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Hettingen hatte seinen Platz verkästen und war dicht vor sie hingetreten. „Ich würde Sie so glücklich zu machen ver suchen, als es nur immer sein kann. Ich bin Ihnen ja kein Fremder mehr. Sie kennen mich seit neun Monaten! Keiner meiner seelischen wie körperlichen Mängel ist Ihnen fremd. Not würden Sie nicht zu leiden haben! Nie! Meine Stellung hier ist gesichert. Schwester Elisabeth — wollen Sie mir armen, verlassenen Menschen ein wenig Liebe schenken?" Ein Zittern lief über ihren Körper. Das „Ja", das sie sprach, war kaum hörbar. Aber er hatte es trotzdem vernommen. Mit behutsamem Griff bog er ihr Gesicht zu sich auf. „Darf ich dich küssen, Elisabeth?" Sein Mund traf auf ein bebendes Lippenpaar, das wie ein bleiches Rosenwunder vor ihm lag. Wie etwas unendlich Keusches, Heiliges, das er nicht entweihen durfte, gab er es schon nach Sekunden wieder frei. „Bist du einverstanden," fragte er, wenn wir von einer langen Brautzeit absehen? Jetzt haben wir Juni. Anfang Juli könnten wir Hochzeit machen — wenn es dir so recht ist, Elisabeth!" Wieder der Hauch eines „Ja." Er nahm ihre Hände in die seinen und hielt sie darin fest. „Angst mutzt du keine vor mir haben, Kind! Ich weist gar nicht einmal, wie alt du bist," sagte er lächelnd. „Willst du mir nicht etwas von deiner Familie erzählen?" Es war das erstemal, daß sie seit ihrem Hiersein im Zimmer zu ihm aufsah. „Ich bin Doppelwaise! Vergangenen Monat war ich einundzwanzig. Ich habe kein Erinnern an meine Eltern mehr. — Ich —" „Laß nur, mein Armes," er fuhr ihr gütig über das Haar. „Du sollst nicht Gedanken wecken, die dir wehe tun. Wie müde du bist! Ich bin ein Tyrann, dich noch um zwölf Uhr nachts so zu quälen. Komm, kleine Braut." Als sie ihm vor der Türe ihres Schlafzimmers gute Nacht sagte, bat er jungenhaft demütig. „Küsse mich —!" Die Arme zu ihm aufhebend, zog sie sein Gesicht zu sich herab und drückte ihm den Hauch eines Kusses auf den Mund. Dann stand er allein. Nachts erwachte er und drückte gewohnheitsmäßig auf die Klingel, der Schmerz, den er in der Hüfte verspürte, war rasend. Sie erschien sofort an seinem Bette und griff nach der Flasche deren Inhalt zu Einreibungen diente. Er er rötete bis an die Schläfen. „Laß, Kind! — Gib mir das Oel. Ich werde es allein versuchen." Verständnislos.sah sie ihn an. „Hat die Braut weniger Anrecht an Sie, Herr Baron, als die Pflegerin? Dann müßte ich bedauern, Ihnen mein Ja gegeben zu haben." Er sagte nichts mehr Sie massierte mit ihren ruhigen gleichmäßigen Be wegungen Hüfte und Schenkel, legte Watte darüber und band sie mit einer Binde fest. Wie immer, wenn die Schmerzen ihn quälten, schüttete sie etwas von einem Pulver auf den Silber löffel auf dem Nachttische und reichte es ihm. Er schluckte es gehorsam. „Geh jetzt zu Bett, Kind!" Sie beugte sich herab, umschloß seinen Fuß, der noch un bedeckt lag, mit den Händen und preßte ihre Lippen darauf. „Elisabeth!" mahnte er, „du sollst dich nicht als meine Sklavin betrachten! In vier Wochen bist du mein Weib!" „Jetzt schlafen, bitte!" Sie drückte seinen Kopf in die Kissen und legte ihm die Decke zurecht. „Ich lasse die Türe zu meinem Zimmer offen, dann höre ich gleich, wenn Sie mich brauchen." „Wenn du mich brauchst, muß es heißen!" erinnerte er. „Ja — Achim!" Er hielt noch einmal ihre Hände fest, schien etwas sagen zu wollen und legte dann den Kopf müde zur Seite. Das Pulver tat seine Wirkung. Als er längst schlief, lag Schwester Elisabeth mit tränen überströmtem Gesichte in ihrem Zimmer auf den Knien und hob die Hände zum Himmel: „Nur einen Tag des Glückes, o Gott! Nur eine Nacht sein Weib sein! — Dann — dann —" Sie nahm noch dieselbe Stellung ein, als das Morgenrot bereits durch die Fenster der Villa rann. (Fortsetzung folg!.) Wußten Sie schon, saß... Tie Nadiumvorräte der Erde werden auf 425 Gramm geschätzt. Tie Haltbarkeit esncs Kupferdaches ist mindestens 300 Jahre, während das Zinidach schon in 20 Jahren ver braucht ist. Ein Bienenvolk besteht in normalem Zustand aus 600 bis 1000 Trohnen, der Königin und 20- bis 30 000 Arbeitsbienen. AeMgrmloUe Hugo Sakus. Ich hab' seit Jahren eine Melodie, Ich war entzückt, als ich zuerst sie hörte, Mir war, als ob der Gott der Töne sie Im weiten Saal nur mir allein bescherte. Seit damals sing' ich sie von neuem stets, Echo des Leids und Vollklang höchster Wonnen, Ich sing' sie Gott statt eines Dankgebets Und seufze sie, wenn mir ein Traum zerronnen. Sie stellt sich gütig ganz von selber ein, ' Wenn leere Stunden meinem Fühlen frommen, Und hört nicht auf, voll holden Klangs zu sein, Als hätt' ich früher sie noch nie vernommen. Labsal für mich und Arzenei stt sie, Doch kann ich niemand sie als Gabe bringen: Denn jeder Mensch hat sein« Melodie, Die kann dem Bruder schon ganz nüchtern klingen. Der Küster oor »nicht Eine Humoreske aus der guten alten Zeit von Conrad Henke Der Dinkelsbühler Eerichtsauditor jener Zett war schwer hörig, ja fast taub. Doch das Hindette damals noch nicht an der Ausübung des Amtes. Es genügte, daß er so tat, als verstünde er alles, wenn er zu Gericht saß. AK also der Angeklagte Peter Meier, Küster in Dinkelsbühl der mit seinem Richter die Schwerhörigkeit teilte, herein geführt wurde, blätterte der Herr Auditor gerade höchst offiziell in den Akten herum, warf dann den Kopf zurück und schloß zu drei Viertel die Augen, offenbar um sich sogleich die richtige Würde und das Ansehen überirdischer Unparteilichkeit zu geben. In solchen Augenblicken hätte man sagen können, der Herr Auditor sei taub und blind zugleich. — Das Verhör begann: „Ihr Name?" fragte der Auditor. Der Angeklagte, der offenbar nichts gehört hatte, starrte dem Auditor groß in die Augen und schwieg. Der schwer hörige Richter aber glaubte, der Angeklagte könne geantwortet haben, wie sonst die Angeklagten alle zu antworten pflegten, und fuhr fort: „Gut. Ihr Alter dann?" Der Angeklagte gab auch jetzt keine Antwort. Wieder wartete der Richter die übliche Sekundenzahl ab und fuhr dann erneut fort: „Gut, jetzt Ihr Stand oder Gewerbe?" Gleiches Schweigen des Angeklagten schien die Antwort. Nur im Saale, wo die Zuschauer saßen, begann ein Flüstern ein Hin- und Herschauen,- von irgendwoher kam ein heim liches Kichern. „Gut, genügt!" sagte der unerschütterliche Beamte da er glaubte, der Angellagte habe seine dritte Antwort beendet, und fuhr fort: „Sie stehen also hier wegen einer Anklage auf nächtliche Ruhestörung und wegen Widersetzlichkeit gegen- über der gegen sie einschreitenden Polizei. Ich frage Sie nun, haben Sie hierauf etwas zu Ihrer Rechtfertigung zu erwidern?" Nun setzte eine etwas länger bemessene Pause ein, nach der sich der Herr Auditor ein wenig zu dem Schreiber zurückbog und ihn fragte: „Haben Sie das alles ins Protokoll ausgenommen, was der Angeklagte soeben vorbrachte?" Eine derartige Lachsalve aus dem Saale war die Ant wort, daß sogar die beiden Schwerhörigen ausmerkten. Der Angeklagte wandte ssH mit verächtlicher Men? den Lachern zu,, um ihnen zu zeigen^ wie wenig ihn das alles berühre. Ter Auditor glaubte, das Lachen sei auf eine unparlamenta rische Aeußerung des Angeklagten hin erfolgt. Er wandte sich deshalb voll Entrüstung gegen den Arinen und fuhr ihn an: „Für eine solche Antwort hätten Sie schon allein einen Tag Haft verdient. Wissen Sie nicht, mit wem Sir reden?" Die Frage war wenig geeignet, das schallende Gelächter zu dämpfen, im Gegenteil. Nun verzogen auch die Türdiener und der Schreiber heimlich die Lippen zu einem verstohlenen Schmunzeln. Nur der Angeklagte blieb todernst, aus dem einfachen Grunde, weil er ja nichts von all dem verstand, was sich da um ihn ereignete. Ter Auditor verlor na'ch und nach seine Haltung. Erregung und Grimm malten sich auf seinem Gesichte, als er nun fortfuhr: „Also Sie erlauben sich Aus fälle gegenüber dem Gerichte von Dinkelsbühl? Misten Sie vor wem Sie sieben? Ich bin Gerichtsauditor und Vertreter