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2. Beilage znin Frtrnkenbevgev Tageblatt Rr. LI1 Sonnabe»»d, den 8. Septeinber IN28 87. 7V<chrM«g vom RaturallsmU" Barm dahmkeben, verhalf dem einst Verwöhnten zu e, di« brandrot am Körper Europas empor fchenden Emstust jener war Satzstil md der Luftverkehr IMM« l-NHILS^KLLttI88Lb>Uir 0080« 08X^8 Anse» WKW« 2Tsn»r»W, Se» t« See Dhe>»MaM"MUS««»ee SKWMH«^ nur einer sah apathisch im Sessel und das Gegenteil KMMV Mk M MMMMPSSoumr VUNW VSLAS OAE «-1SEN XVWV/Ä LK. <32. Fortsetzung.) unau! aus hört," schrie er und ein fürchterliches Durcheinander folgte. Bon dem, was sie die fünfzehn Minuten getan, tat jeder stsraste, der er e. Aber bald Von Professor Dr. Gert Buchheit. lig zu entfernen." wenigen Worte lösten eine unheimliche Wirkung Es war Tolstois besonderes Glücksgefchenk, dast gerade auf dem Höhepunkt seiner seelischen rast den Blick herumwarf und plötzlich, wie von magischen Mächten gelenkt, die offene Schwär« russischer Aristokrat n, nach den Erschütterungen des Krimkrieges, immer grösterec Reife, zu immer schärseror Er fassung der menschlichen und gesellschaftlichen Pro bkeme. Mit der Wurzel „unter der Erde" be mehr... viels haben Tolstoi für einen Narren gehakten. Auch Jesus, den Heiland, hielt man dafür. Er war ein Mensch Er war unser Bruder.' seinem hundertsten Geburtstag am 9. September 1028.) Das ist — das Inserate sollen den Leser zur Kaufhand lung trsiben. Denn Ausmerlsamlelt er regen. Einbildungskraft beschäftigen, Be- gehrungsoerMsgen anregen und den Willen zu« Kauf reifen lassen, ist Zweck jeder öffentlichen Anpreisung. Denken Sie hieran beim Ablassen Ihrer Inserate! eg. Mit einem Male sah er das Furchtbare «er entgötterten Zeit, mit einem Make fühktq dm Zwang, ihr Arzt zu sein, ihr Helfer, ihr '«und. Das W i e war dabei vollkommen gleichgül- ,, entscheidend allein war der NM« zur Tat. var stand auch sein Anfang ganz unter dem be- Ämg enden und alles Rein-Menschliche ver- der Zugehörigkeit zu Menschen, die im Schlamme! schlagens Jugend verlangte nicht nur nach neuen des Alltags ohne Lächeln und fast ohne Glück j Reizmitteln und Stoffssnsationen, die sie für ihre eigenen künstlerischen Ziele osrrvertei, konnte, sondern fast noch mehr muh neuen autonomen «vg sich der empfindsame, geistig ungemein inter- Wierte Graf in die Einsamkeit seines väterlichen fEutshofes, nach Jasnasa Poljana, zurück, um dort, »mbsrührt von den Anforderungen, dis das durch- Mnittliche Leben an uns zu stellen pflegt, seinein Werke zu leben. Denn seine rastlose, auf Er- kkeiiictnis rind Tat abgestimmte Energie wollte iwirksn und kämpfen. Wer der Menschen Wesen tfo tief durchlitton hatte wie er, kennt keinen Dünkel. Unter Enterbten gedachte sich Tol- K»i von den Enttäuschungen seiner öffentlichen Laufbahn (er war zuerst Offizier), von den Er nüchterungen seiner weiten Reisen und Wanderun- Ksn zu erholen. Unter den Zerbrochenen und Ge- d-rückton wollte er leben, ein Bruder ihrer Sorgen, .tzZn Freund ihrer Hoffnungen und Wünsche. Wie «in Bauer hauste er auf seinem Hofe, spaltete Kotz, fertigte Oefsir für alte Frauen, fegte den sSchnee für dis Eisbahn oder schritt über feine Wecker, den Pflugsterz in der schwieligen Hand. . führer, Schrittmacher der Sinnlichkeit. Tolstois Verdamnmngsurteil war furchtbar und unerbittlich. Es klang wie eine letzte und äußerste Warnung, bevor es zu spät wäre. Ta- j her wirkte es auch aufrüttelnd auf den Geist Diese selbstlose Verbundenheit mit der Erde, die der Jugend um 1880; denn gerade diese pro- Mit bestürzender Ueberraschung hatte die lern egierige Jugend der achtziger Jahre erkannt, daß eben Henrik Ibsen und Emil Zola auch Leo rolsto i ein Dichter war, der Antworten hat, tkd dast inan mit diesem Genius des dunkel- erhängten, schweigsamen Ostens rechnen mußte, ch ihm, der über Taussnde von Meilen entfernt K kurios« Dasein lebte, kndein er sein Fleisch Mmpfte, west „in Gott leben außerhalb des Srpsktz leben heißt". Werten, mit deren Hilfe sie das verderbliche Gift des Materialismus zu überwinden vermochte. Nonmin Rolland erhielt durch Tolstoi in sehr eindringlichon, kritisch bestimnwnden Briefen Trost lind Ansporn. Rainer Marm Rille erfuhr von ihn« das Lvmtgskkum der Liebe und jenes km „Siundonbuch" nrachtvoll erklingende Gefühl der Geineinschaft mit Gott. Denn was den gebie terischen Gewissensenvecker des Ostens in den Augen der europäischen Jugond erhöhte, war einzig die tatfana tische Gläubigkeit in ihm, der Dienst cm den Namenkossn, die hinter ihm stan den und deren Stellvertreter er rvar, der Dienst an all den Erniedrigten, Verstoßenen, Recht losen, um derentwillen allein dieser Muschik des Wortes redete und schrieb. Noch in Gerhart Hauptmanns Krankheitsge schichte vom „Narren in Christo Emanuel Ounrt", die im Todesjahr Tolstois 1910 erschien, wirkt diese neue östliche Mitleidslehre, rvas unr so interessanter ist, als um diese Zeit die Ideen des Sozialismus bereits zu einer eindeutigen politischen Theorie erstarrt waren, der gegenüber die Lehrs Tolstois kindlich-naiv und himmel stürmerisch — ideologisch erscheinen mußte. Ger hart Hauptmann, der die Größe seiner Ver pflichtung Tolstoi gegenüber fühlt«, sah sich daher auch beim Tode des großen Russen veranlaßt, seiner Ehrfurcht in Worten Ausdruck zu ver leihen, dis uns zugleich einer» «schlüssel pnn Ver ständnis Tolstois geben sollten: „Der einzige große Christ der Zeit ist nicht gann er, dort, wo nichts als der Mensch allein, der masksnkose, nackte Mensch: der russische Bauer. Ihn suchte er zu verstehen, ihm suchte er näheir- zukommen, wobei er selbst vor den härtesten Prü fungen des Willens, ja vor der SelbstueinigmW nicht zurückschreckte. So entstehen aus leidenschaft lichem Glauben heraus Tolstois erste große Werke: der Roman „Krieg und Moden", die psychologisch meisterhafte Ehebruchsgeschichts „Anna Karenina", die naturalistisch klaren, durch den Netz ihrer motivischen Neuheit packenden „Dorfgeschichten" und schließlich das Gipfelwerk „Die Auferstehung", mit den, das soziale Pro blem, der Gegensatz von Stadt und Land, von Blut und Intellekt entscheidend in den Mittelpunkt tritt. Damit wandelt sich auch ganz folgerichtig für den, der Tolstois geistige Entwicklung zu überblicken vermag, der Dichter zum Richter, der Betrachter zum Propheten. Denn gerade das leidenschaftliche Verlangen nach Vollkommenheit wurde, wie er selbst einmal sagt „die Grundlage einer neuen Auffassung meiner Selbst, der Men schen und der West." Darüber belehren uns seine in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts entstandenen programmatischen Schriften: „Worin besteht mein Glaube?", „Worin besteht das Glück?" und „Was sollen wir also tun?" Ihre scharfe und ungemein kämpferische Sprache, ihre hef tige Beweisführung wirkten wie Fußtritte und Faustschläge gegen alle echten und scheinbarem Fortschritte der modernen Zivilisation. Im modernen Staat erblickte er den Teufel, der alles Unheil in die Welt gebracht habe. In dem großen Städten sah er nur grausam-widerliche Mahlmaschinen, in denen alles Leben, alle Gei stigkeit, alle Jugend niedergestampft und ver nichtet wird. In den Dichtern und Künstlern witterte er nur unmoralische Genießer und Der- Die vorläufige Erledigung des Streites zwischen Sachsen und dem Reicheverkehrsministerinm Leipzig, 6. 9. Im Laufe des heutigen Tages find in Berlin die Verhandlungen zwischen dem Reichs- verkehrsministerlum und der sächsischen, der bayrischen und der thüringischen Regierung gepflogen worden, di« wegen des Konfliktes mit dem Reichsverkehrs- nünlsterlum infolge der Mchtkonzesstonlerung des Der fuhr fort: „Frage eins! Hat ein Mann unehrenhaft gehandelt im Sinne unserer Moral und unserer Statuten, der seine Frau — einem Junggesellen in die Wohnung schickt, mit der Weisung — Geld zu beschaffen?" rührte sich auch jetzt noch nicht. Mac Leod. Ihm war, als ob ihm das Herz aus der Brust gerissen, als ob man ihm das Gehirn durchsägt hätte. Dreimal hatte er aufstehen wollen -- dreimal hatten die Füße, die Arme, der Körper, der ganze Mensch versagt. Dreimal hatte er schreien mögen: „Ich — ich — ich bin es gewesen" — und dreimal hatte er schweigen müssen. Selbstbezichtigung ging über seine Kraft. Da war plötzlich etwas in ihm zersprungen. Er war In sich zusammengesunken und hatte jedes Denkvermögen ver loren. Es war wie ein Wrack im tosenden Meere. „Wo ist Calisch," schrien die Anwesenden, „Calisch soll her« Er soll Rede stehen. Calisch soll sich verantworten." Das ging wild durcheinander. Und von niemand bemerkt, weil sich alle um den Präsi denten und den Tisch der Alten drängten, betrat ein Diener den Saal, schritt auf Mac Leod zu, der immer noch allein und vergessen in seiner Ecks kauerte und bat ihn sür einen Augenblick heraus. Gleichgültig trottele er hinter dem Diener her. Im Vorraum stand Calisch — wieder wie vorhin, mit den Händen in den Taschen, breitbeinig, wie ein Klotz. Als ihn Leod sah, schreckte er zusammen und ging ihm mit wiedererwachender Willenskraft entgegen. „Was suchen Sie noch hier, Herr Mac Leod? Die fünfzehn Minuten sind um. Wollen Sie, daß man deutlicher wird und Namen nennt?" „Ich verstehe Sie nicht," stotterte Leod. „Ich halte diese — entschuldigen Sie den Ausdruck — Frechheit einem Rest von Schamgefühl zugute. Ich kann mir denken, wie Ihnen zumute ist. — Notabene sprach ich mit Ihrem Oberst. Es wird Ihnen dringend nahegelegt, um Ihre Entlassung, mindestens aber doch um Ihre Versetzung nach den Kolonien einzukommen, wenn Sie sehr unliebsame Dinge vermeiden wollen. — Ich werde keine Rücksicht auf mich und Glieder meiner Familie nehmen. Ich will Sie weghaben und bringe Sie weg und wenn ich meinen Sohn von offener See zurückholen mühte." Da klappte Mac Leod die Hacken zusammen. „Sie werden von mir hören," ries er ihm zu. aber Caliscb winkte ab. (Schluß folgt.) t Fünfzehn Minuten Grabesstille! Niemand sprach ein Wort. Mit der Uhr in der Hand saßen die meisten und warteten. Keiner wagte aufzustehcn, geschweige denn auch nur einen Schritt aus dem Saale zu tun. Das mußte jeder: er hätte sich mit diesem Schritte außerhalb der guten Gesellschaft Hollands gestellt, wäre aus- gelöscht und weggewischt gewesen für alle Zeiten. Jenseits der Schwelle harrte die Schande! Dreizehn Minuten! Immer noch dieses bedrückende Schweigen. Vierzehn MinutenI Wie in Starre die Menschen! Gespannt die Nerven zum Zerreißen. Fünfzehn Minuten! Pfeifender Atem. Aschfahle Gesichter. Schweißbeperlte Stirnen. Und wie die ncunundfünfzigste Sekunde verronnen, schlug dröhnend de Jong auf den Tisch — wie ein Riese, wie ein Gigant — mit unglaublicher Wucht. Der Alte stand wie aus Stein gemeißelt vor einem Stuhl, breitbeinig, mit beiden Händen in den Taschen. Ihn hätte kein Stier umzurennen vermocht. „Meine Herren," begann er „entschuldigen Sie die StG »ung. Sie wissen, daß einem jeden von uns das Recht zusteht, hier Klage führen zu können gegen diejenigen unter uns, deren privates und öffentliches Verhalten uns nicht zusagt. Es ist nicht meine Art, Tamtam zu schlagen, um Bedeutungsloses, und ich tue es auch in diesem Falle nicht, obgleich es sich um ganz gewiß nichts Alltägliches handelt. Ich versuche eine bitterernste Angelegenheit vorerst durch eine Anfrage an Sie zu erledigen. Vermag ich es auf diese Weife nicht, bleibt mir allerdings nichts anderes übrig, als zur — Staatsaktion zu schreiten." Man hätte eine Feder fallen hören können, so still war »s im Raum. Keiner wagte den anderen anzusehen, alle blickten auf Mesteverkehls für di« Nordbayrische Flugverkehr* aesellschaft ".otuumdia waren. Zu diesen Verhand lungen ist, vbaleich fi« eiaentlich nichrs dabei zu tun hatte, auch die preußische Regierung eingeladen gewesen. Der Erfolg der Besprechung war nicht besonder« erfreulich. Zunächst ist festgestellt und er klärt worden, daß man der Lufthansa keine Mono polstellung Im innerdeutschen Flugwesen einräumen wolle, aber — und das ist wichtig und wird als Unterlage für die unausbleiblichen späteren Aus einandersetzungen dienen — es geh« nicht an, daß die auf Grund bestehenden Lustvertehrsgesetze kon- zesstonierten öderen konzessionierenden Gesellschaften einander „unwirtschaftliche Konkurrenz' machen und es müßten deshalb InteressegeSiete sür dis in Frag« kommenden hauptsächlichsten Gesellschaft abgegrenzt werden. Gerade da« aber will die Oeffentttchtett in Deutschland nicht, sie will, daß die Gesellschaften einander Konkurrenz machen, sie will, daß auf diese Weise die für den Luftverkehr heute noch notwen digen Sulventionen auf ein Mindestmaß herabae- drnckt werden dadurch, daß die Fluggesellschaften klbst wirtschaftlich arbeiten. Nur gestreift wurde dann di« Frage der Konzeistonierung einer Flug linie Mockau—Berlin. Die Erledigung dieser Frag« wurde zurückgestellt, bi« zum nächsten Jahre die Flugpläne ausgestellt werden. Man steht also, alles in allem ein vorläufig etwa« magerer Vergleich, durch den eine Verbilligung de« Reisens mit dem Flugzeug kaum herbeigesührt werden kann. Und das ist schade! „Ja," scholl es aus dreißig Kehlen. „Frage zwei! Kann ein solcher Mann fernerhin Mitglied unseres Klubs sein?" „Nein," lautete die Antwort ebenso einstimmig. „Dann walten Sie Ihres Amtes, Herr Präsident," sagte Calisch und ging hinaus. Ruyther erhob sich. In seiner ruhigen, vornehmen Art wendete er sich an die Versammelten: „Sollte sich der Herr, den diese Sachs angeht und dem die verehrten Mitglieder soeben das Urteil gesprochen haben, in unserer Mitte befinden, so sei ihm ein leidlicher Abgang ge schaffen. Er wird gebeten, sich innerhalb fünfzehn Minuten Am heutigen Abend lag über der illustren Gesellschaft »ine eigene Stimmung. Es schien etwas in der Luft zu schweben. Die Alten taten ungewöhnlich zugeknöpft. Man war noch nicht eine Minute richtig warm geworden und wenn doch in irgendeiner Ecke die Unterhaltung lebhafter werden sollte, genügte ein kühleres Lüftchen aus der Rich tung des Senorenkonvents — so nannte man die Runde der Alten — um sie lautlos verebben zu lassem Man plätscherte in Trostlosigkeit. Leod, der Führer der Opposition, begann bereits zu sticheln und fand Echo bei seinesgleichen. „Schauderhaft ist das heute mal wieder," sagte er ziemlich laut, „als ob jemand begraben werden sollte." Der Präsident Ruyther nickte ihm zu, klopfte mit seinem fünfkarätigen Brillant an der Sektschale, bat um einige Aufmerksamkeit und erteilte Herrn Arthur Calisch das Wort. k 0 kvl