dafür, daß in ihm eine reine Seele wohnt. Es ist nicht die Hauptsache, daß du der Stärkste bist, aber trachte danach, Ler Reinste, Festeste, Treueste, Wahrhaftigste zu sein. Da» verlangt Arbeit und Mühe. Da» Feld reist auch nicht allein zur Ernte heran; es kostet dem Landmann manchen harten Arbeitstag und manche Sorgenkunde. Aber dafür kann sich auch der Herbstersegen einstellen, der Segen einer reichen Ernte. Der Landmann will volldehangene Aeste sehen und das Getreide soll .schütten". Auch dein Tun soll viel Segen bringen für ander«. Die Welt leb! oom Segen der Treuen und Reinen, sie will auch von deinem Segen leben. Nun mag der Winter kommen. Er ist ost die Quittung über das Jahr. War der Ernteertrag spärlich, geht der Landmann mit Zagen in den Winter, er ist für ihn nicht gerüstet. War die Ernt» aut, dann mag der Winter dauern; er ist gesichert. So ist auch das Alter oft die Quittung über da» Leben. Ein mürrisches, begehrlich auf die verlorene Jugend zurückschauende« Alter beweist, daß das Leben leinen Vorrat an Kraft und Hoff- ! nung für die Alterstage aufgehäust hat. Wer aber mit Glaube ! irnd Kraft im Herzen ausgerüstet ist, der kann auch in die dunklen Tage getrost gehen, und im Herzen leimt ihm schon , die Hoffnung aus den Gottesfrühiing einer anderen Welt. ! So kann ein Menschenleben lein. Ist das Leben nicht etwa» Großes und Schönes? eine rechte Gottesgabe? I Herr, laß uns dieser Gabe würdig sein! S. E. K. LaGe Vazazzo Roma« von I. Schneid cr-Aoerstl Urheberrechtsschutz durch Verlag von Oskar Meister in Werdau. 31 Nachdruck verboten Mit einem raschen Blick streifte sie ihre jetzige Gestalt im Spiegel, sah mit tödlichem Erschrecken, wie das Auge ihres Mannes an ihr hing und groß und forschend auf ihr ruhen blieb. „Warum weinst du, Kind?" Ihre Kehle versagte jeden Laut. „Willst du mir nicht sagen, was dich drückt?" Er streckte den Arm nach ihr aus und zog sie an sich. „Bin ich nicht auch immer offen ud ehrlich zu dir, Elisabeth? Ich denke, daß ich mir in dieser langen Zeit doch wohl das Recht erworben habe, dein ganzes Vertrauen zu besitzen. Oder steht ein Geheimnis zwischen uns? Daß ich das Bild meiner einstigen Braut bei mir trage, wußtest du. Du hast es mir selbst erlaubt." „Achim!" Es war ein würgendes Weinen, das sie schüttelte. „Hast du mir ein Geständnis zu machen?" Seine Stimme war unendliche Güte. Er zog sie ganz eng an sich und fühlte, wie ihr Körper an dem seinen bebte. Mit der Rechten zwang er ihr Gesicht behutsam zu sich auf Sein Mund zuckte. „Soll ich dir die Beichte erleichtern? La, Maria?" Ihr Gesicht verblaßte zu kalkyafter Weiße. „Achim!" Er hielt sie, daß sie nicht in die Knie glitt. „Achim !" „So kleingläubig ist mein geliebtes Weib!" Ganz fest drückte er den zitternden Körper an sich. Zwei schreckhaft geweitete Augen suchten in den seinen: „Du weißt, Achim ?" „Ja, ich weiß, Maria! Was hast du denn geglaubt, du großes Kind? — Ein Lächeln irrte über sein Gesicht. „Wie konntest du denken, daß ich dich bis heute nicht erkannt hattet „Achim! — Und als ich mit dir an den Altar trat?" „Da wußte ich, wen ich als mein Weib heimführe " „Und hast mich nicht von dir gestoßen?" „Weshalb? — Eine Frau, die einen Mann sechs Monate lang mit solcher Treue pflegt und ihm dann auch noch ihr ganzes Selbst zu eigen gibt, die liebt ihn doch! — Nicht wahr, Maria?" Ihr Gesicht lag an seine Schulter gepreßt. Er hörte das Schluchzen, das heiser zu ihm aufklang, und strich mit kosen den Fingern über ihren Scheitel. „Sieh, Kind, das olles wäre dir erspart geblieben, wenn du Vertrauen zu mir gehabt hättest." Tränenüberströmt hob sie den Blick: „Warum hast du dich meiner Not bis heute nicht erbarmt?" Er wurde ernst. „Ich habe Stunde um Stunde und Tag um Tag darauf gewartet, bis du selber kämst! Glaube mir, Kind, es war nicht wenig schwer für mich, die Maske des Ahnungslosen bis jetzt zu tragen, und dich immer mit „Elisabeth" statt mit „Maria" zu rufen und mich auch nicht ein einziges Mal zu verpäppeln." Ein mattes Lächeln flog über ihr Gesicht. „Sag mir seit wann ?" „Seit wann ich dich erkannt habe? — Ach lange vor der Hochzeit schon. Damals, an jenem Abend, als ich um dich warb, tat das Schlafpulver, das du mir gabst, seine Wirkung nicht ganz. Ich erwachte bei Tagesgrauen und verspürte wahnsinnige Schmerzen. Du hattest das Oel, mit welchem du mich einzureiben pflegtest, mit in dein Zimmer genommen. Ich wollte dich nicht so früh schon wieder wecken und beschloß, es mir zu holen. Ich fand dich völlig angekleidet auf dem Sofa liegen und vergaß im Momeirte jeden Schmerz, da ich genug zu tun hatte, dich zu betrachten. Es war. als nähme mir jemand eine Binde von den Augen. Ich wußte alles, und wenn ich noch irgendwelchen Zweifel gehabt hätte, der Brief, der auf dem Tische lag, verscheuchte ihn restlos. Er war an Poldl gerichtet. Ich las nuf die Aufschrift. Mehr bedurfte es wirklich nicht, um mir volle Klarheit zu bringen." „O, Gott! — Achim! — Und mich Hai meine Gewissens- gual beinahe in den Tod. getrieben!"