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«rmsrrLirKL»r^LirKsrrLNi<L»rpsrnLSrLNr^ML»rkessi^LSpLr 2^6 ^MLLire?siriÄNrLsr2>;r^?«<L»ML»rKLi?rLMrLNrNrk-L>;KL;r^i» Wien nachzulenven, rcmnstyerw«ff<e aver vergessen, tyre nähere Adrsste anzugeben." Der Doktor war kaum mehr fähig, ferne Nerven im Zaum zu halten. Ein Angstgefühl ohnegleichen schnürte ihm die Kehle zusammen. „Ich gehe zu allererst ans Telegraphen- amt, um Richthofen zu verständigen, daß seine Schwester hier > war. Alles andere müssen wir abwarten bis morgen früh." ! Es wurde eine entsetzlich lang« Nacht, bis sich das Morgen- i rot über die- Höhen hob und unten auf den Straßen er- § wachendes Leben kund tat. Staatsanwalt Brand stand in seinem Arbeitszimmer und s öffnete eben eine Hülle aus dunkelfarbenem Bütten. Die s Adresse trug Hettingens Namen, aber der Anwalt hatte auf der Post den Antrag gestellt, alle Korrespondenz, die für den Baron einlief, zuerst in seine Hände gelangen zu lassen. Mög licherweise, daß sich hier ein wichtiger Anknüpfungspunkt finden ließ. Verärgert ließ er den gefransten Bogen mit den steilen, schnörkellosen Buchstaben sinken. Meder nichts! Was diese Isabella Jeska schrieb, war für das Gericht von völliger Belanglosigkeit. Merkwürdig, wie viele Menschen es noch gab, die an die Unschuld Hettingens glaubten, sogar di« s Arbeiter draußen im Stollenbau hielten ihn nicht für den Täter und stellten auf eigene Faust Nachforschungen an. Wer er: Rein! Für ihn war der Barvn der Mörder! Er und sonst keiner! Feßmann hatte die Erlaubnis erhalten, bereits um sieben Uhr bei Joachim vorsprechen zu dürfen. Mil tiefliegenden Augen, die schlaflos verbrachte Stunden widerspiegelten, sah Hettingen ihm entgegen. „Fährst du schon wieder, Hans?" Feßmann hörte die Angst in den Worten mitschwingen und fühlte ein grenzenloses Erbarmen in sich aufsteigen. „Hast du noch irgendwelche Wünsche, die du mir an vertrauen möchtest?" Ein hastiges „Ja. Kannst du mir Opium verschaffen, Hans?" „Opium!" Der Doktor maß ihn mit einem ruhigen Blick. .Fühlst du irgendwie Schmerzen im Leibe? Ich werde nach sehen!" „Laß!" Hettingen schob seine Hand erregt von sich. „Das weißt du doch ganz gut, wozu ich's brauche." „Ja! — Aber eben deshalb kann ich dir keines bringen. Außer die normale Dosis." „Damit ist mir nichts gedient." „Dann müssen wir's eben sein lasten, mein Lieber. — Aber jetzt noch eine Frage, wann ist denn Maria Richthofen, als Sie damals bei dir war, von dir weggegangen?" Hettingens Gesicht tauchte erst in glutfarbene Röte, um bis zur Mauerweiße abzublassen. „Woher hast du Kenntnis, daß sie bei mir war?" „Das ist Nebensache!" „Hans!" Hettingen packte ihn vorne an den Enden seines Rockes, daß die Knöpfe davon absprangen. ,„Hans! Es geht um mein Leben — und — um ihre Ehre! — Du — wirst schweigen!" „Nein, mein Lieber! Ich werde nicht schweigen! Verlaß dich drauf, daß ich reden werde." Er hielt Joachim mit aller - Kraft an den Schultern zurück und drückte ihn, ohne irgend- ! welchen Widerstand zu dulden, auf das schmale Eisenbett. „Kennst du das?" Er hielt ihm ein kleines, vergoldetes Medaillon entgegen, an dem die Oese abgerissen war. Mit einem Druck seines Zeigefingers ließ er es aufspringen. In matter Farbentönung, auf hauchdünnes Email gemalt, zeigte es Joachims Bild. Als Hettingen danach greifen wollte, zog er es eilig zurück und steckte es wieder in die Westentasche. „Wo hast du es gefunden?" preßte der Baron hervor. ,„In der Baracke!" Zwei starr geweitete Augen hingen an dem Arzte. „Hans, du hast " „Ja, mein Lieber ich habe mir selbst geholfen, weil aus dir doch ewig nichts Herauszukriegen gewesen wäre. Diebow und ich sind seit zwei Uhr nachts auf den Knien herumgerutscht, ob nicht irgend etwas zu finden ist, das uns auf die Spur hilft — na — und da habe ich eben dies hier entdeckt!" — „Wo? " „Wo, möchtest du misten? Am Boden, über dem das Strohbett steht. Also muß sie doch bei dir gewesen sein!" „Das Medaillon beweist noch nichts!" fuhr Hettingen auf. „Soo? Das beweist noch nichts? Das wird dir dann der Staatsanwalt schon sagen." „Du hast ihm bereits Mitteilung gemacht?" „Aber selbstverständlich!" Hettingen brach auf dem Bette hinter sich zusammen. „Alles umsonst gewesen," stöhnte er. „Alles umsonst!" Mit beiden Lausten hielt ee.die hsauaerade« l Feßmann, selbst aufs tiefste erschüttert, legte ihm bittend die Hand auf die Schulter. „Um einen solchen Preis ist die Ehre eines Weibes zu teuer bezahlt, Achim!" „Nein!" schrie Hettingen auf. ,Lch hätte meinen letzten Tropfen Blutes dafür gegeben." „Armer Mensch! So groß ist deine Liebe noch immer!" „Ich bitte dich, geh jetzt, Hans! Geh! Aber komm wieder!" setzte er hastig hinzu. „Ja, mein Lieber! In einer Stunde bin ich wieder da!" „Und sorge, Hans, daß sie geschont wird — ich nehme alle Schuld auf mich. Sage — ich hätte sie gebeten, zu mir zu kommen und —" Feßmann nickte. ,Lch werde schon das Rechte sagen, Achim. Sei ganz beruhigt." „Und — Hans —" Der Doktor hörte ihn nicht mehr. Die Türe klappte bereits hinter ihm ins Schloß. Beide Arme über den kleinen Tisch werfend, wühlte Hettingen sein Gesicht darein. Alles umsonst gewesen! Alles umsonst! Und sie? — Das Weib, um dessentwillen er dieses Namenlose gelitten hatte? Sie -- Nichts, als ein trockenes würgendes Schluchzen ging durch den Raum. * * Der Schnellzug Mailand—Chiasto donnerte durch die Nacht der schweizerisch-italienischen Grenze entgegen. In den Gängen der Schlafwagen herrschte tiefste Stille, nur die beiden Schaffner liefen auf lautlosen Füßen hin und zurück, gähnten verschlafen und lehnten ab und zu den Kopf an die kühlen Scheiben. In Chiasso kam die Ablösung. Das bedeutete Ruhepause bis zum nächsten Mittag. Schienenstränge ließen die Wagen in ein etwas holperndes Tempo fallen, langsamer drehten sich die hastenden Räder- paare um die Achsen. Die Grenze! Verschlafene Gesichter! Ein Emporfahren in den Betten — Zollkontrolle! „Gnädigste haben keinerlei Gepäck?" fragte der Schaffner und sah nach der jungen Dame hinüber, die langausgestreckt ruhig in den Kisten liegenblieb. Sie schüttelte den Kopf und drehte das Gesicht verärgert nach der anderen Seite. „Wenn ich um Ihren Paß bitten dürfte, Gnädigste! Sie werden dann weiter nicht mehr belästigt sein!" Mit der Rechten nach dem kleinen Handtäschchen greifend, nahm sie ein dunkelgrünes schmales Büchlein heraus und reichte es dem Beamten. Zehn Minuten später überbrachte er es ihr wieder. „Gnädiges Fräulein haben noch zwei Stunden Ruhezeit bis Bellinzona! Wenn Sie wünschen, werde ich Sie wecken." Völlig verblüfft sah sie in das glattrasierte Männergesicht. Woher wußte der Beamte, daß sie nach Bellinzona wollte? Er sah ihr Erstaunen. „Ich dachte nur," sagte er ent schuldigend, „Gnädigste hätten den Aufruf in den Blättern gelesen!" „Welchen Aufruf?" Sie saß schon in den rechten Ellen bogen gestützt und suchte in seinen Augen. „Welchen Auf ruf? Reden Sie doch!" „Ich werde Ihnen einige Zeitungen aus dem Speisewagen bringen." Er war schon davongelaufen, ehe sie noch etwas Weiteres zu sagen vermochte. Wenige Minuten später kam er mit einigen Blättern in der Hand zurück. „Hier!" Er hatte eines derselben bereits aufgeschlagen und zeigte nach ein paar Zeilen in dicken, großen weitspaltigen Lettern: Maria Richthofen! Sofortiges Eintreffen in Bellinzona dringend erbeten. Dr. Hans Feßmann. (Fortsetzung folgt.)